Landtag Nordrhein-Westfalen 14. Wahlperiode 26. Juni 2007 Information 14/486 Bearbeitung: Praktikant Knut Schreiber alle Abg. Dr. Carola Graf Globale Erwärmung - Klimawandel Als globale Erwärmung bezeichnet man den in den vergangenen Jahrzehnten zu beobachtenden allmählichen Anstieg der Durchschnittstemperatur der erdnahen Atmosphäre und der Meere sowie die zukünftig zu erwartende weitere Erwärmung. Ihre hauptsächliche Ursache liegt nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Verständnis "sehr wahrscheinlich" in der Verstärkung des Treibhauseffektes durch den Menschen 1 . Die seit 1860 vorliegenden weltweiten Temperaturmessungen und die Auswertung verschiedener Klimaarchive zeigen eine Zunahme der global gemittelten bodennahen Lufttemperatur um 0,74°C (± 0,18°C Fehlertoleranz) in der Zeit von 1906 bis 2005. In den zurückliegenden 50 Jahren hat die globale Durchschnittstemperatur um 0,13°C pro Dekade 2 zugenommen. Die Bezeichnung "globale Erwärmung" wird oft gleichbedeutend mit dem allgemeineren Begriff "Klimawandel" verwendet. Während Klimawandel die natürliche Veränderung des Klimas auf der Erde über einen längeren Zeitraum beschreibt und damit die bisherige Klimageschichte umfasst, bezieht sich globale Erwärmung auf die gegenwärtige anthropogene, d. h. durch den Menschen verursachte Klimaveränderung 3 . Ursachen In der Klimatologie besteht Konsens darüber, dass die globale Erwärmung ihre wichtigste Ursache in der gestiegenen Konzentration der von den Menschen in die Erdatmosphäre freigesetzten Treibhausgase hat 4 . 1 Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Vierten Sachbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ipcc_zusammenfassung_07.pdf, aufgerufen am 25.06.2007; die Aussage folgt dem wissenschaftlichen Sprachgebrauch, wonach "sehr wahrscheinlich" > 90% Wahrscheinlichkeit beinhaltet. 2 IPCC, Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Vierten Sachbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ipcc_zusammenfassung_07.pdf 3 vgl. Wikipedia, Globale Erwärmung, http://de.wikipedia.org/wiki/Globale_Erw%C3%A4rmung, aufgerufen am 25.06.2007 4 Oreskes, Naomi, The Scientific Consensus on Climate Change, Science VOL 306 v. 03.12.2004 (kor. 21.01.2005), http://www.sciencemag.org/cgi/reprint/306/5702/1686.pdf, aufgerufen am 25.06.2007; Joint science academies' statement: Global response to climate change, http://www.royalsoc.ac.uk/displaypagedoc.asp?id=20742, aufgerufen am 25.06.2007; IPCC, Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Vierten Sachbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ipcc_zusammenfassung_07.pdf -2Zwar finden sich auch in der Atmosphäre Treibhausgase wie Wasserdampf (H2O), Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O, auch bekannt als Lachgas) und fluorierte Verbindungen (FCKW und FKW). Durch den mit ihnen einhergehenden sog. natürlichen Treibhauseffekt ermöglichen sie menschliches Leben auf der Erde. Ohne diesen Effekt würde die global ermittelte bodennahe Lufttemperatur der Erde bei etwa −18°C und damit um ungefähr 33°C unter dem heute tatsächlich vorhandenen Mittelwert von ca. +15°C liegen 5 . Seit der Industriellen Revolution verstärkt der Mensch jedoch den natürlichen Treibhauseffekt durch den Ausstoß von Treibhausgasen (anthropogener Treibhauseffekt). Die vorindustrielle atmosphärische Konzentration von Kohlenstoffdioxid betrug lag etwa bei 280 ppm 6 . Dieser Wert ist, vor allem durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe sowie durch großflächige Entwaldung, auf etwa 379 ppm im Jahre 2005 angestiegen. Die globale atmosphärische Methankonzentration hat im Jahr 2005 statt etwa 715 ppb in vorindustrieller Zeit um 1774 ppb betragen; die Konzentration von Distickstoffoxid stieg in dem genannten Zeitraum von etwa 270 ppb auf etwa 319 ppb 7 . Zwischen 1970 und 2004 sind die globalen Treibhausgasemissionen um 70%, zwischen 1990 und 2004 um 24% gestiegen 8 . Als weitere Faktoren mit Einfluss auf das Klimasystem werden die Sonne und feine Partikel in der Atmosphäre, die sog. Aerosole, genannt. Auch wenn der Anteil der Sonne an der beobachteten Erwärmung unterschiedlich gewichtet wird, so wird er im Ergebnis übereinstimmend zumindest als gering eingeschätzt 9 . Aerosole erzeugen einen kühlenden Effekt und haben Einfluss auf die Lebensdauer von Wolken und die Niederschläge. Allerdings werden dem wissenschaftlichen Verständnis in Bezug auf diese Partikel noch Unsicherheiten beigemessen 10 . Prognosen und Wirkungen In der Klimaforschung wird davon ausgegangen, dass bei einer Verdopplung der Kohlenstoffdioxid-Konzentration in der Atmosphäre die Erhöhung der Erdmitteltemperatur mit 95% Wahrscheinlichkeit innerhalb von 1,5°C bis 4,5°C liegen wird 11 . Die Zwischenstaatliche Sachverständigengruppe über Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change) rechnet abhängig von den Zuwachsraten aller Treibhausgase bis 2100 mit einer Zunahme der globalen Durchschnittstemperatur um 1,1°C bis 6,4°C 12 . 5 vgl. Wikipedia, Globale Erwärmung, http://de.wikipedia.org/wiki/Globale_Erw%C3%A4rmung Ppm (Teile pro Million) oder ppb (Teile pro Milliarde) ist das Verhältnis der Anzahl von Treibhausgasmolekülen zur Gesamtzahl der Moleküle in der trockenen Luft. 7 vgl. IPCC, Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Vierten Sachbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ipcc_zusammenfassung_07.pdf; vgl. hierzu auch Blasing, T. J./Sith, Karmen, Recent Greenhouse Concentrations (Update July 2006), Carbon Dioxide Information Analysis Center, http://cdiac.ornl.gov/pns/current_ghg.html, aufgerufen am 25.06.2007 8 IPCC, Working Group III contribution to the Intergovernmental Panel on Climate Change Fourth Assement Report, Summary for Policymakers, http://www.ipcc.ch/SPM040507.pdf, aufgerufen am 25.06.2007 9 vgl. Wikipedia, Globale Erwärmung, http://de.wikipedia.org/wiki/Globale_Erw%C3%A4rmung, m. w. N. 10 IPCC, Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Vierten Sachbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ipcc_zusammenfassung_07.pdf 11 vgl. Annan. J. D./Hargreaves, J. C., Using multiple observationally-based constraints to estimate climate sensivity, http://www.jamstec.go.jp/frcgc/research/d5/jdannan/GRL_sensitivity.pdf, aufgerufen am 25.06.2007 12 IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Vierten Sachbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung, Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ipcc_zusammenfassung_07.pdf 6 -3Die globale Erwärmung ist mit großen Risiken für die menschliche Sicherheit und Gesundheit sowie für die Wirtschaft und Umwelt behaftet. Einige Veränderungen der Umwelt, wie der steigende Meeresspiegel, die Gletscherschmelze und Wetterveränderungen, sind schon heute wahrzunehmen. In Zukunft können sich hieraus etwa • • • • • Gesundheitsrisiken durch steigende Lufttemperaturen und eine damit einhergehende weitere Verbreitung von wärmeliebenden Krankheitserregern , ein weiterer Anstieg des Meeresspiegels und dadurch bedingte Bedrohung von küstennahen Gebieten und Inseln, Erwärmung und Versauerung der Ozeane, veränderte Niederschlagsmuster und Zunahme extremer Wetterlagen, z. B. Dürren und vermehrt auftretende Starkniederschläge ergeben. Auch die wirtschaftlichen Folgen sind nach gegenwärtigen Prognosen beträchtlich. Nach den Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung könnte ein ungebremster Klimawandel bis zum Jahre 2050 bis zu 200 Billionen US-Dollar an volkswirtschaftlichen Kosten verursachen 13 . Der am 30.10.2006 veröffentlichte Stern-Report sieht die zu erwartenden Schäden durch den Klimawandel bei 5 % des globalen Bruttoinlandproduktes jedes Jahr, das bei einer Berücksichtigung einer breiteren Palette von Risiken und Einflüssen auf 20% und mehr des Bruttoinlandprodukts steigen könne. Die Kosten für effektive Präventionsmaßnahmen (insbesondere die Reduktion von Kohlenstoffdioxid) würden sich dem gegenüber nur auf knapp 1 % des globalen Bruttoinlandprodukts belaufen und seien somit deutlich wirtschaftlicher als das Beheben von Unwetter- oder sonstiger durch den Klimawandel bedingter Schäden 14 . Empfehlungen zum Klimaschutz Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen empfiehlt in seinem Hauptgutachten 2007 - wie schon in seinem Sondergutachten aus dem Jahr 2003 15 - zur Abwehr gefährlicher Klimaveränderungen die maximale Erwärmung bei höchstens 2°C gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Dazu sei eine Halbierung der weltweiten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 (verglichen mit dem Jahr 1990) erforderlich 16 . Maßnahmen und Möglichkeiten zum Klimaschutz Auf globaler Eben beinhalten die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UN) und das daran angeschlossene Kioto-Protokoll Regelungen zum Klimaschutz. Die Klimarahmenkonvention wurde 1992 in New York City verabschiedet und im gleichen Jahr auf der UNKonferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro von den meisten Staaten unterschrieben. Die derzeit 189 Vertragsstaaten der Rahmenkonvention treffen sich jährlich auf der UN-Klimakonferenz. Die bekannteste dieser Konferenzen fand 1997 im japanischen 13 Kemfert, Claudia/Praetorius, Barbara, Die ökonomischen Kosten des Klimawandels und der Klimapolitik, Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung 74 (2005), 2, S. 133, http://www.diw.de/deutsch/produkte/publikationen/vierteljahrshefte/docs/paypapers/diw_vjh_05-21.pdf, aufgerufen am 25.06.2007 14 Stern Review, Der wirtschaftliche Aspekt des Klimawandels, Zusammenfassung der Schlussfolgerungen; http://www.hm-treasury.gov.uk/media/A81/1F/stern_shortsummary_german.pdf , aufgerufen am 25.06.2007 15 Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Über Kioto hinaus denken - Klimaschutzstrategien für das 21. Jahrhundert., Sondergutachten 2003, http://www.wbgu.de/wbgu_sn2003.pdf, aufgerufen am 25.06.2007 16 WBGU, Welt im Wandel - Sicherheitsrisiko Klimawandel, Hauptgutachten 2007, Zusammenfassung für Entscheidungsträger, http://www.wbgu.de/wbgu_jg2007_kurz.pdf, aufgerufen am 25.06.2007 -4Kioto statt und brachte als Ergebnis das genannte Kioto-Protokoll hervor 17 . In diesem Protokoll verpflichteten sich die Industriestaaten ihre gemeinsamen Emissionen der wichtigsten Treibhausgase im Zeitraum von 2008 bis 2012 um mindestens 5% unter das Niveau von 1990 zu senken, wobei die Länder unterschiedliche Emissionsreduktionsverpflichtungen akzeptiert haben 18 . Das Kioto-Protokoll ist bis Ende April 2005 von 150 Vertragsstaaten ratifiziert worden, die für insgesamt 61,6% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Die USA als weltweit größter Emittent von Kohlenstoffdioxid hat allerdings schon im Jahr 2001 nach dem Amtsantritt von George W. Bush angekündigt, das internationale Abkommen nicht zu ratifizieren 19 . Derzeit läuft der sog. Post-Kioto-Prozess, in dem über eine weitere Reduktion von Treibhausgasen über das Jahr 2012 hinaus verhandelt wird. In der Europäischen Union haben sich Umweltminister am 20.02.2007 auf eine gemeinsame Klimaschutzstrategie geeinigt. Diese Vereinbarung sieht ebenfalls eine Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau (2°C-Ziel) sowie eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um mindestens 20% vor 20 . Schon derzeit existieren Potenziale zur Verminderung von Treibhausgasemissionen. Neben Einsparpotenzialen, wie z. B. Gebäudedämmung oder Energieeffizienzsteigerungen 21 wird u. a. den erneuerbaren Energien hierbei eine besondere Bedeutung zugemessen 22 . Auch können individuelle Verhaltensumstellungen und veränderte Konsumgewohnheiten einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Diesbezüglich werden u. a. eine verstärkte Energieeinsparung durch sparsameres Verhalten oder den Einsatz effizienterer Geräte, der Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel, der Kauf von regionalen Produkten zur Vermeidung emissionsintersiver weiter Transportwege sowie die Investition in erneuerbare Energieträger im privaten Bereich genannt 23 . 17 vgl. Wikipedia, Globale Erwärmung, http://de.wikipedia.org/wiki/Globale_Erw%C3%A4rmung vgl. Umwelt-Lexikon, Kyoto-Protokoll, http://www.umweltdatenbank.de/lexikon/kyoto-protokoll.htm, aufgerufen am 25.06.2007 19 Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz, http://www.bmu.de/klimaschutz/klimaschutz_im_ueberblick/doc/2896.php, aufgerufen am 25.06.2007 20 Rat der Europäischen Union, Mitteilung an die Presse vom 20.02.2007, 6272/07 (Presse 25), http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/envir/92894.pdf, aufgerufen am 25.06.2007 21 IPCC, Working Group III contribution to the Intergovernmental Panel on Climate Change Fourth Assement Report, Summary for Policymakers, http://www.ipcc.ch/SPM040507.pdf, 22 WBGU, Welt im Wandel - Sicherheitsrisiko Klimawandel, Hauptgutachten 2007, Zusammenfassung für Entscheidungsträger, http://www.wbgu.de/wbgu_jg2007_kurz.pdf; IPCC, Working Group III contribution to the Intergovernmental Panel on Climate Change Fourth Assement Report, Summary for Policymakers, http://www.ipcc.ch/SPM040507.pdf, aufgerufen am 25.06.2007 23 Schweizerisches Bundesamt für Umwelt, Klimaschutz im Alltag, http://www.bafu.admin.ch/klima/00508/index.html?lang=de, aufgerufen am 25.06.2007 18