Dunkle Materie - I. Physikalisches Institut B RWTH Aachen

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Dunkle Materie
Gravitationslinsen
und andere Hinweise
auf die Existenz
Dunkler Materie
Ausarbeitung zum Seminarvortrag
vom 30.04.2007
Vortrag: Ruth Paas
Betreuung: Prof. Dr. Stefan Schael
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Inhalt
1.2. Geschichte
1.3. Mathematische Grundlagen
2. Hinweise auf Dunkle Materie
2.1. Virialtheorem
2.2. Rotationskurven
2.3. Nukleosynthese
2.4. Gravitationslinsen
2.5. Supernovae 1a
2.6. Strukturbildung
2.7. Bullet Cluster
3. Zusammenfassung
4. Quellen
1. Einleitung
1.1 Inhalt
Diese Ausarbeitung beschäftigt sich mit zahlreichen, voneinander unabhängigen
Hinweisen auf die Existenz Dunkler Materie. Beobachtete Rotationskurven von
Galaxien, die Nukleosynthese, Gravitationslinsen, Supernovae 1a und die
Strukturbildung im Universum werfen Fragen auf, die mit dem bisherigen
Standardmodell nicht beantwortet werden können. Neben der Annahme von Dunkler
Materie gibt es Erklärungsversuche zu einzelnen Unstimmigkeiten. Beispielsweise
kann man die Rotationskurven von Galaxien erklären, indem das Gravitationsgesetz
bei großen Abständen umformuliert wird. Diese Lösung erklärt aber die anderen
Unstimmigkeiten nicht und hat bis dato keinen physikalischen Hintergrund. Man
sucht daher nach einer Erklärung, die allen beobachteten Phänomenen
gleichermaßen gerecht wird. Inwiefern das Konzept der Dunklen Materie dabei
hilfreich sein kann, soll im Folgenden näher beleuchtet werden.
1.2 Geschichte
Der erste experimentelle Hinweis auf Dunkle Materie stammt aus dem Jahr 1933.
Damals berechnete Fritz Zwicky die Rotationskurven der Galaxien im Coma-Cluster
und stellte fest, dass die Galaxien viel zu schnell rotierten, um durch die
Gravitationswirkung der sichtbaren Masse auf einer stabilen Bahn gehalten zu
werden. Er postulierte als erster die Existenz einer Dunklen Materie, die im ComaCluster die Galaxien daran hindern sollte, sich voneinander weg zu bewegen.
Definition: Dunkle Materie ist eine Form von Masse, die wir bisher nur
über ihre gravitative Wechselwirkung wahrnehmen. Ausgeschlossen wird,
dass Dunkle Materie elektromagnetisch oder stark wechselwirkt. Möglich,
aber noch nicht bewiesen ist dagegen, dass Dunkle Materie schwach
wechselwirkt.
1.3 Mathematische Grundlagen
Bevor das Thema vertieft wird, sollen noch einige mathematische Grundlagen
behandelt werden.
Strecken im Universum werden durch ein Steckenelement
ds2 = dt2 − a2 (t )dx2
(1)
beschrieben, welches die Metrik im Universum definiert. Dabei ist a(t) der
Skalenfaktor, der die zeitliche Veränderung beschreibt, und das Vektorprodukt dx²
drückt die Form des Universums aus.
Form des Universums
Es gibt drei Möglichkeiten, wie das Universum gekrümmt sein könnte:
a) Das Universum ist hyperbolisch geformt („offen“), die Krümmung ist negativ.
Reduziert auf zwei Dimensionen kann man dies als Sattelfläche
veranschaulichen:
b) Die Krümmung ist positiv, das Universum ist sphärisch gekrümmt
(„geschlossen“). In zwei Dimensionen hätte es die Form einer Kugel:
c) Das Universum ist flach (euklidisch) und nicht gekrümmt. Das entsprechende
Bild in zwei Dimensionen zeigt eine Fläche:
Im Fall eines euklidischen, flachen Universums kann das in (1) eingeführte
Vektorprodukt dx² geschrieben werden als
dx2 = dx2 + dy2 + dz2
Mit Hilfe der beiden Formeln (1) und (2) vereinfachen sich die Einstein’schen
Feldgleichungen zu der folgenden nichtlinearen DGL
(2)
 a& (t ) 
8π G
k

 =
ρ− 2
3
a
 a (t ) 
2
(3)
Dabei ist a(t) der Skalenfaktor aus (1), G die Newton’sche Gravitationskonstante, ρ
die Dichte des Universums und k der Krümmungsfaktor.
Der Krümmungsfaktor beschreibt, wie das Universum gekrümmt ist. Er beträgt -1 bei
einem hyperbolisch gekrümmten Universum (Fall a) oben), +1 bei einem sphärisch
gekrümmten (Fall b)) und 0 bei einem euklidisch gekrümmten Universum (Fall c)).
Hubble-Konstante
Eine weitere wichtige Formel ist Hubbles Gesetz, welches einen Zusammenhang
zwischen Abstand d und Fluchtgeschwindigkeit v zweier Himmelsobjekte herstellt:
v = Hd
(4)
mit der Hubble-Konstante
H (t ) =
a& (t )
a (t )
(5)
Zu heutiger Zeit beträgt die Hubble-Konstante
H 0 = h *100
km
; mit
s * Mpc
h = 0,73 ± 0,03
(6)
Rotverschiebung
Für Beobachtungen im Universum elementar wichtig ist die Untersuchung der
Rotverschiebung leuchtender Objekte, die sich vom Beobachter wegbewegen
(Doppler-Effekt). Diese wird beschrieben durch die relative Wellenlängenänderung
z=
λ beobachtet − λ 0
λ0
(7)
Dichte und Dichteanteile
Die Dichte, bei der das Universum flach ist, nennt man kritische Dichte. Sie ist
definiert durch
ρc ≡
3H 2
Protonen
≈5
8πG
m3
(8)
Setzt man Gl. (5) in Gl. (3) ein, teilt dies durch Gl. (8) und formt entsprechend um,
erhält man den totalen Dichteparameter, das Verhältnis der Dichte des Universums
zur kritischen Dichte:
Ω tot ≡
k
ρ
= 2 2 +1
ρc a H
(9)
Aus dieser Formel kann man den Wert von Ωtot für verschiedene Werte von k
ablesen. Für ein flaches Universum ist k = 0, also Ωtot = 1. Ist k = -1, das Universum
also hyperbolisch gekrümmt, ist Ωtot < 1. Für ein geschlossenes Universum ist k = 1
und damit Ωtot > 1.
Den Dichteparameter kann man in seine Anteile zerlegen. Zur Dichte trägt jede Form
von Materie, also baryonische und Dunkle Materie, sowie Dunkle Energie bei:
Ω tot = Ω m + Ω Λ
mit
Ω m = Ω B + Ω DM
(10)
2. Hinweise auf Dunkle Materie
2.1 Virialtheorem
Die erste experimentelle Unstimmigkeit, die auf Dunkle Materie hindeutete, wurde
1933 von Fritz Zwicky gefunden. Er beobachtete die Rotation von Galaxien in
Galaxieclustern. Typische Geschwindigkeiten der Galaxien in Clustern betragen
zwischen 500 und 1000 km/s bei typischen Massen von 1014 bis 1015
Sonnenmassen. Zwicky berechnete aus dem Virialtheorem, welche Geschwindigkeit
die Galaxien besitzen müssten, um auf gebundenen Bahnen um das Clusterzentrum
zu kreisen. Dabei ging er von der sichtbaren Masse aus.
Zwicky berechnete zunächst mit dem relativistischen Dopplereffektes die
Geschwindigkeit aus der Rotverschiebung
 
1− 
 
v = c
 
 1 + 
 
2
 

 

2
f beob  
 
f 0  
f beob
f0
(11)
Dann wendete er das Virialtheorem an,
T =−
U
2
(12)
dabei beträgt die potentielle Energie
U ~ −G
M2
R
dabei ist R der Abstand der Galaxie zum Mittelpunkt des Clusters,
(13)
und die kinetische Energie
T=
3
M v
2
2
(14)
mit der mittleren Geschwindigkeit <v>. Der Faktor 3 entsteht durch die drei
Raumrichtungen. Die Gleichungen (12) – (14) ergeben nach der Masse umgeformt
M ~ 3R
v
2
G
(15)
Das Ergebnis von Fritz Zwickys Berechnungen war, dass die leuchtende Masse im
Coma-Cluster etwa um Faktor 200 zu klein war, um die Galaxien auf stabilen Bahnen
zu halten. Er vermutete daher die Existenz von Dunkler Materie, was zu diesem
Zeitpunkt von den meisten Wissenschaftlern noch müde belächelt wurde.
2.2 Rotationskurven
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Rotationsgeschwindigkeit von Sternen in
Abhängigkeit von deren Abstand zum Galaxiezentrum.
Theorie
Zur Bestimmung dieser Funktion setzt man Zentrifugal- und Gravitationskraft gleich
und formt nach der Geschwindigkeit um. Man erhält
v( R ) =
GM (R )
R
(16)
Eine Spiralgalaxie besitzt einen typischen Durchmesser von 30 – 50 kpc,
entsprechend 100 – 165 Lichtjahren. In der Mitte befindet sich ein Kern mit einer
Ausdehnung von 3 – 5 kpc („bulge“), außen herum liegt die Scheibe („disc“).
Bild 1: Milchstraße als typisches Beispiel einer Spiralgalaxie, li: Aufsicht, re: Seitenansicht.
Deutlich erkennbar ist rechts der Kern in der Mitte [2]
Im bulge herrscht nahezu konstante Dichte. Um die Masse in Abhängigkeit vom
Radius zu erhalten, muss die Dichte über drei Raumdimensionen integriert werden.
Daher nimmt die Masse im bulge mit der dritten Potenz des Radius’ zu. Eingesetzt in
Gl. (16) bleibt nach dem Teilen und Wurzelziehen eine lineare Abhängigkeit von v
und R übrig:
v(R) ~ R
(im Kern).
In der Scheibe ist die Dichte sehr klein im Verhältnis zum Kern. Die Masse ändert
sich daher nur noch gering bei Vergrößerung des Radius’. Setzt man eine nahezu
konstante Masse in Gl. (16) ein, erhält man eine Abhängigkeit von der Form
v(R) ~ R-0,5
(in der Scheibe).
Bild 2: Schematische Darstellung der Rotationskurve einer Galaxie
Experimentelle Ergebnisse
Bei der konkreten Messung sollte man immer die Rotverschiebung zweier Sterne mit
demselben Abstand zum Zentrum messen. Die Differenz der Rotverschiebungen
lässt dann wie im vorangegangenen Kapitel Schlüsse auf die
Rotationsgeschwindigkeit zu. Zwei Sterne zu messen ist wichtig, um nicht die
Rotverschiebung in die Rechnung einzubeziehen, die aus der Fluchtgeschwindigkeit
der Galaxie zum Beobachter resultiert.
Das Ergebnis der Beobachtung verschiedener Spiralgalaxien war: Die
Rotationsgeschwindigkeiten der Sterne sind bis zum sichtbaren Rand der Galaxie
konstant. In Bild 3 sieht man die erwarteten Rotationskurven unter verschiedenen
Materiekonstellationen. Berücksichtigt man nur sichtbare Materie, indem man in Bild
3 die Kurven „disk“ und „bulge“ kombiniert, erhält man einen Kurvenverlauf ähnlich
dem in Bild 2. Die experimentellen Daten stimmen mit dieser Kurve nicht überein.
Eine Erklärung ist nur möglich unter Annahme eines kugelförmigen Halos aus
Dunkler Materie, dessen Dichte mit dem Quadrat des Radius’ abnimmt bzw. dessen
Masse linear mit dem Radius zunimmt. Eingesetzt in Gl. (16) besitzt der Halo aus
Dunkler Materie allein eine wurzelförmige Rotationskurve (siehe Bild 3, Kurve „halo“).
Rechnet man dann alle Anteile relativ zu ihrer Masse zusammen, erhält man eine
gute Beschreibung der experimentellen Daten. Anschaulich wird dies anhand der
oberen durchgezogenen Linie in Bild 3, welche die Kombination aus disk, bulge, Halo
und Gas darstellt.
Bild 3: Geschwindigkeit der Sterne in Abhängigkeit des Abstandes von der Galaxiemitte [3]
Aus den experimentell gewonnenen Daten lässt sich am sichtbaren Rand der
Galaxie das Verhältnis von Dunkler zu leuchtender Materie zu 10:1 bestimmen.
Jedoch lassen sich aus der Beobachtung von Sternen nur Informationen bis zum
sichtbaren Rand der Galaxie gewinnen. Man kann daraus keine Aussage über
Masse und Ausdehnung des Halos Dunkler Materie über diesen Rand hinaus treffen.
2.3 Nukleosynthese
Die Theorie zur Entstehung der leichten Elemente im Universum wie Wasserstoff
und Deuterium, Helium und Lithium nennt man Big Bang Nukleosynthesis (BBN)
oder auch primordiale Nukleosynthese. Aufgestellt wurde die Theorie im Jahr 1946
von George A. Gamow. Sie fand etwa 3 Minuten nach dem Urknall statt und dauerte
nur einige Minuten. Durch die kurze Dauer und die rapide Ausdehnung des frühen
Universums konnten sich in dieser Zeit praktisch noch keine schwereren Elemente
bilden. Da der Ablauf der BBN sehr sensitiv auf das Baryon-zu-Photon-Verhältnis ist,
können wir aus der Theorie Schlüsse über den Anteil ziehen, den baryonische
Materie in unserem Universum einnimmt.
Die Geburt des Universums
Bild 4: Zeitleiste der wichtigsten Ereignisse im frühen Universum mit logarithmischer Zeitskala [4]
Sekundenbruchteile nach dem Urknall befand sich im ganzen Universum ein heißes
Plasma aus Elementarteilchen auf engstem Raum. Zu dieser Zeit waren Strahlung
und Materie eng gekoppelt und es herrschten Temperaturen von weit über 1 Milliarde
Kelvin. Die Quarks bilden Protonen und Neutronen im Verhältnis 1:1. Unter heutigen
Bedingungen sind Protonen stabil. Neutronen dagegen zerfallen mit einer
Lebensdauer von
τn = (878,5 ± 0,8) s,
(17)
weshalb es heute deutlich mehr freie Protonen als Neutronen gibt. Die Temperatur
war zu diesem frühen Zeitpunkt aber so hoch, dass sie den energetischen Vorteil von
Protonen gegenüber Neutronen kompensierte, sodass sich Neutronen mit schwacher
Wechselwirkung in Protonen umwandeln konnten und mit der gleichen
Wahrscheinlichkeit auch umgekehrt. Es gab also zu diesem Zeitpunkt genauso viele
freie Neutronen wie Protonen. Mit dem sich ausdehnenden Universum sanken auch
die Temperaturen, sodass der energetische Vorteil der Protonen immer mehr ins
Gewicht fiel und die Bildung von Neutronen zurückging. Bei 1,2*1010 K schließlich
war die Schwelle erreicht, die das thermische Gleichgewicht aufrechterhielt. Die
Neutronen „froren aus“ und begannen mit dem β-Zerfall. Dies läutete den Beginn der
Nukleosynthesekette bei einer Temperatur von ca. 0,8*109 K ein.
Die Nukleosynthesekette
Zunächst sehen wir uns die wichtigsten Reaktionen der Nukleosynthesekette an:
p+n ↔ D+γ
D+D↔
(18)
H + p,
3
He + n ,
3
H + D ↔ 4He + n
3
He + D ↔ 4He + p
3
(19)
Zunächst bildet ein Proton und ein Neutron ein Deuterium (= 2H), dabei wird Energie
in Form von Gammastrahlung abgegeben (Gl. 17). Treffen zwei Deuterium-Teilchen
aufeinander, gibt es zwei Möglichkeiten. Im ersten Fall bildet sich ein Tritium-Atom
und ein Proton bleibt übrig. Das Tritium verbindet sich anschließend mit einem
weiteren Deuterium zu Helium, dabei bleibt ein Neutron übrig. Im zweiten Fall
verbinden sich die zwei Deuterium-Atome zu einem 3He-Atom und einem Neutron.
Das 3He reagiert dann mit einem Deuterium zu Helium und einem Proton. Insgesamt
benötigt man zur Bildung von Helium also drei Protonen und drei Neutronen und als
„Abfallprodukte“ entstehen drei Photonen und wieder ein neues Proton und ein
Neutron.
Die schwereren Elemente werden wie folgt gebildet:
4
He+ 3H ↔ 7 Li + γ
4
He+ He↔ Be + γ
7
Be + e − ↔ 7 Li + υ e
3
(20)
(21)
(22)
7
Für die Entstehung dieser Elemente ist es also nötig, dass vorher Helium gebildet
wurde. Außerdem werden bei der Bildung dieser Elemente Photonen freigesetzt.
Warum dies wichtig ist, wird im nächsten Abschnitt erklärt.
Unser Ziel ist es, die heute im Universum bestehenden Häufigkeiten der Elemente
mit den theoretisch von der BBN vorhergesagten Häufigkeiten zu vergleichen. Die
dazu wichtige Größe ist die Reaktionsrate λ. Das Verhältnis der Reaktionsraten
ergibt die Häufigkeit des Elements, beispielhaft hier für Neutronen:

 Q 
λ ( p → n)
 
= 1 + exp
Xn =

k
T
λ ( p → n ) + λ (n → p ) 
 B 
−1
(23)
Dabei ist kB der Boltzmann-Faktor, T die Temperatur und Q der Massenunterschied
zwischen Protonen und Neutronen. Lässt man in dieser Gleichung die Temperatur
gegen unendlich laufen, geht also in der Zeit zurück in Richtung Urknall, findet man
das oben angesprochene Verhältnis der Protonen und Neutronen von 1:1. Die innere
Klammer wird für T gegen unendlich 0, mit exp(0) = 1 beträgt der Wert der großen
Klammer 2. Der Kehrwert ergibt die erwartete Neutronen-Häufigkeit von ½.
Für die Zeit der Nukleosynthese tns ergibt sich der folgende Wert:
 t
X n (t ns ) = N exp − ns
 τn

 ≈ 0,122

(24)
Dabei ist N die Anfangshäufigkeit und τn die Lebensdauer der Neutronen (Gl. 17).
Daraus wollen wir nun die Häufigkeit von Helium berechnen. In 4He befinden sich
zwei Neutronen und zwei Protonen. Da es Protonen im Überschuss gab, genügt es,
die Neutronenhäufigkeit zu betrachten:
(
)
X 4 He = 2 X n (t ns ) ≈ 0,24
(25)
Laut der theoretischen Vorhersage besteht baryonische Materie also zu etwa 24 %
aus Helium.
Der Einfluss des Baryon-zu-Photon-Verhältnisses
Der Nukleosynthese-Prozess ist fast nur vom Baryon-zu-Photon-Verhältnis η = nB/nγ
abhängig. Der Grund dafür ist die Bildung von Deuterium, siehe Gl. (18). Dabei
entstehen Photonen. Je mehr Photonen aber vorher schon vorhanden waren, desto
langsamer läuft die Reaktion von links nach rechts ab, desto ungünstiger wird die
Bildung von Deuterium energetisch und desto schneller dissoziiert das Deuterium
wieder zu Protonen und Neutronen, sodass sich Helium nicht schnell genug aus dem
Deuterium bilden kann. Helium ist, wie oben beschrieben, die Grundlage für die
Bildung schwererer Elemente wie Lithium. Aus der Theorie lässt sich für jedes
Element bestimmen, wie groß die Häufigkeit des Elements in Abhängigkeit von η ist.
So erhält man für jedes Element eine Kurve wie in Bild 5.
Experimentelle Daten
Bild 5: Häufigkeiten der Elemente He, D und Li in Abhängigkeit vom Baryon-zu-Photon-Verhältnis ([5]
- PDG online 2007)
In Bild 5 ist die Häufigkeit des jeweiligen Elements gegen das Baryon-zu-PhotonVerhältnis η aufgetragen. Das Bild ist in drei Teile aufgeteilt, a) zeigt die 4HeHäufigkeit, b) die von Deuterium und 3He und c) die von 7Li, jeweils im Verhältnis zur
Häufigkeit zur H|p-Häufigkeit. Die eingezeichneten Graphen geben die theoretische
Vorhersage für die verschiedenen Werte von η wieder. Das senkrechte, gestrichelt
blaue Band zeigt die CMB Messung der kosmischen Baryonendichte, das breitere
orangene Band die theoretische Vorhersage der BBN (beide mit 95% CL).
Zur Bestimmung der Kästchen bestimmt man die Häufigkeit der Elemente durch
Messung. Dies ist nicht so trivial, wie es sich zunächst anhört. Am Beispiel Lithium
soll dies verdeutlicht werden.
Man muss zunächst einen alten Stern finden. Dieser besitzt einen verschwindend
geringen Metallgehalt, denn Metall entsteht nur bei Supernovae. Der übrig
gebliebene Materierest bildet wieder neue Sterne, die dann auch Metall aus der
Supernova enthalten. Sie sind nicht repräsentativ für die Elementhäufigkeit zur Zeit
der Nukleosynthese. Anders bei den alten Sternen, in deren Inneren erzeugtes
Lithium sofort wieder zerstört wird (Gl. 20) und sich die Li-Häufigkeit somit seit der
Nukleosynthese dort kaum verändert hat. Die Messungen unterliegen aber großen
Schwankungen, die das Ergebnis der verschiedenen Kernprozesse sind, die Lithium
entstehen lassen und zerstören.
Die gemessenen Häufigkeiten der Elemente betragen
Yp = (4He/H)p =
(D/H)p =
(7Li/H)p =
0,2516 ± 0,0011
(2,82 ± 0,27) 10-5
(1,3± 0,2) 10-10
Diese Punkte mit ihren Fehlern kennzeichnen die in Frage kommenden y-Werte im
Diagramm (Bild 5). Die Punkte des jeweiligen Graphen, die innerhalb des
gemessenen Bereichs liegen, werden auf die x-Achse projiziert. Die Schnittflächen
der so gewonnenen x- und y-Werte werden durch die in Bild 5 eingezeichneten
Rechtecke gekennzeichnet. Man erhält aus der Messung der Elementhäufigkeit also
das von der Theorie vorhergesagte η. Die gelb ausgefüllten Kästchen beschreiben
das ±2σ-Intervall um die Messung mit statistischen Fehlern, die gepunkteten
Rechtecke beinhalten zusätzlich die systematischen Fehler.
Außer der Lithium-Messung liegen alle Rechtecke in Bild 5 im 2σ-Intervall um die
CMB-Messung und die Li-Messung ebenso, wenn man die systematischen Fehler
mit berücksichtigt. Dabei muss man beachten, dass die Lithium-Messung mit einem
großen Fehler behaftet ist und daher nicht so aussagekräftig ist wie die beiden
anderen Messungen.
Aus dem CMB-Spektrum kann recht genau die Photonendichte bestimmt werden,
somit kann aus dem gemessenen Baryon-zu-Photon-Verhältnis die Baryonendichte
bestimmt werden zu
0,018 ≤ ΩBh² ≤ 0,023
(26)
Da die Materiedichte im Universum mehr als das 10-fache von diesem Wert sein
muss, wie wir aus anderen Experimenten wissen, muss es Dunkle Materie geben,
die nicht baryonischer Natur sein kann.
2.4 Gravitationslinsen
Auf Bild 6 sieht man einen Ausschnitt aus dem Galaxienhaufen Abell 2218. Im
Zentrum des Bildes sind einige bananenförmige Lichtstreifen zu erkennen. Es
handelt sich dabei um virtuelle Bilder weiter innen liegender Galaxien, deren
Lichtstrahlen durch große Massen auf dem Weg zum Beobachter abgelenkt wurden.
Bild 6: Ausschnitt aus dem Galaxienhaufen Abell 2218 [6]
Entsprechend der klassischen Mechanik werden Teilchen, die an massiven Objekten
vorbeifliegen, durch die Gravitation abgelenkt:
Bild 7: Teilchen wird von Masse
abgelenkt, y: Stoßparameter, α:
Ablenkwinkel
Bei klassischen Teilchen mit der Geschwindigkeit v beträgt der Ablenkwinkel
α=
2MG
yv 2
(27)
Dabei ist M die Masse des „ruhenden“ Körpers.
Analog kann man diese Beziehung für Lichtteilchen aufstellen, dann benötigt man
aber die Allgemeine Relativitätstheorie mit der Schwartzschild-Metrik. Man erhält
dann
α=
4MG
yc 2
(28)
Die Idee von Fritz Zwicky war 1937, dass Galaxien und Galaxienhaufen riesige
Gravitationslinsen bilden. Dabei sollte die Massenverteilung der Form der Linse
entsprechen. Je nach Position und Form der Massenverteilung entstehen dann
virtuelle Bilder der dahinter liegenden Sterne. Man sollte also aus dem Aussehen der
virtuellen Bilder Rückschlüsse auf Position und Form der Linse, also über die
Massenverteilung ziehen können.
„Sichtbare“ Ablenkungen finden nur bei großen Massen, z.B. Galaxienhaufen statt.
Allerdings sorgen auch einzelne Sterne für Lichtablenkung, sogenanntes
„microlensing“. Die bekanntesten Bilder von Gravitationslinsen sind Einstein-Ringe,
die ein kreisförmiges virtuelles Bild besitzen, und das „Einstein-Kreuz“ PG 1115+080,
siehe Bild 8:
Bild 8: Roter Riese in 3 Milliarden Lichtjahren Entfernung zur Erde, dahinter das Vierfachbild des
Quasars PG1115+080, der sich in 10 Mrd. Lichtjahren Entfernung zur Erde befindet [7]
Bild 9:
Oben: eine kugelförmige
Massenverteilung erzeugt ein
kreisförmiges virtuelles Bild der genau
dahinter liegenden Galaxie, einen
Einstein-Ring. Je größer die Masse in der
Kugel ist, desto weiter wird das Licht
abgelenkt und desto größer wird der
Radius des virtuellen Rings.
Mitte: eine elliptische bzw. eiförmige
Massenverteilung erzeugt ein Vierfachbild
der dahinter liegenden Galaxie. Die
einzelnen virtuellen Bilder besitzen
unterschiedliche Helligkeit und befinden
sich nahe der Hauptachsen der Ellipse
Unten: eine inhomogene
Massenverteilung erzeugt
bananenförmige Strukturen, die sich
konzentrisch um das Zentrum der
Massenverteilung anordnen.
[8]
In Bild 9 sieht man die virtuellen Bilder verschiedenartiger Massenverteilungen. Im
oberen Fall, also bei der Beobachtung von Einstein-Ringen, kann man mit folgender
Formel aus dem Radius des Rings r die Masse M der Linse berechnen:
M =
c 2  d Objekt  2
r

4G  d Linse d 
(29)
Dabei ist c die Lichtgeschwindigkeit, G die Newton’sche Gravitationskonstante, dObjekt
der Abstand vom Beobachter zum Objekt, dLinse der Abstand vom Beobachter zur
Linse und d = dObjekt – dLinse. Berechnungen von Einstein-Ringen zeigen, dass die
sichtbare Masse nicht ausreicht, um den beobachteten Radius zu erklären.
Bei inhomogenen Massenverteilungen wie in Bild 9 unten muss man die
Massenverteilungen in numerischen Simulationen rekonstruieren. Dies ist möglich,
kann aber mit ungünstigen Startwerten länger dauern als das Alter des Universums.
Trotzdem wird schnell klar, dass die leuchtende Masse die virtuellen Bilder auch hier
nicht erklärt. Die numerische Simulation liefert eine Massenverteilung mit einem Halo
aus Dunkler Materie.
2.5 Supernovae 1a
Der Begriff Supernova bezeichnet das helle Aufleuchten eines Sterns zum Ende
seiner Lebenszeit, bei dem der Stern explodiert. Die weitere Geschichte des Sterns
ist abhängig von seiner Masse. Die kritische Masse, bei der Gravitationskraft und
Strahlungsdruck im Gleichgewicht ist, ist die Chandrasekhar-Masse. Ihr Wert beträgt
1,44 Sonnenmassen. Besitzt ein Stern mehr als die Chandrasekhar-Masse, ist der
Gasdruck zu schwach, um der Gravitation entgegenzuwirken. Unterhalb von 3
Sonnenmassen kollabiert der Stern dann zu einem Neutronenstern, bei mehr als 3
Sonnenmassen zu einem Schwarzen Loch. Besitzt der Stern weniger als die
Chandrasekhar-Masse, wird er zu einem weißen Zwerg.
Befindet sich ein anderer Stern in der Nähe eines weißen Zwergs, sammelt der
weiße Zwerg Masse von seinem Begleiter auf, bis sie genau die ChandrasekharMasse erreichen (siehe Bild 10). Die einsetzende Kohlenstoffusion zerreißt den
Stern. Dies nennt man eine Supernova von Typ 1a.
Bild 10: Sich anbahnende SN1aExplosion - Weißer Zwerg (re)
saugt Materie von einem Roten
Riesen ab [9]
Der Vorteil darin, SN1a zu beobachten, liegt darin, dass man die Masse des
explodierenden Sterns genau kennt. Daher kann man mit dem SN-Modell die
absolute Leuchtkraft der Explosion berechnen. Der Vergleich der absoluten mit der
auf der Erde gemessenen Leuchtkraft führt auf den Abstand der Explosion zur Erde.
Der Vergleich der absoluten mit der gemessenen Leuchtkraft lässt uns die
Expansionsgeschwindigkeit des Ereignisses bestimmen. SN1a sind also gute
Standardkerzen, aus deren Beobachtung sich Hubbles Gesetz (Gl. 4) überprüfen
bzw. die Hubble-Konstante bestimmen lässt.
Messung
Das Himmelsquadrat, auf dem die SN1a stattfindet, wird über mehrere Monate
beobachtet und alle vier Tage fotografiert. Von den Fotos wird ein Referenzbild
abgezogen und anschließend die Helligkeit also Funktion der Zeit aufgetragen, wie in
Bild 11:
Bild 11: Helligkeit verschiedener
SN1a (ensprechend
verschiedenen Farben) gegen
die Zeit aufgetragen [10]
Offensichtlich liegen die Beobachtungen verschiedener SN1a in verschiedenen
Himmelsrichtungen alle auf einer Kurve, Hubbles Gesetz scheint also bisher
homogen im Universum zu gelten.
Wie oben erklärt, kann die Expansionsgeschwindigkeit berechnet werden. Daraus
lassen sich Rückschlüsse auf das Verhältnis von Materie und Dunkler Energie
ziehen: je mehr Materie es gibt, desto stärker die Gravitation, die die Expansion
bremst. Je mehr Dunkle Energie es dagegen gibt, desto stärker wird die Expansion
beschleunigt. Dementsprechend gewinnt man aus den SN1a-Messungen „nur“
Informationen über die Differenz aus Materiedichte und Dunkler Energie ΩM - ΩΛ.
Trägt man die korrigierte Helligkeit
aus den Messungen gegen die
jeweilige Rotverschiebung auf, ergibt
sich Bild 12:
Bild 12: Korrigierte Helligkeit gegen die
Rotverschiebung aufgetragen. Die beiden
Graphen zeigen unterschiedliche
Kombinationen von Materie- und
Energiedichte. Offensichtlich nähert ein
Verhältnis von Materie : Energie = 26:74 die
Messwerte gut an [11]
In einer anderen Darstellung wird die Energiedichte direkt gegen die Materiedichte
aufgetragen, wie in Bild 13 zu sehen:
Bild 13: Energiedichte gegen Materiedichte
aufgetragen. Der blaue Bereich kennzeichnet
172 SN1a-Messungen im Bereich von
0,01<z<1,7 mit Schattierung im 1, 2 und 3σBereich. In Kombination mit den
Strukturdaten der 2dF-Messung ergibt sich
der gelbe Bereich. Die dunkle gestrichelte
Linie kennzeichnet die Punkte, bei denen das
Universum flach ist (Ωtot= 1). [1]
Aus beiden Diagrammen geht in etwa dasselbe Verhältnis von Materie und Dunkler
Energie von ca. 1:3 hervor.
2.6 Strukturbildung
Aus dem heißen Plasma im frühen Universum hat sich bis heute ein Universum
entwickelt, das auf charakteristischen Längenskalen eine Struktur aufweist. Es
enthält Sterne und Galaxien, Galaxienhaufen und Superhaufen. Das Modell zur
Strukturbildung basiert auf kleinen Variationen in der Materie- und Strahlungsdichte
zu einem frühen Zeitpunkt, als Materie und Strahlung noch eng gekoppelt waren.
Nachdem der Strahlungsdruck überwunden ist, wächst der Dichtekontrast an. Dies
wird in einer Dichtekontrastfunktion dargestellt. Es handelt sich um statistische
Fluktuationen, die mit der Zeit anwachsen. Bei kleinen Funktionen gilt die lineare
Näherung.
r
ρ (x ) − ρ
r
δ (x ) =
(30)
ρ
Aus der Dichtekontrastfunktion bestimmen wir die Fouriertransformation
(
rr
δ ( x ) = ∑ δ k exp − ik r
r
)
(31)
Aus Gl. 31 bestimmt man das Energiespektrum
P(k ) ≡ δ k
2
Bezieht man die zeitliche Entwicklung mit ein, erhält man
(32)
δ ( x , t ) = D(t )δ (r , t i )
r
r
(33)
Der Wachstumskoeffizient aus Gl. 33, D(t), ist abhängig von Ωtot und ΩΛ. Im EinsteindeSitter-Modell ist
D~
1
z +1
(34)
Heute gibt es Galaxienhaufen mit δ >> 1, das bedeutet zur Zeit der Rekombination
mit z = 1000 muss nach Gl. 34 der Dichtekontrast δ > 10-3 gewesen sein,
demensprechend müssen die Temperaturschwankungen in derselben
Größenordnung von ∆T/T = 10-3 gelegen haben. Die Messungen von COBE zeigen
aber bei z = 1000 nur Temperaturschwankungen von ∆T/T = 10-5. Wenn es nur
baryonische Materie gäbe, die den Dichtekontrast erst nach der Entkopplung hat
anwachsen lassen, wäre auch δ = 10-5 und folglich heute δ = 10-2. Dies steht im
Widerspruch zu der Tatsache, dass sich Galaxien gebildet haben.
Nimmt man an, dass eine Dunkle-Materie-Komponente die Materiedichte dominiert,
kann man die Entstehung von Galaxien trotz der geringen Temperaturschwankungen
erklären. Da die Dunkle Materie nicht (oder möglicherweise nur ganz kurz nach dem
Urknall) an die Strahlung gekoppelt war, konnte sich der Dichtekontrast der Dunklen
Materie schon vor der Entkopplungszeit ausbilden. Nimmt man an, dass der
Dichtekontrast der DM bei z = 1000 größer als 10-3 war, kann man die Bildung der
Galaxien erklären. Die Baryonen fallen nach der Entkopplung von der Strahlung in
die Potentialtöpfe der Dunklen Materie.
Da die Entwicklung des Dichtekontrastes sehr sensitiv auf die kosmologischen
Parameter ist, kann man aus der Untersuchung der kosmischen Struktur die kos.
Parameter sehr genau bestimmen.
Experimentell untersucht man die Strukturen im Universum mit Galaxy Surveys, die
die Orte von Galaxien und deren Entfernungen zueinander bestimmen. Dazu gehört
der 2dF Galaxy Redshift Survey, kurz 2dF GRS. Er liefert die Position von ca.
220000 Galaxien zur statistischen Analyse mit der Dichtekontrastfunktion.
Bild 14 zeigt eine Aufnahme der 2dFGRS-Messung:
Bild 14: Aufnahme von 2dFGRS,
die Punkte sind einzelne Galaxien.
Die unterschiedlichen Farben
stellen die Anzahl Galaxien an
dieser Stelle dar, die Ausdehnung
der Punkte ist proportional zur
Relativgeschwindigkeit.
Auf großen Skalen ist das
Universum homogen, aber auf
charakteristischen Skalen ist eine
Struktur erkennbar [12]
Wertet man die Dichtekontrastfunktion für die gemessenen Werte aus und bestimmt
das Energiespektrum, kann man die gewonnenen Daten in einem Diagramm
auftragen:
Bild 15: Fouriertransformation
des Dichtekontrasts. Die
schwarzen Punkte
kennzeichnen die Messwerte
mit Fehlern. Die Linien geben
die Vorhersagen für
verschiedene Materiedichten
an. Die rot gestrichelten
Linien kennzeichnen die
Vorhersage für den Fall, dass
es keine Baryonen gibt, die
blauen Linien für den Fall,
dass es so viele Baryonen
wie in der BBN bestimmt gibt
(0,018<ΩBh²<0,023).
Offensichtlich verursachen
Baryonen Schwingungen im
-1
Bereich von 0,1 Mpc , also
im Bereich von Galaxien. [13]
Die experimentellen Daten, die Bild 15 zugrunde liegen, lassen darauf schließen,
dass eine Materiedichte von
ΩMh² = 0,168 ± 0,016
im Universum vorherrscht.
2.7 Bullet Cluster
1995 hat man eine interessante Beobachtung im Bullet Cluster gemacht. Es handelt
sich dabei um zwei Galaxienhaufen, die aufeinander geprallt sind und sich
durchdrungen haben. 80-90% der baryonischen Materie in Galaxien ist heißes Gas
im Temperaturbereich von 107 – 108 K. Dieses sendet Strahlung im Röntgenbereich
aus, welches auf der Erde gemessen wird. Daraus wird die Verteilung der
baryonischen Materie rekonstruiert. Aus Gravitationslinseneffekten wird die
Verteilung der gesamten Materie, also auch die der Dunklen Materie bestimmt. Bild
16 zeigt den Bullet Cluster. Rot eingefärbt ist die Verteilung der baryonischen, blau
eingefärbt die der Dunklen Materie, die nach dem beschriebenen Prinzip ermittelt
wurden.
Bild 16: Bullet Cluster. Rot: Verteilung Baryonen, Blau: Verteilung DM [14]
Wie man sieht, zieht die Dunkle Materie das heiße Gas nach. Offensichtlich
wechselwirken die Gaswolken beider Galaxien miteinander, während sich die Halos
aus Dunkler Materie gegenseitig ohne Störung durchdringen. Verschiedene Phasen
des Zusammenpralls sind in Bild 17 dargestellt:
Bild 17: Verschiedene Phasen des
Aufpralls der beiden Galaxien in einer
Simulation. 1: Vor der Kollision. 2: Die
Dunkle Materie beider Galaxien beginnt
sich zu durchdringen und zieht die
Gaswolke leicht nach. 3: Die
Gaswolken interagieren und werden
nachgeschleift [15]
Der Bullet Cluster ist ein anschauliches Beispiel zur Veranschaulichung der Natur der
Dunklen Materie.
3. Zusammenfassung
Aus den verschiedenen Messungen haben wir Informationen über die verschiedenen
Dichteanteile gewonnen. Darunter sind
CMB
ΩB, ΩM, Ωtot = ΩM + ΩΛ = 1
SN1a
Nukleosynthese
Strukturbildung
ΩM - ΩΛ
ΩB
ΩM - ΩB
Diese unabhängigen Experimente liefern unabhängige Bestätigungen der DMTheorie. Wie in dem folgenden Diagramm in Bild 18 ersichtlich, haben alle
Experimente einen gemeinsamen Nenner:
Bild 18: Vakuumenergie gegen
Materiedichte aufgetragen: Die
Gerade kennzeichnet ein flaches
Universum. Die farbigen Bereiche
kennzeichnen die Ergebnisse aus
den eingetragenen Beobachtungen.
Die grauen Bereiche kennzeichnen
Kombinationen der Parameter, in
denen unser Modell zur Entstehung
des heutigen Universums
zusammenbrechen würde [16]
Das zusammengefasste Ergebnis der aktuellen Messungen für die kosmologischen
Parameter lautet
[16]
ΩΛ= 0.716±0.055
[17]
Offensichtlich ist Dunkle Materie sowohl zur Erklärung der Experimente als auch für die
Konsitenz der Theorie notwendig. Wir wissen, dass keines der Teilchen aus unserem
Teilchenmodell den Ansprüchen an Dunkle Materie genügt. Das bedeutet, wenn DM
nicht mit dem Standardmodell erklärbar ist, ist dieses unvollständig oder eventuell sogar
falsch. Abgesehen davon wissen wir noch praktisch gar nichts über Dunkle Energie.
Es gibt also noch viele ungeklärte Fragen – die Physik ist noch lange nicht vollständig
erforscht.
4. Quellen
[1] Stefan Schael: Review of astroparticle physics. Aachen 2004
[2] Nature of the Universe, Kap. 18
http://www.lcsd.gov.hk/CE/Museum/Space/EducationResource/Universe/framed_e/lecture/ch
18/ch18_cnt.html (Stand: 01.07.2008)
[3] K.-H. Kampert, Kosmologie-Bilder http://astro.uni-wuppertal.de/~kampert/KosmologieBilder/NGC-7331.jpg (Stand: 01.07.2008)
[4] Particle Data group, Lawrence Berkeley National Lab, 2000,
http://sciencematters.berkeley.edu/archives/volume3/issue23/story1.php (Stand: 01.07.2008)
[5] PDG online, Reviews, Tables, Plots 2007. Astrophysics and Cosmology, Big Bang
Nucleosynthesis. http://pdg.lbl.gov/2007/reviews/bigbangnucrpp.pdf (Stand: 01.07.2008)
[6] Hubble Discovery, http://hubblesite.org/hubble_discoveries/10th/photos/slide36.shtml
(Stand: 01.07.2008)
[7] Spacetoday online, Spacefaring Japan – Deep Space Astronomy
http://www.spacetoday.org/Japan/Japan/Astronomy.html (Stand: 01.07.2008)
[8] The Internet Encyclopedia of Science, Gravitational Physics, Space and Time
http://www.daviddarling.info/encyclopedia/G/gravlens.html (Stand: 01.07.2008)
[9] http://www.jetsignage.com/murals/space/web/sm_SuperNova.jpg (Stand: 01.07.2008)
[10] Kim et al. (1997)
[11] P. Astier et al, SNLS Collaboration: SNLS 1st Year Data Set (2005)
[12] http://www.mso.anu.edu.au/2dFGRS/ (Stand: 15.05.2007)
[13] PDG online, Reviews, Tables, Plots 2007. Astrophysics and Cosmology, Big Bang
Cosmology. http://pdg.lbl.gov/2007/reviews/bigbangrpp.pdf (Stand: 01.07.2008)
[14] The Matter of the Bullet Cluster (2006) X-ray: NASA/CXC/CfA/ M.Markevitch et al.;
Lensing Map: NASA/STScI; ESO WFI; Magellan/U.Arizona/ D.Clowe et al.; Optical:
NASA/STScI; Magellan/U.Arizona/D.Clowe et al. http://apod.nasa.gov/apod/ap060824.html
(Stand: 01.07.2008)
[15] Chandra x-Ray Observatorium http://chandra.harvard.edu/photo/2006/1e0657/more.html
(Stand: 01.07.2008)
[16] PDG online, Reviews, Tables, Plots 2007. Astrophysics and Cosmology, Cosmological
parameters. http://pdg.lbl.gov/2007/reviews/hubblerpp.pdf (Stand: 01.07.2008)
[17] D.N. Spergel et.al, Astrophys. J. Supp. 170, 377 (2007). http://arxiv.org/PS_cache/astroph/pdf/0603/0603449v2.pdf (Stand: 01.07.2008)
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