Musterlösung (ausführlich!) zur Probeklausur

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Musterlösung zur Probeklausur „Experimentalphysik für
Naturwissenschaftler 1“ im WS 2014/15
Anmerkung:
Die Probeklausur umfasst ca. 50% des Umfangs der echten Klausur, sollte also in ca. 45
Minuten gelöst werden.
Aufgabe 1: Wurf eines Balls
Ein (punktförmiger) Ball wird auf der Erde unter dem Winkel  relativ zur Horizontalen
mit dem Geschwindigkeitsbetrag v=20 m/s vom Boden aus schräg nach oben abgeworfen. In
welcher horizontalen Entfernung s vom Ort des Abwurfs erreicht der Ball wieder den Boden?
Reibungskräfte dürfen vernachlässigt werden und die Schwerebeschleunigung der Erde
beträgt g=9.81 m/s2.
Lösung:
Die horizontale Geschwindigkeitskomponente sei vx und die vertikale Komponente vy. Dann
gilt:
v x  v cos 
v y  v sin 
Zuerst steigt also der Ball vertikal gesehen in der Zeit t/2 bis zum maximalen Punkt, an dem
seine vertikale Geschwindigkeitskomponente auf Null absinkt und braucht dann aus
Symmetriegründen wiederum t/2, bis er wieder den Boden berührt. Da es sich vertikal um
eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung mit der konstanten Beschleunigung vom Betrag g
handelt, gilt also:
vy
t
g  vy  t  2
g
2
Die horizontale Bewegung ist dagegen mit konstanter Geschwindigkeit vx, so dass für die
horizontal zurückgelegte Strecke s gilt:
vxv y
v 2 sin  cos 
s  vxt  2
2
 40.8 m
g
g
1
Aufgabe 2: Rotierende Scheiben
Zwei zylinderförmige Scheiben mit gleichem Radius und gleichem Material rotieren
übereinander und reibungslos um ihre gemeinsame Zylinderachse, wobei sie anfangs einen
kleinen Abstand voneinander haben. Die Scheibe 1 habe die Dicke d und rotiere mit der
Winkelgeschwindigkeit , während die Scheibe 2 die doppelte Dicke 2d und die
Winkelgeschwindigkeit 2 hat. Dann fällt die obere Scheibe plötzlich auf die untere Scheibe
und bleibt an ihr kleben, so dass beide Scheiben fortan mit der gleichen
Winkelgeschwindigkeit rotieren.
Welcher Anteil der ursprünglichen Rotationsenergie der Scheiben wird bei dieser Aktion in
Wärme oder Deformation der Scheiben umgesetzt? Kreuzen Sie den nächstgelegenen Wert
an.
Lösung:
Hier bleibt der Drehimpuls bzgl. der Zylinderachse erhalten. Aufgrund des gleichen Radius
und des gleichen Materials, aber unterschiedlicher Dicke, haben die beiden Scheiben die
Trägheitsmomente I1=I und I2=2I.
Der Drehimpuls vor dem Zusammenfallen der Scheiben ist also:
L  I11  I 2 2  I  4 I  5 I
Die Rotationsenergie vor dem Zusammenfallen der Scheiben ist:
1
1
1
8
9
E rot  I112  I 2 22  I 2  I 2  I 2
2
2
2
2
2
Nach dem Zusammenkleben der Scheiben resultiert die neue gemeinsame
Winkelgeschwindigkeit ’ und aufgrund der Drehimpulserhaltung gilt:
5
L  5 I  I1  I 2  '  3I '   '  
3
Also beträgt die neue Rotationsenergie E’rot:
2
1
I1  I 2  '2  1 3I  5   2  25  1 I 2
2
2 3
3 2
Der in Wärme oder Deformation umgesetzte Teil der Rotationsenergie relativ zur
ursprünglichen Rotationsenergie ist also:
25 27 25
9 2 25 1 2
9

I   I
Erot  E 'rot 2
3
3
3  2  0.074  7.4%
3
2



9 2
9
9
27
Erot
I
2
E 'rot 
2
Aufgabe 3: Einfache Formeln der Mechanik
Ein punktförmiger Körper der Masse m bewege sich mit der Geschwindigkeit v linear in eine
Richtung und habe dabei die kinetische Energie Ekin. Kreuzen Sie alle richtigen Aussagen an.
a) Verdoppelt sich die Masse des Körpers, so verdoppelt sich auch seine kinetische
Energie.
b) Verdoppelt sich die Masse des Körpers, so vervierfacht sich seine kinetische Energie.
c) Verdoppelt sich die Geschwindigkeit des Körpers, so verdoppelt sich auch seine
kinetische Energie.
d) Verdoppelt sich die Geschwindigkeit des Körpers, so vervierfacht sich seine
kinetische Energie.
Lösung:
Die kinetische Energie eines Körpers beträgt:
1
E kin  mv 2
2
Also hängt die kinetische Energie linear von der Masse und quadratisch von der
Geschwindigkeit ab. Entsprechend sind die Aussagen a) und d) korrekt, während die
Aussagen b) und c) falsch sind.
Anmerkung: Bei der elektronischen Auswertung gibt es für korrekt angekreuzte Aussagen
Pluspunkte, während es für fälschlich angekreuzte Aussagen Minuspunkte gibt. Umgekehrt
gibt es auch Minuspunkte, wenn eine korrekte Aussage nicht angekreuzt wird oder
Pluspunkte, wenn eine falsche Aussage nicht angekreuzt wird. Am Ende werden die Plus- und
Minuspunkte zusammengezählt, wobei das minimale Ergebnis der Aufgabe Null Punkte sein
kann, d.h. es gibt keine negativen Punkte auf die Aufgabe insgesamt.
3
Aufgabe 4: Abschussvorrichtung
Ein punktförmiger Körper der Masse m wird mit einer gespannten (masselosen) Feder der
Federkonstante D und der Auslenkung x am unteren Ende eines senkrecht nach oben
weisenden Rohrs der Länge l (l>|x|) abgeschossen. Welche Geschwindigkeit v hat der Körper,
wenn er gerade das Rohr am oberen Ende verlässt?
Die Schwerebeschleunigung der Erde sei g. Reibung sei vernachlässigbar.
Lösung:
Die am Anfang des Rohrs in der Feder gespeicherte potentielle Energie der Größe Epot,Feder
(anfangs keine kinetische Energie, da der Körper ruht, und auch keine potentielle Energie im
Schwerefeld der Erde, da wir den Nullpunkt der Höhe dort hinsetzen) wird unmittelbar am
Ende des Rohrs in kinetische Energie des Körpers Ekin und potentielle Energie Epot,Erde im
Schwerefeld der Erde umgewandelt.
1
1
D 2
E pot , Feder  Dx 2  Ekin  E pot , Erde  mv 2  mgl  v 
x  2 gl
2
2
m
4
Aufgabe 5: Zentraler elastischer Stoß
Auf der Luftkissenbahn wird ein Reiter der Masse m1 mit der Geschwindigkeit v0 auf einen
zweiten ruhenden Reiter der Masse m2 geschossen. Der Stoß zwischen beiden Reitern erfolge
elastisch. Welche der folgenden Formeln beschreibt die Geschwindigkeit v des zweiten
Reiters nach dem Stoß korrekt?
Lösung:
Bei einem zentralen elastischen Stoß muss nur eine eindimensionale Bewegung betrachtet
werden und die kinetische Energie und der Impuls des Gesamtsystems bleiben jeweils
erhalten.
Impuls vor dem Stoß = Impuls nach dem Stoß:
m
m1v0  m1v1  m2v  v1  v0  2 v
m1
Hier bezeichnet v1 die Geschwindigkeit des Reiters 1 nach dem Stoß.
Kinetische Energie vor dem Stoß = kinetische Energie nach dem Stoß:
1
1
1
m1v02  m1v12  m2 v 2
2
2
2
2

m 
 m v  m1  v0  2 v   m2 v 2
m1 

m2
 0  2 v 2  2v0 m2 v  m2 v 2
m1
2
1 0
 m  m1

2m1
 0  v 2
v  2v0   v 
v0
m1  m2
 m1

Anmerkung: Die formal zweite Lösung v=0 ist keine Lösung, da sich dann der erste Reiter in
der ursprünglichen Richtung weiterbewegen müsste, um die Energie zu erhalten, was er aber
nicht kann, da er dann durch den zweiten Reiter „hindurch“ müsste.
5
Aufgabe 6: Bergauf bei Reibung
Sie wollen auf einer Rampe mit dem Neigungswinkel =20o (Winkel zwischen der
Horizontalen und der Oberfläche der Rampe) eine (punktförmige) Kiste hoch stoßen, wobei
eine Höhendifferenz von h=2 m zu überwinden ist. Die Kiste gleitet auf der Rampe, wobei
der Reibungskoeffizient als geschwindigkeitsunabhängig mit dem Wert =0.05 angenommen
wird. Welche Anfangsgeschwindigkeit v0 müssen Sie der Kiste mindestens geben, damit diese
die Höhe h überwinden kann? Kreuzen Sie den nächstgelegenen Wert an.
Schwerebeschleunigung der Erde g=9.81 m/s2.
Lösung:
Die Kiste muss bergauf sowohl die Hangabtriebskraft FA (=Komponente der Gewichtskraft
parallel zur Rampe) als auch die Gleitreibungskraft FR überwinden, wobei letztere wiederum
das Produkt aus dem Gleitreibungskoeffizienten und der Normalkraft FN ist. Die insgesamt zu
überwindende Kraft F ist also:
FA  mg sin 
FN  mg cos   FR  FN  mg cos 
 F  FA  FR  mg sin    cos  
Die Kraft ist also konstant, so dass die Arbeit W, die während des „Bergauf Stoßes“ verrichtet
werden muss, gleich Kraft F mal zurückgelegte Wegstrecke s ist. Hierfür gilt:
h
sin    cos 
 

s
 W  Fs  mgh
 mgh1 

sin 
sin 
 tan  
Die kinetische Energie am Anfang muss also mindestens so groß sein wie die zu verrichtende
Arbeit, so dass für die Mindestgeschwindigkeit v0 am Anfang gilt:
1 2
 
 


mv0  W  mgh1 
  v0  2 gh1 
  6.68 m/s  6.7 m/s
2
 tan  
 tan  
6
Aufgabe 7: Schwingung an elastischem Seil
Sie befestigen am Ende eines anfangs in Ruhe befindlichen (masselosen) elastischen Seils,
das das Hooke’sche Gesetz erfüllt und dessen Federkonstante D=1000 N/m beträgt, ein
Gewicht der Masse m=10 kg. Dann lassen Sie das Gewicht los und messen die Zeit t, bis das
Gewicht die Strecke h=20 cm zurückgelegt hat. Wie groß ist t? Kreuzen Sie den
nächstgelegenen Wert an.
Die Schwerebeschleunigung wird vereinfachend mit g=10 m/s2 angenommen und
Reibungskräfte können vernachlässigt werden.
Lösung:
Nach dem Loslassen des Gewichtes wird eine harmonische Schwingung ausgeführt. Die
Periode T einer Schwingung ist:
2
m
 2
T

D
Die Amplitude A der Schwingung ist gleich der Ausdehnung, die das Seil durch das Gewicht
bei Vorliegen von Reibung nach sehr langer Zeit erreichen würde:
mg
100 N
mg  DA  A 

 0.1 m
D 1000 N/m
Die Strecke h=0.2 m wird also nur im untersten Punkt der Schwingung erreicht, was genau
nach einer halben Periode der Fall ist. Folglich gilt für die gesuchte Zeit t:
1s2
T
m
t  

 0.1 s  0.314 s  0.3 s
2
100
D
7
Aufgabe 8: Interferenz zweier Wellen
Auf einer Flüssigkeitsoberfläche (z.B. Wasseroberfläche) werden an den Punkten (x1, 0) und
(x2, 0) zwei Kugelwellen angeregt. Berechnen Sie die Weglängendifferenz der beiden
Kugelwellen am Punkt (0, d) in Vielfachen n der Wellenlänge  für folgende numerische
Parameter: x1=30.0 mm, x2=20.6 mm, d=40.0 mm und =2.0 mm. Kreuzen Sie den
nächstgelegenen Wert für n an.
Lösung:
Der Abstand von einer Kugelwelle zum betrachteten Punkt P kann einfach mittels
Vektorrechnung berechnet werden:
Abstand P zu Kugelwelle 1: s1 
Abstand P zu Kugelwelle 2: s2 
x1  02  0  d 2 
x2  02  0  d 2 
x12  d 2
x22  d 2
Die Weglängendifferenz s dividiert durch die Wellenlänge ist also:
n
s


x12  d 2  x22  d 2

 2.503  2.5
8
Aufgabe 9: Hohlzylinder auf schiefer Ebene
Ein Hohlzylinder (Masse M sei homogen am Rand der Mantelfläche des Zylinders verteilt)
mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 rollt eine schiefe Ebene mit Steigungswinkel  (Winkel
zwischen der Horizontalen und der schiefen Ebene) hinauf. Welche Strecke s legt der
Schwerpunkt des Hohlzylinders auf der schiefen Ebene zurück, bevor er zur Ruhe kommt
bzw. wieder herunterrollt. Rollreibung und Luftreibung seien vernachlässigbar.
Die Schwerebeschleunigung auf der Erde sei g.
Lösung:
Das Trägheitsmoment I eines Hohlzylinders mit Masse M und Zylinderradius R ist genau so
groß wie das einer Punktmasse gleicher Masse, die sich im Abstand R von der Achse
befindet:
I  MR 2
Da der Hohlzylinder auf der schiefen Ebene rollen soll, muss für die Winkelgeschwindigkeit
der Drehung und für die lineare Geschwindigkeit v der Bewegung gelten:
v
v  R   
R
Am einfachsten lässt sich die Aufgabe unter Nutzung der Energieerhaltung lösen. Solange der
Hohlzylinder in Bewegung ist, besitzt er kinetische Energie aus der Translation des
Schwerpunkts und noch kinetische Energie aus der Drehung des Hohlzylinders um seine
Achse (Rotationsenergie). Die gesamte kinetische Energie Ekin bei der Geschwindigkeit v ist
also:
1
1
E kin  Mv 2  I 2  Mv 2
2
2
Insbesondere ist die kinetische Energie am Anfang bei der Geschwindigkeit v0:
Ekin ,0  Mv02
Rollt der Hohlzylinder nun die schiefe Ebene hinauf, wobei er die Höhe h überwindet, so
wandelt sich seine kinetische Energie in potentielle Energie um, bis er zum Stillstand kommt.
Für die maximale Höhe h gilt also:
v02
2
E kin ,0  Mv0  Mgh  E pot  h 
g
Schließlich gilt noch der Zusammenhang zwischen der Strecke s auf der schiefen Ebene und
der Höhe h:
v02
h
h  s sin   s 

sin  g sin 
9
Aufgabe 10: Künstliche Schwerkraft
In (ferner) Zukunft wird eine Raumstation der Masse M=50000 t (50000 Tonnen) in den
Weltraum gebracht, wobei die Station wie ein Hohlzylinder mit Zylinderradius R=200 m
ausschauen soll. Der Einfachheit halber nehmen wir auch an, dass sich die gesamte Masse M
homogen auf der Mantelfläche des Zylinders verteilt. Indem nun zwei Raketentriebwerke an
zwei gegenüberliegenden Seiten des Zylindermantels in der Ebene senkrecht zur
Zylinderachse, die den Schwerpunkt der Raumstation enthält, angebracht werden, wobei
beide Triebwerke das Gas tangential zur Mantelfläche in entgegen gesetzte Richtungen
ausstoßen, wird die Station in Rotation versetzt. Welche Masse m des Gases muss insgesamt
ausgestoßen werden, damit ein Objekt auf der Mantelinnenfläche aufgrund der
Zentrifugalkraft eine Kraft erfährt, die genau so groß ist wie sein Gewicht auf der Erde?
Die Ausstoßgeschwindigkeit des Gases aus den Raketentriebwerken ist vGas=4 km/s und die
Schwerebeschleunigung auf der Erde ist g=9.81 m/s2. Die Masse der eigentlichen
Raketentriebwerke (ohne Gas) sei vernachlässigbar und auch die Abnahme des
Trägheitsmoments der Raumstation durch den Massenausstoß, d.h. das Trägheitsmoment wird
als konstant angenommen und nur von M und R abhängig.
Kreuzen Sie den nächstgelegenen Wert an.
Lösung:
Das Trägheitsmoment I des Hohlzylinders beträgt wiederum:
I  MR 2
Das ausgestoßene Gas der Masse m/2 eines Triebwerks trägt einen Impuls des Betrags pGas:
m
pGas  vGas
2
Also erhält auch der Zylindermantel einen betragsmäßig gleich großen Impuls (in entgegen
gesetzter Richtung) und da dieser senkrecht zum Radiusvektor im Abstand R wirkt, bewirkt
dies einen Drehimpuls der Größe L/2:
L
m
 RpGas  R vGas
2
2
Mit L selbst bezeichnen wir den gesamten Drehimpuls der Raumstation, der wegen den
beiden Triebwerken zweimal so groß ist:
L  RmvGas
Um nun also auf der Mantelinnenfläche eine „künstliche Schwerkraft“ wie auf der Erde zu
erzeugen, muss gelten (Schwerebeschleunigung = Zentripetalbeschleunigung):
g
g  R 2   
R
Hierbei ist  die Winkelgeschwindigkeit der Rotation der Raumstation.
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Aufgrund der bekannten Beziehungen zwischen Drehimpuls und Winkelgeschwindigkeit gilt
dann für einen starren Körper:
g
MR g
M
L  I  MR 2  MR 2
 RmvGas  m 

Rg  554 t
R
vGas R vGas
Also müssen 554 t ausgestoßen werden. Dies rechtfertigt auch die Annahme, dass sich die
Masse der Raumstation durch den Gasausstoß nicht nennenswert ändert, denn sie ändert sich
nur um ca. 1%.
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