3.2 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik

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3 Thermodynamik
80
• 3.5: In Stahlßaschen mit einem Volumen von 40 I wird Kohlendioxid unter einem Druck von
50 bar bei Zimmertemperatur aufbewahrt. Gesucht ist die Masse des in einer Flasche enthaltenen
Gase.
3.2 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
3.2.1
Innere Energie, Wärme und Arbeit
Die gesamte Energie, die in der thermischen Bewegung der Moleküle eines Systems gespeichert
ist, nennt man Innere Energie U. Bringt man einen Körper in thermischen Kontakt mit einern
Körper höherer Temperatur, dann gleichen sich die Temperaturen an, wobei sich der betrachtete
K 'rper erwärmt Offensichtlich geht dabei Energie vom wärmeren auf den kälteren Körper über
und erhöht eine Innere Energie. Man nennt diese Form der Energieübertragung Wärme. Die
rnnere Energie eines thermodynamischen Systems läßt sich aber auch dadurch ändern, daß man
am y tem _rbeit verrichtet.
Wir wollen die Prozeßgrößen Arbeit und Wärme im folgenden quantitativ erfassen: In der
Thermodynamik stellt man sich einen Proließ oft in eine Folge von Gleichgewichtszustiinden
z rlegt vor. Um olebe Zustandsänderungen durchzuführen, muß man sich die e Prozeßgrößen
j w iI nur in kleinen aufeinanderfolgenden Beträgen dem System zugeführt oder vom System
bg führt denken. Bei der Erfassung solcher infinitesimalen Zustandsänderungen wird nun der
ber it frUher erwähnte Unterschied zwi chen Zustandsgrößen und ProzeßgröBen relevant Um
die en Unte chied mathematisch zu ,erfassen, soll eine infinitesimale Änderung einer Größe F
unt r ucht werden, die von den Variablen x und y abhängen möge. Änderungen von x und y um
dx bzw. dy führen zu einer infinitesimalen Änderung von F. die sich schreiben läßt als
(3.17)
Wird ein thermodynamisches System von einem Zustand I in einen Zustand 2 überführt, dann ist
di re ultierende Gesamtänderung von F durch ein Kurvenintegral über 0F zwischen (Xl, Yl) und
( ..t'2 Y2) be timmt. Dabei entsteht sofort wieder die Frage nach der Abhängigkeit dieses Integrals
vom Weg, d. h. von der Art der Prozeßführung. Wie aus der Mathematik bekannt ist, verlangt
ein 'W gunabhängigkeit des Intergrals, daß der Ausdruck (3.17) das vollständiges Differential
dF einer Funktion F(x, y) ist (vgl. Mathematischer Anhang). Anstelle von (3.17) läßt sich eine
infinite imale Änderung dann durch
8F
8x
8F
dF- -dx+ -dy
t lien. Die er Sachverhalt liegt gerade im Fan einer Zustandsfunktion vor. WIr balten also
d
~
oy
t:
Die Andenmg einer Zustandgröße hängt nur vom Anfangs- und Endzustand des
S stems ab und nicht von der Art der Prozeßführung. Infinitesimale Änderungen
von Zustandsgrößen lassen sich daher durch vollständige Differentiale darstellen.
Prozeßgrößen sind hingegen von der Art der Prozeßführung abhängig; infinitesimale
"ndenmgen ind keine vollständigen Differentiale.
3.2 Der erste Hauptsatz der Thennodynamik
81
-ds'. ' .. ....... t
· ... . . P. ...
.t
!..
! '. -
· . . . . . t I .
.
. . .
· . . . . . t I.
· . . . . . . • . . .. t
~
.
.
F
....1 1 - - - Bild 3.2
Zur Ableitung des Ausdrucks für die Arbeit bei Volumenänderung eines thermischen Systems
.
i· .
Um dieses unterschiedliche Verhalten deutlich zu machen, schreiben wir im folgenden für die
Änderung der Inneren Energie dU aber für die infinitesimalen Beträge von Arbeit und Wänne
6W bzw.6Q.
Wir wollen nun die Energieübertragung durch Arbeit untersuchen. Dazu komprimieren wir z. B.
ein Gas, welches sich unter dem Druck p befindet, durch Verschieben eines Kolbens (Bild 3.2).
Damit das System dabei im Gleichgewicht bleiben soll, darf die ausgeübte Kraft F nur infinitesimal größer als die von innen wirkende Kraft pA sein, was im Grenzfall auf F = pA führt.
Hat der Kolben die Fläche A und legt er die Wegstrecke ds zurück, dann leistet man dabei am
System die Arbeit
8W
= Fds = pAds = -pdV .
(3.18)
Zu beachten ist, daß d V negativ ist. Am System verrichtete Arbeit wird also als positiv definiert.
Zur quantitativen Erfassung der Wärme gehen wir von folgenden Fakten aus: Um einen
Körper zu erwärmen, benötigt man eine zu seiner Masse proportionale Energiemenge. Diese
Energiemenge ist weiterhin zur Temperaturerhöhung dT proportional, die erzielt wird. Al 0
kan n man ansetzen:
8Q
= CdT =
mcdT.
(3.19)
Man nennt C die Wärmekapazität des Körpers. Sie mißt die Wännemenge, die nötig ist um
den Körper um 1 K zu erwärmen. Die spezifische Wärmekapazität ist andererseits gegeben
durch die Wärmemenge, die nötig ist, um 1 kg eines Stoffes um 1 K zu erwärmen. Gebräuchlich
ist auch noch die molare Wärmekapazität, die durch
definiert ist. Sie mißt schließlich die zur Erwärmung von einem Mol eines Stoffes um 1 K
benötigte Wärmemenge.
Für Gase muß man unterscheiden zwischen Wärmezufuhr bei konstant gehaltenem Druck
oder konstant gehaltenem Volumen. Demnach existieren die spezifischen Wärmekapazitäten cp
(p
const.) bzw. Cv (V
const.). Gleiches gilt für die molaren Wärmekapazitälen. E
ist offensichtlich, daß cp immer größer als Cv sein muß, denn im ersten Fall muß außer der
Temperaturerhöhung auch noch die für die Volumen vergrößerung notwendige Arbeit durch die
Wärmezufuhr geleistet werden.
Man kann auf der Grundlage von (3.19) nun Wärmemengen berechnen. die beim Temperaturausgleich zweier Körper ausgetauscht werden. Was Körper 1 mit den Daten ml, Tl und Cl abgibt,
muß Körper 2 mit den Daten m2, T 2 und C2 aufnehmen. Sei weiter T x die Mi chung temperatur,
dann muß also gelten
=
=
3 Thermodynamik
82
wänneisoliert
ßDd 3.3
Prinzipieller Autball eines Kalorimeters. Zur Bestimmung von Cz
filr eine Probe der Masse mz und der Temperatur Tz wird diese in Wasser mit bekanntem Cw. mw und Tw gemucht und die
TemperaturäDderung gemessen.
(3.20)
und T:r kann leicht berechnet werden. Solche und ähnliche Ber,e chnungen bilden den Inhalt
der ~orimetrie. Experimenten werden die kalorischen Größen mit Hilfe eines Kalorimeters
be timmt. Man bezeichnet so ein möglichst gut isoliertes Gefäß, welcbes die zu untersuchende
Probe aufnehmen kann und an ihr Temperaturmessungen erlaubt (Bild 3.3). Präzise Messungen
verlangen dabei auch die Berücksichtigung der W,ä rmekapazität des Kalorimeters C K; sie wird
manchmal durch die Wassermenge mK charakterisiert, die die gleiche Wännekapazität hat, und
dann Wasserw,ert genannt. Erwärmt sich bei der Messung das Kalorimeter um b.T, so muß in
(3.20) ei n zusätzlicher Beitrag GKAT berücksichtigt werden (vgl. Übungen). Aufka~orimetrjsche
Berechnungen unter Berücksichtigung von Phasenübergängen gehen wir in Abscbnitt 3.4.1 ein.
blUlg n:
.6: Was r von BOoe tritt in den Radiator einer Wannwasserbeizung dUl"ch ein Rohr von 500 mmz
Quer chnitt mit einer Geschwindigkeit von 1., 2 em/s ein und verläßt ihn mit der Tempe~atuT
25° . Welche Wärmemenge erhält der beheizte Raum im Laufe eines Tages? Die spezifische
Wärme von Was er sei mit 4, 18 kJ Ikg K angenommen .
• 3.7: In einem Kalorimeter mit dem Wasserwert 8'OIIK befinden sich 200 g Wasser mit einer
Temp ral\Jf von 20 oe. Taucht man ein auf 200 oe erhitztes Stück Eisen mit der Masse 100 g
in d Was er, 0 stellt sich eine Miscbungstemperatur von 28, 6 oe ein. Bestimmen Sie clie
pezifi he Wärmekapazität von Eisen. Hinweis: Für Wasser gilt c ~ 4, 185 kJ kg- 1 l{-l.
3.2.2 FormuJierungen des ersten Hauptsatzes
o r Energieerhaltungssatz in der Mechanik versagte stets,
wenn Reibung im Spiel war ( gl.
Ab chniU 2.1.5.3). eben den mechani ehen Energieformen war dabei gerade immer Wärme
reit ant. Wir haben nun eben ges·ehen, daß man di,e Innere Energie eines Systems owohl durcb
errichten von Arbeit alJs ,auch durch Wärmezufuhr erhöhen kann. während die umgekehrten
ze se die Innere Energie ernjedrigen. Die Erfahrung hat gele~ daß dabei der als erster
U uptsaa der Thermodynamik bezeichnete Sachverhalt besteht:
Oie einem System zugeführte Wärme plus die am System verrichtete Arbeit ergebetl
die Ä:nderung der lnneri!ß Energie.
AI Formel au gedruckt heißt das
3.2 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
i
dU", 6Q+6W.
83
(3.21)
Ein System, welches nicht mit seiner Umgebung in Wechselwirkung steht, heißt bekanntlich
abgeschlossenes System. Wir haben diesen Begriff bereits in der Mechanik im Zusammenhang
mit dem Energieerhaltungssatz eingeführt. Da ein solches System weder Wärme noch Arbeit mit
seiner Umgebung austauschen kann, folgt aus (3.21) wegen 8W = 0 sowie 8Q = 0 eine weitere
Formulierung des ersten Hauptsatzes:
In einem abgeschlossenen System bleibt die Innere Energie konstant. InnerhaLb des
Systems können sich aber verschiedene Energiejormen ineinander umwandeln.
Die Innere Energie ist eine Zustandsgröße, und als solche ist ihre Änderung auf einem geschlossenen Weg Null. Durchläuft daher ein System eine Folge von Prozessen und kehrt dabei wieder
in seinen Ausgangszustand zurück (Kreisprozeß), so ist stets dU = 0 bzw. 8W = -8Q . Ein
solcher Kreisprozeß liegt allen periodisch arbeitenden Maschinen zugrunde. Dies führt uns daher
auf die dritte und vielleicht bekannteste Form des ersten Hauptsatzes:
Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die mehr Arbeit verrichten kann, als
ihr an Energie zugeführt wird.
Bild 3.4
Perpetuum mobile nach Leonardo da Vinci
Die Konstruktion einer solchen Maschine, die man ein Perpetuum mobile erster Art nennt, war
jahrhundertelang das Ziel unzähliger Erfinder. Ihr Einfallsreichtum dabei war bemerken wert,
und es ist daher nicht immer leicht zu durchschauen, warum eine vorgeschlagene Konstruktion
eines Perpetuum mobile nicht funktioniert. Die in Bild 3.4 dargestellte Anordnung geht z. B.
auf Leonardo da Vinci (1452-1519) zurück. Versetzt man das Rad in Bewegung, so rollen die
Kugeln der Schwerkraft folgend auf der rechten Seite stets zum Radumfang und rufen dort
wegen des größeres Hebelarms ein größeres Drehmoment hervor als nach dem Zurückrollen in
der achsennahen Stellung auf der linken Seite. Es scheint so, daß das Rad, einmal angestoßen
unautbärlich rotieren wird. Tatsächlich kommt es aber sehr schnell zur Ruhe. Der Le er mag
versuchen, den Fehler in der obigen Argumentation zu finden.
Die durchweg erfolglosen Bemühungen bei der Konstruktion solcher Maschinen bilden die
experimentel1e Grundlage des ersten Hauptsatzes, der damit das Gesetz von der Erhaltung der
Energie in allgemeiner Weise zum Ausdruck bringt.
3 Thennodynamik
84
3.2.3 Über das Verhalten der Wärmekapazität
Für ein ideales Gas kennen wir die Innere Energie bereits denn die gesamte Energie ist hier
kinetische Energie und aus (3.13) erhält man für ein Gas aus N Molekülen
_
kBT
U= Nckin=Nf
2
,
(3.22)
Die Innere Energie eines idealen Gases hängt also außer von der Stoffmenge nur von der Temperatur ab. nicht jedoch vom Volumen! Mit Hilfe von (3.22) können die Wärmekapazitäten berechnet
werden:
Berechnung von Gv: Wegen d V = 0 und (3_22) folgt aus dem ersten Hauptsatz für ein ideales
Gas dU = 6Q = N fkBT /2. Unter Ausnutzung von kN = kNAll- = p,R erhält man damit l
Gv
= (6dTQ ) v =
f JjR .
(3.23)
2
Für die Innere nergie findet man dann aus (3.22)
u = f2 J.tRT = CvT = J-LCm.vT
(3.24)
Der chnung von Cl': Da nun p konstant bleib 4 findet man aus dem ersten Hauptsatz sowie (3.9)
und (3.23)
6Q)
Gp = ( dT
dU
p
dV
= dT + P dT
=
f
i J.tR + J-LR =
f +2 _
2
jlR.
(3.25)
Wie berei bemerkt i t also C'P stets größer als Gv, und man hat
C1'
C
-
Gv = p,R .
7/2
.......................... .
5/2
...... ..... ... _ - -
(316)
,IR
3/2 ~--~ "
.......... . ...... .
Bild 3.5
Qualitativer Verlauf der molaren
Wärmekapazität Gm, V fUr H2 zwi-
1/2
T/K
I
schen der Dissoziationstemperalur
T ~ 3200 K und der Kondensationstemperatur T ~ 20 K
i I in der Thennodynarnik üblich. die beim Bilden einer partiellen Ableitung jeweils konstant gehaltene Größe
x anzugeben.
3.2 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
85
Bild 3.5 zeigt den Verlauf der molaren Wärmekapazität Gm, V von Wasserstoff in Abbängig~eit
von der Temperatur, wie man ihn qualitativ im Experiment findet Unter Berücksichtigung von
(3.23) kann ei.ne sokhe Temperaturabhängigkeit nur so gedeutet werden, daß in verschiedenen
Temper,9lturbereichen einem Molekül eine unterschiedlicbe Zahl von Freiheitsgraden zugeordnet
werden muß.
Prinzipiell hat ein zweiatomiges Mo~ekü1 neben den 3 Freiheitsgraden der Translation jeweils
noch 2 Freiheitsgrade, die mit Rotationen bzw. Schwingungen des Moleküls in Zusammenhang,
stehen (Bild 3.6). Dabei ist zu beachten, daß die Mög]ichkeit einer Schwingung stets mjt 2 freiheitsgraden zu berücksichtigen ist. Di,e s liegt daran, daß sich die Gesamtenergie bei einer Schwingung im zeitlichen Mittel in gleichen Anteilen auf kinetische und potentielle Energie verteilt (vg1.
auch Abschnitt 5.1.1). Den insgesamt 7 Freiheitsgraden entspricht leine molare Wärmekapazität
von Gm, V = 7 R/2,. wie man sie auch für binrdchend hohe Temperaturen tatsächlich mißt.
Mit abnehmender 'Femperatur werden nun zuerst die 2 Schwingungsfreiheitsgrade und später
,aucb die 2 Rotationsfreiheitsgrade nicht mehr angeregt Diesen in der klassischen Physik nicht
verständlichen Vorgang nennt man ,.Einfrierenu der jeweiligen FFeiheitsgrade.
Transla.tion
Rotation
• Zv~
.y~
/1
(entlang x" y und z)
.
x
(um y und z)
Schwingung
..
x
ZV
.•. ._/1
•
y
•
...--f>o
...
X
(in x-Richtung)
Bild 3.6 Veranschaulichung' der möglichen Freiheitsgrade eines zweiatomigen. Moleküls
Während wir also für höhere Temperaturen eine gute Übereinstimmung zwischen Theorie
und Experiment haben, trle ten für tiefeFe Temperaturen deutliche Diskrepanzen auf. Sie wei en
auf eine Verletzung des Gleichverteilungssatzes in diesem Temperarurbereich hin und können
erst im Rahmen der Quantenmechanik verstanden werden. Diese lehI4 daß Energie nur in Form
Vün diskreten Quanten ausgetauscbt werden kann. Die Energie der Schwingllng quanten ist nun
im aJlgemeinen größer als die der Rotationsquanten; und immer wenn die mittiere thermi ehe
Energie kBT /2 kleiner als die Energie der jeweiligen Qu.anten ist, können die entsprechenden
Freiheitsgrade nicbt mehr angeregt werden. So kommt es zu dem beschriebenen ,Einfrieren"
dieser Freiheitsgrade.
In einem Festkörper können die Atome um ihre Gleicbgewichtslagen Schwingungen in aUen
drei Raumrichtungen ,ausführen, während Translations- und Romfionsbewegungen nicht möglich
sind. Da man j1e der Schwingung aus den bereits besprochenen Gründen 2 Freiheitsgrade zuor-dnen
muß, ergibt dies für feste Körper pro Molekül f = 6. Man ,erwartiet daher eine mehr oder weniger
genaue Gültigkeit der aufP: L. Dulong (178.5-1838) und A. Tb. Petit (1791-1838) zurückgehenden Dulong-Pet.itschen Regel, die eine substanzunabhängige molare Wärmek.apazität von
Cm.v = NA ;k = 3R = 24, 9Jmol- 1 K- 1
vorhersagt (vgi. dazu auch TabeUe 3.2). Wieder ~eigt sicb eine gute Übereinstimmung mit dem
Experiment tur hohe Temperaturen. Allerdings machen sich aucb hier durch Quanteneffekte
berv,org,e rufene Diskrepanzen für tiefe Temperaturen bemerkbar. Auf Grund des suk~ - iven
,,Einfrierens ' aUer Fr,e ihei,tsgrade findet man nämlich stets Cm , v -+ 0 für T -+ O.
86
3 Thermodynamik
Tabelle 3.2 Molare und spezifische Wärmekapazität einiger
fester und flüssiger Substanzen bei 18 oe
c/Jkg-1K- 1
Cm/Jmol-1K- 1
Substanz
75,4
Wasser
Eisen
4187
451
891
25,2
24,0
27,7
24,7
Aluminium
Quecksilber
Wolfram
138
134
3.2.4 Zustandsänderungen idealer Gase
Allgemeine Zustandsänderungen lassen sich oft als Folge von einigen speziellen Zustandsänderungen darstellen. Für die weiteren Betrachtungen in diesem Abschnitt sei wieder ein ideales Gas
vorausgesetzt. Untersucht werden sollen die folgenden 4 Zustandsänderungen:
Isotherme Zustandsänderungen (T = const): Bei konstanter Temperatur gilt das BoyleMariottesche Gesetz,. und in einem sogenannten pV -Diagramm sind die Isothermen Hyperbeln
der Form P ::: J.LRT IV. Wegen bW ::: -p dV kann man die Arbeit bei einem isothermen Prozeß
durch
W
=
1
~
pdV
VI
V,
= -J.LRT l~dV
- = J.LRTIn 1
VI
V
(3.27)
V2
au drücken. Dies entspricht im pV -Diagramm der Fläche unter der durch die jeweilige Temperatur definierten Isotherme zwischen VI und Vz (Bild 3.7). Aus diesem Grund werden solche
Diagramme zur Darstellung von Zustandsänderungen gegenüber anderen DarsteUung,smögIichkeiten favorisiert.
Jsobare Zustandsänderungen: (p = const.): Für sie ist die Gültigkeit des 1. Gay-Lussacscben
Ge etze charakteristisch. Im pV -Diagramm sind die Isobaren Parallelen zur V -Achse~ die Arbeit bei einer isobaren Entspannung ergibt sich einfach aus p(V1 - V2 ).
Isochore Zustandsänderungen: (V
isotherm
= ccmst.):
isobar
p
Für diese Art der Zustandsänderung gilt das
isochor
p
adiabatisch
p
p
T
T
T
T
T'
T'
T'
T'
v
V
V
V
Bild 3.7 I othenne, isobare, isochore und adiabatische Zustandsänderung im pV -Diagramm. Zum Verleich ind zusätzlich jeweils zwei Isothermen zu den Temperaturen T und T' < T dargestellt.
2. Gay-Lu sacsche Gesetz. Im pV -Diagramm sind die Isochoren Parallelen zur p-Achse; bei
einer · olehen Zu tandsänderung wird Arbeit weder verrichtet noch geleistet (Bild 3.7).
3.2 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
87
Adiabatische Zustandsänderungen: (8Q = 0): Zustandsänderungen, die ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung erfolgen, nennt man adiabatisch. Um einen Wärmeaustausch zu verhindern, muß das System entweder sehr gut wärmeisoliert sein, oder (was in der Praxis häufiger
vorkommt) der Prozeß muß so schnell erfolgen, daß in der kurzen Zeit kein Wärrneaustausch
möglich ist. Wegen 8Q = 0 ergibt sich aus (3.21) dU = 8W, und mit (3.24) findet man
J..LCm,vdT + pdV = O.
Mit (3.9) ergibt sich nach Separation der Variablen und anschließender Integration
Cm,v
l
T2
Tl
dT _ _
T - R
JV dVv'
2
VI
Beachtet man weiter (3.26), dann folgt
In(TI
vt-
l
)
= In(T2 V21t -
1
)
bzw. die Adiabatengleichung
TV It - 1 = const. ,
(3.28)
in der"" = Cm,p/ C 1n , v als Adiabatenexponent bezeichnet wird. Für ein ideales Gas gilt wegen
(3.23) und (3.25)
K
1+2
= -=----
1
(3.29)
Mit Hilfe der Zustandsgleichung (3.9) läßt sich (3.28) auch in der Form
I pV' = mnst. I
(3.30)
schreiben. Da K > 1 ist, verlaufen die Adiabaten steiler als die Isothermen (Bild 3.7). In
der Praxis erweisen sich isotherme und adiabatische Prozesse als idealisierte Grenzfälle. Reale
Zustandsänderungen verlaufen irgendwo zwischen diesen Grenzen - man nennt sie polytrop.
Übungen:
3.8: Bei 20°C hat man (bei festgehaltenem Volumen) für Helium und Sauerstoff molare Wärmekapazitäten Cm,v von 12,47 J mol- 1 K-I bzw. 21,06 J mol- l K-l. Was kann man daraus über
die molekulare Struktur der Gase ableiten?
3.9: Versuchen sie eine zu (3.26) analoge Gleichung für die spezifischen Wärmen Cp und Cv eines
idealen Gases abzuleiten.
3.10: Stellen Sie isobare, isochore, isotherme und adiabatische Zustandänderungen in einem
TV -Diagramm dar.
3.11: Die experimentelle Bestimmung des Adiabatenkoeffizienten K, = Cp / Cv kann nach N. Clement (1779-1841) und Ch. B. Desormes (1777-1862) durch folgenden Versuch erfolgen:
Ein mit einem Hahn verschlossenes Gefäß enthält Luft der Temperatur Tl unter dem Druck
PI, der etwas über dem äußeren Luftdruck Po liegt. Öffnet man den Hahn, so gleicht sich der
Druck aus. Anschließend wird der Hahn wieder geschlossen und nach einiger Zeit steHt sich im
Kolben erneut ein etwas über dem äußeren Luftdruck liegender Druck P2 ein. Wie kann man den
Adiabatenkoeffizienten aus den bekannten Drucken bestimmen? Hinweis: Der erste Prozeß ist
sehr schnell, der Gesamtprozeß ist isotherm!
3.12: Ein ideales Gas, welches unter dem Anfangsdruck von 1, 2 MPa steht, wird in einem ersten
Schritt isotbenn vom Volumen 21 auf 121 expandiert. Dann wird es isobar auf das Ausgangsvol urnen komprimiert, und schließlich wird es isochor in den Anfangszustand überführt. a) Skizzieren
Sie diesen Kreisprozeß in einem p V-Diagramm. b) Berechnen Sie die dabei vom Gas verrichtete
Arbeit.
•
•
•
•
•
88
3 Thermodynamik
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
3.3.1
Reversible und irreversible Prozesse
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik behandelt Arbeit und Wärme in völlig ymmetrischer
Weise und erlaubt prinzipiell alle Prozesse~ bei denen die Energiebilanz ausgeglichen ist. Damit
ist zwar kein Perp.etuum mobile erster Art möglich. aber immerhin könnte man sich z. B. einen
Dampfer vorsteUen, der die zur Fortbewegung benötigte Energie durch Abkühlung des Meereswas ers gewinnt. Bei den ungeheuren Wassermengen auf unserer Erde wäre das bezüglich
der praktischen Nutzung mit einem Perpetuum mobile gleichbedeutend. Man nennt daher eine
periodisch arbeitende Maschine, clie Wärme vollständig in Arbeit umwandelt, ein Perpetuum
mobile zweiter Art.
Die Erfahrung lehrt nun allerdings, daß eine so1cher Dampfer nicht konstruiert werden kann.
Ebensowenig springt ein heruntergefallener Dachziegel unter Abkühlung des Erdbodens entgegen
der Schwerkraft wieder auf das Dach zurück~ obwohl auch dies nach dem ersten Hauptsatz
möglich wäre. Das Herunterfallen, bei dem sich ja der Erdboden erwärmt, ist offensichtlicb
nicht einfach rückgängig zu machen, und es bedarf eines gewissen Arbeitsaufwandes, um den
Dachziegel in seine urspfÜngHche Position zurückzubringen. Nicht alle energetisch möglichen
Prozes e laufen also in der Natur auch tatsächlich ab, und man unterscheidet daher zwischen
reversiblen und i"eversiblen Prozessen:
Eill Prozeß heißt reversibel, wenn man ihn auf irgendeine Weise rückgängig machen
kann, ohne daß Veränderungen in der Natur zurückbleiben. Prozesse, für die dies
nicht gelingt, nennt man irreversibel.
Würde man das reibungsfreie Abrollen einer Kugel von einer schiefen Ebene filmen und den
Film dann rückwärts abspielen. so würde man diese Kugel unter Verlust ihrer kinetischen Energie
die Ebene hinaufrollen sehen. Ein Zuschauer, der bei der Aufnahme nicht anwesend war, hätte
keine Möglichkeit festzustellen, daß der Film rückwärts läuft. WIr haben es hier genauso mit
einem reversiblen Prozeß zu tun, wie bei der reibungsfreien Bewegung eines Pendels oder
beim ela tischen StoB zweier Kugeln. Das Herabfallen unseres Dachziegels ist dagegen ein
irreversibler Prozeß. Würde jemand von der Beobachtung des umgekehrten Prozesses berichten
und zum Beweis bier den Film rückwärts abspielen, so würde er wohl nur Gelächter ernten. Der
Trick wäre leicht zu durchschauen.
Tn unseren Bei pielen für reversible Prozesse wurde stets von einem reibungsfreien Verlauf
.ausgegangen. Dies ist eine Idealisierung, und streng genommen können reale Prozesse höchsten
näherung weise als reversibel betrachtet werden. Dazu müssen sie so langsam ablaufen, daß man
den ge amten Prozeß als eine Folge von G1eichgewichtsprozessen auffassen kann.
Reibung bedeutet nun immer Erzeugung von Wärme, und so scheint die Unterscheidung
zwi ehen reversibel und irreversibel im Zusammenhang damit zu stehen. ob bei dem betrachteten
Prozeß Arbeit in Wänne umgewandelt wird. Während dies ohne weiteres vollständig möglich
i t weisen unsere Ausführungen jedoch auf die Unmöglichkeit der vollständigen Umwandlung
von Wärme in Arbeit hin. Diese Tatsache und die sich daraus ergebenden Konsequenzen bilden
den Inhalt des zweiten Bauptsa.tzes der Thermodynamik. In einer ersten Formulierung können
wir ihn dadurch zum Ausdruck bringen, daß wir die Existenz eines Perpetuum mobile zweiter
Art au schließen;
Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die Wärme vollständig in Arbeit
verwandelt.
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
89
Es muß in diesem Zusammenhang ausdrücklich betont werden, daß eine solche vOllständige
Umwandlung nur für periodi che Prozesse ausgeschlossen wird. Bei einer isothermen Expansion
eines idealen 'Gases. bei der wegen (3.22) dU = 0 ist, findet eine vollständige Umwandlung von
Wärme in Arbeit durchaus statt.
Es gibt auch für den zweiten Hauptsatz weitere äquivalente Formulierungen. So brachte
R. Clausius (1822-1888) (1850) seinen Inhalt in folgender Weise zum Ausdruck:
Wärme kann niemals spontan, d. h. ohne äußere Einwirkungen, von einem kälteren
auf einen wärmeren Körper übergehen.
Wäre dies nämlich der FalJ, 0 ließe sich diese Wärme z.B. durch eine isotherme Expansion
fortlaufend vollständig in Arbeit verwandeln, und wir hätten gerade ein Perpetuum mobile zweiter
Art.
Weitere Formulierungen werden wir in den nächsten Abschnitten kennenlernen. Dabei wird
sich zeigen, daß der zweite Hauptsatz die Existenz einer weiteren Zustandsgröße impliziert, die
uns ein mikroskopisches Verständnis der Irreversibilität von Prozessen gestattet.
3.3.2 Der Carnotsche Kreisprozeß
Um die Besonderheiten bei der Umwandlung von Wänne in Arbeit zu verstehen und technisch
nutzbar zu machen, wurde vom Franzosen S. Carnot (1796-1832) (1824) ein peziel1er KreisprozeB untersucht. Beim Camotscben Kreisprozeß durchläuft ein ideales Gas die folgenden 4
Prozeßscbritte zwischen einem oberen und einem unteren Wärmereservoir mit den Temperaturen
Tl bzw. T 2 (Bild 3.8):
1. Isotherme Expansion bei Tl vom Zustand (PI, Vd in den Zustand (P2, V2). Wegen (3.27)
leistet das Gas die Arbeit
(3.31)
und nimmt dabei die Wärme Ql
= - WI
aus dem oberen Reservoir auf.
2. Adiabatische Expansion vom Zustand (T1 ,P2, V2 ) in den Zustand (T2 ,P3, V3 ) . Ein Wärmeaustausch erfolgt nicht, und das Gas leistet dabei gemäß (3.24) die Arbeit
(3.32)
die nach dem ersten Hauptsatz gleich der Änderung der Inneren Energie ist.
3. Isotherme Kompression bei T 2 vom Zustand (P3 V3) in den Zustand (P4, V4). Dabei wird am
Gas die Arbei t
(3.33)
verrichtet und die Wärme
Q2
= - W 2 an das untere Reservoir abgegeben.
4. Adiabatische Kompression aus dem Zustand (T2 , P4, V4 ) in den Ausgangszustand (Tl, Pt, VI ).
Am Gas muß dazu die Arbeit
(3.34)
verrichtet werden.
Insgesamt wird beim Carnotschen Kreisprozeß vom Gas also die Arbeit
3 ThermodynaJllik
'90
1. Isotherm. Expansion
~
Tl ;::::
p
2. Adiabat. Expansion
11
I
I
I
Wiirmereservoir
3. Isotherm. Kompr,e ssion 4. Adiabat. Kompression
. . . . ...
I· . .
T2 . . f . .
. . . "
~
.
~
I, Wlirmereservoir
v
BUd 3.8
Realisierung eines (rechtsläufigen) Carnotschen Kreisprozesses, und seine DarsteUung im pV·
Diagramm
W = W1 + W
I
+ W2 + W
fI
VI
= p,RTlln V
2
.-. lnV3
+ p,RT2
V
4
verrilchtet und dabei eine berragsmäßig gleich große Wärmemenge Ql +Q 2 verbraucht. Mit Hilfe
von (3.28) findet man weiter
bzw.
V4
Vl
Vz
Vs '
Damit la en sich aber die beiden den isothermen Prozessen entsprechenden Beiträge zur Arbeit
lV zu. ammenfassen, und es ergibt sich
W = p.R(Tl
VI
T 2 ) In V
-
.
(3.35)
2
o Verhhltni aus dem Betrag der vom Gas verrichteten Arbeit IWI und der aus dem oberen
Re ervoir aufgenommenen Wänne Q zu ist ein Maß für die Effizienz der Umwandlung von Wärme
in Arb it bei einem Kreisprozeß. Man definiert den thermischen Wirkungsgrad T} angemein als
IWI
'l1 = - .-
Qzu
und erhält für d -n untersuchten Camots,chen Kreisprozeß
.,.. _
' Il:' -
IWII
-
Q zu
_
-
Q1
- IQ21
Q]
_
-
J.LR(T1 - T 2 ) In ~2
V;
I-"RT1 In io;
Kürzen zeigt daß der thermische WIrkungsgrad gemäß,
(3.36)
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
91
----------~--------~--------------------------~
(3.3 7 )
nur von den Temperaturen der beteiligten Reservoirs abhängt. Der Wirkungsgrad wird um so
größer, je größer die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Reservoirs ist und je tiefer die
Temperatur T 2 des unteren der beiden ist. Es ist wichtig festzustellen, daß stets TJc < 1 gilt. Für
T2 = 0 würde man rein formal zwar TJc = 1 erhalten, und Wärme ließe sich dann im Widerspruch
zum 2. Hauptsatz vollständig in Arbeit verwandeln ~ die Erfahrung hat jedoch gezeigt, daß T2 = 0
nicht realisierbar ist. 2
Bei unseren bisherigen Betrachtungen zum Carnotschen Kreisprozeß haben wir implizit unterstellt, daß der Prozeß reversibel ausgeführt wird. Man kann sich dazu vorstellen, daß die
Zustandsänderungen so langsam erfolgen, daß wir den gesamten Prozeß als eine Folge von
Gleichgewichtszuständen auffassen können. Tatsächlich setzen wir dies voraus, wenn wir z . B.
die Arbeit bei isothermer Kompression gemäß (3.27) so berechnen, als wenn der Druck auf den
Kolben mit dem Gasdruck identisch, oder genauer, nur infinitesimal größer als dieser ist. Der
Kreisprozeß kann somit nicht nur wie in Bild 3.8 dargestellt als rechtsläufiger Prozeß ausgeführt
werden, sondern auch in umgekehrter Richtung als linksläufiger Prozeß. In einem solchen Prozeß
wird Wärme durch Verrichten von Arbeit von einem kälteren zu einem wärmeren Reservoir
transportiert.
Der Carnotsche Kreisprozeß kann natürlich auch irreversibel verlaufen. Seine große Bedeutung
für die technische Nutzung der Umwandlung von Wärme in Arbeit in Wärmekraftmaschinen,
wie etwa der Dampfmaschine, beruht nun auf den folgenden Aussagen:
• Der thermische Wirkungsgrad eines reversiblen Carnotschen Kreisprozesses i t vom Arbeitsstoff unabhängig .
• Der thermische Wrrkungsgrad eines irreversiblen Carnotschen Kreisprozesses kann nicht
größer als der eines reversiblen Carnotschen Kreisprozesses sein .
• Beliebige Kreisprozesse lassen sich immer durch Carnotsche Kreisprozesse annähern.
Wir wollen die Richtigkeit dieser Aussagen beweisen: Gäbe es einen Arbeitsstoff mit dem ein
reversibler Carnotscher Kreisprozeß einen größeren Wirkungsgrad hätte als mit einem idealen
Gas, dann könnte man in einem rechtläufigen Prozeß mit diesem Arbeitsstoff die Arbeit W'
verrichten, wobei Q~ vom oberen Reservoir entnommen und Q~ an das untere abgegeben w ird.
In einem linksläufigen Prozeß mit dem idealen Gas entnehmen wir dem unteren Reservo ir nu n
genau -Q~, bringen die Arbeit W auf und führen dem oberen Reservoir -Ql zu . Wegen TJ' > TJ
hat man dann
-IQ;I > IWI = IQII-IQ~1 ,
Q~
Q~
IQ11
IQt!
IQ11 > 0 und weiter IW'I - w > 0 folgt. Effektiv ist also die Wärme Q ~
IW'I =
Q~
woraus Q~ - IQd
jn einem Kreisprozeß allein durch Abkühlung eines Reservoirs vollständig in Arbeit verwan d elt
worden, was nach dem zweiten Hauptsatz nicht möglich ist. Unsere Annahme 7]' > 7] führt daher
zu einem Widerspruch. Durch Umkehrung der Prozesse und analoge Betrachtungen kann a uch
die Annahme TJ' < TJ ausgeschlossen werden, was die erste der obigen Aussagen bewei t.
2Die prinzipielle Unerreichbarkeit des absoluten Temperaturnullpunktes und das Verhalten der thermodynami ehen
Größen für T ---+ 0 bilden den Inhalt des dritten Hauptsatzes der Thennodynamik (Nernstsches Wännetheorem) den wir
nicht behandeln werden.
3 Thermodynamik
92
Der Beweis der zweiten Aussage gelingt ebenfalls durch ein Gedankenexperiment: Dazu
koppeln wir den als rechtsläufig angenommenen irreversiblen Krei prozeß mit einem reversiblen
Kreisprozeß, den wir linksläufig betreiben. Wäre nun llirrev > 1Jrev, 0 ließe sich wieder ein
Perpetuum mobile zweiter Art konstruieren. Da nun eine Umkehrung irrever ibler Prozesse nicht
möglich ist, folgt daher zwangsläufig
7Jirrev
< 7Jrev
.
(3.38)
p
Bild 3.9
Beispiel für die Zerlegung eines Kreisprozes es in eine Summe
differentieller Camotscher Kreisprozesse. Die Isothermen sind
gestrichelt und die Adiabaten durchgezogen gezeichnet.
V
Die Richtigkeit der dritten Aussage demonstriert Bild 3.9, in dem gezeigt wird, wie man einen
beliebigen Kreisprozeß als eine Summe von differentiellen Carnotschen Kreisprozessen auffassen
kann. Insgesamt liefern unsere Betrachtungen die folgende fundamentale Erkenntnis:
E ltißt sich kein Kreisprozeß realisieren, der einen höheren thermischen Wirkungsgrad hat als der reversible Camotsche Kreisprozeß.
Auch wenn der Carnotsche Kreisprozeß nur eine praktisch nicht zu verwirklichende Idealisierung
i t bildet er ein Vorbild für technische Kreisprozesse, und sein Wrrkungsgrad repräsentiert eine
obere Grenze für alle diese Kreisprozesse (vgl. auch Abschnitt 3.3.3).
Thermodynamische Temperatur: Die Tatsache, daß der thermische Wirkungsgrad eines re veriblen Carnot ehen Kreisprozesses nur durch die Temperaturen der beiden Re ervoirs bestimmt
i t, erlaubt eine von spezjellen Materialeigenschaften von Thermometern unabhängige Temperaturdefinition. Gemäß (3.36) und (3.37) gilt
TJc
= Ql -IQ21 = 1 _ IQ21
Q1
= 1 _ T2
Q1
Tl
bzw.
(3.39)
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
93
Legt man nun die Temperatur eines speziellen Wärmereservoirs fest (man wählt dazu die Temperatur T = 273, 16 K des in Abschnitt 3.4.4 definierten Tripelpunktes von Wasser), dann kann die
Temperatur jedes anderen Systems prinzipiell dadurch gemessen werden, daß man es als zweites
Reservoir eines Carnotschen Kreisprozesses auffaßt und die bei diesem Prozeß ausgetauschten
Wärmemengen mißt. Wie gezeigt wurde, sind letztere von der Art des Arbeitsstoffes unabhängig.
Solange man das Gas in einem Gasthermometer als ideal ansehen kann, ist diese thermodynamische Temperaturmessung mit der eines Gasthermometers identisch.
3.3.3
Beispiele für technische Kreisprozesse
Um eine Umwandlung von Wärme in Arbeit technisch zu realisieren, sind nach dem zweiten
Hauptsatz also zwei Wärmereservoirs notwendig, zwischen denen ein Kreisprozeß ablaufen muß.
Dem wärmeren wird die Wärmemenge Q1 entnommen und an das untere davon die Wärmemenge
Q2 abgeführt, wobei die Arbeit IWI < Q1 - IQ21gewonnen werden kann. Maschinen, die
nach diesem Prinzip arbeiten, nennt man Wärmekraftmaschinen. Am bekanntesten ist wohl
die maßgeblich von J. Watt (1768) entwickelte Kolbendampfmaschine durch ihre fundamentale
Rolle im Zeitalter der Industrialisierung. Auf Grund des nur geringen Wrrkungsgrades (1] < 20%)
hat sie zunehmend an Bedeutung verloren.
Interessante neue Perspektiven scheinen sich jedoch bei der Nutzung des Stirling-Prozesses zu
eröffnen. Seine Darstellung im pV -Diagramm zeigt Bild 3.10. Bereits 1816 hatte der schottische
Pfarrer R. Stirling einen aus zwei Isothermen und zwei Isochoren bestehenden Kreisprozeß vorgeschlagen, der theoretisch den gleichen Wirkungsgrad besitzt wie der Camotsche Kreisprozeß.
Da im Gegensatz zur Dampfmaschine nach Ablauf eines vollständigen Prozeßschrittes keine Erneuerung des Arbeitsstoffes erfolgt, schwebte Stirling ein Einsatz dieser abgasfreien Maschinen
in Bergwerken vor, um die damals übliche Kinderarbeit dort zu erleichtern.
1. Isotherme Expansion
2. Isochore Abkühlung
Tl
r---
T2
I:~~ ~~~~; -
p
T2
-
3. Isotherme Kompression
4. Isochore Erwärmung
Q z.
(2) -
v
Bild 3.10 Stirling~Prozeß und seine mögliche Realisierung. Der untere Arbeitskolben und der obere
Verdrängerkolben arbeiten mit einer Phasenverschiebung von 90° .
3 Thermodynamik
94
Der Stirling-Prozeß entsteht aus dem Carnotschen Krei prozeß, indem d ie beiden Adiabaten
durch Isochoren ersetzt werden. Während entlang der Adiabaten des Carno chen Kreisprozesses
keine Wärme ausgetauscht wird und sich die Beiträge zur Arbeit kom pen ieren, wird zwar
entlang der Isochoren des Stirling-Prozesses ebenfalls keine Arbeit verrichtet jedoch muß bei
der isochoren Abkühlung Wärme abgegeben werden, die später bei der isochoren Erwärmung
in genau gleicher Menge wieder zugeführt werden muß. Dies scheint auf den ersten Blick den
Wirkungsgrad deutlich zu senken. Gelingt es aber, die im Prozeß chr itt (2) abgegebene Wärme
Qz zwi chenzuspeichem und in Schritt (4) wieder vollständig zuzuführen , 0 läßt sich theoretisch
auch der thermische Wirkungsgrad 1Jc erreichen. Zur Zwischenspeicherung werden sogenannte
Regeneratoren genutzt, die anstelle der früher verwendeten Kupfer päne heute aus hochporösen
Stoffen mit äußerst hohem Wärmespeichervermögen bestehen.
Bild 3.11
Realisierung eines Stirling-Prozesses durch zwei um 90 0 pha enverschoben
arbeitende Kolben auf einer Kurbelwelle
Um das geschilderte Konzept zu realisieren, benötigt man zwei möglichst unabhängig voneinander bewegliche Kolben. Der untere Arbeitskolben gestattet das Komprimieren oder Entspannen
de Gase und der darüberliegende Verdrängerkolben enthält das Regeneratormaterial und ist
für da Gas durchlässig. Der Stirling-Prozeß besteht nun aus folgenden Teilschritten: Bei der
i othennen Expansion (1) nimmt das Gas Wärme aus dem oberen Reservoir mit Tl auf, und der
Arbeitskolben geht nach unten. Anschließend bewegt sich der Verdrängerkolben nach oben, das
heiße Gas durchströmt in einem isochoren Prozeß (2) den Regenerator und gi bt Wärme an diesen
ab. Nun erfolgt eine isotherme Kompression (3). Während der Arbeitskolben sich dabei nach
oben bewegt, wird Wärme an das untere Reservoir mit T'2 abgeführt. Schließlich senkt sich der
Verdrängerkolben und gibt isochor (4) seine zwischengespeicherte Wärme wieder an das Gas ab.
Die e Prozeßfolge wiederholt sich nun fortlaufend.
AI Heißluftmotor bzw. Heißgasmotor (statt Luft wird He verwendetr) realisiert man das
Prinzip in der Praxis durch zwei um 90 0 phasenverschoben arbeitende Kolben auf einer Kurbelwelle, 0 daß prinzipiell immer heide Kolben in Bewegung sind (Bild 3.11). Durch Fortschritte
bei den verwendeten Werkstoffen können heute Wirkungsgrade von über 40 % erreicht werden.
Zahlreiche Einsatzmöglicbkeiten eröffnen sich damit für dieses umweltfreundliche und relativ wartungsfreie Motorenkonzept. Sie reichen vom Einsatz als Automotor über Klimaanlagen,
Wärmepumpen bi hin zur Stromerzeugung aus Solarenergie.
Mit Austau eh de Arbeitsstoffes (und mit allen durch die Abgase bedingten Folgen) arbeiten
Verbrennung motoren, wie der Otto-Motor. Sein Zustandsdiagramm und eine Beschreibung
der einzelnen Prozeßschritte beim Viertakt-Motor zeigt Bild 3.12. Etwa 25% der aufgewendeten
Energie läßt sicb in Otto-Motoren in Arbeit verwandeln. Höherer Anfangsdruck. höhere Verdich·
tung und höhere Verbrennungstemperatur in Dieselmotoren lassen hingegen Wirkungsgrade von
'
etwa 40% zu.
I
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
P
95
1. Takt:
Brennstoff ansaugen (1)
2. Takt:
Adiabatische Kompression (2)
(3)
3. Takt:
Zünden des Gemischs (3)
(5)
Adiabatische Entspannung (4)
4. Takt:
(6)
Öffnen des Ventils (5)
Ausstoßen des Gases (6)
v
Bild 3.12 Zustandsdiagramm eines Otto-Motors
Das Prinzip eines linksläufigen Kreisprozesses wird in Kältemaschinen und Wärmepumpen
angewandt. Dabei wird unter Verrichtung von Arbeit Wärme von einem kälteren Reservoir auf ein
wärmeres übertragen. Geht es, wie beim Kühlschrank. darum, ein kaltes System kälter zu machen
bzw. kalt zu halten, so steht die Abkühlung des unteren Reservoirs im Blickpunkt, und die Anlage
arbeitet als Kältemaschine. Nutzt man andererseits den Kreisprozeß zu Heizzwecken. liegt al 0
das Interesse bei der Erwärmung des oberen Reservoirs, so haben wir es mit einer Wärmepumpe
zu tun. Anstelle des thermischen Wrrkungsgrades definiert man nach dem Prinzip ,,Nutzen zu
Aufwand" für Kältemaschinen bzw. Wärmepumpen die LeistungszabJen CK bzw. cw gemäß
Qzu
W
CK= - -
Qab
(3.40)
cw= W .
Speziell für einen reversiblen Carnotschen Kreisprozeß sind die entsprechenden Größen bekannt,
und es folgt
eK,e
=
e W,e
=
IQ21
W
Ql
W
= Tl
= Tl
T2
- T2
Tl
- T2
(3.41)
Die Leistungszahl einer durch einen reversiblen Carnotschen Prozeß realisierten Wärmepumpe
ist also der Kehrwert des thermischen Wirkungsgrades. Damit ist sie stets größer als 1. so daß stets
mehr Wärme in das wärmere Reservoir transportiert wird, als an Arbeit aufgewendet wird. Die
steht selbstverständlich nicht im Widerspruch zum ersten Hauptsatz, denn die Arbeit wird nicht in
Wärme verwandelt, sondern wird eben nur für den Transport von Wärme verwendet. Auch wenn
man in der Praxis weit unter den theoretischen Grenzwerten bleibt und nur Leistungsziffern von
etwa 3 erreicht, wächst die Bedeutung von Wärmepumpen für Heizzwecke. Insbesondere dann
wenn nur eine geringe Temperaturdifferenz zwischen den beteiligten Reservoirs vorhanden i t,
liegen günstige Anwendungsbedingungen vor (vgl. Übungen).
3 Thermodynamik
96
r-------,
I
r
Kühlra.um
I
Verdampfer
I
I I
I
L ______
g r.,mig
-.J
1
I
Drossel
r
t
flüssig
Kompressor
Kondensator
Bild 3.13
Prinzip einer Kältemaschine
ffiziente Wärmepumpen und Kältemaschinen nutzen Übergänge zwischen gasförmigem
und flüssigem Aggregatzustand. Ein Kältemittel, wie etwa Ammoniak oder Propan 3 , unterliegt
während de Kreisprozesses solchen Phasenänderungen, wodurch die transportierte Wärmemenge erhöht werden kann. Das Prinzip einer Kältemaschine zeigt Bild 3.13. Im Verdampfer wird
durch Zufuhr der Wärme Qzu das flüssige Kältemittel verdampft. Er befindet sich im zu kühlenden Raum. Anschließend wird dieser Dampf durch einen Kompressor angesaugt und erreicht
den Kondensator verdichtet. Hier wird dem Dampf die Kondensations- und Kompressionswärme
entzogen, und er kondensiert. Die noch unter hohem Druck stehende Flüssigkeit wird durch ein
ogenanntes Dro seI ventil entspannt, sie kühlt sich weiter ab und kann im Verdampfer erneut
Wärme aufnehmen.
Drosselung: Als Drosselung einer Flüssigkeit- oder Gasströmung bezeichnet man einen Vorgang,
bei dem durch Ventile oder Schieber eine Verengung des Strömungsquerschnitts erzeugt und
dadurch die Strömungsgeschwindigkeit an dieser Stelle erhöht wird. Nach der Verengung wird
di trömung geschwindigkeit wieder auf den ursprüngliche Wert reduziert, wobei es infolge der
dabei auftretenden großen Druckgradienten zu Wirbelbildungen kommt. Im allgemeinen erfolgt
die Dro elung 0 schnell. daß kein Wärmeaustausch mit der Umgebung möglich ist und der
Prozeß a1 adiabatisch betrachtet werden kann . Infolge der durch Drosselung hervorgerufenen
adiabati ehe Entspannung kommt es im allgemeinen infolge des Joule-Thomson-Effekts zu einer
Temperaturemiedrigung in der Strömung (v gl. Abschnitt 3.4.3).
Übungen:
• 3.13: Durch eine Wärmepumpe mit einer Leistungszahl EW = 3 soll die Wärme aus einem See
mit einer Was ertemperatur von 6 oe im Winter dazu genutzt werden, um ein Haus auf 20 oe
zu heizen. a) Welche elektrische Leistung nimmt ihr Motor auf, wenn die benötigte Heizleistung
20kW beträgt? b) WeJche elektrische Leistung würde der Motor einer idealen (Carnotschen)
Wärmepumpe benötigen?
3.14: In eine Dampfmaschine strömt der heiße Dampf mit einer Temperatur von 197 oe in
den Kes el und verläßt diesen in den Kondensator bei 30 oe. In einem Dieselmotor ist die
Verbrennungstemperatur 2000 oe und die Abgase werden mit einer Temperatur von 400 oe
au gestoßen. Welche maximalen thermischen Wirkungsgrade können für Dampfmaschine und
Die lmotor damit erreicht werden?
3 Diese Sub tanzen gellen aJ umweltfreundlichere Alternative zu den die Ozonschicht chädigenden FCKW .
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
97
3.3.4 Die Entropie und ihre mikroskopische Deutung
Wir wollen jetzt zeigen, daß der 2. Hauptsatz der Thermodynamik die Existenz einer neuen Zustandgröße impliziert, die den Wärmeaustausch zwischen System und Umgebung charakterisiert.
Betrachtet man das vollständige Differential der Inneren Energie, das sich nach dem 1. Hauptsatz
(3.21) sowie (3.18) und (3.24) als
dU =
j.LCm,V
dT - pdV
(3.42)
schreiben läßt, so erkennt man, daß die Änderung der Variablen V den Austausch von Arbeit
zwischen System und Umgebung vermittelt. Ebenso könnte man meinen, daß die Änderung Von
T den entsprechenden Wärmeaustausch vermi ttelt. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn man kan n
zwischen System und Umgebung durchaus Wärme austauschen, ohne die Temperatur zu ändern.
Man denke etwa an eine isotherme Expansion. Welche Zustandsgröße gestattet es aber dann,
einen solchen Wärmeaustausch zu erfassen?
Um diese Frage zu beantworten, gehen wir von der Tatsache aus, daß wegen Q2 < 0 für einen
reversiblen Carnotschen KreisprozeB aus (3.39) folgt
Ql
Tl
+ Q2 = O.
T2
(3.43)
Man kann diesen Zusammenhang so auffassen, daß sich eine gewisse Größe S während eine
Carnotschen Kreisprozesses bei den adiabatischen Teilprozessen nicht und bei den isothermen
Teilprozessen einmal um ßSI = Ql/Tl und ein zweites Mal um ßS2 = Q2/T2 ändert wobei
für den vollen Kreisprozeß dann
(3.44)
gilt. Den Quotienten aus der übertragenen Wärme Q und der dabei vorliegenden Temperatur T
nennt man reduzierte Wärme.
Diese Betrachtungen sind verallgemeinerungsfähig. Da man einen beliebigen reversiblen
Kreisprozeß in eine Summe differentieller Carnotscher Kreisprozesse zerlegen kann, bei denen jeweils differentielle Wärmemengen übertragen werden, kann man den Grenzübergang zum
Integral durchführen und (3.44) als Spezialfall von
f 8~ev =
0
(3.45)
auffassen. In (3.45) und im folgenden sollen die in einem reversiblen Prozeß übertragenen
Wärmemengen durch einen entsprechenden Index charakterisiert werden, um sie von den in
irreversiblen Prozessen auftretenden Wärmemengen zu unterscheiden. Die Gleichung (3.45)
bringt die Wegunabhängigkeit der Größe S zum Ausdruck. Sie ist daher eine Zustandsgröße, und
man nennt sie Entropie. Ihr Differential ist durch
dS = 6Qrev
T
(3.46)
gegeben und beschreibt also das Verhältnis aus der in einem infinitesimalen reversiblen Prozeß
abgegebenen Wärmemenge und der dabei vorliegenden Temperatur. Man beachte: Die Prozeßgröße 8Q wird also nach Division durch T zu einer Zustandsgröße. Mathematisch betrachtet,
spielt der Ausdruck l/T daher die Rolle eines integrierenden Faktors. Bei einem rever iblen
Übergang von einem Zustand 1 in einen Zustand 2 ändert sich die Entropie gemäß
3 Thermodynamik
98
S'.2 - S1
-1
-
2
1
8Qrev
T .
(3.41)
Schließen wir nun auch irrevers,jble Prozesse in die Betrachtungen mit ein. dann folgt wegen
(3.36) und (3.38)
bzw. wieder wegen Q2
<0
~:+~:50 .
Unter Berücksichtigung aller Prozesse, ,egal ob reversibel oder irreversibel muß (3.45) daher
durch
f 6Tq -
~<O
(3.48)
er etzt werden, wobei das Gleichheitszeichen nur für reversible Prozesse gilt. Führt man einen
Prozeß nun irreversibel von einem Zustand 1 in den Zustand 2 und danach reversibel zurück in
den Zustand 1, so findet man wegen (3.47) und (3.48)
f 6~ = [6~ + 1.' Ii~ev = [Ii~ +
(S, - S2)
<
0
oder
(3.49)
Setzt man nun ein abgeschlossenes System voraus, was u. a. bedeutet, daß kein Wärmeaustausch
mit der Umgebung stattfindet (5Q = O!), so wird (3.49) zu
82 - SI
> O.
In einem sol,chen System laufen alle Vorgänge ohne äußere Einwirkungen ab, und wir können
daher schließen:
In einem abgeschlossenen System laufen von selbst nur Vorgänge ab, bei denen di,e
Etltropie nicht abnimmt.
Diese Aussage ist eine weitere Möglichkeit. den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik
formulieren .
•
I '"
..
..
•
f
••••
........
•
t
ZI1
.....
I
.
"
,.;
I
• . •.•••. .. • ...•... """"-'--11--.....1
:::::::Ji( :::::::-:-:.:
· : . : . : . : . : . : . : . : . :1
· ........ .
ßV
Bild 3.14
Gay-Lussacscher Versuch
Im Gegensatz zu thermodynamischen Größen, wie etwa Temperatur und Wärme, die liDS aus
dem Alltag bekannt sind, ist die Entropie eine weniger anschauHche Größe. Der Umgang mil
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
99
------------~----------~----------------------------------
ihr verlangt Sorgfalt. So ist die Charakterisierung der Wärmemenge in (3.47) durch den Zu atz
,,rev,ersibel'" für die Berechnung von Entropiedifferenzenentscheidend. Betrachten wir dazu den
berühmten Gay-Lussacschen Versuch zum Nachweis der Volumenunabhängigkeit der Inneren
Energie eines idealen Gases (Bild 3.14): Ein ideales Gas strömt dabei nach Öffnen eines Venti Is
aus einem Gefäß mit dem Volumen Vl in ein vorher evakuiertes Gefäß und dehnt sich dabei auf
das Volumen V2 = Vl + ß V aus. Dabei kann keine Temperaturänderungdes Gases nachgewie eD
werden, der Prozeß ist also isotherm. Außerdem erfolgt die Expansion so scbnell, daß derProzeß
auch adiabatisch verläuft. Es ist daher 6Q = 0, was jedoch keineswegs den Schluß zuläßt, daß sich
die Entropie dabei nicht ändert. Der diskutierte Ptozeß ist nämlich extrem irreversibel (niemand
hat wohl je beobachtet1 daß sich ein Gas von selbst auf ein kleineres Volumen zurückziebt!).
und die entsprechende Zustandsänderung muß in einem gedachten reversiblen Ersatzprozeß
vorgenommen werden, um gemäß (3.47) f).S berechnen zu können. Ein solcher Ersatzprozeß
wäre ,eine isothenne Expansion von VI auf V2 . Wegen (3..24) ist dU = O. und zusammen mit der
Zustandsgleichung des ide-alen Gases (3.9) und dem ersten Hauptsatz (3.21) folgt
dS
= 6Qrev = dU + pdV = pdV = p.R dV
T
T
T
.
V
Integration von V1 nach V2 liefert
(3.50)
Wegen V2 > Vt ist ßS positiv, wie man es für einen irreversiblen Prozeß nach dem zweiten
Hauptsatz erwartet.
Im Zusammenhang mit den Eigenschaften der Entropie drängt sich natürlich die Frage auf: Was
passiert eigentlich bei einem irreversiblen Prozeß, das zu einem Anwachsen der Entropie fuhrt
und das ihn in seinem zeitlichen Ablauf unumkehrbar macht? Diese Fragestellung ist insbe ondere vom österreichischen Physiker L. Boltzmann (1844-1906) intensiv diskutiert worden. Ihm
gelang es, einen Zusammenhang zwischen der Entropie S eines Zustandes und der sogenannten
thermodynamischen Wahrscheinlichkeit P für seine mikroskopische Realisierung herzu teU n.
Es gilt
(3 .51)
wobei k B die bereits bekannte Boltzmann-Konstante ist. Dieser Zusammenhang son im folgenden
etwa eingehender erläutert werden: Untersucht werden soll wieder die Expansion ,eines Gases
~
~,
1
~
• •
•• •
4
,.----r;---]
~
6
D
•
4
~,
••
•
I
~
1
Bild J.15 RealisierungsrnögHchkeiten der verschiedenen Zustände eines Modellgases mit 4 Atomen
vom Volumen Vl auf das Volumen V2 im Sinne des Gay -Lussacscben Versuches. Dazu betra hlen
wir zuerst einmal ein Modellgas aus nur 4 Atomen und untersuchen die Verteilung die er Atome
auf die beiden Hälften eines gegebenen Volumens. Numerieren wir die Teilchen mit den Zahlen
1 bis 4, so gibt es insgesamt 16 unterschiedliche mikroskop i che Verteilungen clie ich in
3 Thennodynamik
100
ver chiedene Zu tände des Gases aufteilen. So Jas en ich die Zu t nde .alle Atome rechts bl.'W,
links" je einmal realisieren, die Zu tände mit einer Aufteilung on •.3 zu 1 ' je viennal und
der Zu tand ). zu 1:' ech mal (Bild 3.15), Der Endzustand mit einer gleichmäßigen Verteilung
der Atome j t also sechsmaJ wahrscheinlicher al der Ausgangszu tand. Für ein Modellgas
au 10 Atomen wäre der Endzustand schon 256mal wahr cheinlicher al der Anfang zustand,
und für 1 mol eine Gases wäre dieses Verhältni in der Größenordnung von 2 6- 1023. Meßbare
Abweichungen von diesem wahrscheinlichsten Zu tand ogenannte h
gen sind also
im makro kopi hen Bereich extrem unwahrscheinlich und eine eJb tändige Entmi chung wegen
de zufaUigen Charakters dieser Schwankungen prakti eh ausgeschlo en,
Betrachten wir nun die Expansion von VI auf Vi: Die :ahrscheinlichkeit dafür ein herau·
g griffenes Gasatom nach der Öffnung des Ventils im ursprünglich n Volumen V1 anzutreffen,
i t dann V1 /V2 , Die Wahrscheinlichkeit, alle
Atome dort anzutreffen. i t dementsprechend
PI = (V.. 1V2)N, Für große N ist di,es eine sehr kleine Zah] ~ während die entsprechende Wahrchei nlicbkeit für einen Zustand mit gleichmäßig über V2 verteilten Atomen praktisch P2 = 1
i l. amit folgt für die Entropieänderung gemäß (3 .51)
68 = S2 - SI = kIn P2 - k In Pt
V
= kN In Vi2
.
e teht d Gas au JL Mol dann gilt
= #L A = p,R/kB' und es folgt wieder (3.50)_
Di .. quivalenz der makroskopischen und mikroskopi ehen Definitionen der Entropie in (3.49)
beziehung we' e (351) i (damit für den hier behandelten speziellen Fall nacbgewie en.
Die irreversible Expansion eines Gases erweist sich also mikroskopisch als Übergang eines S)t 111 'on einem unwahrscheinlicheren in einen wahrscheinlicheren Zustand. Weitere irreversi le
mzes e, wie der Temperaturausgleich zwi ehen zwei sich im thermischen Kontakt befindene
Körpern oder da Mischen von kaltem mit warmem Wasser führen ebenfalls zu eine]" Entropierh"hung, Wir demonstrieren die en Sachverhalt noch an einem weiteren Beispiel: Es soll die
ntropieänderung berechnet werden. wenn zwei Körper mit den Temperaturen Tl! bzw. T2 in
thermi ehen Kontakt gebracht werden. Zur Vereinfachung sollen beide die gleiche Masse mund
die gleiche spezifi ehe Wätmekapazität c haben. Der Temperaturausgleich ,e rfolgt mer allerdings
irreversibel~ um daher die Enrropieänderung f'ur die en ProzeB zu berechnen. müssen die beiden
K 'rper durch einen reversiblen IErsatzprozeß auf die Mischung temperatur Tm = (Tl +T2 )/2 gebra ht 'e den. Man erreicht dies in differentiellen Schritten durch Au tausch der Wärmemengen
6Qr .. = mc dT. Für die gesamte Entropieänderung liefert die
M=
t- ;c
dT+
{m '; =mc [In (~7) +In (~7)]
dT
wichauch aI
t18 = mc In (
T!
T~
T 1T2
)
hreiben läßt Wegen
> Tl T 2 (das arithmetische Mi ttel ist stets größer als das ,geometri he.)
ergibt ich omil . S > 0, Man kann übrigens den Wärmeausgleich auch insge amt reversibel
führ n, Dann muß,
= 0 sein was die Mischungstemperatur zu Tm = VT1 T 2 festlegt Diese
liegt elwas tiefer als bei der obigen irreversiblen Mischung. so daß der wärmere Körper me
Wärme abgibt als der kältere aufnehmen muß. Die Differenz wird in A_rbeit verwandelt.
Zu arnmenf. end stellen wir fest: In se'oer mikroskopischen Interpretation sagt der zweite
Haup atz aus, daß makroskopische Systeme von selbst nur von einem geordneten zu einem
ung ordnete en Zustand übergehen, Die Wahr cheinlichkeiten für umgekehrte Prozesse ind
vemachlässjgbar klein so daß sie praktisch nicht vorkommen.
as
3.3 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik
101
Thermodynamische Potentiale: WI1' haben im Verlauf unserer bisherigen Beschäftigung mit
der Thermodynamik bereits eine Reihe von Zustandsgrößen kennengelernt. Zu ihnen gehören
Temperatur, Volumen, Druck, Innere Energie und Entropie. Da der Zustand einfacher Systeme,
wie Flüssigkeiten oder Gase, bereits durch zwei Zustandsgrößen, etwa Temperatur und Volumen,
festgelegt ist, müssen sich alle anderen Zustandsgrößen durch diese beiden ausdrücken las en.
So kann man etwa gemäß (3.42) die Innere Energie als Funktion von T und V auffassen. Mit
Hilfe des Zusammenhangs (3.46) zwischen Wärme und Entropie kann man die Innere Energie
aber auch als Funktion der Variablen V und S darstellen und schreiben
dU = TdS - pdV .
(3.52)
Dabei gilt
Gegenüber anderen Darstellungen der Inneren Energie ist gerade diese Form der Darstellung
besonders zweckmäßig. Entropie S und Temperatur T erweisen sich nämlich als die sogenannten
natürlichen Variablen der Inneren Energie, die in dieser Darstellung alle Informationen ein thermodynamischen Systems enthält. Das bedeutet, daß nicht nur T und p, ondern auch aUe anderen
Zustandsgrößen und Materialgrößen des System durch Differentation und Variablensub tituli n
aus U bestimmt werden können.
Die Wahl von Entropie und Volumen als unabhängige VariabJe erweist sich allerding in verchiedener Hinsicht als nicht zweckmäßig. Hat man kompliziertere Systeme als ein ideale Gas
o kann ein Zusammenhang zwischen den Zustandsgrößen nur durch Messungen be timmt werden. Da insbesondere die Entropie experimentell schwer zugänglich ist, bereitet die Be timmung
der Funktion U(S, T) dann große Probleme. We entlieh leichter meßbar sind Temperatur und
Druck, so daß ihre Wahl als natürliche Variable vorzuziehen ist. Viele in der Praxi vorkommende
Prozesse verlaufen außerdem bei konstanter Temperatur und/oder konstantem Druck ab. 0 daß
sie sich durch die Wahl dieser Größen als unabhängige Variable besonders einfach darstellen
Jassen.
Ausgehend von der Inneren Energie läßt sich nun eine Reihe von Zustand größen angeben
die bei der Untersuchung thermodynamischer Prozesse, die wir zuerst einmal al rever ibel vorau setzen wollen, eine wichtige Rolle spielen. Stets kann man au ihnen durch Differentation
alle anderen Zustandsgrößen herleiten. Dies erinnert an die Ableitung der Kraft au der potentiellen Energie in der Mechanik, und man nennt diese Zustandsgrößen daher thermodynamisch
Potentiale. Jedes thermodynamische Potential ist dabei durch eine individuelle gewi ennaßen
,,natürliche" Wahl der unabhängigen Variablen charakteri iert.
Der Übergang von einem bestimmten Paar natürlicher Variablen auf ein andere erfolgt te
nach einem festen Schema: Will man etwa von den Variablen Sund T der Inneren Energie zu
den Variablen V und T übergehen, so nutzt man die Kettenregel d(T S)
S dT + T dS und
findet
=
dU
= d(TS) -
SdT - pdV .
Führt man nun durch
F = U - TS
(3.5 )
eine neue Zustandsgröße - die Freie Energie - ein so schreibt sich ihr Differential a)
dF = d(U - TS) = -pdV - SdT .
(3.54)
3 Thermodynamik
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Die Freie Energie besitzt damit die gewünschten natürlichen Variablen V und T.
Ebenso kann man aus (3.52) mittels d(pV)
pdV + dp für die Zustandsgröße
=
H=U+pV
(355)
das Differential
dH=TdS+ Vdp
ableiten. Sie trägt den Namen Enthalpie und besitzt die natürlichen Variablen Sund p'. Ausgehend
von F oder H kann schließlich durch eine weitere Transformation die Freie Enthalpie
G= U -TS+pV
e1ngeführt werden. Sie hat die natürlichen Variablen T und p und ihr Differential ergibt sich zu
dG=-SdT+Vdp .
Entsprechend ihrer unabhängigen Variablen spielen die jeweiligen thermodynamischen Potentiale bei der Charakterisierung bestimmter Prozeßarten eine zentrale Rolle. Betrachten wir als
Beispiel die uns später noch begegnende Enthalpie: Für einen isobaren Prozeß folgt aus (3.55)
dH = dU + p dV, und nach dem 1. Hauptsatz (3.21) ,zusammen mit (3.18) ergibt dies weiteE
dH = ,oQ - pd V + p d V = 6Q. Das bedeutet. daß die einem System bei einem isobaren Prozeß
zugeführte Wärmemenge gleich der Änderung seiner Enthalpie ist. Die Wärme verändert im all·
gemeinen also die Innere Energie des Systems und leistet Ausdehnungsarbeit. In ähnlicher Weise
kann man zeigen. daß die Arbeit, die in einem isothennen Prozeß von einem System abgegeben
werden kann, der Abnahme der Freien Energie entspricht.
Schließlich las en sich mittels der thermodynamischen Potentiale die Bedingungen für das
thermodynamische Gleichgewicht von Systemen formulieren. Zieht man auch irreversible Prtr
ze e in die Betrachtungen mit ein, so ist (3.52) wegen der aus (3.49) folgenden Ungleichung
6Q ~ T dS durch
dU<TdS-pdV
zu er etzen. Für die Freie Energie ergibt sich damit
dF < -pdV - S dT .
(3.56)
Betrachten wir nun einen isotherm-isochoren Prozeß als Heispiel : Für diesen gilt dT = dV ;;:: 0,
und wegen (3.56) heißt das dF < O. Bei irreversiblen Prozessen. die isotherm und isochor
verlaufen, nimmt al 0 die Freie Energie ab und hat im thermodynamischen Gleichgewicht ein
Minimum. Ebenso kann die Freie Enthalpie bei isotherm-isobaren Prozessen nicht zunehmen
und be itzt im Gleichgewicht ebenfalls ein Minimum.
bungen:
3.15: Stellen ie einen Camotschen KreispTozeß in einem T S-Diagramm dar.
• 3.16: Berechnen Sie die Entropieänderung, wenn 1 kg Wasser von 19 1 = 100
mit 2 kg Wasser
von 1)2
25 zusammengegossen werden. Wasser hat die spezifische Wärmekapazität c =
= oe
oe
4, 1 5 kJj kgK.
Welche Mischungstemperatur würde sich bei einer reversiblen Mischung ergeben?
3.17: Übeneugen Sie sich durch Berechnung der Entropieänderung davon, daß die Abkühlung
ein erhitzten Körpers an der Luft ein irreversibler Prozeß ist.
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