Gedächtnis ohne Gesellschaft und Konflikte

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CfP für ein Panel des AK Soziales Gedächtnis, Erinnern und Vergessen zum 2. Sektionskongress der Sektion
Wissenssoziologie ‚Wissensrelationen‘ am 21.-23. September 2017 in Dortmund
Gedächtnis ohne Gesellschaft und Konflikte? Gesellschaftstheoretische Perspektiven einer
Gedächtnissoziologie
Die nun über zehn Jahre währende Wiederaufnahme der Konzepte Gedächtnis, Erinnern und
Vergessen in der Wissenssoziologie hat – neben einigen spezialsoziologisch ausgerichteten
Diskussionen – auch zu einer fortschreitenden Debatte über die Integration dieser Begriffe in die
soziologische Theorie geführt. Während sozialtheoretische Anknüpfungspunkte offenkundig und
leicht zu identifizieren waren – zu denken ist an wissenssoziologische, systemtheoretische,
struktur(ierungs)theoretische, interaktionistisch-pragmatische oder auch praxistheoretische Ansätze
– blieben in der noch jungen Theoriediskussion insbesondere gesellschaftstheoretische Fragen eher
randständig oder gar unbearbeitet; auch die Frage nach konflikt- oder antagonismustheoretischen
Dimensionen von ‚Gedächtnis‘ wurde bisher nicht gestellt (vgl. Delitz 2017). Das betrifft einerseits die
Diskussion von gesellschaftlichen Gedächtnissen mit Blick auf Gedächtnis- oder Erinnerungspolitik
und, eng damit verbunden, andererseits die Konstitution, Veränderung und Stabilisierung von
Kollektiven in ihrer exkludierenden Abgrenzungen, grundlegenden Konflikten und hegemonialen
Formen.
Der Arbeitskreis ‚Soziales Gedächtnis, Erinnern und Vergessen‘ veranstaltet vor diesem Hintergrund
im Rahmen des 2. Sektionskongresses ein Panel, welches sich auf die konstatierten Lücken der
Theorieentwicklung im Bereich sozialer Gedächtnisse, Erinnerungen sowie sozialen Vergessens
bezieht. Mögliche Fragestellungen können sein:

Braucht eine Gedächtnissoziologie einen Begriff von Gesellschaft? Wie lassen sich
Vergangenheitsbezüge auf der Makroebene konzeptualisieren?

In welchen Formen sind soziale (und kollektive) Gedächtnisse in Prozessen der Konstitution,
Stabilisierung und Veränderung von (Groß-)Kollektiven wirksam?

Wie lassen sich Selbstbeschreibungen, soziale Imaginationen und kollektive Identitäten auf
einer gesellschaftlichen Ebene in eine Gedächtnissoziologie integrieren? Welche
Abgrenzungen und Exklusionen werden damit gesetzt? Welche Antagonismen, hegemonialen
Konstellationen und »Gegengedächtnisse« (Foucault) sind in diese Prozesse involviert?

Wie können die soziopolitischen Dimensionen gesellschaftlicher Vergangenheitsbezüge
begrifflich und theoretisch in eine Gedächtnissoziologie integriert werden? Wie die
vielfältigen Formen von Gedächtnis- und Erinnerungspolitiken auf unterschiedlichen Ebenen
des Gesellschaftlichen?

Lassen sich Ansatzpunkte für eine gesellschaftskritische Wendung der Formierung sozialer
Gedächtnisse oder an identitätskonstitutiven Erinnerungs- bzw. Vergessenspolitiken finden?
Wie könnten Elemente kritischer Gesellschaftstheorien gedächtnissoziologisch
anschlussfähig gemacht werden?
Abstracts (Umfang ca. 250 Worte) bitte bis zum 23. April 2017 an Oliver
([email protected] ) und Gerd Sebald ([email protected]).
Dimbath
Heike Delitz (2017): Das kollektive und das soziale Gedächtnis. Neue Literatur zur Gedächtnissoziologie. In: Soziologische Revue
40 (1), S. 44-60.
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