TIERÄRZTLICHE FAKULTÄT GASTROENTEROLOGIE-SERVICE LEITUNG: DR. STEFAN UNTERER MEDIZINISCHE KLEINTIERKLINIK – GASTROENTEROLOGIE-SERVICE VETERINÄRSTR. 13 80539 MÜNCHEN TEL.: (089) 2180 2650 FAX: (089) 2180 6240 E-MAIL: [email protected] Besitzerinformation: Chronische Darmentzündung & Helminthenstudie Was ist eine chronische Darmentzündung? Es handelt sich um eine Entzündung in einzelnen oder allen Darmabschnitten, die seit mindestens 3 Wochen besteht. Man unterscheidet dabei drei Gruppen: Futtermittelallergien sog. „Antibiotika-responsive“ Erkrankungen, d. h. die Symptome bessern sich auf Antibiotika sog. idiopathische „inflammatory bowel disease“ (IBD), eine Erkrankung bei der körpereigene Immunabwehrzellen vermehrt in den Darm wandern; die Ursache hierfür kann jedoch nicht gefunden werden Welche Symptome treten auf? Abhängig davon, welcher Darmabschnitt überwiegend betroffen ist, treten folgende Symptome auf: Dünndarm: Gewichtsverlust, große Mengen Durchfall, mäßig gesteigerte Kotabsatzfrequenz Dickdarm: Pressen auf Kot, deutlich gesteigerte Kotabsatzfrequenz, Beimengung von Schleim und frischem Blut Welche Tests sind zur Diagnose nötig? Damit keine behandelbare Grunderkrankung übersehen wird, ist es notwendig, in jedem Fall eine standardisierte Routinediagnostik durchzuführen. Zunächst sollten durch Laboruntersuchungen Erkrankungen, die sekundär Durchfall auslösen können, abgeklärt werden. Parasiten müssen konsequent ausgeschlossen werden. Röntgen und Ultraschall des Bauchraums sind nötig, um Veränderungen des Magendarmtraktes (z. B. Fremdkörper, Vergrößerung der Darmlymphknoten), aber auch anderer Bauchorgane (z. B. Bauchspeicheldrüsenentzündung) zu erkennen. Zum Ausschluss eines Tumors im Magendarmtrakt und zum Nachweis von Entzündungzellen müssen Magen- und Darmbiopsieproben histologisch untersucht werden. Ist ein Tumor jedoch unwahrscheinlich und erscheint der Patient stabil, ist es vertretbar, zuerst eine diagnostische Versuchstherapie (z. B. eine Eliminationsdiät) durchzuführen. Die konsequente Einhaltung des Therapieprotokolls ist unbedingt erforderlich, damit eine sichere Aussage über den Erfolg einer Versuchstherapie getroffen werden kann! Wie wird therapiert? Eine Futtermittelallergie wird durch eine sog. „Eliminationsdiät“ therapiert und diagnostiziert. Bei einer Eliminiationsdiät wird je nur eine Eiweiß- und eine Kohlenhydratquelle gefüttert. Diese sollte das Tier noch nie zuvor gefressen haben (z. B. Pferd und Süßkartoffel). Antibiotika-responsiver Durchfall wird mit verschiedenen, aber v. a. im Darm wirksamen Antibiotika behandelt. Diese werden, abhängig vom Ansprechen, dauerhaft oder auch phasenweise eingesetzt. Die Therapie einer idiopathischen IBD besteht neben einer unterstützenden Therapie aus der Gabe von entzündungshemmenden Medikamenten oder, wie in dieser Studie, aus der Gabe von Wurmeiern des Schweine-Peitschenwurms (Trichuris suis). Bei immunsuppressiven Medikamenten wird versucht, die niedrigste wirksame Dosis zu finden, um Nebenwirkungen bestmöglich zu minimieren. Da jedes Tier individuell auf Diät und Medikamente anspricht, sind oft ein längerer Zeitraum und etwas Geduld nötig, um die optimale Therapie für Ihr Tier zu finden. Damit der Therapierfolg besser eingeschätzt werden kann, ist es sinnvoll, ein Tagebuch zu führen und bei Kontrollen den sog. Krankheitsaktivitätsindex zu bestimmen. Lehrstuhl für Innere Medizin der kleinen Haustiere und Heimtiere der Ludwig-Maximilians-Universität Seite 2 von 2 Leider sind diese Erkrankungen nicht in jedem Fall heilbar, so dass i. d. R. eine lebenslange Therapie notwendig ist. Allerdings sprechen viele Tiere gut auf eine Behandlung an und es kann in vielen Fällen eine gute Lebensqualität erreicht werden. Was wollen wir mit unserer Studie erreichen? Ziel unserer Studie ist es, das therapeutische Potential einer oralen Verabreichung von SchweinePeitschenwurmeiern (Trichuris suis) bei chronischen Darmentzündungen des Hundes zu evaluieren. Die Wurmeier des Schweine-Peitschenwurms befinden sich in einer wässrigen Lösung und werden ganz einfach als Getränk verabreicht. Die Eier entwickeln sich im Hundedarm weiter. Die erwachsenen Würmer können sich jedoch nicht ansiedeln, da der Hund für sie einen Fehlwirt darstellt. Die vollständig entwickelten Würmer gehen mit dem Kot ab, bevor sie geschlechtsreif und somit paarungsfähig sind. Der Hund bzw. sein Kot ist also weder für andere Tiere noch für den Menschen infektiös. Grundlage dieses Therapieansatzes ist die so genannte „Hygienehypothese“. Diese besagt, dass ein verminderter Kontakt mit Wurmeiern aufgrund verbesserter Hygienestandards und medizinischer Versorgung in besser entwickelten Ländern zu einem erhöhten Auftreten von chronischen Darmentzündungen beiträgt. In Maus- und Rattenmodellen erwies sich die Therapie mit Schweinepeitschenwurmeiern bei chronischen Darmerkrankungen und sogar Asthma als erfolgversprechende Behandlungsmethode. In der Humanmedizin werden diese Wurmeier bereits als Therapie von Patienten, die an Morbus Crohn bzw. Colitis Ulzerosa leiden, erfolgreich und vor allem nebenwirkungsfrei eingesetzt! In den ersten Studien auf diesem Gebiet wurde herausgefunden, dass eine Überreaktion des Immunsystems durch die Gabe von Wurmeiern wieder reguliert wird und somit Entzündungen in verschiedenen Organen abgeschwächt werden können. Wir hoffen aufgrund unserer Studie eine neue Therapieform der IBD des Hundes zu finden, wodurch auf eine langfristige Gabe von Medikamenten mit gefährlichen Nebenwirkungen (z. B. Immunsuppressiva) verzichtet werden kann.