Das Eating Disorder Inventory – 2 (EDI‐2) als Standardverfahren zur mehrdimensionalen Erfassung der essstörungsspezifischen Psychopathologie Referentin: Josefine Matthes Seminar: Testen und Entscheiden Dozentin: Prof. Dr. G. H. Franke Datum: 08.12.2009 Gliederung 1. Überblicksartige Beschreibung 2. Testgrundlage 3. Testdurchführung 4. Testverwertung Literatur 1. Überblicksartige Beschreibung • • • • Titel: Eating Disorder Inventory – 2 (EDI‐2) Autoren: Thomas Paul & Andreas Thiel Erscheinungsjahr: 2005 Verlag: Hogrefe Verlag 3 1. Überblicksartige Beschreibung • Überblick über alle Materialien: Die komplette Testmappe enthält: – 1 Manual – 5 Fragebogen – 5 Auswertungsbogen – 4 Auswertungsschablonen 4 1. Überblicksartige Beschreibung • Preise: Quelle: http://www.testzentrale.de/?mod=detail&id=1184 [27.10.2009] 5 1. Überblicksartige Beschreibung • Diagnostische Zielsetzung und Einordnung: – Standardverfahren zur mehrdimensionalen Erfassung der essstörungsspezifischen Psychopathologie – standardisierter Fragebogen zur Selbsteinschätzung – Einsatz im Einzel‐ und im Gruppensetting möglich – Anwendung im klinischen Bereich im Rahmen der Eingangsdiagnostik, differenzierten Therapieplanung und Veränderungsmessung – Anwendung auch bei klinischen Studien zur Evaluation von Psychotherapie bei psychogenen Essstörungen 6 2. Testgrundlage • Theoretische Grundlage (Konstrukte) – „Das EDI‐2 ist kein Testinstrument, um die Diagnose einer psychogenen Essstörung nach den Kriterien der ICD‐10 oder des DSM‐IV zu stellen“ (Paul & Thiel, 2005, S. 23). – Dennoch „zielen die ersten drei Skalen Schlankheitsstreben, Bulimie und Unzufriedenheit mit dem Körper auf die Primärsymptomatik von Essstörungen ab“ (Schlüssel, 2005, S. 296). – Erfassung weiterer (möglicherweise) relevanter intrapsychischer und interpersoneller Faktoren (z.B. soziale Unsicherheit, Perfektionismus) 7 2. Testgrundlage • Überblick über die Skalen (Kurzform): Skalen des EDI‐2 / Anzahl der Items Beispielitem 1. SS (Schlankheitsstreben) / 7 Ich habe fürchterliche Angst, an Gewicht zuzunehmen. 2. B (Bulimie) / 7 Ich stopfe mich mit Essen voll. 3. UK (Unzufriedenheit mit dem Körper) / 9 Ich denke, meine Hüften sind zu breit. 4. I (Ineffektivität) / 10 Ich halte nicht viel von mir. 5. P (Perfektionismus) / 6 Nur Bestleistungen sind in meiner Familie gut genug. 6. M (Misstrauen) / 7 Es fällt mir schwer, meine Gefühle anderen gegenüber auszudrücken. 7. IW (Interozeptive Wahrnehmung) / 10 Ich habe Gefühle, die ich kaum benennen kann. 8. AE (Angst vor dem Erwachsenwerden) / 8 Ich wünschte, ich könnte in die Geborgenheit der Kindheit zurück‐ kehren. 8 2. Testgrundlage • Überblick über die Skalen (zusätzliche Skalen für die Langform): Skalen des EDI‐2 / Anzahl der Items Beispielitem 9. A (Askese) / 8 Meine körperlichen Bedürfnisse sind mir peinlich. 10. IR (Impulsregulation) / 11 Ich erlebe erhebliche Stimmungsschwankungen. 11. SU (Soziale Unsicherheit) / 8 Ich habe das Gefühl, von Menschen die Anerkennung zu bekommen, die ich verdiene. 9 2. Testgrundlage • Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion: – Veröffentlichung des Eating Disorder Inventory (EDI; Garner, Olmstead & Polivy, 1983) im International Journal of Eating Disorders – Zusammenstellung des großen Itempools zunächst durch Expertenratings – endgültige Auswahl der Items: Berücksichtigung der Itemtrennschärfe & Fähigkeit, zwischen anorektischer Patientinnen und der weiblichen Kontrollgruppe zu differenzieren 10 2. Testgrundlage • Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion: – Ausschließliche Berücksichtigung der Skalen, deren Reliabilität (Cronbachs Alpha) in der Stichprobe der Patientinnen mit einer AN größer als 0.80 war – 1. Version des EDI: 64 Items, die zu 8 a‐priori‐ Skalen zusammengefasst wurden – Anfang der 1990er Jahre: Erweiterung des EDI um drei Skalen das EDI Æ EDI‐2 11 2. Testgrundlage • Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion: Gewinnung der deutschsprachigen Items: – Übersetzung der Items durch die Autoren – Rückübersetzung durch einen neutralen Dolmetscher mit Englisch als Muttersprache – Kritische Prüfung durch den amerikanischen Verlag Æ Hogrefe erhielt die Lizenz zur Veröffentlichung des deutschsprachigen EDI‐2 (Paul & Thiel, 2005) Testkonstruktion ist nachvollziehbar! 12 3. Testdurchführung • Kurze Beschreibung der Testdurchführung: − Durchführung im Einzel‐ oder Gruppensetting möglich − Vorstellen des EDI‐2 als Instrument zur Messung von Haltungen, Gefühlen und Verhaltensweisen in Bezug auf Essen und andere Lebensbereiche − Anweisung durch den Untersucher ob die Probanden die Kurz‐ oder Langform durchführen sollen − Wird das EDI‐2 zum ausfüllen mitgegeben: keine fremde Hilfe beim Ausfüllen zu Rate ziehen! − Bei Gruppentestung: kein Kontakt der Probanden während der Testdurchführung 13 3. Testdurchführung • Transparenz und Verfälschbarkeit: − Patientinnen können aus den Items erschließen, welche Konstrukte erfasst werden − Möglichkeit der bewussten Verfälschbarkeit durch die Patientinnen in Folge der ausgeprägten Krankheitsverleugnung − Antwortverhalten im Sinne der sozialen Erwünschtheit (Wirksamwerden systematischer Fehlerquellen) 14 3. Testdurchführung • Zumutbarkeit und Fairness: – bei ausreichenden Deutschkenntnissen fair – zumutbar da überschaubare Itemanzahl , relative kurze Bearbeitungszeit (15‐25 Minuten) • Akzeptanz seitens der Anwender: – Standardverfahren zur ökonomischen, mehrdimensionalen Erfassung der essstörungsspezifischen Psychopathologie 15 4. Testverwertung • Objektivität: – Durchführungsobjektivität: Angabe expliziter Empfehlungen zur Instruktion & zu den Durchführungsbedingungen; kurze schriftliche Erläuterung zur Vorgehensweise bei der Beantwortung der Items – Auswertungsobjektivität: klare und eindeutige Darstellung einzelner Schritte der Testauswertung; Erhöhung der Auswertungsobjektivität durch Auswertungsschablonen – Interpretationsobjektivität: Vorliegen von Vergleichswerten durch Normierung; Hinweise zur Interpretierbarkeit 16 4. Testverwertung • Reliabilität: – Interne Konsistenz (Cronbachs Alpha): – Stichprobe der Patienten(innen) mit einer Essstörung (n=463): zwischen 0.73 (Askese) & 0.93 (Bulimie) – EDI‐2‐Gesamt‐Skala (Einbezug aller 91 Items): Patientenstichprobe bei 0.96 – Test‐Retest‐Reliabilität: – Überprüfung an 2 Stichproben: 327 Patienten mit Essstörungen (AN, BN, NNB) 209 Patienten mit einer anderen psychischen Störung 0.81 (Askese) – 0.89 (Unzufriedenheit mit dem Körper, Impulsregulation) 0.75 (Askese) bis 0.94 (Unzufriedenheit mit dem Körper) 17 4. Testverwertung • Validität: – Kriteriumsvalidität: • Erwartet wurden signifikante Korrelationen zw. den einzelnen Skalen und dem Kriterium der Diagnose einer psychogenen Essstörung verschiedener Art – Erfassung der relevanten Variablen und Verhaltensweisen bei AN und BN • Alle 11 Skalen diskriminieren signifikant zw. den Patienten der vier klinischen Stichproben (AN restriktiver und purging Typus, BN und BED) und den weiblichen Kontrollpersonen • 2 Diskriminanzanalysen: – Insg. wurden mehr als 80% der Fälle aus vers. Stichproben korrekt klassifiziert Æ gute diskriminante Validität des EDI‐2 18 4. Testverwertung • Validität: – Kriteriumsvalidität: • Der Fragebogen zum Essverhalten (FEV; Pudel & Westenhöfer, 1989) korreliert mit seinen 3 Skalen (Kognitive Kontrolle des Essverhaltens, Störbarkeit des Essverhaltens, Erlebte Hungergefühle) am höchsten mit den Skalen Schlankheitsstreben und Bulimie des EDI‐2 Æ gute konvergente Validität des EDI‐2 19 4. Testverwertung • Normierung: • • Erhebung der Daten zur Normierung: 1997 bis 2001 – Patientinnen mit einer AN und BN (nach DSM‐IV) zu Beginn einer stationären Psychotherapie in der Medizinisch‐Psychosomatischen Klinik Bad Bramstedt Gesamtstichprobe: – 146 Patientinnen mit einer AN vom restriktiven Typus – 100 Patientinnen mit einer AN vom purging Typus – 217 Patientinnen mit einer BN (keine Differenzierung nach Untertypen) – Ausschluss von Patientinnen mit einer nicht näher bezeichneten Essstörung – Daten der weiblichen und männlichen Kontrollgruppe wurden aus einer früheren Arbeit von Thiel et al. (1997) übernommen. 20 4. Testverwertung • Bandbreite: – Mehrdimensionale Erfassung der essstörungsspezifischen Symptomatik – große Bandbreite • Informationsausschöpfung: – Alle Items werden in die Auswertung einbezogen – Möglichkeit der Berechnung eines Gesamtscores: erscheint wenig sinnvoll und schwer interpretierbar (Skalen bilden unabhängige Merkmale ab) 21 4. Testverwertung • Ökonomie: – Gegeben – relativ günstig, überschaubare Anzahl von Items, leichte Durchführbarkeit und Auswertung, mehrdimensionale Erfassung lohnt sich insbesondere für die Planung entsprechender Interventionen • Vergleichbarkeit: – Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen (SIAB‐S & SIAB‐EX; Fichter & Quadflieg, 1999) – Eating Disorder Examination‐Questionnaire (EDE‐Q) – Deutschsprachige Übersetzung (Hilbert & Tuschen‐Caffier, 2006) 22 Literaturangaben • Paul, T. & Thiel, A. (2005). EDI‐2: Eating Disorder Inventory‐2. Manual. Göttingen: Hogrefe. • Pudel, V. & Westenhöfer, J. (1989). Fragebogen zum Essverhalten (FEV). Göttingen: Hogrefe. • Schlüssel, C. (2005). Garner, D. M. (1991). Eating Disorder Inventory‐2. Odessa, FL: Psychological Assessment Resources Inc. (deutsche Version von Paul & Thiel, 2005). Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 34 (4), 296‐297. • Thiel, A., Jacobi, C., Horstmann, S., Paul, T., Nutzinger, D.O. & Schüssler, G. (1997). Eine deutschsprachige Version des Eating Disorder Inventory EDI‐2. Psychotherapie – Psychosomatik – Medizinische Psychologie, 47, 365‐376. 23 Darstellung einzelner psychodiagnostischer Verfahren Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen (SIAB) Referentin: Nadine Braumann Seminar: Testen und Entscheiden Dozentin: Prof. Dr. G. H. Franke Datum: 08.12.2009 Gliederung 1. Überblicksartige Beschreibung 2. Testgrundlage 3. Testdurchführung 4. Testverwertung 5. Grenzen und Möglichkeiten des SIAB Literatur 1. Überblicksartige Beschreibung Titel • Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen (SIAB). Fragebogen (SIAB‐S) und Interview (SIAB‐EX) nach DSM‐IV und ICD‐10. Autoren • Manfred Fichter und Norbert Quadflieg Erscheinungsjahr und Verlag • 1999 im Hogrefe‐Verlag für Psychologie, Göttingen 1. Überblicksartige Beschreibung Überblick über alle Materialien Die komplette Testmappe enthält: – – – – – 1 Manual je 5 Interviewhefte (SIAB‐EX) u. Fragebogen (SIAB‐S) je 5 Auswertungsbogen SIAB‐EX u. SIAB‐S je 5 Algorithmen nach DSM‐IV (SIAB‐EX u. SIAB‐S) je 5 Algorithmen nach ICD‐10 (SIAB‐EX u. SIAB‐S) 1. Überblicksartige Beschreibung Quelle: http://www.testzentrale.de/?mod=detail&id=1184. 27.10.2009, 19:00 Uhr. 1. Überblicksartige Beschreibung Diagnostische Zielsetzung und Einordnung • bestehend aus Experteninterview (SIAB‐EX) u. Selbst‐ einschätzung (SIAB‐S) Æ mit je 87 Fragen zu Symptomen von Essstörungen Æ analoger Aufbau 1. Überblicksartige Beschreibung Diagnostische Zielsetzung und Einordnung DSM‐IV: 307.10 Anorexia nervosa, differenziert nach restriktiven u. binge eating/ purging type 307.51 Bulimia nervosa, differenziert nach purging u. non‐purging type 307.50 Nicht näher bezeichnete Essstörungen, Binge‐Eating‐Disorder ICD‐10: F50.0 Anorexia nervosa F50.1 Atypische Anorexia nervosa F50.2 Bulimia nervosa F50.3 ‐ 9 Verschiedene zusätzliche Essstörungs‐Syndrome 1. Überblicksartige Beschreibung Diagnostische Zielsetzung und Einordnung • Erfassung der Komorbidität (Depression, Angst, Alkohol‐ u. Drogenprobleme) sowie soziale Integration, Sexualität • Symptomerfassung für je 2 Zeiträume: Æ JETZT: letzten 3 Monate Æ FRÜHER: seit Pubertät bis 3 Monate vor der Untersuchung • Zielgruppe: Jugendliche u. Erwachsene von 12 ‐ 65 Jahren 2. Testgrundlage Theoretische Grundlage • AN u. BN sind als klinische Entitäten fest eingeführt sowie in DSM‐IV u. ICD‐10 dokumentiert • beide Klassifikationssysteme basieren auf Methodik der operationalisierten Diagnostik • SIAB‐S eignet sich als Screeninginstrument u. zur Vorbereitung eines Erstinterviews • SIAB‐EX kann spezif. Patientengruppen beschreiben u. vergleichen 2. Testgrundlage Überblick über die Skalen (SIAB‐EX) Skalen des SIAB‐EX (früher) / Itemanzahl Beispielitem 1. Körperschema u. Schlankheitsideal (BI) / 16 Haben Sie sich viele Gedanken über Ihre Figur u. Ihr Gewicht, u. darüber, wie andere Sie sehen könnten, gemacht? 2. Allgemeine Psychopathologie (Gen Psy) / 14 Neigten Sie dazu, nur die negativen Seiten des Lebens zu sehen? 3. Sexualität u. Soziale Integration (SexSoc) / 12 Hatten Sie in den letzten 3 Mo. bzw. früher sexuelle Kontakte? 4. Bulimische Symptome (Bul) / 8 Wie oft hatten Sie deutliche Essattacken in einem Zeitraum von 3 Mo.? Und davor? 5. Gegensteuernde Maßnahmen, Fasten, Substanzmissbrauch (Counteract) / 11 Haben Sie in den letzten 3 Mo. o. früher gefastet? 6. Atypische Essanfälle (Atyp. Binge) / 4 Reagieren Sie auf Stress o. Belastungen mit vermehrten Essen? 2. Testgrundlage Überblick über die Skalen (SIAB‐EX) Skalen des SIAB‐EX (jetzt) / Itemanzahl Beispielitem 1. Körperschema u. Schlankheitsideal (BI) / 18 Haben Sie sich viele Gedanken über Ihre Figur u. Ihr Gewicht, u. darüber, wie andere Sie sehen könnten, gemacht? 2. Allgemeine Psychopathologie u. Soziale Integration (GenPsySoc) / 19 Neigten Sie dazu, nur die negativen Seiten des Lebens zu sehen? 3. Sexualität (Sex) / 4 Hatten Sie in den letzten 3 Mo. bzw. früher sexuelle Kontakte? 4. Bulimische Symptome (Bul) / 10 Wie oft hatten Sie deutliche Essattacken in einem Zeitraum von 3 Mo.? Und davor? 5. Gegensteuernde Maßnahmen, Fasten, Substanzmissbrauch (Counteract) / 11 Haben Sie in den letzten 3 Mo. o. früher gefastet? 6. Atypische Essanfälle (Atyp. Binge) / 5 Reagieren Sie auf Stress o. Belastungen mit vermehrten Essen? 2. Testgrundlage Überblick über die Skalen (SIAB‐S) Skalen des SIAB‐S (früher) / Itemanzahl Beispielitem 1. Bulimische Symptome (Bul) / 10 Wie viele kcal nahmen Sie bei einer Essattacke zu sich? 2. Allgemeine Psychopathologie (Gen Psy) / 14 Ich fühle mich minderwertig o. wertlos u. hatte ein geringes Selbstwertgefühl. 3. Schlankheitsideal (Slim) / 9 Ich habe gefastet u. versuchte, möglichst wenig zu essen. 4. Sexualität u. Soziale Integration (SexSoc) / 8 Ich hatte früher sexuelle Kontakte. 5. Körperschema (BI) / 9 Obwohl andere sagten, ich sei zu dünn, fand ich mich eher zu dick. 6. Gegensteuernde Maßnahmen, Fasten, Substanzmissbrauch (Counteract) / 11 Ich habe Alkohol getrunken. 7. Atypische Essanfälle (Atyp. Binge) / 4 Ich habe auf Stress o. Belastung mit vermehrten Essen reagiert. 2. Testgrundlage Überblick über die Skalen (SIAB‐S) Skalen des SIAB‐S (jetzt) / Itemanzahl Beispielitem 1. Allgemeine Psychopathologie u. Soziale Integration (GenPsySoc) / 21 Ich mache mir Gedanken darüber, mir das Leben zu nehmen. 2. Bulimische Symptome (Bul) / 8 Meine Essattacken haben mich seelisch belastet. 3. Körperschema u. Schlankheitsideal (BI) / 11 Ich habe gefastet u. versuchte, möglichst wenig zu essen. 4. Sexualität u. Körpergewicht (SexWeight) / 7 Ich hatte früher sexuelle Kontakte. 5. Gegensteuernde Maßnahmen, Fasten, Substanzmissbrauch (Counteract) / 13 Ich habe Abführmittel eingenommen. 6. Atypische Essanfälle (Atyp. Binge) / 4 Ich habe auf Stress o. Belastung mit vermehrten Essen reagiert. 2. Testgrundlage Überblick über die Skalen (SIAB‐EX u. SIAB‐S) • Kodierung auf Schweregradskala von 0 bis 4: 0 = Symptom/Problem nicht vorhanden 1 = Symptom/Problem leicht o. selten vorhanden 2 = Symptom/Problem deutlich o. öfter vorhanden 3 = Symptom/Problem stark o. häufig vorhanden 4 = Symptom/Problem sehr stark o. sehr häufig vorhanden 8 = eine Frage trifft nicht zu 9 = „missing value“ 2. Testgrundlage Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion • originale SIAB wurde um Items ergänzt, welche für Diagnostik nach DSM‐IV u. ICD‐10 erforderlich sind • Items, die sich auf atypische Essanfälle beziehen, wurden nicht in Auswertung einbezogen Æ Fallzahlen noch nicht hoch genug für Faktorenanalyse • Ergänzungen zum SIAB‐EX berücksichtigen vorhandene Essstörungsinterviews (EDE; CEDRI) 2. Testgrundlage Nachvollziehbarkeit der Testkonstruktion • dargestellte Faktorenstruktur beruht auf Stichprobe von 330 Personen mit Essstörungen in 2 Behandlungszentren • Hauptkomponentenanalysen mit Varimax‐Rotation ergaben für jetzt‐ u. früher‐Zeitraum 6 Faktoren • die jeweiligen 6‐Faktoren Lösungen erklärten nach Rotation 42.8% (früher) bzw. 40.5% (jetzt) der Varianz Testkonstruktion ist nicht nachvollziehbar! 3. Testdurchführung Kurze Beschreibung der Testdurchführung • Einzelbefragung, sollte in ungestörter Umgebung erfolgen • SIAB‐S wird dem SIAB‐EX vorgeschaltet • wird SIAB‐S zum Ausfüllen mitgegeben: keine fremde Hilfe beim Ausfüllen zu Rate ziehen! • beide Erfassungszeiträume dürfen sich nicht überlappen • beim SIAB‐EX ist jede Frage in Hauptprobe u. Zusatzfragen unterteilt Æ wenn Antwort auf Hauptprobe keine eindeutige Einschätzung zulässt 3. Testdurchführung Kurze Beschreibung der Testdurchführung • SIAB‐EX sollte durch geschulten Interviewer erfolgen • ausreichend Zeit für eine genaue Exploration • Beurteilung der Symptomatik muss deskriptiv erfolgen • ausführliche Anleitung für das Interview liegt vor • spezielle Hinweise für die Durchführung mit Jugendlichen Æ Aussagen von Angehörigen miteinbezogen Æ noch nicht zutreffende Items entfallen 3. Testdurchführung Transparenz und Verfälschbarkeit • PatientInnen können aus den Items erschließen, welche Konstrukte erfasst werden • Möglichkeit der bewussten Verfälschbarkeit durch die PatientInnen infolge ausgeprägter Krankheitsverleugnung • Antwortverhalten im Sinne der sozialen Erwünschtheit • Krankheitsgewinn? 3. Testdurchführung Fairness und Zumutbarkeit • bei ausreichenden Deutschkenntnissen fair • Bearbeitungsdauer: SIAB‐S ca. 30 Min., SIAB‐EX 30 ‐ 60 Min. Æ aufgrund der Komplexität der Störung zumutbar Akzeptanz seitens der Anwender • nach Meinung von Experten (Berth, 2000; Paul, 2000) ist die Testdurchführung zu zeitigaufwändig 4. Testverwertung Objektivität Durchführungsobjektivität: Hinweise zu Fragen mit deskriptiven Definitionen der Skalierung u. zur Befragungstechnik geben eindeutige Richtlinien zur Durchführung Auswertungsobjektivität: Erstellung von Diagnosen ist aufgrund der Angaben im Fragebogen eindeutig festgelegt u. wird von einem Algorithmus durchgeführt Interpretationsobjektivität: Vergleichswerten für klinische Populationen liegen vor 4. Testverwertung Reliabilität: Beobachter‐Übereinstimmungs‐Reliabilität • Prüfung von 31 auf Video aufgenommenen Interviews • Insgesamt: 116 vollständige Intervieweinschätzungen von 7 Beobachtern u. Interviewern vor • Prüfung der Beobachterübereinstimmung ergab Kappa‐Werte von .81 (für letzten 3 Monate) u. .85 (Lebenszeit) 4. Testverwertung Reliabilität: Skaleninterkorrelationen • Subskalen der SIAB‐EX zeigen mittlere Interkorrelationen Æ Subskalen korrelierten zwischen r = 0,54 u. 0,82 (jetzt) bzw. 0,62 u. 0,78 (früher) hoch mit Gesamtwert • Atypische Essanfälle u. Bulimische Symptome korrelierten sehr gering • Subskalen des SIAB‐S zeigen hohe Interkorrelationen, besonders Bulimische Symptome bzw. Atypische Essanfälle Æ Korrelationen der Einzelskalen mit dem Gesamtwert bewegen sich zwischen r = 0,41 u. 0,87 4. Testverwertung Reliabilität: Interne Konsistenz • SIAB‐EX: Cronbachs α‐Koeffizienten zwischen 0,52 u. 0,93 Æ Bulimische Symptome u. Gesamtwert (0,92) besonders konsistent • niedrigere Koeffizienten (0,64 früher / 0,52 jetzt) bei Gegensteuernden Maßnahmen • SIAB‐S‐früher: Koeffizienten lagen zwischen 0,69 u. 0,94 Æ Körperschema, Allgemeine Psychopathologie, Gesamtwert besonders konsistent • Koeffizienten zwischen 0,74 u. 0,92 (jetzt) mit niedrigen α (0,34) für Gegensteuerende Maßnahmen 4. Testverwertung Validität • Vergleiche mit Selbst‐ u. Experteneinschätzungen: – – – – – – Eating Disorder Inventory (EDI‐2) Three Factor Eating Questionnaire (TFEQ) Hopkins Symptom Checklist (SCL‐90‐R) Beck Depressions‐Inventar (BDI) PERI‐Demoralisationsskala (PERI‐D) Eating Disorder Examination (EDE) Æ befriedigende konvergente u. diskriminante Konstruktvalidität 4. Testverwertung Konvergente Validität • SIAB‐EX‐Körperschema u. Schlankheitsideal korrelierte mit EDI‐Drang dünn zu sein am höchsten u. mit EDI‐Körperliche Unzufriedenheit geringfügig negativ • SIAB‐EX‐Allgemeine Psychopathologie korrelierte hoch mit EDI‐ Gesamtwert, EDI‐Ineffektivität u. EDI‐Soziale Unsicherheit • SIAB‐EX‐Bulimische Symptome korrelierte sehr hoch mit EDI‐Bulimie 4. Testverwertung Diskriminante Validität • EDI‐Bulimie korreliert nicht mit SIAB‐EX‐Körperschema u. Schlankheitsideal, hingegen hoch mit SIAB‐EX‐Bulimische Symptome Æ zeigt gute Trennung zwischen beiden SIAB‐EX‐Skalen auf • persönlichkeitsbezogene EDI‐Skalen zeigten höchsten Korrelationen mit SIAB‐EX‐Allgemeinen Psychopathologie 4. Testverwertung Normierung • Vergleichszahlen für Subskalen u. Gesamtwert für anorektische u. bulimische Patienten • Stichprobenumfang: 377 Patienten (11 Männer, 366 Frauen) Æ wurden wegen Essstörung stationär behandelt (mittlere Alter: 29, BMI im Mittel: 26.0) • 60 Personen hatten Aufnahmediagnose AN u. 97 BN (DSM‐IV) • zudem liegen Daten von 111 gesunden Frauen vor (mittlere Alter: 21, BMI im Mittel: 20.3) 4. Testverwertung Bandbreite • Mehrdimensionale Erfassung der essstörungsspezifischen Symptomatik – große Bandbreite Informationsausschöpfung • hohe Informationsausschöpfung u. ‐gewinn • werden noch nicht alle Items in Auswertung einbezogen • Möglichkeit der Berechnung eines Gesamtscores: erscheint wenig sinnvoll u. schwer interpretierbar 4. Testverwertung Vergleichbarkeit • Eating Disorder Inventory (EDI‐2) [Garner et al., 1983; Garner, 1991] • Three Factor Eating Questionnaire (TFEQ) [Stunkard & Messick, 1985; deutsch: Pudel & Westenhöfer, 1989] • Hopkins Symptom Checklist (SCL‐90‐R) [Derogatis et al., 1976] • Beck Depressions‐Inventar (BDI) [Beck et al., 1961] • PERI‐Demoralisationsskala (PERI‐D) [Dohrenwend et al., 1980] • Eating Disorder Examination (EDE) [Fairborn & Cooper, 1993] 4. Testverwertung Ökonomie • nur teilweise gegeben: Æ eine Durchführung u. Auswertung kostet 12,45 Euro Æ SIAB‐EX u. SIAB‐S umfassen je 87 Items = 174 Items Æ jeweilige Unterteilung in 2 Zeiträume • allerdings: Æ ermöglicht Erhebung von Daten, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie Betroffene die eigene Essstörungs‐Symptomatik erleben Æ leichte Auswertung Æ mehrdimensionale Erfassung lohnt sich insbesondere für Planung entsprechender Interventionen 4. Testverwertung Änderungssensitivität • gegeben: Æ früher‐ u. jetzt‐Zeitpunkt wird erfasst Æ geeignet zur Verlaufsdiagnostik 5. Chancen und Grenzen des SIAB • Appell an Krankheitseinsicht • Aufklärung über Störung • liefert Gesprächsstoff • Auswertungsalgorithmen nach‐ vollziehbar aufgebaut • Summenscores berechenbar • Infos, welche ES‐Symptome u. Komorbiditäten vorliegen • Anleitung für Interview • Hinweise für Durchführung mit Jugendlichen • SIAB‐EX u. SIAB‐S sind analog aufgebaut • SIAB‐EX für KJP‐Bereich • Jugendliche: Erfragen des Alters bei Beginn der ES von Angehörigen • SIAB erst ab 16 J. anwenden • Differenzierung in 2 Zeiträume für PatientInnen schwierig • nur für geschulte Experten • Manual ist nicht transparent aufgebaut • einige Items im SIAB‐S u. EX sind "unpassend" formuliert • schlechtes Layout des SIAB‐EX Literaturangaben Berth, H. (2000). Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Eßstörungen (SIAB). Zeitschrift für Medizinische Psychologie, 9, 143‐144. Fichter, M. & Quadflieg, N. (1999). Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen (SIAB). Göttingen: Hogrefe. Fichter, M. & Quadflieg, N. (2001). Das Strukturierte Interview für Anorektische und Bulimische Ess‐Störungen nach DSM‐IV und ICD‐10 zur Expertenbeurteilung (SIAB‐ EX) und dazugehöriger Fragebogen zur Selbsteinschätzung (SIAB‐S). Verhaltenstherapie, 11, 314‐325. Paul, T. (2000). Strukturiertes Interview für Anorektische und Bulimische Eßstörungen (SIAB). Fragebogen (SIAB‐S) und Interview (SIAB‐EX) nach DSM‐IV und ICD‐10. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 9, 142‐143. Warschburger, P. (2000). Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Eßstörungen (SIAB). Diagnostica, 3, 167‐168. http://www.testzentrale.de/?mod=detail&id=746. 27.10.2009, 19:00 Uhr.