1 Annaberger Klimatage 2006 Folgen des Klimawandels in Sachsen – Auswirkungen auf Ökosysteme, Lebensräume und Arten im Überblick 2 Für den Freistaat Sachsen wurden in den letzten Jahren fortlaufend verfeinerte Klimaprojektionen (WEREX-Gutachten) auf der Grundlage des globalen Klimamodells ECHAM4 (DKRZ Hamburg) erarbeitet. Die regionalisierte Klimaprojektion WEREX III (ENKE 2003) berücksichtigt Klima und Witterungsverlauf in den letzten Jahrzehnten Es wird von einer Verdoppelung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre bis 2050 ausgegangen (WEREX-Szenario B2). Forschungs- und Entwicklungsprojekt (FuE) des LfUG „Folgewirkungen der Klimaänderungen für den Naturschutz – ausgewählte Ökosysteme und Arten“ Mögliche Folgen für ausgewählte, vor allem geschützte, seltene und gefährdete Ökosysteme, Lebensräume und Arten in Sachsen Schlussfolgerungen für naturschutzfachliche Planungen und Maßnahmen Forschungsnehmer: Büro für ökologische Studien / BfÖS Bayreuth/Chemnitz Büro Consulting und Engineering GmbH / C&E Chemnitz 3 Das Forschungsprojekt konzentrierte sich auf Aussagen über die gegenüber dem Klimawandel empfindlichsten Gebiete, Ökosysteme, Biotoptypen und Arten Sachsens, ausgehend von einer Abschätzung der wahrscheinlichen Wirkungen auf den Naturhaushalt. Die für Sachsen prognostizierten Klimaveränderungen werden sich besonders auf den Gebietswasserhaushalt und davon ausgehend vor allem auf die vom Grundwasser abhängigen Lebensräume auswirken. 4 Arbeitsschritte zur Ableitung von Kenngrößen des Klimas und des Wasserhaushaltes: Berechnung statistischer Maßzahlen für die Klimaparameter Niederschlag, potentielle Verdunstung, Lufttemperatur, Sonnenscheindauer und zusätzlicher klimatologischer Parameter (Dauer Vegetationsperiode, Kältesumme, Trocken- und Nassperioden) Interpolation der Daten für ein flächendeckendes Raster von 1 x 1 km für den Freistaat Sachsen mit spezieller Modellsoftware Berechnung hydrologischer Kenngrößen wie potenzielle Verdunstung, klimatische Wasserbilanz, reale Verdunstung und Gesamtabfluss. Eine wesentliche Kenngröße für den Wasserhaushalt von Ökosystemen ist die klimatische Wasserbilanz. 5 Die klimatische Wasserbilanz ist für die Beurteilung der Veränderungen des Naturhaushalts von entscheidender Bedeutung, da sich im Freistaat Sachsen durch die Lage nördlich des Erzgebirges gravierende regionale Unterschiede, v. a. im Niederschlag und im Wasserhaushalt, ergeben werden. Insgesamt nimmt die klimatische Wasserbilanz ab, d. h. die Verhältnisse werden trockener. Die Zeiträume, in denen der Niederschlag größer ist als die potentielle Verdunstung, werden kürzer. Die Abnahme ist in Ostsachsen besonders deutlich, sie beträgt hier bis zu -110 mm/a. Für Westsachsen wurden dagegen geringere Veränderungen berechnet. 6 Im Winterhalbjahr werden die Verhältnisse besonders in den höheren Lagen des Erzgebirges trockener, während sich die Bilanz im sächsischen Tiefland weniger verändert. In den Sommermonaten dominiert der W-E-Trend. Dauer der Trockenperioden, Prognose 2050 Klimatische Wasserbilanz, Prognose 2050 7 Folgen des Klimawandels auf Ökosysteme, Lebensräume und Arten Im Vergleich zu natürlich abgelaufenen Prozessen des Klimawandels in zurückliegenden Zeiträumen ist die Natur inzwischen vielfältigen, vom Menschen verursachten (anthropogenen) Veränderungen ausgesetzt. Umwelttrends mit negativen Auswirkungen auf Ökosysteme und Arten: • erhöhter Nährstoffeintrag (Eutrophierung), • Schadstoffbelastung, • Flächeninanspruchnahme bzw. -verbrauch, • Zerschneidung und Fragmentierung der Landschaft, • Entwässerungsmaßnahmen und Grundwasserabsenkung, • veränderte (intensivierte) Flächennutzung • Zunahme eingeschleppter Pflanzen- und Tierarten. Diese Beeinträchtigungen können die Folgen des Klimawandels mit ihren Wirkungen überdecken, gleichzeitig aber auch modifizieren ! 8 • Die klimatische Entwicklung trifft auf eine bereits durch vielfältige anthropogene Einflüsse überformte und damit auch belastete und geschwächte Biosphäre. • Die Belastbarkeit der Biosphäre ist geringer als (noch) erwartet. • Neben direkten Wirkungen jedes einzelnen Faktors auf allen Ebenen von Ökosystemen sind zahlreiche indirekte Wirkungen zu erwarten, die sich gegenseitig beeinflussen. Birken-Totholz auf trockenem Sandboden Eutrophierung im Gewässer - Algenentwicklung Vor diesem Hintergrund bedarf eine Prognose der Folgen des Klimawandels für den Naturschutz eines sehr breiten und gleichzeitig tiefgehenden Wissens über die ökologischen Anforderungen einzelner Arten und das Zusammenwirken verschiedener Arten. 9 Folgen des Klimawandels: Veränderung der klimatischen Wasserbilanz für ausgewählte Biotoptypen (SBK) Biotoptypen ± offene Moore Gesamt Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Klasse 4 Klasse 5 Klasse 6 Änderung 0 bis -20 -40 -60 -80 -100 -20 bis bis bis bis bis klimat. Wasserbilanz -40 -60 -80 -100 -120 in mm/a → 2493 ha 42 ha 177 ha 1072 ha 601 ha 444 ha 157 ha 43% 24% 18% 6% 100% 2% 7% Moor- und Bruchwälder 447 ha 100% 0 ha 0% 2 ha 0% 161 ha 36% 180 ha 40% 67 ha 15% 36 ha 8% Auwälder und –gebüsche 796 ha 100% 28 ha 4% 20 ha 3% 385 ha 48% 182 ha 23% 109 ha 14% 71 ha 9% Naturnahe Stillgewässer 12053 ha 100% 145 ha 1% 357 ha 3% 3225 ha 27% 1779 ha 15% 4374 ha 36% 2175 ha 18% Nasswiesen 6364 ha 100% 302 ha 5% 601 ha 9% 2595 ha 41% 1851 ha 29% 732 ha 11% 282 ha 4% Naturnahe Laubwälder 1821 ha 100% 14 ha 1% 83 ha 5% 850 ha 47% 293 ha 16% 385 ha 21% 195 ha 11% 10 Flächenhafte Betroffenheit von Mooren durch Änderungen der klimatischen Wasserbilanz Die Abnahme der klimatischen Wasserbilanz nimmt generell von West nach Ost stark zu. Nordwestsachsen: Rückgänge der Wasserbilanz von 40-60 mm/Jahr. Osterzgebirge, Königsbrück-Ruhlander Heiden und Westlausitzer Hügel- und Bergland: Rückgänge von 6080 mm/a. Die Lausitzer Naturräume (Bergland, Gefilde, Heide- und Teichlandschaft) liegen im Bereich der zweithöchsten und höchsten Veränderungsklasse (Rückgänge >80 mm/a). Die Moore in Nordostsachsen dürften erheblichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sein. 11 Ausgewählte FFH-Lebensraumtypen (Offenland) Kennzeichnende Pflanzenarten eines FFH-Lebensraumtyps und ihre Standortsbindung: Abschätzung der Auswirkungen von Temperatur- und Feuchte-Änderungen aus den „ökologischen Zeigerwerten“ nach ELLENBERG et al. (1992) Potenziell benachteiligte Arten mit bestimmten Zeigerwert-Stufen: An Nässe angepasste Arten, die durch zunehmende Trockenheit benachteiligt werden: Feuchtezahlen 7-9. An Kälte angepasste Arten, die durch Temperaturerhöhung benachteiligt werden: Temperaturzahlen von 1 bis 4. Der Anteil der benachteiligten Arten an der Gesamtzahl der kennzeichnenden Pflanzenarten wird als ein vorläufiges Maß für die künftige Gefährdung des Lebensraumtyps hinsichtlich seiner charakteristischen Lebensgemeinschaft angesehen. Für viele Lebensraumtypen und ihre Lebensgemeinschaften ist mit dem Ausfall großer Teile charakteristischer Arten zu rechnen, d.h. die Lebensgemeinschaften erleiden Qualitätsverluste ihres Artenspektrums. 12 Folgen des Klimawandels: Voraussichtlich sehr stark gefährdete Lebensraumtypen Feuchte Temperatur FFH-Lebensraumtyp Anteile Feuchte- und Nässezeiger (F 7 – 9) Anteile Kühle- und Kältezeiger (T 1 – 4) Beispiel: Regenerierbare Hochmoore LRT 7120 75,9 72,4 13 Feuchte Temperatur Anteile Feuchte- und Nässezeiger (F 7 – 9) Anteile Kühle- und Kältezeiger (T 1 – 4) 82,4 % 44,1 % FFH-Lebensraumtyp Beispiel 2 Beispiel Übergangs- und Schwingrasenmoore LRT 7140 14 Folgen des Klimawandels: Voraussichtlich stark gefährdete Lebensraumtypen FFH-Lebensraumtyp Feuchte Anteile Feuchte- und Nässezeiger F7-9 Temperatur Anteile Kühle- und Kältezeiger T1-4 Beispiel: Feuchte Heiden LRT 4010 62,5 % 18,8 % 37,5 % indifferente Arten 50 % indifferente Arten 15 Folgen des Klimawandels: Veränderungen in der Flora Ausbreitung und Zuwanderung von Pflanzenarten in Sachsen Bei anhaltender Erwärmung ist eine Verschiebung der Flora Sachsens zur Pflanzenwelt der warm-temperierten Klimate mit (submediterranen) sommerlichen Trockenzeiten zu erwarten. Ökologische Zeigerwerte für Pflanzen ermöglichen die Umsetzung der Ergebnisse von Klimamodellrechnungen in die Reaktion einzelner Arten. Die Faktorenzahl für Temperatur (T-Zahl) von ELLENBERG et al. (1992) basiert auf der Arealgeographie von Arten nach dem Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der BRD und auf den Karten der Jahresdurchschnittstemperaturen und der Phänologie Mit den TZahlen können auch Bezüge zu Jahresmitteltemperaturen und zu Verbreitungsschwerpunkten in Höhenstufen hergestellt werden. Prognostizierte Jahresmitteltemperaturen um 10° C oder mehr bedeuten, dass sich die entsprechenden Gebiete hinsichtlich des Temperaturzeigerwertes in Richtung submediterraner Bereich verschieben können. 16 Station Leipzig-Schkeuditz –Projektion 2050 –Klimavergleich - Visualisierung Klimawerte für West- und Südosteuropa nach aktuellen Klimadiagrammen (Vorlage: WALTER et al. 1975) L.-Schkeuditz Projektion 2050 Westeuropa Südosteuropa 1951-1998 1951-1998 10,5°C / 541 mm Strasbourg Bourges 9,9 °C / 613 mm Timisoara 10,6 °C / 593 mm 10,0 °C / 595 mm 11,0 °C / 724 mm Sofia Afyon 11,0 °C / 419 mm Werden sich Baum- und Straucharten mit Verbreitungsschwerpunkt in wärmeren Gebieten West- und Südosteuropas künftig in Sachsen ausbreiten bzw. einwandern? Elsbeere Flaumeiche Zerreiche Tatarischer Ahorn Viele Gehölzarten werden mit ihren Ausbreitungsgeschwindigkeiten dem Tempo des Klimawandels bis 2050 nicht folgen können. 17 Nach den Befunden der Klimaprojektion WEREX lässt sich für die Flora im Freistaat Sachsen auf Zeigerwert-Grundlage folgende vorläufige Prognose stellen: Mögliche Reaktion Geförderte Arten Benachteiligte Arten Ökologische Gruppe EllenbergZeigerwerte Begründung Licht liebende L 8-9 Arten Trockenheit F 1-4 ertragende Arten Wärme liebende Arten T 7-9 Zunahme Sonnenscheindauer An Kälte angepasste Arten An Nässe angepasste Arten Temperaturerhöhung in der Vegetationsperiode Zunahme sommerlicher Trockenheit, bereits in Vegetationsperiode I T 1-4 F 7-9 Zunahme sommerlicher Trockenheit, bereits in Vegetationsperiode I Temperaturerhöhung in der Vegetationsperiode Einflüsse anthropogen bedingter Faktoren (z. B. Nährstoffe, Nutzungsweise) erschweren jedoch die Prognose!° 18 Pflanzenarten des Tieflandes / Zeigerwertanalyse Von den 501 Arten mit Verbreitungsschwerpunkt im sächsischen Tiefland konnte eine Auswertung für ca. 60 % erfolgen. 26 % der Arten werden durch eine Temperaturerhöhung voraussichtlich gefördert Die zu erwartende zunehmende Niederschlagsarmut begünstigt 35,8 % der Arten Die größte Anzahl Arten weist Temperaturzeigerwerte im mittleren Bereich auf, ihr Anteil wird stabil bleiben. 14,8 % werden wahrscheinlich unter der Trockenheit zurückgehen. Ein großer Anteil der Pflanzenarten des Tieflandes wird von der zu erwartenden Klimaänderung profitieren; vor allem die Temperaturerhöhung hat eine eher fördernde Wirkung 19 Pflanzenarten des Berglandes / Zeigerwertanalyse 143 Arten weisen einen Schwerpunkt im Bergland Sachsens auf. 41,3 % der Arten sind an kühlere Verhältnisse angepasst und würden benachteiligt. nur 3,5 % begünstigt (Auswertung von ca. 60 % der Arten) Niederschlagsrückgänge wären für 12,6 % förderlich, für 22,4 % der Arten von Nachteil (Auswertung von 69 % der Arten). Voraussichtlich durch Temperaturerhöhung und Trockenheit benachteiligte Pflanzenarten im sächsischen Bergland (Arten der Roten Liste Sachsen) Kühle- und Kältezeiger der Schluchten und schattigen Felswände im Elbsandsteingebirge – Kaltzeitrelikte Zweiblütiges Veilchen Stängelumfassender Knotenfuß 20 Eingebürgerte Pflanzen fremder Herkunft (Neophyten) Fast der gesamte Freistaat Sachsen - mit einem Schwerpunkt um Dresden – gilt bundesweit als ein Verbreitungszentrum für Neophyten. Atlas der Farn und Samenpflanzen Sachsens (HARDTKE & IHL 2000): 467 Neophytenarten, davon ca. 62 % eingebürgerte Arten. Derzeitige Bestandsentwicklung: • Bei der Hälfte der Arten etwa gleichbleibend bzw. keine Aussage möglich, • Bei 40 % der Arten Ausbreitung beobachtet – vor allem für Stickstoff liebende (nitrophile) Neophyten – deutliche Ausbreitung Wärme liebender Neophyten bislang (noch) nicht nachweisbar • Bei etwa 9 % Rückgang des Bestandes bzw. Verschwinden Zunehmende sommerliche Temperaturerhöhung und Trockenheit schaffen günstige Bedingungen für ruderale sowie nicht-ruderale Neophyten 21 Bestehende Ausbreitungstendenzen werden beibehalten oder verstärkt Schnellwüchsige, konkurrenzstarke Neophyten könnten sich verstärkt ausbreiten. Beispiele für „aggressive“ Neophyten auf Äckern, an Flussufern und in Wäldern Rauhhaariger Fuchsschwanz Japanischer Knöterich Späte Traubenkirsche Zu rechnen ist mit einer Ruderalisierung der Pflanzengesellschaften und Lebensraumtypen 22 Folgen des Klimawandels: Klimabedingte Veränderungen in der Fauna Libellen zählen zu den ersten taxonomischen Gruppen, bei denen auch für Sachsen deutliche Veränderungen der Verbreitungsmuster infolge des bereits spürbaren Klimawandels festgestellt wurden (OTT 2005): Bereits beobachtet werden die Ausbreitung Wärme liebender, mediterraner Arten und der Verlust von kälteangepassten Moor-Arten oder montanen Arten. Die Etablierung und Ausbreitung von nicht-heimischen Arten ist möglich. Ausbreitung Wärme liebender Arten: Südliche Mosaikjungfer Rückgang kälteangepasster Arten: Arktische Smaragdlibelle 23 Veränderungen bei weiteren ausgewählten Artengruppen der Fauna in der künftigen Entwicklung Artengruppe Heuschrecken Langflügelige Schwertschrecke Tagfalter Schwarzgefleckter Ameisenbläuling Mögliche klimabedingte Entwicklungen Die Hälfte der derzeit vorhandenen sächsischen Arten wird vermutlich bevorteilt. Bereits vorhandene Wärme liebende Arten könnten ihr Areal in Sachsen ausdehnen. Die Etablierung und Ausbreitung von nicht-heimischen Arten ist möglich. Benachteiligung mesophiler und Feuchte bevorzugender Arten (Bild). An Feuchte angepasste Tagfalter und Moor-Tagfalter werden stark geschädigt. Positive Reaktion der Wärme und Trockenheit liebenden Arten sind wegen einer Reihe von biologischen Einschränkungen stark fraglich. Beispiel (Bild): Hitze in Verbindung mit Trockenheit reduziert das Wachstum der Futterpflanze (Thymian) und gefährdet die Art 24 Weichtiere Zweizähnige Laubschnecke Etwa ein Fünftel der sächsischen Weichtierfauna dürfte durch den Klimawandel stark benachteiligt bzw. in der Existenz gefährdet werden: An Feuchte angepasste (hygrophile) Arten der Auen-, Bruch- und Schluchtwälder und quelliger Hangwälder: Rückgang der Sumpfarten und hygrophilen Arten (Bild) zu Gunsten mesophiler Waldarten. Vermutlich auch Rückgang der hygrophilen Arten in Feucht- und Nasswiesen, nassen Röhrichten, Hochstaudenfluren und Seggenrieden. Vermehrtes Auftreten mesophiler Arten. Dies führt zur Nivellierung der Artenspektren. Es besteht eine sehr hohe Gefahr der Ausbreitung von Neozoen, und dadurch einer weiteren indirekten Schädigung der sächsischen, heimischen Weichtierfauna. Spanische Wegschnecke Die Spanische Wegschnecke (Bild) steht für eine Vielzahl von Arten. Entscheidend dürften mildere Winter sein, die zu einer geringeren Mortalität überwinternder Tiere bzw. der Eigelege führen. 25 Fische Bachforelle Fischsterben In den Hochsommermonaten Probleme für mehrere, darunter auch gefährdete Fischarten, v. a. für die an kühle Temperaturen angepassten Arten Bachforelle, Äsche, Bachneunauge, Westgroppe u. a. Dies dürfte v. a. im sächsischen Tiefland zum Rückgang dieser Arten führen. Aufgrund der weitgehend gestörten Durchgängigkeit sächsischer Gewässer ist ein Ausweichen in höhere Lagen stark erschwert. Herabgesetzter Durchfluss beeinträchtigt durch verringerte Strömungsintensität und den verringerten Fluss- und Grundwasserabstand das Ökosystem erheblich: Erwärmung und hohe Nährstoffgehalte → Algenmassenwachstum → hohe Stoffkonzentration (gelöst und partikulär) → gravierende Wassertrübung und Störung des Sauerstoffhaushaltes. Viele Fischarten tolerieren Sauerstoffkonzentrationen < 3-4 mg/l nicht. 26 Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt / Biodiversität • In der Bilanz der untersuchten Artengruppen überwiegen zumeist die geförderten gegenüber den benachteiligten Arten, vor allem Wärme liebende bzw. tolerierende Arten • Durch Veränderung eines Standortes kann die Artendichte zunehmen: Vor allem an Extremstandorten können nicht standortspezifische (euryöke), allgemein verbreitete Arten auf Kosten der Standortspezialisten (stenöke Arten) sich ausbreiten oder einwandern. • Ausbreitung von Neophyten und Neozoen – Verdrängung heimischer Arten Folgen: Mögliche Zunahme des Artenreichtums (α-Diversität) - aber Abnahme der Diversität von Lebensgemeinschaften / Biotopen (β-Diversität) und davon ausgehend der Vegetationskomplexe und Landschaften (γ-Diversität • Nivellierung und ggf. Ruderalisierung der Lebensgemeinschaften – Verluste ihrer standörtlichen, biogeographischen und landschaftsprägenden Eigenart • Verluste an genetischer Vielfalt durch Verkleinerung der Populationen vor allem stenöker Arten und ihrer Areale 27 Klimawandel – Strategien und Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität (Auswahl nach NAWRATH & WITTIG 2005, ZEBISCH et al. 2005, DOYLE & RISTOW 2006 u. a.) 1) Sicherung der vorhandenen Ökosysteme durch Pufferung zur Stärkung ihrer Belastbarkeit • Kleinflächiger Biotopverbund (lokal bis regional) unter Beachtung von standörtlicher und (mikro-)klimatischer Vielfalt, Struktur- und Nutzungsvielfalt • Wasserhaushaltskonzepte für ausgewählte Feuchtgebiete zur Förderung des Wasserrückhalts, der natürlichen Vernässung sowie der Durchgängigkeit • Nutzungsextensivierung 2) Gewährleistung von Wanderungs- und Ausbreitungsbewegungen (Migration) in bioklimatisch zusagende Räume • Großräumiger Biotopverbund unter Berücksichtigung von Höhengradienten, Expositions- und Relief-Vielfalt sowie differenzierter nachhaltiger Landnutzung • Differenziertes und flexibleres Herangehen im Biotopschutz, bei Schutzgebietsausweisung und -management, z. B. Einbeziehung von derzeit weniger wertvollen Flächen • Bereitstellung ausreichend großer Flächen und Zeithorizonte für den Prozessschutz natürlicher Systeme – Zulassen von Naturentwicklungen • Integration des Schutzes der Biodiversität in Land-, Forst- und Wasserwirtschaft 28