Fachtag Die Zunahme psychischer Störungen bei Mädchen und Jungen - unabänderliches Schicksal oder gesellschaftlich gestaltbar? 16. November 2010, München SOZIALDIENST KATHOLISCHER FRAUEN Landesverband Bayern e.V. Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, in der vorliegenden Dokumentation stellen wir Ihnen die Vorträge unseres Symposiums „Die Zunahme psychischer Störungen bei Mädchen und Jungen – unabweisbares Schicksal oder gesellschaftlich gestaltbar?“ vom 16. 11. 2010 zur Verfügung. In Fortsetzung des bei unserem ersten Symposium in 2009 begonnenen interdisziplinären Diskurses ist es unser Ziel, mit unserer Veranstaltung die gegenseitige Kenntnis von Jugendhilfe, Gesundheitshilfe und Schule über die Beiträge der anderen Systeme zum benannten Thema zu befördern. Der Schwerpunkt des Symposiums lag auf der Frage, inwieweit Gesundheitshilfe, Jugendhilfe und Schule die psychische Gesundheit von Mädchen und Jungen fördern können und bereits fördern – eine Frage, die spätestens mit der Rezeption des 13. Kinder- und Jugendberichts der Bundesregierung im Frühsommer 2009 große Aufmerksamkeit erfährt. „Der größte Risikofaktor zur Ausbildung einer psychischen Störung ist in der Kindheit der, Junge zu sein“ – resümierte Professor Andreas Warnke von der Universitätsklinik Würzburg die Datenlage zur unterschiedlichen Ausprägung psychischer Störungen bei Mädchen und Jungen. Für Mädchen gelte das gleiche im Jugendalter. Die im Folgenden dokumentierten Vorträge weisen Ansätze zur Förderung der psychischen Gesundheit auf, verdeutlichen aber auch, dass das Thema noch weiterer Unterstützung bedarf. Zu den Vorträgen: Prof. Heiner Keupp stellt in seinem Beitrag den Zusammenhang zwischen der Verbreitung psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit folgenden drei Faktoren her: dem Geschlecht, dem Migrationshintergrund und der sozialen Lage. Desweiteren stellt der Vorsitzende der Berichtskommission des 13. Kinder- und Jugendberichts der Bundesregierung die Bedeutung eines erweiterten Gesundheitsbegriffs für die Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe dar. Er erläutert das Konzept der Salutogenese sowie den Gesundheitsbegriff der Ottawa Charta. Entscheidend für ein gesundes Aufwachsen sind Selbstbestimmung, ein positives Selbstbild, das Gefühl der Zugehörigkeit sowie die Möglichkeit, sich selbst als handlungsfähig zu erleben. Prof. Peter Paulus von der Leuphana Universität Lüneburg stellt in seinem Vortrag das von ihm aus Australien nach Deutschland importierte Programm MindMatters zur Förderung der psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern. Aufbereitet stehen den Lehrkräften Methoden wie „Freunde finden, behalten, dazugehören“, „Umgang mit Stress“, „Mobbing“ sowie „Rückrat für die Seele“ zur Verfügung. In Bayern wird das Konzept im Rahmen des Programms „Gute gesunde Schule“. Darüber hinaus betont Professor Paulus, dass Schule insbesondere dann die gesunde Entwicklung von Mädchen und Jungen fördert, wenn sie Gesundheit als Voraussetzung für gutes Lernen in den Schulalltag integriert. Prof. Andreas Warnke appelliert in seinem Vortrag an die Verantwortung aller gesellschaftlichen Kräfte. Psychische Erkrankungen müssen endlich die gleiche gesellschaftliche Beachtung erhalten wie körperliche Krankheiten. Als wichtigen Beitrag fordert Andreas Warnke von der Schule, auffälliges Verhalten oder mangelnde Schulleistung als möglichen Hinweis auf zugrundeliegende Störungen abzuklären. Ziel müsse es sein, allen Mädchen und Jungen eine erfolgreiche Schullaufbahn zu ermöglichen. „Kinder mit Legasthenie oder mit Autismus haben das Recht auf entsprechende Hilfestellungen“. 1 Deshalb sei die Eingliederungshilfe, die über das Jugendamt gewährt wird, wichtig. Professor Warnke verdeutlicht, dass trotz rückläufiger Geburtenrate die Bedürftigkeit nach Jugendhilfeleistungen wie auch nach psychiatrischer Behandlung gestiegen ist. Diese Entwicklung müsse im Kontext gesellschaftlicher Wandlungsprozesse gesehen werden. Dazu gehören zunehmend Armutsrisiken für Familien ebenso wie die Verunsicherung von Kindern in ihren familialen Bezügen durch die Zunahme von Patchworkfamilien und Alleinerziehenden. Familien können Krisen immer schlechter selbständig abfangen. Klaus Schwarzer von der AOK Bayern führt spezifische Förderprogramme der AOK zur Förderung der psychischen Gesundheit aus. Hierzu zählen „relaxed kids“ und „Warum ist Mama krank“. Es wird deutlich, dass auch bei der AOK als mitgliederstärkste Krankenkasse Bayerns der präventive Bereich an Bedeutung gewonnen hat, ebenso die Förderung ambulanter vor stationärer Versorgung. Klaus Schwarzer weist ferner auf die unzureichende Versorgung mit niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiatern hin. Wir bedanken uns bei den Referenten für die Freigabe ihrer Vorträge für unsere Dokumentation. München, Januar 2011 Beate Frank und Alexandra Myhsok SkF Landesverband Bayern e. V. 2 Symposium 16. November 2010 Die Zunahme psychischer Störungen bei Mädchen und Jungen - u n a b ä n d e r lic h e s Sc h ic k s a l o d e r g e s e lls c h a ftlic h g e s t a ltb a r ? 10.00 Uhr Begrüßung Elisabeth Maskos Vorsitzende, SkF Landesverband Bayern e.V. 10.15 Uhr Was verhindert, was fördert gesundes Aufwachsen von Mädchen und Jungen? - der Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe Prof. em. Dr. Heiner Keupp Vorsitzender der Sachverständigenkommission des 13. Kinder- und Jugendberichts, München 11:30 Uhr Gute gesunde Schule – das Konzept „MindMatters“ Prof. Dr. Peter Paulus Institut für Psychologie an der Leuphana Universität Lüneburg ca. 12.30 Uhr Mittagspause 14:00 Uhr Die unterschiedlichen Ausprägungen psychischer Störungen bei Mädchen und Jungen Prof. Dr. med. Andreas Warnke Klinik und Poliklinik für Kinder-Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Würzburg 15:15 Uhr Die Förderung der psychischen Gesundheit von Mädchen und Jungen – die AOK Bayern Klaus Schwarzer Referent Leistungsmanagement, AOK Bayern ca. 16.30 Uhr Ende der Veranstaltung Tagungsleitung Beate Frank und Alexandra Myhsok Referentinnen, SkF Landesverband Bayern e.V. SOZIALDIENST KATHOLISCHER FRAUEN Landesverband Bayern e.V. Inhaltsverzeichnis Was verhindert, was fördert gesundes Aufwachsen von Mädchen und Jungen? - der Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe Prof. em. Dr. Heiner Keupp Vorsitzender der Sachverständigenkommission des 13. Kinderund Jugendberichts, München Gute gesunde Schule – das Konzept „MindMatters“ Prof. Dr. Peter Paulus Institut für Psychologie an der Leuphana Universität Lüneburg Die unterschiedlichen Ausprägungen psychischer Störungen bei Mädchen und Jungen Prof. Dr. med. Andreas Warnke Klinik und Poliklinik für Kinder-, Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Würzburg Die Förderung der psychischen Gesundheit von Gesundheit von Mädchen und Jungen – die AOK Bayern Klaus Schwarzer Referent Leistungsmanagement, AOK Bayern 5 6 Was verhindert, was fördert gesundes Aufwachsen von Mädchen und Jungen? - der Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe Prof. em. Dr. Heiner Keupp Vorsitzender der Sachverständigenkommission des 13. Kinder- und Jugendberichts, München 7 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Prof. Dr. Heiner Keupp Was verhindert, was fördert gesundes Aufwachsen von Mädchen und Jungen? Der Beitrag der Kinder- und Jugendhilfe Folie 1 Vortrag bei dem Symposium „Die Zunahme psychischer Störungen bei Mädchen und Jungen – unabänderliches Schicksal oder gesellschaftlich gestaltbar?“ des Sozialdienstes kath. Frauen, Landesstelle Bayern am 16. November 2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 1 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Der Katastrophen-Guru: Dr. Michael Winterhoff Folie 2 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 2 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Falsche Panik! • • • • • • Folie 3 Kinder von heute leben gesünder Kinder sind schlauer als früher Kinder leben heute sicherer Die Kleinfamilie ist nicht totzureden Eltern erziehen – aber anders Die Renaissance der Jugend-Tugend Quelle: Martin Spiewak | © DIE ZEIT, 01.10.2008 Nr. 41 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 3 8 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Wahrheit I „Zu keiner anderen Zeit ging es der Mehrzahl der Kinder in diesem Land so gut wie heute, widmeten sich Eltern so intensiv ihrem Nachwuchs, lebten die Generationen so harmonisch zusammen wie im Jahr 2008. Vergleicht man die Lebensumstände von Familien mit denen von vor zwanzig oder fünfzig Jahren, so hat sich enorm viel verbessert“. Folie 4 Quelle: Martin Spiewak | © DIE ZEIT, 01.10.2008 Nr. 41 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 4 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Wahrheit II Folie 5 „Eine Gruppe profitiert kaum von den Fortschritten bei Bildung und Gesundheit, dem Zugewinn an Sicherheit und Lebenschancen – die Kinder am unteren Rand der Gesellschaft, die Familien, in denen sich Armut, Arbeitslosigkeit und Vernachlässigung ballen. Dort gibt es tatsächlich Neuntklässler, die laut Pisa-Test gerade einmal auf Grundschulniveau lesen und rechnen können; Jugendliche, die morgens nicht aus dem Bett zur Schule kommen, weil der arbeitslose Vater bis mittagsschläft; Migrantenkinder, deren Eltern versuchen, ihre bröckelnde Autorität mit Schlägen wiederherzustellen. Ein Viertel bis ein Fünftel aller Kinder gehört zu dieser Risikogruppe, bei denen die herkömmlichen Instrumente von Schule und Sozialarbeit immer häufiger versagen.“ Quelle: Martin Spiewak | © DIE ZEIT, 01.10.2008 Nr. 41 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 5 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen „Neue Morbidität“ Veränderung des Krankheitsspektrums: Folie 6 von akuten zu chronischen Erkrankungen und von somatischen zu psychischen Störungen Untermauert durch die aktuellen Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys(KiGGS) des Robert-Koch-Instituts. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 6 9 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen „Neue Morbidität“ und Geschlechterverhältnis Folie 7 Es gibt geschlechtsspezifische Unterschiede bei fast allen psychosozialen Problemen, aber sie sollten jeweils unter Berücksichtigung von sozialer Herkunft und Migrationshintergrund verstanden werden, die teilweise die geschlechtsspezifischen Daten erheblich beeinflussen. Hier zeigt sich, dass Gender in hohem Maße sozial konstruiert ist. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 7 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Psychische Auffälligkeiten bei 3 bis 17-Jährigen (Elternangaben); KiGGSSonderauswertung des RKI im Rahmen des 13. KJB Folie 8 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 8 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Elterneinschätzung: „Meinem Kind geht es sehr gut“ Folie 9 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 9 10 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Psychosoziale Probleme und elterliche Einkommenssituation Folie 10 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 10 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 11 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 11 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Prävalenz von Essstörungen bei 11- bis 17-Jährigen (Selbstauskunft) Folie 12 11-13 Jahre 14-17 Jahre Insgesamt 20,6% 22,7% Geschlecht Mädchen: 23,5% Jungen: 17,8% Mädchen: 32,3% Jungen: 13,5% Migrationshintergrund Mit MH: 30,1% Ohne MH: 18,5% Mit MH: 30,4% Ohne MH: 21,2% Sozialer Status Hoher ST: 13,2% Niedriger ST: 28,3% Hoher ST: 17,2% Niedriger ST: 27,2% Quelle: KIGGS (2007) Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 12 11 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Übergewicht und elterliche Einkommenssituation Folie 13 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS 13 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Prävalenz von Übergewicht und Adipositasbei 11- bis 17-Jährigen Folie 14 Gesamt (100 %) Normalgewichtig Übergewichtig Adipös Geschlecht (Adipositas) Jungen Mädchen Migrationshintergrund (Adipositas) Mit MH Ohne MH Sozialstatus (Adipositas) Niedriger ST Hoher ST 11-13 Jahre 14-17 Jahre 72,7 11,4 7,2 76,2 8,6 8,5 7,3 7,2 8,2 8,9 10,0 6,4 9,4 8,3 12,0 3,6 14,0 5,2 Quelle: KIGGS (2007) Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 14 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Körperlich-sportliche Inaktivität (weniger als einmal pro Woche aktiv) Folie 15 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 15 12 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Körperlich-sportliche Inaktivität und elterliche Einkommenssituation Folie 16 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 16 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 17 Tabakkonsum bei Jugendlichen (KIGGS 2007) Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 17 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 18 Tabakkonsum bei 14- bis 17-jährigen Jugendlichen (KIGGS 2007) Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 18 13 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 19 Riskanter Alkoholkonsum bei Jugendlichen in % (BZgA) 19 19 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 20 Alkoholkonsum mindestens einmal in der Woche bei 14 – 17-Jährigen (Selbstangaben; KIGGS) 20.12.2010 20 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Haschischkonsum bei 11- bis 17-Jährigen Quelle: KIGGSSonderauswertung 2008 Folie 21 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 21 21 14 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Unzureichende familiäre Ressourcen Folie 25 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 25 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Unzureichende soziale Ressourcen Folie 26 Quelle: Robert-Koch-Institut: KIGGS Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 26 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Befundlage Folie 27 Trotz aller alarmistischen Diskurse wachsen etwa 80 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland gut auf und es ist davon auszugehen, dass dafür ein gut funktionierendes lebensweltliches und sozialstaatliches System die Grundlage schafft. Dieses gilt es weiterhin zu sichern und auszubauen. Am wenigsten profitieren von diesen Strukturen Kinder, Jugendliche und ihre Familien, die von Armut, Migration oder besonderen Lebenslagen (wie Behinderung oder schwere psychische und körperliche Erkrankungen der Eltern) sowie von Exklusion betroffen sind. 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 27 15 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Heranwachsende aus sozial benachteiligten Familien bzw. mit Migrationshintergrund – auch sonst gesundheitlich benachteiligt: Folie 28 Sie sind motorisch weniger leistungsfähig sie ernähren sich ungesünder und bewegen sich weniger ihr Medienkonsum ist höher sie haben häufiger mehrere Gesundheitsprobleme und geringeres Wohlbefinden, sie verfügen über weniger persönliche, familiäre und soziale Ressourcen geschlechtsspezifische Differenzen ergeben sich verschärft sie zeigen häufiger Verhaltensauffälligkeiten (ADHS; v.a. Jungen), sie haben häufiger psychische Probleme und Essstörungen (v.a. Mädchen). (Quelle: KiGGS-Daten; nach Angaben der Eltern und der Jugendlichen) Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 28 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Die zentralen konzeptionellen Stichworte Ausgangspunkte: Ottawa-Charta der WHO Folie 29 UN-Kinderrechtskonvention UN-Konvention zur Rechte behinderter Menschen Salutogenetische Perspektive: Kohärenz und Selbstwirksamkeit Befähigungs-Ansatz (Capability-Approach): Verwirklichungschance Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 29 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Bezugspunkt: Ottawa Charta der WHO Folie 30 "Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die allen ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen." Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 30 16 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Gesundheitsförderung Folie 31 zielt auf die Befähigung zu einer selbstbestimmten Lebensweise und darf nicht auf die Bereiche Ernährung und Bewegung reduziert werden, obgleich diese durchaus wichtige Zielbereiche von Prävention und Gesundheitsförderung sind. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 31 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Gesundheit Gesundheitsressourcen Gesundheitsrisiken Gesundheitsförderung Prävention Salutogenese Pathogenese Folie 32 Aktivitäten zur Verbesserung der Gesundheit Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 32 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 33 Aaron Antonovsky 1923 - 1994 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 33 17 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 34 34 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Kohärenz ist das Gefühl, dass es Zusammenhang und Sinn im Leben gibt, dass das Leben nicht einem unbeeinflussbaren Schicksal oder Zufallsgenerator unterworfen ist. Der Kohärenzsinn beschreibt eine geistige Haltung: Folie 35 Meine Welt erscheint mir verständlich und stimmig; auch Probleme und Belastungen, die ich erlebe, kann ich in einem größeren Zusammenhang sehen (Verstehbarkeit). Das Leben stellt mir Aufgaben, die ich lösen kann. Ich verfüge über Ressourcen, die ich zur Meisterung meines Lebens, meiner aktuellen Probleme mobilisieren kann (Handhabbarkeit). Für meine Lebensführung ist jede Anstrengung sinnvoll. Es gibt Ziele und Projekte, für die es sich zu engagieren lohnt (Bedeutsamkeit). Kohärenzfördernd sind die Widerstandsressourcen: Individuelle, soziale, gesellschaftliche und kulturelle Ressourcen. 35 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen DEUTSCHE Frauen Männer Folie 36 MIGRANTINNEN alle Frauen Männer INSGESAMT alle Frauen Männer alle Demoralisierung*** 39,00 27,78 34,63 47,40 34,46 42,43 42,04 30,17 37,44 psychosomat Sympt. 35,97 20,98 30,17 36,36 21,99 30,96 36,11 21,33 30,45 Krankheiten *** 7,83 5,45 6,90 6,64 4,61 5,88 7,38 5,14 6,53 56,89 60,76 58,41 53,89 57,88 55,38 55,78 59,73 57,30 Kohärenzsinn*** Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 36 36 18 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Generalisierte Widerstandsressourcen Folie 37 Im Individuum: organisch-konstitutionelle Widerstandsressourcen, Intelligenz, Bildung, Bewältigungsstrategien und Ich-Stärke, die nach Antonovsky eine der zentralen emotionalen Widerstandressourcen darstellt, als emotionale Sicherheit, als Selbstvertrauen und positives Selbstgefühl in Bezug auf die eigene Person. Im sozialen Nahraum: Zu den Widerstandsressourcen zählen aber auch wesentlich die sozialen Beziehungen zu anderen Menschen. Diese beinhalten das Gefühl, sich zugehörig und „verortet“ zu fühlen, Vertrauen und Anerkennung durch für einen selbst bedeutsame Andere zu erfahren und durch die Beteiligung an zivilgesellschaftlichem Engagement sich als selbstwirksam erleben zu können. Hinzu kommt die Möglichkeit, sich Unterstützung und Hilfe von anderen Menschen zu holen und sich auf diese zu verlassen. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 37 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Generalisierte Widerstandsressourcen Folie 38 Auf gesellschaftlicher Ebene: Widerstandsressourcen entstehen durch die Erfahrung von Anerkennung über die Teilhabe an sinnvollen Formen von Tätigkeiten und ein bestimmtes Maß an Sicherheit, mit diesen seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können (Verfügbarkeit über Geld, Arbeit, Wohnung….). Auf der kulturellen Ebene: Widerstandsressourcen vermitteln auch der Zugang zu kulturellem Kapital im Sinne tragfähiger Wertorientierungen (bezogen aus philosophischen, politischen, religiösen oder ästhetischen Quellen). Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 38 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen BegründerInnen des Capability-Ansatzes: Amartya Sen und Martha C. Nussbaum Folie 39 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 39 19 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Unter Verwirklichungschancen (capabilities) Folie 40 versteht Amartya Sen die Möglichkeit von Menschen, „bestimmte Dinge zu tun und über die Freiheit zu verfügen, ein von ihnen mit Gründen für erstrebenswert gehaltenes Leben zu führen.“ Amartya Sen (2000). Ökonomie für den Menschen Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 40 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Verwirklichungschancen Folie 41 Die basalen Capabilities umfassen die Ausbildung von spezifischen körperlichen Konstitutionen, sensorischen Fähigkeiten, Denkvermögen und grundlegende Kulturtechniken, die Vermeidung von unnötigem Schmerz, die Gewährleistung von Gesundheit, Ernährung und Schutz, die Möglichkeit und Fähigkeit zur Geselligkeit bzw. zu Bindungen zu anderen Menschen, anderen Spezies und zur Natur, zu Genuss, zu sexueller Befriedigung, zu Mobilität und schließlich zu praktischer Vernunft und zur Ausbildung von Autonomie und Subjektivität. Quelle: Martha C. Nussbaum (1999). Gerechtigkeit oder Das gute Leben Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 41 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Folie 42 Quelle: Richard M. Lerner: Die 6 Cs der positiven Jugendentwicklung Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 42 20 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Handlungsbefähigung basiert auf der Einschätzung dessen, „was ist, was man hat, was man kann und wozu man fähig ist“. Folie 43 Handlungsbefähigung beruht auf dem Erkennen der eigenen Situation und eines Handlungsbedarfes, dem Erkennen und Abschätzen der verfügbaren individuellen und in der Konstellation gegebenen Handlungsoptionen und –ressourcen, der Überzeugung, selbst handlungsfähig zu sein, sowie der Fähigkeit kontextangemessen zu handeln. Quelle: Matthias Grundmann (2006). Sozialisation. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 43 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Gesundheitsrelevante Entwicklungsthemen Folie 44 20.12.2010 Unter 3-Jährige: Säuglings- und Kleinkindalter Bindung und Autonomie 3- bis unter 6-Jährige: Kindergarten- und Vorschulalter Sprechen, Bewegen und Achtsamkeit 6- bis unter 12-Jährige: Grundschulalter Aneignen und Gestalten, Beziehungen eingehen und sich bewähren 12- bis unter 18-Jährige: Jugendalter Körper spüren, Grenzen suchen, Identität finden 18- bis 27-Jährige: Junge Erwachsene Sich entscheiden, Intimität leben, Verantwortung übernehmen Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 44 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Kooperationsmöglichkeiten von Jugendhilfe, Gesundheitssystem und Behindertenhilfe Um Kooperation zu ermöglichen und zu verbessern, muss berücksichtigt werden, dass sich einander fremde Systeme begegnen, Folie 45 die teilweise Feindbilder voneinander oder überzogene Erwartungen aneinander haben, einen je eigenen Denkstil und Sprachcode pflegen, die eigenen Handlungslogiken folgen, die unterschiedlichen Gesetzen unterliegen und völlig verschieden finanziert werden Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 45 21 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Leitlinie 7 Inklusion Folie 46 Im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention (§ 24) haben alle Kinder, unabhängig von ihrem Rechtsstatus, ein Recht „auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit“. Insofern sind alle Maßnahmen an einer Inklusionsperspektive auszurichten, die keine Aussonderung akzeptiert. Inklusionsnotwendigkeiten bestehen vor allem für Kinder, die in Armut aufwachsen, für Heranwachsende mit Migrationshintergrund und für Mädchen und Jungen mit behinderungsbedingten Handlungseinschränkungen. Sprach-, Status- und Segregationsbarrieren sind abzubauen und die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung sind in allen Planungs- und Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen (disability mainstreaming). Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 46 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe Familien- und Elternbildung, frühe Förderung Kindertagesbetreuung Schnittstellen: Ganztagesbetreuung, Gesundheitssystem, Frühförderung Jugendarbeit Hilfen zur Erziehung Jugendschutz Delinquenz- und Gewaltprävention Schnittstellen: § 35 a SGB VIII, Behindertenhilfe, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jugendhilfe und Schule Folie 47 Jugendberufshilfe Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 47 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Gesundheitsförderung in der KJH – eine vorläufige Zwischenbilanz (I) Folie 48 Konzeptionelle Unschärfen – Vielfalt der Begriffe: Gesundheitserziehung, -bildung oder -pädagogik? Gesundheitsförderung oder Prävention? Sozialpädagogik oder Gesundheitsförderung – unterschiedliche Perspektiven auf die Praxis? Dilemma: Die Fachdiskussion hält an – aber die KJH braucht eine einheitliche Begrifflichkeit, um sich verständigen und ihre Leistungen darstellen zu können! Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 48 22 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Konzeptionelle Unschärfen iehung Hygieneerz Gesundheitsbildung Folie 49 Gesun dheit späda gogik Welln esserz iehun g Soziale G ining esundheit heit st ra sarbeit Gesund Beweg vention ungsprä heit sprä vent ion Gesund Prävention sschulung ng u r e d r heit sfö Gesundheit Gesund sk indergart en g tun ch nri sei ge rta de Kin de sun Ge Gesunde Erziehung und Bildung Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 49 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Gesundheitsförderung in der KJH – eine vorläufige Zwischenbilanz (II) Folie 50 Vielfältige, additive und punktuelle Projektpraxis (statt flächendeckender Regelangebote) mit unterschiedlicher Intensität in den verschiedenen Handlungsfeldern: Relativ intensiv in der Familienbildung und in den Kindertagesstätten (verankert in den Bildungs-plänen der Länder) Relativ „implizit“ in der Kinder und Jugendarbeit Von isolierten Einzelprojekten hin zu „gesundheitsförderlichen GesamtSettings“ ist meist noch ein weiter Weg! Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 50 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Vielfältige Projektpraxis: Das Beispiel: Kindertagesbetreuung Folie 51 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 51 23 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Gesundheitsförderung in der KJH – eine vorläufige Zwischenbilanz (III) Unterschiedliche, oft kombinierte Formen Folie 52 Information und Aufklärung (z.B. durch BzGa-Kampagnen) Gesundheitspädagogische Projekte und Aktionen (meist im Sinne von Prävention) Gesundheitsbezogene Prävention (verhaltens- und verhältnisbezogen, z.T. sozialraumorientiert) Eingebettete Gesundheitsförderung (die „gesunde Kita“) Implizite Gesundheitsförderung (= Selbstwirksamkeit fördernde Pädagogik, die (bisher) nicht als Gesundheitsförderung gesehen wird) Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 52 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Gesundheitsförderung in der KJH – eine vorläufige Zwischenbilanz (IV) Hauptthemen: Ernährung Folie 53 Bewegung Stress- und Konfliktbewältigung Aufklärung zu Sucht und Sexualität noch wenig zu Körperwahrnehmung und –wertschätzung Ungedeckte Versprechen: Probleme der Evaluation Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 53 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Empfehlungen Zentralperspektive: Der vorsichtige Titel des 13. Kinder- und Jugendberichts „Mehr Chancen für gesundes Aufwachsen“ lässt sich auf das Prinzip der Folie 54 „Befähigungsgerechtigkeit“ verdichten. 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 54 24 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Empfehlungen Besonderer Förderungsbedarf bei Aufwachsen in Armutslage Folie 55 Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Kindern von psychisch, sucht- und chronisch erkrankten Eltern Traumatisierte Kinder und Jugendliche 55 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Quelle: Der SPIEGEL vom 03.08.2009 Folie 56 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 56 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Empfehlungen Gesundheitsförderung in der frühen Kindheit durch ein integriertes System früher Förderung Folie 57 Frühe Hilfen müssen als umfassendes Unterstützungsangebot für Eltern von der Schwangerschaft über die Geburt bis zu den ersten Lebensmonaten/-jahren organisiert werden. Familienhebammen sind hier ein mögliches Angebot, allerdings bedürfen sie einer sozialdiagnostischen Qualifizierung. Am besten geeignet scheinen Early-excellence-Projekte, Kinder-Tages-Zentren (KiTZ), „Haus für Familien“, Mütter- und Familienzentren und Mehr-Generationen-Häuser, die sozialraumbezogen ausgerichtet sind und ein komplexes Angebot machen können. Frühe Hilfen dürfen nicht unter einer Kontrollperspektive wahrgenommen werden, sondern als abrufbare Assistenz und als Orte, an denen sich Familien treffen und austauschen und damit auch selbst organisieren können. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 57 25 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Quelle: DIE ZEIT vom 30.07.2009 Folie 58 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 58 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Empfehlungen Gesundheitsförderung im Schulalter Folie 59 Die steigenden gesundheitlichen Belastungen (Ernährungsprobleme, Übergewicht, chronische Erkrankungen wie Allergien und psychosoziale Probleme wie ADHS) dürfen nicht medikalisiert werden. Weil in der Schule alle Kinder erreicht werden können, bedarf es einer verbesserten Kooperation von gesundheitsförderlichen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe und der Schule durch den Ausbau der Schulsozialarbeit. Speziell in den Ganztagesangeboten ist die systematische Förderung von altersspezifischen Gesundheitsthemen relevant. Förderung der Elternselbsthilfe (etwa durch Projekte wie Elterntalk) Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 59 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Erwerb von Methylphenidat (z.B. Ritalin) durch Apotheken Folie 60 Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM 2008 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 60 26 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Quelle: DER SPIEGEL 34/2010, S. 132 Folie 61 61 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Quelle: DIE ZEIT vom 30.07.2009 Folie 62 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 62 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Empfehlungen Gesundheitsförderung im Jugendalter Folie 63 Dringend erforderlich ist eine stärkere fachliche (und politische) Aufmerksamkeit für die gesundheitlichen Herausforderungen und Risiken des Jugendalters (vor allem psychosoziale Probleme wie Sucht, Essstörungen, Depressionen). Notwendig ist die Unterstützung bei der Erarbeitung realistischer und erreichbarer Lebensziele und der identitären Grenzziehung. Diese sind Voraussetzung für Gewinnung von Lebenskohärenz. Unterstützung ist vor allem bei der Bewältigung von Übergängen (z.B. Schule – Beruf) relevant. Jugendliche in ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen zu Erziehung bedürfen einer genügend intensiven, aber an ihre Lebenswelt anschlussfähige, nicht ausgrenzende und mit dem Gesundheitssystem vernetzte Hilfen. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 63 27 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Empfehlungen Gesundheitsförderung bei Jungen Erwachsenen Verstärkte Aktivitäten der Kinder- und Jugendhilfe, zur Förderung materieller, sozialer, psychischer, intellektueller und körperlicher Ressourcen zur Sicherung des Berufseinstiegs und einer möglichst selbständigen Lebensführung. Folie 64 Junge schwangere Frauen in belastenden, unsicheren Lebenssituationen haben ein besonders hohe Gesundheitsrisiko und bedürfen deshalb einer besonderen Unterstützung, die sowohl die berufliche und psychosoziale Förderung der Mütter als auch die Entwicklungsförderung der Kinder einschließt. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 64 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Empfehlungen Herausforderungen an die Politik (Bund, Land, Kommune) Folie 65 Verringerung ungleicher Gesundheitschancen als vorrangiges nationales Gesundheitsziel Einführung einer Kindergrundsicherung Verbesserung von Voraussetzungen für Netzwerkbildung und von deren Absicherung Gesetzesfolgenabschätzung und Prüfaufträge Verbesserung der Voraussetzungen für die Kooperation mit der Schule Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 65 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Herausforderungen I Folie 66 Die 2008 von der Bundesregierung vorgelegte „Strategie zur Förderung der Kindergesundheit“ sollte unter Einbeziehung der Empfehlungen des 13. KJB weiterentwickelt werden. 2010 ist das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Hier ist ein besonders dringlicher Ansatz für Gesundheitförderung und gesundheitsbezogene Prävention (z.B. durch die Einführung einer Kindergrundsicherung). In den Feldern der Jugendhilfe bedeutet Inklusion geschlechts-, herkunfts- und migrationssensibel zu arbeiten. Die Kinderschutzfrage muss mit einer umfassenden Förderperspektive der frühen Entwicklungspotentiale verbunden werden. 20.12.2010 Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 66 28 Verwirklichungschancen für ein gesundes Aufwachsen Herausforderungen II Folie 67 20.12.2010 Da die gesundheitsrelevanten Belastungswerte im Schulalter besonders dramatisch sind, müssen gesundheitsförderliche Kooperationen der Kinder- und Jugendhilfe mit der Schule strukturell verbessert werden. Die gesellschaftliche und politische Ignoranz gegenüber den zunehmenden psychosozialen Problemen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen muss überwunden werden. Die Förderung verbindlicher kooperativer Netzwerkstrukturen zwischen den Systemen der Jugend-, Gesundheits- und Eingliederungshilfe bedürfen einer strukturellen Absicherung und Förderung. Professor Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie « 67 29 Sozialdienst katholischer Frauen Landesverband Bayern e.V. Bavariaring 48 80336 München Tel.: 089/538860-0 Fax: 089/538860-20 [email protected] www.skfbayern.de