Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen Schriftliche Hausarbeit im Fach Mathematik Thema: Abzählungen der rationalen Zahlen und Kettenbrüche eingereicht von: Gertraud Schuster eingereicht am: 04.10.2006 Dozent: Prof. Dr. Jörn Steuding 3 Vorwort Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott geschaffen, alles andere ist Menschenwerk. Leopold Kronecker, Mathematiker „Schon am ersten Schöpfungstage sind die Zahlen entstanden. Denn an diesem Tag schied Gott das Licht von der Finsternis, und damit gab es zwei Dinge auf der Welt, und somit war, gleichsam als Nebenprodukt, auch die Zahl „zwei“ miterschaffen worden – die erste Zahl! […] Unermessliche Zeiträume hindurch konnte die Menschheit nicht bis drei zählen. So benutzen die Botokuden1 für eins das Wort pogik (Finger), für zwei das Wort krã-põ (doppelter Finger). Alles was darüber hinausgeht, bezeichnen sie als uruhu (viel).“2 „Von Beginn an hat der Mensch auch Mathematik getrieben; er rechnete, zählte und maß, auch damals schon, als sein Geist noch längst nicht zum Bewusstsein seiner selbst gelangt war, ja als es noch keine Begriffe auf der Erde gab. Er schnitt sich eine Keule zurecht oder maß ein Stück Fell ab – Längen vergleichend und die Gegensätze größer und kleiner fassend; er teilte die Jagdbeute in gleiche Teile und schuf damit die Brüche.“3 Diese sehr populärwissenschaftlichen Zitate aus einem alten Mathematikbuch zeigen, dass sich die Menschheit schon seit jeher mit 1 „Botokuden oder Aymoré leben in geringer Zahl noch in Ostbrasilien. Den Namen Botokudos haben sie von den großen Holzpflöcken, womit sie Ohren und Unterlippe schmücken, - denn Botoque bedeutet im Portugiesischen ein Fassspund.“ Siehe http://www.zuwied.de/hachenburg/pmw12.htm 2 KARLSON, Paul: „Vom Zauber der Zahlen“. Ullstein Verlag 1958, S. 13 3 KARLSON, Paul: „Vom Zauber der Zahlen“. Ullstein Verlag 1958, S. 11 4 zählen (natürliche Zahlen) und verteilen (rationale Zahlen) beschäftigt hat. Diese Arbeit behandelt Abzählungen der rationalen Zahlen und Kettenbrüche. Mit N bezeichnen wir die natürlichen Zahlen – in aufzählender Schreibweise beginnt die Menge mit {1, 2, 3, 4, ...}. Die Menge Z der ganzen Zahlen enthält neben den natürlichen Zahlen auch ihre additiven Inversen und die Null. Die Menge Q der rationalen Zahlen ist „die Menge aller a Brüche der Form , wobei a eine ganze und b eine natürliche Zahl ist: So b 4 345 sind und − Beispiele rationaler Zahlen.4 87 777 a geschrieben werden, und deswegen ist 1 jede ganze Zahl auch ein Beispiel für eine rationale Zahl. Es gibt natürlich 1 7 rationale Zahlen, die nicht ganz sind: , − ,... “5 2 19 Jede ganze Zahl a kann doch als Im Bereich der rationalen Zahlen gelten wie im Bereich der natürlichen bzw. ganzen Zahlen das Kommutativ-, Assoziativ- und Distributivgesetz. Außerdem erhält man durch addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren (außer durch 0) aus rationalen Zahlen wieder rationale Zahlen. Erinnert man sich an den Mathematikunterricht in der Schule zurück, ist festzustellen, dass das Rechnen auch ohne rationale Zahlen erstaunlich lange möglich war. Abgesehen von einfachen Brüchen, die aber meist in Kombination mit einer Einheit auftraten (¾ Stunde, ½ Liter etc.) kam man mit den natürlichen bzw. ganzen Zahlen sehr gut zurecht. 4 Es tut mir leid, dass die äußerliche Form der Arbeit auf Grund des uneinheitlichen Zeilenabstands leidet. Ein einheitlicher Zeilenabstand ist durch das Einfügen von Brüchen mit Hilfe des Formel-Editors 3.0 in Microsoft Word aus technischen Gründen leider nicht realisierbar. 5 N.N.: „Die Hierarchie der Zahlen“. Erhältlich unter: http://www.mathematik.de/mde/information/landkarte/zahlen/diehierarchiederzahlen.html 5 Aber mit den ganzen Zahlen war nicht jede Gleichung der Form a ⋅ x = b lösbar. So hat z.B. die Gleichung 2 ⋅ x = 3 in N und in Z keine Lösung. m k „Ganz anders in Q: Sind a und b beliebige Bruchzahlen, a = , b = , n l dann ist die Gleichung a ⋅ x = b lösbar in Q, d.h. es gibt eine Zahl x ∈ Q, für die a ⋅ x = b gilt. Man braucht ja im vorliegenden Fall nur k n kn x= ⋅ = zu nehmen und erhält nach den Regeln der Bruchrechnung l m lm m kn k a⋅x = ⋅ = = b . Und die Gleichung hat auch keine andere Lösung.“6 n lm l Die nun folgende Arbeit behandelt in den ersten drei Kapiteln unterschiedliche Abzählungen von rationalen Zahlen. Da in zwei der drei vorgestellten Abzählungen auch Kettenbrüche eine Rolle spielen, finden sich im vierten Kapitel Grundlagen zu den Kettenbrüchen und Beispiele von Zahlen in Kettenbruchdarstellung. Im fünften Kapitel schließt sich der Kreis: Es wird die Frage geklärt, welche Vorteile die Kettenbruchdarstellung der rationalen Zahlen in den Abzählbäumen von Stern-Brocot und Calkin-Wilf bietet. 6 KIRSCH, Arnold: „Mathematik wirklich verstehen“. Aulis Verlag Deubner & Co KG 1987, Seite 59 6 Inhaltsverzeichnis Vorwort ..................................................................................................... 3 Inhaltsverzeichnis ..................................................................................... 6 1. Ein Blick auf das Werk von Georg Cantor ...................................... 8 1.1. Mengenlehre ................................................................................... 8 1.1.1. Mächtigkeit endlicher Mengen .................................................... 8 1.1.2. Mächtigkeit unendlicher Mengen ................................................ 9 1.2. Das erste Cantorsche Diagonalverfahren ....................................... 10 1.3. Das zweite Cantorsche Diagonalverfahren..................................... 12 2. Ein Mathematiker, ein Uhrmacher und ein Baum ........................ 13 2.1. Ein wenig Graphentheorie ............................................................. 13 2.1.1. Ein besonderer Graph: der Baum............................................... 14 2.1.2. Ein besonderer Baum: der Binärbaum ....................................... 15 2.2. Der Stern-Brocot-Baum ................................................................ 15 2.2.1. Konstruktionsschema des Stern-Brocot-Baums ......................... 15 2.2.2. Was fällt am Stern-Brocot-Baum auf? ....................................... 17 2.2.3. Der Baum enthält alle Brüche in gekürzter Form ....................... 19 2.2.3.1. Jeder Bruch im Stern-Brocot-Baum ist gekürzt ...................... 20 2.2.3.2. Jede rationale Zahl tritt im Stern-Brocot-Baum genau einmal auf ......................................................................................... 21 3. Abzählung der rationalen Zahlen nach Calkin und Wilf .............. 23 3.1. Alle Brüche im Baum sind gekürzt................................................ 24 3.2. Jeder gekürzte positive Bruch tritt im Baum auf ............................ 24 3.3. Jeder gekürzte Bruch tritt genau einmal auf ................................... 25 3.4. Wie kommt man in der Aufzählung nach Calkin und Wilf von einem Bruch zum nächsten? .......................................................... 27 7 4. Kettenbrüche................................................................................... 30 4.1. Endliche Kettenbrüche .................................................................. 32 4.1.1. Beispiele endlicher Kettenbrüche .............................................. 32 4.1.1.1. Huygens mechanisches Modell des Sonnensystems ............... 32 4.1.1.2. Warum Schaltjahre? .............................................................. 34 4.1.2. 4.2. Jede rationale Zahl kann als endlicher Kettenbruch geschrieben werden. ..................................................................................... 37 Beispiele unendlicher Kettenbrüche .............................................. 39 4.2.1. Das pythagoräische Komma ...................................................... 40 4.2.2. Die Kreiszahl π ........................................................................ 43 4.3. Beispiele periodischer Kettenbrüche.............................................. 46 4.3.1. 2 und die DIN-Formate ......................................................... 46 4.3.2. Der goldene Schnitt ................................................................... 48 5. Kettenbrüche und Bäume............................................................... 50 5.1. Wie man einen bestimmten Bruch im Stern-Brocot-Baum findet... 50 5.2. Kettenbrüche im Brüche-Baum von Calkin und Wilf..................... 52 5.2.1. Welchem Muster folgen die Kettenbrüche im Brüche-Baum?.... 53 5.2.2. Wegweisende Kettenbrüche ...................................................... 55 6. Und jetzt? ........................................................................................ 59 7. Literaturverzeichnis........................................................................ 62 8. Anhang ............................................................................................ 66 Erklärung................................................................................................ 71 8 1. Ein Blick auf das Werk von Georg Cantor 1.1. Mengenlehre "Eine 'Menge' ist jede Zusammenfassung von bestimmten wohl unterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens."7 Mit diesem Satz hat Georg Cantor zwar keine Definition, wohl aber eine sehr gute Beschreibung von der intuitiven Vorstellung des Begriffs 'Menge' geliefert. Er gilt als der Begründer der Mengenlehre. „In einer Arbeit aus dem Jahre 1874 bewies Cantor die Abzählbarkeit der Menge aller algebraischen Zahlen und die Nichtabzählbarkeit der Menge aller reellen Zahlen und folgerte hieraus die Existenz der transzendenten Zahlen. Er benutzte dazu das noch heute nach ihm benannte Diagonalverfahren.“8 Die Begriffe Abzählbarkeit, endliche und unendliche Mengen und Mächtigkeit von (endlichen/unendlichen) Mengen werden im Folgenden erklärt. 1.1.1. Mächtigkeit endlicher Mengen „Einer der fundamentalen Begriffe von Cantor war die Mächtigkeit oder Kardinalität einer Menge M, bezeichnet mit |M|.“9 Damit ist bei endlichen Mengen die Anzahl der Elemente der Menge gemeint, d.h. man bestimmt 7 BEHRENDS, Ehrhard: „Analysis Band 1“. Vieweg, 2. Auflage 2004, Seite 6 8 BERCHTOLD Bernhard: „Mathematik.ch“. Erhältlich unter: http://www.mathematik.ch/mathematiker/cantor.php 9 AIGNER, Martin; ZIEGLER, Günter M.: „Das Buch der Beweise“. Springer 2. Auflage 2004, Seite 111 9 die Anzahl der Elemente und legt fest, dass M eine n-Menge ist, falls M genau n Elemente enthält. Zwei endliche Mengen haben also dann die gleiche Mächtigkeit, wenn sie die gleiche Anzahl von Elementen besitzen. Eine endliche Menge ist auch immer abzählbar. 1.1.2. Mächtigkeit unendlicher Mengen Bekannte Beispiele für unendliche Mengen sind die Mengen der natürlichen, ganzen, rationalen, reellen und komplexen Zahlen. Eine Menge ist dann unendlich, wenn sie aus einer nicht endlichen Anzahl von Elementen besteht. Wie entscheidet man in diesem Fall, ob zwei Mengen gleichmächtig sind? Veranschaulichen wir die Situation mit einem einfachen Beispiel: Möchte man wissen, ob ein Hörsaal ausreichend groß ist, zählt man nicht erst die anwesenden Studenten und dann die verfügbaren Sitze, sondern man überprüft, ob jeder Sitz eindeutig einem Studenten zugeordnet werden kann. D.h. um die Mächtigkeit von zwei unendlichen Mengen zu vergleichen, wird versucht eine bijektive Abbildung zwischen den zwei Mengen zu finden. Als Definition formuliert: „Zwei nichtleere Mengen A und B heißen gleichmächtig, falls es eine bijektive Abbildung f : A → B gibt.“10 „Eine Menge heißt abzählbar unendlich, wenn sie gleichmächtig zur Menge N der natürlichen Zahlen ist.“11 D.h. es existiert eine Bijektion der unendlichen Menge M auf die Menge der natürlichen Zahlen N. Ansonsten ist die unendliche Menge M überabzählbar. 10 FRITZSCHE, Klaus: „Mathematik für Einsteiger“. Spektrum Akademischer Verlag, 2. Auflage 2001, Seite 129 11 APPELL, Kristina; APPELL, Jürgen: „Mengen – Zahlen – Zahlbereiche, Eine elementare Einführung in die Mathematik“. Spektrum Akademischer Verlag, 1. Auflage 2005, Seite 55 10 In den folgenden Kapiteln werden das erste und zweite Diagonalverfahren von Cantor vorgestellt, womit er die Abzählbarkeit der rationalen Zahlen und die Überabzählbarkeit der reellen Zahlen bewies. 1.2. Das erste Cantorsche Diagonalverfahren Zuerst betrachten wir nur die Menge Q+12 und kombinieren wie in Abbildung (1) vorgeschlagen, Zähler und Nenner systematisch. Die Pfeile geben an, in welcher Reihenfolge „gezählt“ wird. Nenner 1 2 3 4 5 6 Zähler 1 1/1 1/2 1/3 1/4 1/5 1/6 2 2/1 2/2 2/3 2/4 2/5 2/6 3 3/1 3/2 3/3 3/4 3/5 3/6 4 4/1 4/2 4/3 4/4 4/5 4/6 5 5/1 5/2 5/3 5/4 5/5 5/6 6 6/1 6/2 6/3 6/4 6/5 6/6 … … Mit dieser Aufzählung hat Cantor eine bijektive Abbildung erhalten, da man durch das Zählen jedem Bruch genau eine natürliche Zahl zuordnet. Zwar sind noch etliche – um genau zu sein: unendlich viele – Duplikate in der 1 2 3 Abzählung enthalten, z.B. = = = ... , aber das ändert nichts an der 1 2 3 + Abzählbarkeit von Q . 12 Q+ ist die Menge aller positiven rationalen Zahlen. Abbildung (1): erste Cantorsche Diagonalverfahren Das 11 Und somit ist auch Q abzählbar – wir setzen einfach vor jede positive rationale Zahl ein Minuszeichen und fügen noch die Null hinzu. Mit m ∈ Q, m, n ∈ N und der Formel n 1 ⋅ ( m + n − 1) ⋅ ( m + n − 2) + n für m + n ungerade 2 bzw. 1 ⋅ ( m + n − 1) ⋅ ( m + n − 2) + m für m + n gerade 2 kann sogar genau bestimmt werden, an welcher Position der Bruch m n gezählt wird. Betrachtet man nun schrittweise die einzelnen Diagonalen, in der Cantorschen Aufzählung, so erinnert uns das Bild an die Dreieckszahlen: Abbildung (2): Dreieckszahlen j „Die j-te Dreickszahl ist Dj = 1 ∑ i = 2 ⋅ j ⋅ ( j + 1) “13 i =1 In Zählrichtung ist je Diagonale die Summe m + n = konstant = i+1. Zählt man die Brüche mit Hilfe des ersten Cantorschen Diagonalverfahrens, so m kann sich der Bruch irgendwo auf der letzten zu zählenden Diagonalen n befinden. Für die Zählweise bedeutet dies: Man zählt nur bis zur vorletzten Diagonalen i – 1 = m + n - 2. Somit ergibt sich: m+n −2 1 ∑ i = 2 ⋅ (m + n − 2) ⋅ (m + n − 1) i =1 13 SCHEID, Harald: „Zahlentheorie“. Spektrum Akademischer Verlag, 3. Auflage 2003, Seite 255 12 m zu gelangen, addiert man den Wert des n Nenners n, falls m + n ungerade ist, bzw. m, falls m + n gerade ist und erhält Um bis zum gewünschten Bruch die oben erwähnte Formel. 1.3. Das zweite Cantorsche Diagonalverfahren Um zu beweisen, dass die Menge R der reellen Zahlen überabzählbar unendlich ist, zeigen wir, dass es keine bijektive Abbildung der Menge N auf das Intervall der reellen Zahlen zwischen (0, 1) gibt. Damit sind bereits das Intervall und erst recht ganz R überabzählbar unendlich. Die reellen Zahlen stellen wir in Dezimalbruchschreibweise dar. Wir führen den Beweis durch Widerspruch und nehmen an, die reellen Zahlen im Intervall (0,1) wären abzählbar, dann könnte man sie in der Form: a1 = 0, p11 p12 p13 p14 p15 ... a2 = 0, p21 p22 p23 p24 p25 ... a3 = 0, p31 p32 p33 p34 p35 ... a4 = 0, p41 p42 p43 p44 p45 ... … schreiben. „Wählt man sich eine Zahl d = 0,d1d2d3d4d5…, wobei di ≠ pii für alle i ist, so hat man eine Zahl, die in (0,1) liegt, aber nicht zur Folge der ai gehört. Dies ist ein Widerspruch zu unserer Annahme und damit sind die reellen Zahlen überabzählbar.“14 Somit ist auch gezeigt, dass die Menge der komplexen Zahlen C überabzählbar ist, da R eine Teilmenge von C ist. 14 STAVRAKIDIS Kyriakos: „kyri.de“. Erhältlich unter: www.kyri.de/mathematik/mengen.shtml 13 2. Ein Mathematiker, ein Uhrmacher und ein Baum Moritz Abraham Stern, ein Mathematiker, hat 1858 eine Zahlenfolge erstellt, in der alle rationalen Zahlen in gekürzter Form auftauchen. Unabhängig von ihm hat Achille Brocot, ein französischer Uhrmacher, zwei Jahre später dieselbe Folge entdeckt. Da beide ihre Ergebnisse in Form eines Baumes darstellten, nennt man ihn auch den Stern-Brocot-Baum. Im Folgenden wird zuerst der Begriff Baum geklärt. Des Weiteren beschäftigt sich dieses Kapitel mit dem Konstruktionsschema des Stern-Brocot-Baums und es wird gezeigt, dass der Baum tatsächlich alle rationalen Zahlen in gekürzter Form enthält. 2.1. Ein wenig Graphentheorie Die Graphentheorie ist ein Teilgebiet der Mathematik, das sich u. a. mit folgenden Problemstellungen beschäftigt: § Routenplanung – kürzeste Verbindungen zwischen zwei oder mehr Orten § Netzwerke – ausfallsichere Stromnetzwerke etc. § Entscheidungsbäume Computer-, Telefon-, Gas-, „Ein Graph G = (V(G), E(G)) besteht aus zwei endlichen Mengen: V(G), der Knotenmenge des Graphen, oft nur mit V bezeichnet, die eine nichtleere Menge von Elementen ist, die Knoten genannt werden, und E(G), der Kantenmenge des Graphen, häufig nur mit E bezeichnet, die eine 14 möglicherweise leere Menge von Elementen ist, die Kanten genannt werden, so dass jede Kante e in G einem ungeordneten Paar von Knoten (u, v) zugeordnet ist, die als Endknoten von e bezeichnet werden.“15 Abbildung (3): Beispiel für einen Graphen 2.1.1. Ein besonderer Graph: der Baum Abbildung (3) zeigt einen Graphen, der Kreise enthält. Dabei ist ein Kreis in einem Graphen ein Pfad, der am selben Knoten beginnt und endet. „In der Graphentheorie nennt man jeden zusammenhängenden Graphen, der keine Kreise enthält einen Baum.“16 Ein Beispiel dafür zeigt Abbildung (4). Sind in einem Baum von einem Knoten aus alle Kanten (oder Äste) weggerichtet, so bezeichnet man diesen Knoten als Wurzel, den Baum als Wurzelbaum und die Endknoten als Blätter (andere Punkte werden als innere Knoten bezeichnet). Wurzel Abbildung (4): Beispiel für einen Wurzelbaum Innere Knoten Blätter 15 CLARK, John; HOLTON, Derek Allan: „Graphentheorie”. Spektrum Akademischer Verlag, 1. Auflage 1994, Seite 2 16 NITZSCHE, Manfred: „Graphen für Einsteiger“. Vieweg, 2. Auflage 2005, Seite 73 15 2.1.2. Ein besonderer Baum: der Binärbaum In der Graphentheorie bezeichnet man einen Baum, dessen innere Knoten jeweils zwei Kinder haben, als regulären Binärbaum. Abbildung (5): Beispiel für einen Binärbaum Abbildung (5) zeigt einen endlichen Binärbaum. Im folgenden Kapitel werden die rationalen Zahlen mit Hilfe eines Binärbaums aufgezählt – dafür benötigt man natürlich einen unendlichen Binärbaum. 2.2. Der Stern-Brocot-Baum 2.2.1. Konstruktionsschema des Stern-Brocot-Baums 1 0 ist ein Bruch hingegen nicht. Trotzdem helfen diese beiden 1 0 „Brüche“, den Stern-Brocot-Baum zu konstruieren. 1 0 und und wiederholt folgende Rechenoperation 1 0 m so oft wie gewünscht: Man fügt zwischen zwei benachbarte Brüche und n m' m + m' den so genannten Medianten der Form ein. So erhält man im n' n + n' 0 1 1 ersten Schritt drei Brüche , , 1 1 0 „Man beginnt also mit und im nächsten zwei weitere: endlichen 16 0 1 1 2 1 , , , , . 1 2 1 1 0 Der nächste Schritt ergibt vier weitere, 0 1 1 2 1 3 2 3 1 , , , , , , , , ; 1 3 2 3 1 2 1 1 0 und dann bekommen wir weitere 8, 16, und so fort.“17 Diese Folge erinnert an die Farey-Folge – und doch unterscheiden sich die beiden Folgen: „Die Farey-Folge F n der Ordnung n ist die wachsende Folge irreduzibler Brüche zwischen 0 und 1, deren Nenner nicht größer als n sind.“18 Die 1 0 Brüche werden durch Medianten gebildet, beginnend mit und . 1 1 0 1 1 0 1 1 1 2 1 3 2 3 4 1 So ist z.B. F1 = , , oder F5 = , , , , , , , , , , 1 2 1 1 5 4 3 5 2 5 3 4 5 1 Auch im Stern-Brocot-Baum wird zwischen je zwei benachbarten Brüchen der Mediant der beiden Brüche eingefügt – aber unabhängig vom Konstruktionsschritt n der Folge. Bis zum dritten Konstruktionsschritt sind die beiden Folgen noch gleich. Aber im vierten Schritt, ergibt sich als neuer 2 Bruch im Stern-Brocot-Baum bereits . In der Farey-Folge taucht dieser 5 Bruch laut Konstruktionsvorschrift erst im fünften Schritt auf. 17 vgl. GRAHAM, Ronald; KNUTH, Donald; PATASHNIK, Oren: “Concrete Mathematics”. Addison-Wesley Publishing Company, 6. Auflage 1990, Seite 116f 18 HARDY, Godfrey Harold; WRIGHT, Edward Maitland: “Einführung in die Zahlentheorie“. R. Oldenbourg München 1958, Seite 25 17 0/1 Abbildung 1/0 (6): Die ersten Konstruktionsstufen des Stern-Brocot-Baums 1/1 1/2 2/3 1/3 1/4 2/1 2/5 1/5 2/7 3/8 3/7 3/5 3/2 3/4 4/7 5/8 5/7 4/5 4/3 3/1 5/3 5/4 7/5 8/5 7/4 5/2 4/1 7/3 8/3 7/2 5/1 Abbildung (6) zeigt die ersten Konstruktionsschritte des Stern-BrocotBaums. Betrachten wir die vorletzte Konstruktionsstufe des in 1 0 Abbildung (6) gezeigten Stern-Brocot-Baums, so bildet sich aus (das 4 1 1 ist der nächste Elternknoten auf der linken Seite) und (das ist der nächste 3 Elternknoten auf der rechten Seite) – und so fort. Das Konstruktionsschema anhand des Baumes ist etwas kompliziert, da es sich nicht nur um die direkt vorangehende Elterngeneration handelt, aus der die nachfolgenden Brüche gebildet werden, sondern auch um die Groß- bzw. Urgroßelterngeneration. Für die links und rechts außen liegenden Brüche werden sogar „Adam und 0 1 Eva“ des Stern-Brocot-Baums – die „Brüche“ und herangezogen. 1 0 2.2.2. Was fällt am Stern-Brocot-Baum auf? Anhand der ersten Konstruktionsschritte des Stern-Brocot-Baums lassen sich einige Besonderheiten des Baumes erklären: 18 § Betrachtet man eine beliebige Zeile, dann fällt der symmetrische Aufbau des Baumes auf: Im rechten Teil19 sind die reziproken Brüche des linken Unterbaums zu finden – und zwar in umgekehrter 1 5 Reihenfolge. Z.B. beginnt die letzte Zeile mit und endet mit . 1 5 Das bedeutet auch, dass in einer Reihe für Zähler und Nenner die gleichen Werte auftreten, nur in umgekehrter Reihenfolge. § Ein weitere Besonderheit des Baumes ist nicht ganz so offensichtlich: Betrachtet man den linken Teil des Baumes (z.B. die vorletzte Zeile des Baumes in Abbildung (6)), so sind die Zähler der neu gebildeten Brüche im linken Teil des Baumes identisch mit den Zählern der gesamten vorangehenden Reihe (1, 2, 3, 3). Die Zähler der noch fehlenden Brüche dieser Zeile erhält man auf folgende Weise: Man notiere die Zähler der linken Seite und schreibe darunter noch mal die Zähler der linken Seite, nur in umgekehrter Reihenfolge. Durch Addition von zwei übereinander stehenden Zahlen ergeben sich die Zähler der Brüche der rechten Seite des Baumes. Z.B. gilt dann für die vorletzte Zeile: 1 3 4 + 2 3 5 3 2 5 3 1 4 Somit erhält man für die Brüche der vorletzten Reihe in Abbildung (6) für die Zähler: 1, 2, 3, 3, 4, 5, 5, 4 und für die Nenner die gleichen Werte, nur in umgekehrter Reihenfolge. 19 Ausgehend von 1 bilden sich 2 Unterbäume im Stern-Brocot-Baum. Spreche ich vom 1 linken oder rechten Teil des Baums, so meine ich den linken oder rechten Unterbaum 1 ausgehend von . 1 19 § 1 erkennt man einen linken und einen rechten 1 Unterbaum. Aufgrund der Mediantenbildung enthält der linke Ausgehend von Unterbaum Brüche zwischen 0 und 1, der rechte Unterbaum enthält rationale Zahlen größer als 1. Dabei ist interessant zu beobachten, dass im rechten Unterbaum jeweils die linken „Unter-Unterbäume“ die gleiche Folge der rationalen Zahlen hervorbringt, wie der linke 1 Unterbaum von , nur addiert mit einer positiven ganzen Zahl, die 1 um 1 niedriger als der Konstruktionsschritt des Baumes ist. Als 2 3 1 Beispiel: Der Knoten bringt als linkes Kind = 1 + . Im linken 1 2 2 1 1 Unterbaum von ausgehend ist das linke Kind. Solche 1 2 wiederkehrenden Elemente nennt man in der Mathematik fraktale Strukturen. Nun wollen wir aber zeigen, was den Stern-Brocot-Baum neben diesen Feinheiten tatsächlich ausmacht. 2.2.3. Der Baum enthält alle Brüche in gekürzter Form Aber ist das so einfach zu glauben? Dazu benötigen wir einen Beweis! Einiges, was uns am Stern-Brocot-Baum auffällig erschien, haben wir schon festgehalten – und einiges davon können wir für den Beweis gebrauchen, anderes müssen wir erst herleiten. Wir bezeichnen die Folge der im Stern-Brocot-Baum auftretenden Brüche mit Sn. Aufeinanderfolgende Brüche in der Stern-Brocot-Folge Sn werden m m' m + m' m' ' und , deren Mediante wird genannt. S4 lautet z.B.: n n' n + n' n' ' 0 1 1 2 1 3 2 3 1 4 3 5 2 5 3 4 1 S4 = , , , , , , , , , , , , , , , , 1 4 3 5 2 5 3 4 1 3 2 3 1 2 1 1 0 20 Betrachten wir für den Anfang nur den linken Teil des Baumes: Warum? 1 Wie schon aufgefallen ist, enthält der linke Unterbaum ausgehend von die 1 Brüche zwischen 0 und 1. Diese Behauptung ist sicherlich richtig für die Mediante gebildet 0 1 0 +1 1 m + m' m aus und . = . Allgemein gilt: „Die Mediante von und 1 1 1+1 2 n + n' n m' m m' liegt in dem Intervall , .“20 Das heißt, für m, m' , n, n'∈ N, n' n n' m m' ≠ gilt: n + n ' > m + m ' ⇔ n' ' > m ' ' . Und das gilt auch für den n n' m' ' m' Nachfolger – gebildet aus und . Daher liegen alle gebildeten n' ' n' Medianten im Intervall zwischen 0 und 1. Für den rechten Unterbaum gilt, dass alle gebildeten Medianten zwischen 1 und unendlich liegen (auch hier gilt der o. g. Beweis). Aber erhält man mit der Mediantenbildung wirklich alle Brüche? Und eine m weitere Frage ist noch zu klären: Sind wirklich alle Brüche gekürzt? n Also ggT (m, n) = 1 ? 2.2.3.1. Jeder Bruch im Stern-Brocot-Baum ist gekürzt m m' m m' und sind zwei aufeinander folgende Brüche in Sn, mit < . Dann n n' n n' gilt: m' n − mn ' = 1 Die Aussage bedeutet, dass zwischen dem „Kreuz-Produkt“ von Zähler und Nenner zweier aufeinander folgenden Zahlen immer der gleiche Abstand 20 HARDY, Godfrey Harold; WRIGHT, Edward Maitland: “Einführung in die Zahlentheorie“. R. Oldenbourg München 1958, Seite 26 21 eins liegt. Es herrscht also eine gewisse Ordnung im Baum. Es heißt auch, dass die Brüche relativ prim zueinander sind. Für den Induktionsanfang n = 1 ist das sicher richtig. 1 ⋅ 1 − 0 ⋅ 0 = 1 . Die Induktionsannahme gilt dann für ein beliebiges n ∈ N: m' n − mn ' = 1 . Für die Nachfolger erhält man folgende Aussagen: ( m + m ' ) n − m( n + n ' ) = 1 mn + m ' n − mn − mn ' = 1 ⇔ ⇔ m' n − mn' = 1 m' ( n + n ' ) − ( m + m ' ) n ' = 1 m' n + m ' n'− mn'− m' n ' = 1 ⇔ ⇔ m' n − mn ' = 1 D.h., egal in welchem Konstruktionsschritt des Stern-Brocot-Baumes wir uns befinden, m' n − mn ' = 1 ist nach Induktionsannahme richtig. Damit wird gezeigt, dass alle Brüche in gekürzter Form im Stern-Brocot-Baum auftreten. Jetzt ist nur noch eine Frage offen: Kommen alle Brüche im Stern-BrocotBaum genau einmal vor? 2.2.3.2. Jede rationale Zahl tritt im Stern-Brocot-Baum genau einmal auf Versuchen wir es mit einem Widerspruchsbeweis und nehmen an, dass ein Bruch an zwei Stellen auftritt. Da aber die Konstruktionsvorschrift Ordnung m + m' m m' hält, in der Form, dass die Mediante von und in dem n + n' n n' m m' Intervall , liegt, kann kein Bruch an zwei verschiedenen Stellen n n' auftreten. Aber vielleicht taucht ein Bruch verloren gar nicht auf? Auch das ist nicht a möglich. Nehmen wir an, taucht im Baum nicht auf. Der Bruch liegt b 22 1 0 a 1 , also < < . Durch fortgeführte 0 1 b 0 a Mediantenbildung, grenzen wir immer weiter ein und erhalten 3 Fälle. b sicher zwischen 1. Fall: 0 1 und a m + m' = – dann haben wir bereits gewonnen. b n + n' a m + m' < , dann fahren wir fort, bis m + m ' → m ' und n + n ' → n ' . b n + n' Somit erreichen wir nach endlich vielen Schritten den 1. Fall. 2. Fall: a m + m' > , dann fahren wir fort, bis m + m ' → m und n + n' → n . b n + n' Somit erreichen wir nach endlich vielen Schritten den 1. Fall. 21 3. Fall: m a m' < < geschrieben werden n b n' kann als n ⋅ a − m ⋅ b ≥ 1 und m'⋅b − n'⋅a ≥ 1 erreicht man nach Erweitern und Additionsverfahren folgende Gleichung: (m'+ n' )(n ⋅ a − m ⋅ b) + (m + n)(m'⋅b − n'⋅a) ≥ m + m'+ n + n' . Und mit Hilfe der Nach endlich vielen Schritten heißt: Da in 2.2.3. erwähnten a + b ≥ m + m '+ n + n ' . Formel ist das gleichbedeutend mit Aber wie findet man sich im Stern-Brocot-Baum zurecht? Besteht auch nur 355 die geringste Chance einen bestimmten Bruch – z.B. – zu finden? Ein 113 wenig Geduld ist dafür noch nötig – es fehlt noch die Theorie zu den Kettenbrüchen. Zuvor aber erst noch eine weitere Zählweise. 21 Vgl. GRAHAM, Ronald; KNUTH, Donald; PATASHNIK, Oren: “Concrete Mathematics”. Addison-Wesley Publishing Company, 6. Auflage 1990, Seite 117f 23 3. Abzählung der rationalen Zahlen nach Calkin und Wilf Erst vor kurzem, im Jahr 2000, veröffentlichten Neil Calkin und Herbert S. Wilf im Fachjournal „American Mathematical Monthly“ einen Artikel über eine Formel, die – wie sie selbst beschreiben – die rationalen Zahlen erzeugt und nicht wie viele bereits bestehenden Versuche eine Aufzählung der rationalen Zahlen konstruiert. Die Brüche werden in der Calkin-und-Wilf-Folge durch Iteration erzeugt und in einem Baum aufgezählt. Dabei gelten zwei Regeln: Der Baum startet 1 mit dem Bruch . Jeder Knoten hat zwei Kinder: das linke Kind hat die 1 Form i i + j 22 , das rechte Kind . Die ersten Brüche im Baum lauten23: i+ j j Abbildung 1/1 (7): So beginnt die Liste der Brüche nach Calkin und 1/2 3/2 1/3 1/4 2/1 4/3 1/5 5/4 4/7 7/3 3/5 2/3 5/2 3/8 8/5 5/7 7/2 2/5 Wilf 3/1 5/3 3/4 4/1 2/7 7/5 5/8 8/3 3/7 7/4 4/5 5/1 22 CALKIN, Neil; WILF, Herbert: „Recounting the rationals“. Erschienen in: American Mathematical Monthly, Nr. 107, 2000, Seite 361 23 Die Darstellung der Brüche in einem Binärbaum als auch die Bildung der Nachfolger ähnelt etwas der Zählweise mit Hilfe des Stern-Brocot-Baumes. Aber es sei hier explizit darauf hingewiesen, dass die Nachfolger im Brüche-Baum von Calkin und Wilf nicht mit Medianten, sondern durch die im Text geschilderte Vorschrift gebildet werden. 24 Nun ist folgende Frage zu klären: Enthält der Baum alle gekürzten (siehe 3.1) positiven (siehe 3.2) Brüche genau einmal (siehe 3.3)? Des Weiteren ist zu zeigen, wie man in der Aufzählung nach Calkin und Wilf von einem Bruch zum darauf folgenden Bruch gelangt (siehe 3.4). 3.1. Alle Brüche im Baum sind gekürzt r mit r , s ∈ N gilt ggT (r , s ) = 1 . Für s 1 den ersten auftretenden Bruch im Baum, , ist das sicher richtig 1 (Induktionsanfang). Wir führen den Beweis mit vollständiger Induktion: Das heißt nichts anderes, als dass für Induktionsannahme: r mit r , s ∈ N: ggT (r , s ) = 1 , d.h. r, s sind relativ s prim. r , dann gilt sie auch für den s r r r+s Nachfolger. In diesem Fall hat zwei Nachfolger: und . Sind s r+s s r und s relativ prim zueinander, dann sicherlich auch r und r + s (der Induktionsschritt: Gilt die Behauptung für erste Nachfolger). Das folgt aus dem Satz über die Teilbarkeit von Linearkombinationen, da r r aber r teilt nicht s , somit teilt r auch nicht r + s . Das Gleiche gilt für den zweiten Nachfolger r+s . Somit gilt nach s Induktionsannahme die Behauptung. 3.2. Jeder gekürzte positive Bruch tritt im Baum auf Angenommen nicht jeder Bruch kommt in der Folge vor, dann existiert eine nichtleere Menge M, die alle Brüche enthält, die nicht in der Folge von 25 r nach dem Wohlordnungsprinzip das s kleinste Element dieser Menge, für das die Länge L(r , s ) = r + s minimal r r−s sei. hat einen Vorgänger – laut Bildungsvorschrift entweder oder s s r r , je nachdem, ob linker oder rechter Sohn des Vorgängers ist. Das s−r s ist aber ein Widerspruch zur Behauptung, da nach Voraussetzung L(r , s ) = r + s minimal ist, die Längen der Vorgänger L(r − s, s ) = r − s + s = r bzw. L(r , s − r ) = r + s − r = s aber für r, s ∈ N Calkin und Wilf auftauchen. Sei kleiner sind. 3.3. Jeder gekürzte Bruch tritt genau einmal auf 1 nur an der Spitze des Baumes 1 auftaucht. Für den Fall, dass es noch an einer weiteren Stelle im Baum 1 auftaucht, müsste gelten, dass linkes oder rechtes Kind eines Knoten 1 r r+s wäre, für das nach dem Bildungsgesetz entweder oder gelten r+s s 1 würde. Da nach Voraussetzung r, s ∈ N ist, ist es nicht möglich, dass 1 1 linkes oder rechtes Kind eines Elternknoten ist. Somit kann nur an der 1 Spitze auftauchen. Betrachten wir zuerst den Fall, dass Angenommen r R = , r ≠ s und R ≠ S tritt an zwei verschiedenen Stellen s S auf. Dann lassen sich zwei Fälle unterscheiden: r R und haben einen gemeinsamen Vater. Das würde bedeuten: s S r i R i+ j r R = = und . Mit der Voraussetzung = ergäbe das s i+ j S j s S 1. Fall: 26 i i+ j = i+ j j und das ist falsch. Also ist dieser Fall unmöglich. Versuchen wir den 2. Fall. r tritt an mindestens zwei verschiedenen Stellen auf und hat s r R unterschiedliche Väter (und und sind sicherlich keine Geschwister s S r wie im 1. Fall). Wir nehmen an, dass minimale Länge hat: s r R L(r , s ) = r + s . Wenn = gilt, dann müssen nach dem s S r R Bildungsgesetz auch die Väter gleich sein Vater = Vater . Aber s S r−s r die Väter treten entweder in der Gestalt oder auf, was der s s−r Annahme widerspricht, dass L(r , s ) = r + s minimal ist, da L(r − s , s ) = r − s + s = r bzw. L(r , s − r ) = r + s − r = s ist. 2. Fall: Somit haben wir gezeigt, dass jeder positive Bruch in dem Baum genau einmal und in gekürzter Form auftritt. Mit Hilfe des binären Baumes kann man die Brüche zeilenweise von links nach rechts abzählen – und das liefert die Folge, deren Anfang zu Beginn des 3. Kapitels vorgestellt wurde. Im folgenden Kapitel klären wir, wie man in der Aufzählung nach Calkin und Wilf von einem Bruch zum nächsten kommt. 27 3.4. Wie kommt man in der Aufzählung nach Calkin und Wilf von einem Bruch zum nächsten? x/(1/x-x) x-1 Abbildung (8): Eltern und Kinder eines beliebigen Knotens x x x/(1/x+1) x+1 Die Bildungsvorschrift für die Kinder im Brüche-Baum von Calkin und r Wilf ist bekannt: Ausgehend von wird der linke Sohn nach der Regel s r r+s r , der rechte Sohn nach der Regel gebildet. Setzt man nun x := , r+s s s so erhält man die Bildungsvorschrift für die Söhne, wie sie Abbildung (8) zeigt. In dieser Grafik ist zudem zu sehen, von welcher Gestalt der Elternbruch ist, je nachdem, ob x linker oder rechter Sohn ist. Die Frage dieses Kapitels ist aber, wie man von einem Bruch zum nächsten kommt. Wir halten zunächst fest, „dass für jeden Bruch x der rechte Sohn durch x + 1 gegeben ist, der rechte Enkel durch x + 2 , der k-fache rechte Sohn also durch x + k . Genauso ist der linke Sohn von x gegeben durch x x , sein linker Sohn ist , und so weiter: Der k-fache linke Sohn 1+ x 1+ 2 x x von x ist .“24 1 + kx 24 AIGNER, Martin; ZIEGLER, Günter M.: „Das Buch der Beweis”. Springer, 2. Auflage 2004, Seite 115 28 y y 1+ y Abbildung y +1 faches (9): rechtes KKind eines linken Kindes und k-faches linkes Kind eines rechten Kindes y y +1 +k 1+ y 1 + k ( y + 1) Verfolgt man Abbildung (9), so wird von y zum einen der k-fache rechte Sohn eines linken Sohnes gebildet. Das bringt uns zu der Form y x= + k . Da y < y + 1 , ist k der Ganzteil der Zahl x, also k = [x] und 1+ y y y = {x} . Somit ist ist der gebrochene Anteil von x, also 1+ y 1+ y x = [x ] + {x} Der nächste folgende Bruch f (x ) in der Folge ist nun der k-fache linke y +1 Sohn eines rechten Sohnes – und der hat die Form f ( x) = . Mit 1 + k ( y + 1) Hilfe des ganzteiligen und des gebrochenen Anteils erhalten wir nach Umformen für f (x ) : y +1 1 1 1 f ( x) = =* =** =*** 1 y 1 + k ( y + 1) [x] + 1 − {x} +k k +1− y +1 y +1 * Kürzen mit ( y + 1) y y +1− y 1 = = ** 1 − y +1 y +1 y +1 y = {x} *** k = [x] und 1+ y 29 1 erzeugt die Calkin-Wilf-Folge [x] + 1 − {x} 1 1 2 1 3 2 3 1 4 a a a a a a a a a K in der jede positive 1 2 1 3 2 3 1 4 3 25 rationale Zahl genau einmal auftritt.“ „Die Funktion x a f ( x) = Um einen beliebigen Bruches im Brüche-Baum von Calkin und Wilf zu finden, benötigt man einige Grundlagen der Kettenbrüche. 25 AIGNER, Martin; ZIEGLER, Günter M.: „Das Buch der Beweis”. Springer, 2. Auflage 2004, Seite 116 30 4. Kettenbrüche Continued fractions are part of the „lost mathematics“, the mathematics now considered too advanced for high school and too elementary for college.” Petr Beckmann Die Theorie der Kettenbrüche bildet ein wichtiges Werkzeug in der Mathematik aber auch, wie wir anhand einiger Beispiele sehen werden, in der Mechanik, Kalendergestaltung, Musik etc. Ein Kettenbruch ist einfach, wenn man ihn in folgender Weise darstellen kann: a0 + = [a0 ; a1 , a 2 , a3 , a4 ,...] 1 a1 + 1 a2 + 1 1 a3 a 4 + ... Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die „Zähler“ immer eins sind. „ [a0 ; a1 , a2 , a3 ,...] 26 können beliebig reell oder komplex, Funktionen einer oder mehrer Veränderlichen und dgl. sein.“27 In dieser Arbeit beschränkt sich die Auswahl auf Kettenbrüche der Gestalt, so dass [a0 ; a1 , a2 , a3 ,...] ganze Zahlen – für ak ≥ 1 sogar positive ganze Zahlen sind. Und da wir uns 26 27 Das Semikolon nach a0 deutet an, dass a0 der Ganzteil des Bruches ist. vgl. KHINTCHINE, Aleksandr: „Kettenbrüche“. B.G. Teubner Verlagsgesellschaft Leipzig, 1956, Seite 1 Abbildung Einfacher Kettenbruch (10): unendlicher 31 nur den einfachen Kettenbrüchen widmen, bezeichnen wir sie nur als Kettenbrüche. Ein Kettenbruch heißt endlich, wenn er nach k Koeffizienten abbricht, wobei geregelt ist, dass der letzte Nenner nicht eins sein darf. Für einen endlichen Kettenbruch schreiben wir [a0 ; a1 , a2 , a3 ,..., ak ] mit k ∈ N , k ≠ 1 . Ein Kettenbruch heißt unendlich, wenn er – wie in Abbildung (10) – nicht abbricht – die Schreibweise [a0 ; a1 , a2 , a3 ,...] wurde im vorhergehendem Absatz bereits verwendet. Sowohl bei endlichen, wie auch bei unendlichen Kettenbrüchen bezeichnet man [a0 ; a1 , a2 , a3 ,...] als die Teilnenner des Kettenbruches. Betrachtet man nur einen Abschnitt eines Kettenbruches, so bezeichnet man ihn mit sk = [a0 ; a1 , a2 , a3 ,..., ak ] , wobei 0 ≤ k . Ein Abschnitt kann ein Teil eines endlichen oder eines unendlichen Kettenbruches sein. „Ferner wollen wir vereinbaren, einen Kettenbruch rk = [ak ; ak +1 , ak +2 ,..., an ] als Rest eines endlichen Kettenbruches zu bezeichnen. Analog wollen wir einen Kettenbruch rk = [ak ; ak +1 , ak + 2 ,...] als den Rest des unendlichen Kettenbruches nennen.“28 Somit kann man feststellen, dass alle Reste von endlichen Kettenbrüchen wieder endliche Kettenbrüche sind; Reste von unendlichen Kettenbrüchen sind unendliche Kettenbrüche. Abschließend noch zwei einfache Rechenregeln, die für Kettenbrüche gelten – etwas weiter im Text können sie uns noch hilfreich sein. a a = x = [ a 0 ; a1 , a 2 ,..., a n ] . Dann gilt für + 1 = x + 1 = [a0 + 1; a1 , a2 ,...,an ] . b b Und noch eine weitere Regel: Sei Sei 28 a b 1 = x = [ a 0 ; a1 , a 2 ,..., a n ] . Dann gilt für = = [0; a0 , a1 , a2 ,..., an ] . b a x KHINTCHINE, Aleksandr: „Kettenbrüche“. B.G. Teubner Verlagsgesellschaft Leipzig, 1956, Seite 2 32 Das nun folgende Kapitel stellt Kettenbrüche als Approximation von rationalen und irrationalen Zahlen vor. Im Kapitel 5 schließt sich dann der Kreis – dort wird beschrieben, welche Rolle Kettenbrüche beim Auffinden von bestimmten Brüchen im Stern-Brocot-Baum bzw. im Brüche-Baum von Calkin und Wilf spielen. 4.1. Endliche Kettenbrüche Um die Thematik anschaulicher zu gestalten, beginnt dieses Kapitel mit Beispielen. Denn die Frage drängt sich förmlich auf: warum sollte man eine rationale Zahl (also einen Bruch) durch einen Kettenbruch approximieren? Im Anschluss wird gezeigt, dass es möglich ist, jede rationale Zahl als Kettenbruch zu schreiben. 4.1.1. Beispiele endlicher Kettenbrüche 4.1.1.1. Huygens mechanisches Modell des Sonnensystems „1682 baute der Astronom und Mathematiker Christiaan Huygens (16291695) ein automatisches Planetarium. In einem Jahr überstreichen die Erde 359°45’40’’30’’’ und der Saturn 12°13’34’’18’’’ ihrer Umlaufbahn um die Sonne, das ergibt ein Verhältnis von 77 708 431 : 2 640 858 = 29.42544... “29 „Für die Konstruktion der Zahnräder sollte gelten: 29 STEUDING, Jörn: „Diophantine Analysis“. Chapman & Hall/CRC, 1. Auflage 2005, Seite 10 33 Zahnanzahl von Zahnrad 1 Umlaufzeit von Planet 1 30 = .“ Zahnanzahl von Zahnrad 2 Umlaufzeit von Planet 2 Für den Bau des Modells war eine Approximation notwendig, da kleine Zahnräder mit einer hohen Zähnezahl technisch schwer realisierbar sind. Ganz naiv könnte man es mit einer Annäherung 77 700 000 : 2 600 000 = 777 : 26 versuchen. Damit hätte man folgende Probleme: § Die Anzahl der Zähne (777) ist immer noch zu groß. § Der Fehler beträgt etwa 1,6%. Huygens suchte nach einem Zahnverhältnis P : Q , so dass Außerdem sollten P und Q relativ klein sein. Mit P ≈ 29.43 . Q Hilfe einer Kettenbruchentwicklung ist ihm folgende Näherung gelungen.31 77 708 431 1123 549 = 29 + 2 640 858 2 640 858 1 = 29 + 2 640 858 1123 549 1 = 29 + 1 2+ 1123 549 393 760 1 = 29 + 1 2+ 1 2+ 1 + ... 1 393 760 2+ 1123 549 1 = 29 + 1 2+ 336 029 2+ 393 760 1 206 ≈ 29 + = 1 7 2+ 3 = 29 + 30 SCHEID, Harald: “Zahlentheorie“. Spektrum Akademischer Verlag, 3. Auflage 2003, Seite 47 31 Vgl.: BARROW, John D.: „Chaos in Numberland: The secret life of continued fractions”. Erhältlich unter: http://plus.maths.org/issue11/features/cfractions/2pdf/ index.html/op.pdf 34 Die Pünktchen im Kettenbruch deuten an, dass an der Stelle der Kettenbruch abgebrochen wird, wodurch die Näherung erreicht wird. Somit benötigte er ein Zahnrad mit 206, ein zweites mit 7 Zähnen, um die Umlaufzeit von Saturn und Erde um die Sonne zu konstruieren. Damit löste Huygens sowohl das Problem der zu großen Zähneanzahl und minimierte den Fehler – der nur noch bei 0.01% liegt. 4.1.1.2. Warum Schaltjahre? Die Jahreszeiten richten sich nach dem Umlauf der Erde um die Sonne, d.h. nach dem tropischen Jahr.32 Ein tropisches Jahr dauert etwa 365.24219878 mittlere Sonnentage.33 Anschaulich gesprochen: 365 Tage, 5 Stunden, 48 104 629 .Tage.34 Minuten und 45.8 Sekunden = 365 + 432 000 Mit Julius Cäsar kam etwa 46 v.Chr. eine entscheidende Kalenderreform. Der von ihm eingeführte und später auch nach ihm benannte julianische Kalender sieht alle 4 Jahre ein Schaltjahr vor. D.h. geht man von einem Sonnenjahr, das 365 Tage dauert aus, wird im 4. Jahr der Tatsache Rechnung getragen, dass das tropische Jahr etwa einen Viertel Tag länger dauert. Die sich dadurch ergebende Ungenauigkeit von 0.0078 Tagen fiel 32 „Ein tropisches Jahr ist die Zeitspanne zwischen zwei Durchläufen der Sonne durch den mittleren Frühlingspunkt und dauert 365,242199 Tage. Der Name nimmt Bezug auf den Wechsel der Jahreszeiten (gr. τϕοπη : Wende, Umkehr), der in diesem Sonnenjahr zeitlich fest bleibt.“ MELCHERT, Thomas: „Kalenderlexikon“. Erhältlich unter: http://www.kalenderlexikon.de/anzeigen.php?Eintrag=Jahr 33 „Die Zeit der Erdumdrehung in Bezug auf die Sonne. Zu unterscheiden sind: wahrer Sonnentag, Zeit zwischen zwei unteren Kulminationen der Sonne (wahre Mitternacht); mittlerer Sonnentag, durchschnittliche Dauer der wahren Sonnentage, deren Länge jahreszeitlich schwankt. Der mittlere Sonnentag dient als Zeiteinheit (1 mittlerer Sonnentag = 24 Stunden = 1.440 min = 86.400 s).“ MELCHERT, Thomas: „Kalenderlexikon“. Erhältlich unter: http://www.kalenderlexikon.de/anzeigen.php?Eintrag=Sonnentag 34 vgl. SCHEID, Harald: „Zahlentheorie“. Spektrum Akademischer Verlag, 3. Auflage 2003, Seite 47 35 erst Jahrhunderte später auf. Astronomen bemerkten, dass sich der „wahre Frühlingsbeginn (wenn die Sonne durch den Frühlingspunkt läuft) sich von dem nominalen Frühlingsbeginn am 21. März entfernte.“35 Daher führte Papst Gregor XIII 1582 eine weitere Kalenderreform durch. „Die Schaltjahresregel im gregorianischem Kalender besteht aus drei Schritten: § Die durch 4 teilbaren Jahre erhalten zusätzlich einen Schalttag. (Danach wären beispielsweise 1900, 2000 und 2004 Schaltjahre.) § Die durch 100 teilbaren Jahre bekommen diesen Schalttag wieder weggenommen. (Es bliebe im Beispiel nur 2004 als Schaltjahr übrig.) § Schließlich wird bei den durch 400 teilbaren Jahren der Schalttag wieder zugefügt. (Damit ist schließlich neben 2004 auch 2000 wieder ein Schaltjahr.) 1 1 1 + 365 + − Tage 4 100 400 Somit erreicht man eine ziemlich genaue Annäherung Das Kalenderjahr hat somit ≈ 365.2425 Tage“36 im Mittel an die Dauer des tropischen Jahres, das Jahr ist nur noch 0.0003 Tage zu lang. Erst in ca. 3320 Jahren ergibt sich eine Verschiebung um einen Tag. Seit Einführung des gregorianischen Kalenders sind wir jetzt etwa 0.13 Tage unserer Zeit voraus. 35 MELCHERT, Thomas: „Kalenderlexikon“. Erhältlich unter: http://www.kalenderlexikon.de/anzeigen.php?Eintrag=Gregorianischer%20Kalender&PHP SESSID=qg67es8p1udmnaflspn0hm3v43 36 BREFELD, Werner: „Mathematik – Hintergründe im täglichen Leben“. Erhältlich unter: www.brefeld.homepage.t-online.de/schaltjahre.html 36 Dieses Ergebnis erreicht man auch über eine Kettenbruchentwicklung. Man 104 629 versucht einen Bruch zu finden, der mit möglichst kleinem Zähler 432 000 und Nenner annähert. 104 629 432 000 1 = 432 000 104 629 = 1 1 104629 13484 1 1 = = 1 1 4+ 4+ 10241 1 7+ 7+ 13484 13484 10241 1 1 = = 1 1 4+ 4+ 1 1 7+ 7+ 3243 1 1+ 1+ 10241 10241 3243 1 1 = = 1 1 4+ 4+ 1 1 7+ 7+ 1 1 1+ 1+ 512 1 3+ 3+ 3243 3243 512 = ... = [0; 4, 7,1, 3, 6,2,1,170] = 0.2421967592 In der Kettenbruchentwicklung 1 7 8 31 194 0, , , , , . 4 29 33 128 801 4+ zeigt sich folgende Annäherung: Die Ägypter wählten den nullten Näherungsbruch, d.h. sie hatten keine Schaltjahre. Dafür wurde in größeren Abständen das Jahr gleich um mehrere Tage verlängert. Der erste Näherungsbruch entspricht der Annäherung, die bereits Julius Cäsar in seinem Kalender berücksichtigte – alle 4 Jahre ein Schalttag. Die Regel von Papst Gregor XIII lässt in 800 Jahren 6 Tage ausfallen und entspricht damit der 6. Näherung des Kettenbruchs. 37 4.1.2. Jede rationale Zahl kann als endlicher Kettenbruch geschrieben werden. Die Umkehrung des Satzes ist klar: ein endlicher Kettenbruch kann zu einer rationalen Zahl zusammengefasst werden. Folgendes Beispiel veranschaulicht den Sachverhalt: 2+ 1 4+ = 1 1+ 2+ 1 3+ 1 2 1 4+ = 1 1+ 2+ 2 7 1 7 4+ 9 = 2+ 9 43 = 95 43 Aber die andere Richtung? Im Prinzip haben wir schon in den beiden vorangestellten Beispielen gezeigt, dass man rationale Zahlen in einen Kettenbruch umwandeln kann. Aber gilt das für jede rationale Zahl? „Ist x ∈ Q und a0 = [x ] (d.h. a0 ist die größte ganze Zahl kleiner gleich x). Dann gilt x = a0 + r0 , wobei 0 ≤ r0 < 1 . Ist r0 ≠ 0 , dann können wir schreiben: 1 = a1 ' , r0 [a1 '] = a1 , a1 ' = a1 + r1 , 0 ≤ r1 < 1 Ist r1 ≠ 0 , dann können wir schreiben: 1 = a2 ' = a2 + r2 , r1 0 ≤ r2 < 1 und so weiter. a wobei a und b ganze b Zahlen sind und b > 0 bzw. trivialerweise b > 1 ist. Da Ist also x ∈ Q und nicht ganzzahlig, dann ist x = a = a0 + r0 , b a = a0 ⋅ k + r0 ⋅ k ist, ist a0 der Quotient und R1 = r0 ⋅ k der Rest, wenn a durch b dividiert 1 b b wird. Ist r0 ≠ 0 dann ist a1 ' = = und = a1 + r1 , b = a1 ⋅ k1 + r1 ⋅ R1 . r0 R1 R1 38 Also ist a1 der Quotient und R2 = r1 ⋅ R1 der Rest, wenn man b durch R1 dividiert.“37 Dies wird solange fortgesetzt, solange rn ≠ 0 ist und erhalten das Gleichungssystem, das als Euklidischer Algorithmus bekannt ist, welcher nach endlich vielen Schritten abbricht – genau dann, wenn RN +1 = 0 .38 a = a0 ⋅ b + R1 b = a1 ⋅ R1 + R2 R1 = a2 ⋅ R2 + R3 ... RN − 2 = aN −1 ⋅ RN −1 + RN RN −1 = aN ⋅ RN + 0 0 < R1 < b 0 < R2 < R1 0 < R3 < R2 0 < RN < RN −1 Das Gleichungssystem kann folgendermaßen umgeschrieben werden: a R = a0 + 1 b b b R = a1 + 2 R1 R1 R1 R = a2 + 3 R2 R2 ... RN − 2 R = a N −1 + N RN −1 R N −1 RN −1 = aN + 0 RN 1 b R1 1 = a1 + R1 R2 1 = a2 + R2 R3 = a0 + = a N −1 + 1 RN −1 RN 37 HARDY, Godfrey Harold; WRIGHT, Edward Maitland: “Einführung in die Zahlentheorie“. R. Oldenbourg München 1958, Seite 154f 38 Hinweis: Dieses Verfahren liefert den ggT in den meisten Fällen weit schneller als der (im Schulunterricht übliche) Weg über die Primfaktorzerlegung. Vgl. dazu: KIRSCH, Arnold: „Mathematik wirklich verstehen“. Aulis Verlag Deubner & Co KG, 1987, Seite 36 39 Setzt man nun b aus der zweiten Gleichung in die erste Gleichung ein, so R1 erhält man: a 1 1 = a0 + = a0 + . b 1 b a1 + R1 R1 R2 In die entstandene Gleichung setzt man dann den Wert für R1 in die dritte R2 Gleichung. Fährt man auf diese Weise fort, so erhält man nach endlich vielen Schritten: a 1 = a0 + 1 b a1 + 1 a2 + 1 a3 + ... + aN Somit ist gezeigt, dass jede rationale Zahl in einen endlichen Kettenbruch umgewandelt werden kann. 4.2. Beispiele unendlicher Kettenbrüche „Interessanter als die Approximation rationaler Zahlen ist die Approximation irrationaler Zahlen durch Kettenbrüche. Hierbei handelt es sich natürlich um nicht abbrechende Kettenbrüche, denn ein abbrechender Kettenbruch stellt stets eine rationale Zahl dar.“39 39 SCHEID, Harald: “Zahlentheorie“. Spektrum Akademischer Verlag, 3. Auflage 2003, Seite 48 40 4.2.1. Das pythagoräische Komma „Bestimmte Tonintervalle – z.B. Quinte und Oktave – werden vom menschlichen Gehör als besonders harmonisch empfunden. Die zugehörigen Tonfrequenzen stehen in festen ganzzahligen Verhältnissen zueinander.“40 Und zwar folgendermaßen: § „Die Frequenz verdoppelt sich, wenn man den Ton um eine Oktave erhöht. § Die perfekte Quinte zu einem Grundton erreicht man durch eine Drittelung der Länge der im Grundton schwingenden Seite.“41 Bzw. anders ausgedrückt: „Um zu einem Grundton die Quinte zu erhalten, 3 muss man seine Frequenz mit multiplizieren.“42 2 Der Einfachheit halber verwenden wir als Grundton C und schreiben ihm die Frequenz eins zu. Mit den beiden Axiomen versuchen wir die Tonleiter zu konstruieren: Abbildung Bildung (11): von Oktave und Quinte ausgehend vom Grundton C 40 HARTFELDT, Christian; EID, Wolfram; HENNING, Herbert: “Mathematik in der Welt der Töne”. Erhältlich unter: www.math.uni-magdeburg.de/reports/2002/musik.pdf 41 DUNNE, Edward: „Pianos and Continued Fractions“. Mathematics Magazine, Vol. 72, No. 2 (1999), Seiten 104-115 42 HARTFELDT, Christian; EID, Wolfram; HENNING, Herbert: “Mathematik in der Welt der Töne”. Erhältlich unter: www.math.uni-magdeburg.de/reports/2002/musik.pdf 41 Ausgehend von C mit Frequenz 1 erhalten wir eine Oktave höher C’ mit Frequenz 2 und zu C’ die Quinte G’ mit Frequenz 3. Die Frequenz der 3 Quinte in der gleichen Oktave (also von C zu C’) beträgt nach der Regel . 2 Nun wurde eingangs erwähnt, dass neben der Oktave auch die Quinte als besonders harmonisch empfunden wird. „Ziel ist es, nach m Quintensprüngen aufwärts und n Oktavsprüngen abwärts wieder zur Grundfrequenz zu gelangen. Mathematisch formuliert: 3m ⋅1n 3m 3 1 43 ⋅ = m n = m+n = 1 .“ 2 ⋅2 2 2 2 m n Diese Gleichung kann nie exakt erfüllt werden, da eine 3er Potenz nie gerade ist – eine 2er Potenz aber stets. Wir können allerdings nach Näherungslösungen suchen, d.h. wir suchen m und n dergestalt dass 3m = 2m+n möglichst genau erfüllt ist. m + n log3 0.4771 4771 = ≈ = m log2 0.3010 3010 Es folgt: m ⋅ log3 = (m + n) ⋅ log2 ⇔ Für eine möglichst Kettenbruchentwicklung: Näherung 4771 = 3010 = 43 1+ gute 1761 3010 = 1+ ... = 1+ versuchen 1 3010 1761 = 1+ wir eine 1 1249 1+ 1761 1 1+ 1 1+ 1 2+ 1 2+ 1 3 + ... HARTFELDT, Christian; EID, Wolfram; HENNING, Herbert: “Mathematik in der Welt der Töne”. Erhältlich unter: www.math.uni-magdeburg.de/reports/2002/musik.pdf 42 Für die verschiedenen Stufen des Kettenbruches ergeben sich folgende Näherungsbrüche: 1.) 1 2.) 1+ 3.) 4.) 5.) 6.) = 1 1 1 = 2 1+ 1 1+1 = 3 2 1+ 1 = 8 5 = 19 12 = 65 41 1+ 1+ 1+ 1 1+ 1 2 1 1+ 1 1+ 1 2+ 1 2 1 1+ 1 1+ 1 2+ 1 2+ 1 3 m + n 19 = , m 12 also m = 12 . Und die Gleichung ist tatsächlich näherungsweise erfüllt: 12 Oktavsprünge entsprechen 19 Quintensprünge, wenn man eine Oktave in 12 (Halb-)Tonschritte teilt. Betrachtet man den fünften Näherungsbruch, so erhält man: Dass die Gleichung m ⋅ log 3 = (m + n) ⋅ log 2 in ganzen Zahlen m, n nicht exakt gelöst werden kann, ergibt sich auch aus der Konstruktion der Tonleiter einer Oktave durch Quintenbildung: Die Quinte zu C ist G – d.h. 3 3 man multipliziert 1 ⋅ = und erhält die Frequenz des Tones G. Verfährt 2 2 man weiter so, errechnen sich folgende Frequenzen: 43 C 1 G 3 2 D 9 8 A 27 16 E 81 64 B 243 128 F 177147 131042 C’ 531441 262144 531441 auf das eine Oktave tiefer 262144 muss man die Frequenz halbieren. Um von C’ mit der Frequenz von liegende C zu kommen, 531442 1 531442 ⋅ = ≈ 1.01364326... 262144 2 524288 pythagoräische Komma genannt.44 Diese Ungenauigkeit wird das 4.2.2. Die Kreiszahl π „ [3; 7,15,1, 292,1,1,1, 2,1, 3,1,14, 2,1,1, 2, 2, 2, 2,1, 84, 2, ... ] “45 So beginnt die Kettenbruchentwicklung für die Kreiszahl π . „Interessant ist, welche rationalen Approximationen an π es bereits vor langer Zeit gab: 44 vgl. DUNNE, Edward: „Pianos and Continued Fractions“. Mathematics Magazine, Vol. 72, No. 2, 1999, Seite 104-115 45 BARROW, John D.: „Chaos in Numberland: The secret life of continued fractions“. Erhältlich unter: http://plus.maths.org/issue11/features/cfractions/index.html 44 2 § Papyrus Rind ( ≈ 1650 v.Chr.) 8 π ≈ 4 ⋅ = 3.16049... ; 9 § Altes Testament ( ≈ 1000 v.Chr.)46 π ≈ 3; § Archimedes (287-212 v.Chr.) π ≈ § Tsu Chung Chi ( ≈ 500 n.Chr) 22 3.14285...; 7 355 π ≈ = 3.14159.... “47 113 Ebenso interessant ist, wie damals bereits so gute Näherungswerte für π gefunden werden konnten. Die alten Ägypter z.B. bildeten das Quadrat über 8 8 des Durchmessers des Kreises (unbekannt ist allerdings, wie sie auf 9 9 48 kamen) . Archimedes verwendet ein 96seitiges Polygon, das er einem Kreis um- und einbeschrieb. Mit Hilfe der Umfänge der Polygone errechnete er die Schranken in denen sich π befindet. William V. Brouncker (1620-1684) – er war Vorsitzender der Royal Society – arbeitete im Zusammenhang mit π zum ersten Mal mit Kettenbrüchen. Er bediente sich einer Gleichung, die ursprünglich von J. Wallis aufgestellt 2 ⋅ 2 ⋅ 4 ⋅ 4 ⋅ 6 ⋅ 6 ⋅ ... π 2 ⋅ 4 4 ⋅ 6 6 ⋅ 8 8 ⋅ 10 wurde: π = 2 ⋅ ⇔ = ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ... . Brouncker 1 ⋅ 3 ⋅ 3 ⋅ 5 ⋅ 5 ⋅ 7 ⋅ ... 4 3⋅3 5⋅5 7 ⋅7 9 ⋅9 4 12 formulierte daraus folgenden Kettenbruch: = 1 + .49 2 2 π 3+ 32 5+ 42 7+ 9 + ... 46 Altes Testament, 1.Buch der Könige 7,23: „Und er machte das Meer, gegossen, von einem Rand zum andern zehn Ellen weit rundherum und fünf Ellen hoch und eine Schnur dreissig Ellen war das Maß ringsherum.“ Man rechnete also mit einem Wert von π = 3. 47 Vgl. STEUDING, Jörn: „Diophantine Analysis“. Chapman & Hall/CRC, 1. Auflage 2005, Seite 10 48 Vgl. TÜRK-GOTHE, Nadja: „Mathematik im alten Ägypten“: Erhältlich unter: http://www.meritneith.de/mathematik.htm#Die%20mathematischen%20Papyri Vgl. ARNDT, Jörg; HAENEL, Christoph: „ π – Algorithmen, Computer, Arithmetik“. Springer, 1. Auflage 1998, Seite 125 49 45 Beckman zufolge, muss geraten werden, wie Brouncker diesen Kettenbruch gefunden hat.50 Um nun mit Hilfe von Kettenbrüchen Näherungen für die Kreiszahl π zu finden, könnte man wie Archimedes mit Hilfe einer oberen und unteren Grenze die Kreiszahl mehr und mehr eingrenzen. „Wenn die regelmäßigen Kettenbrüche für Zahlen η 0 und ζ 0 in den ersten n Gliedern übereinstimmen, so beginnt der Kettenbruch für jede zwischen η 0 und ζ 0 gelegene Zahl ξ 0 ebenfalls mit diesen n Gliedern.“51 Zum Beispiel gilt für π : 3.141159265358 < π < 3.141159265359 als Kettenbruch geschrieben: 3.141159265358 = [3;7, 15, 1, 292, 1, 1, 1, 1] 3.141159265359 = [3;7, 15, 1, 292, 1, 1, 1, 2] Also ist π = [3; 7, 15, 1, 292, 1, 1, 1,…]. „Das allgemeine Bildungsgesetz der Teilnenner von π ist nicht bekannt.“52 Es gibt noch weitere Kettenbrüche im Zusammenhang mit π – es handelt sich zwar dabei nicht um einfache, aber dafür um sehr schöne Kettenbrüche – einen davon möchte ich hier vorstellen: „π = 3 + 50 12 “53 32 6+ 52 6+ 72 6+ 6 + ... Vgl. BECKMAN, Petr: „A history of π “. The Golem Press, 5. Auflage 1982, Seite 131 51 PERRON, Oskar: „Die Lehre von den Kettenbrüchen“. Chelsea Publishing Company, 2. Auflage 1950, Seite 41 52 PERRON, Oskar: „Die Lehre von den Kettenbrüchen“. Chelsea Publishing Company, 2. Auflage 1950, Seite 41 46 4.3. Beispiele periodischer Kettenbrüche Einen Kettenbruch bezeichnet man als periodisch, wenn sich eine bestimmte Teilnennerfolge immer wiederholt. Auch hier handelt es sich – wie bei den unendlichen Kettenbrüchen – um irrationale Zahlen. Tatsächlich kann man die reellen Zahlen mit Hilfe von Kettenbruchentwicklungen einführen.54 Wir zeigen es anhand von folgenden Beispiele: die DIN-Formate und deren Zusammenhang mit 2 und der Goldene Schnitt. Dabei ist zu bemerken, dass es sich weder bei 2 , noch bei τ , der Maßzahl des goldenen Schnitts, um rationale Zahlen handelt. 4.3.1. 2 und die DIN-Formate55 „Den meisten Menschen bekannt ist das Wort DIN durch die Normung der Papiermaße. Das Format DIN A4 gibt es seit 1922.“56 Die DIN genormten rechteckigen Papierformate A0, A1, A2, A3, A4 etc. sind durch folgende Forderung festgelegt: Schneidet man ein Blatt (beliebigen DIN-Formates) in der Mitte der längeren Seite durch, so entstehen zwei DIN-Rechtecke des nächst höheren Formates. Ein Blatt in DIN A0 hat den Flächeninhalt 1 m². 53 DELAHAYE, Jean-Paul: „ π – die Story“. Birkhäuser Verlag, 1. Auflage 1999, Seite 87 54 Vgl. FREY, Gerhard: „Elementare Zahlentheorie“. Vieweg Braunschweig/Wiesbaden, 1984, Kapitel III, §3, Seite 31ff 55 56 Siehe im Anhang: „Die DIN-Macher“. KERSTHOLT, Marion: „Die DIN-Macher“. Aus dem Sendungsarchiv des WDR, erhältlich unter: http://www.quarks.de/dyn/30667.phtml 47 A7 9 A8 Abbildung (12): Die DIN-Formate DIN A5 DIN A6 ausgehend von DIN A0 DIN A3 DIN A4 DIN A2 DIN A1 Bezeichnet man die kürzere Seite des Rechtecks mit a, die längere mit b, so b ergibt sich aus der Ähnlichkeitsbetrachtung: a : b = : a . a : b beschreibt 2 b das Seitenverhältnis des Ausgangsrechtecks, : a beschreibt das 2 Seitenverhältnis des nächst kleineren Rechtecks, das durch Halbieren der längeren Seite (b) des Ausgangsrechtecks entstanden ist. Durch Umformen erhält man: 2 ⋅ a 2 = b 2 ⇔ 2 ⋅ a = b oder a : b = 1 : 2 Um 2 als Kettenbruch zu schreiben, wenden wir den Algorithmus aus Kapitel 4.1.2. an. 2 = 1+ ( = 1+ 1 2 + 2 −1 = 1+ ) 1 2 +1 1 = 1+ 1 2+ 2 +1 2 −1 = 1+ ( ) 1 2+ 1 2+ = ... = [1; 2, 2, 2, 2,...] [ ] = 1; 2 1 2 +1 Tatsächlich misst ein Blatt im Format DIN A4 in der Länge 29.1 cm und 21.0 cm in der Breite, was dem fünften Näherungsbruch in der Kettenbruchentwicklung entspricht. 48 4.3.2. Der goldene Schnitt Der Kettenbruch, der die Maßzahl des goldenen Schnitts ausdrückt, wird oft als der nobelste der Kettenbrüche genannt. Betrachten wir zuerst folgende quadratische Gleichung: x2 − b ⋅ x −1 = 0 Teilt man diese Gleichung durch x und formt sie um, ergibt sich folgende Gleichung: 1 x = b+ x Nun setzen wir für das x im Nenner auf der rechten Seite der Gleichung den Ausdruck für x, den die Gleichung beschreibt und erhalten: 1 x =b+ 1 b+ x Diese Substitution kann man bis ins Unendliche fortsetzen und erhält einen Kettenbruch. Die quadratische Gleichung ist auch auf anderem Wege lösbar: mit Hilfe der Lösungsformel (– auch Mitternachtsformel oder pq-Formel genannt). In unserem Fall lautet sie wie folgt: x= b + b2 + 4 2 Setzen wir nun für b = 1 , so erhält man die Maßzahl des goldenen Schnitts τ – bzw. deren Kettenbruch. 57 1+ 5 τ= 2 1 τ = 1+ 1 1+ 1 1+ 1 + ... 57 BARROW, John D.: „Chaos in Numberland: The secret life of continued fractions“. Erhältlich unter: http://plus.maths.org/issue11/features/cfractions/index.html 49 Daran erkennt man auch, warum dieser Kettenbruch als der Nobelste aller Kettenbrüche angesehen wird – das würde man hinter dem Verhältnis 1:1.61803398… nicht vermuten. Geometrisch lässt sich der goldene Schnitt folgendermaßen beschreiben: „Möchte man die Seiten eines Rechtecks so bestimmen, dass das Verhältnis der längeren Seite zur kürzeren mit dem Verhältnis der Seitensumme zur längeren Seite übereinstimmt, so ergibt sich als Seitenverhältnis der goldene Schnitt. Den genauen Wert kann man dadurch ermitteln, dass man die längere Seite erst einmal x nennt und die kürzere als Eins wählt. “58 Aufgrund der Forderung lautet die Gleichung x x +1 = ⇔ x2 − x −1 = 0 1 x Und dem entspricht unsere anfänglich betrachtete quadratische Gleichung für b = 1 .59 58 N.N.: „Der goldene Schnitt“. Erhältlich unter: http://www.mathematik.de/ mde/presse/fuenfminuten/beitraege/98_110405_goldschnitt.html 59 lim n →∞ Fn +1 = [1;1,1,1, ...] für Fn sind die Fibonacci-Zahlen mit F0 = 0, F1 = 1 und Fn+1 = Fn Fn + Fn-1. Siehe STEUDING, Jörn: „Diophantine Analysis“. Chapman & Hall/CRC, 1. Auflage 2005, Seite 71 50 5. Kettenbrüche und Bäume Es wurde schon angekündigt, nun ist es soweit – dieses Kapitel bringt die Ergebnisse aus den Kapiteln über den Stern-Brocot-Baum, dem BrücheBaum von Calkin und Wilf und den Kettenbrüchen zusammen. 5.1. Wie man einen bestimmten Bruch im Stern-BrocotBaum findet Über dieses Thema erfährt man viel aus einem Artikel von Moritz Stern („Über eine zahlentheoretische Funktion“60) und den Informationen der Internetseite www.cut-the-knot.org von Alexander Bogomolny61. Die Thematik hat mit Kettenbrüchen zu tun. Die Teilnenner der Kettenbrüche zeigen uns den Weg von der Spitze des Stern-Brocot-Baums zu einem bestimmten Bruch. Der Wegweiser liest sich folgendermaßen: a0 Knoten nach rechts; a1 Knoten nach links, a2 Knoten nach rechts, a3 Knoten nach links, …, (an -1) Knoten nach rechts, falls n gerade, nach links, falls n gerade (dabei ist a0 ≥ 0 und a1, a2, … ≥ 1). Kürzer schreibt man dafür: R a0 La1 R a2 La3 ... . 60 Vgl. STERN, Moritz: “Über eine zahlentheoretische Funktion”. Journal für reine und angewandte Mathematik, Band 55, 1858, Seite 193-220 61 Vgl. BOGOMOLNY, Alexander: „Stern-Brocot-Tree“. http://www.cut-the-knot.org/blue/ContinuedFractions.shtml Erhältlich unter: 51 1 ist der Wegweiser für die ersten beiden Medianten (linkes 1 1 2 Kind ist = [0; 2]= R 0 L2 −1 und rechtes Kind ist = [2 ]= R 2 −1 ) sicher 2 1 richtig. Im linken Unterbaum finden sich alle Brüche, die im Intervall (0,1) Ausgehend von liegen, im rechten Unterbaum finden sich alle Brüche, die größer als 1 sind. In der Kettenbruchdarstellung beginnen die Brüche des linken Unterbaumes mit a0 = 0. Übersetzt in die Schrittfolge bedeutet es R0, also null Schritte nach rechts zu gehen. Der erste Teilnenner der Kettenbrüche im rechten Unterbaum, mit a0 ≥ 1 deutet an, dass R a0 Schritte nach rechts verlaufen. Abbildung (13) enthält leicht nachvollziehbare Beispiele. Abbildung [1] Kettenbrüche (13): als Wegweiser im SternBrocot-Baum [2] [0;2] [0;3] [0;1,2]=R0L1R2-1=R0L1R1 [1;2] [1;3] = R1L3-1 = R1L2 [3] [4]=R4-1 = R3 Außerdem können wir auch vorhersagen, welchen Bruch man nach einmal links, zweimal rechts, einmal links und dreimal rechts (also R 0 L1 R 2 L1 R 4 −1 ) erreicht. Nach der Vorgabe abwechselnd nach rechts und links zu gehen, muss a0 gleich 0 sein, weil unser Weg sofort nach links führt und die Anzahl 1 14 der letzten Schritte erhöhen wir um 1: [0; 1, 2, 1, 4] = 0 + = . 1 19 1+ 1 2+ 1 1+ 4 In Kapitel 2 haben wir schon gezeigt, dass jeder positive gekürzte Bruch im Stern-Brocot-Baum genau einmal auftaucht. Im Kapitel 4, in dem die 52 Kettenbrüche behandelt wurden, haben wir außerdem bewiesen, dass es für jeden Bruch genau eine Darstellung als Kettenbruch [a0 ; a1 , a2 , ..., an ] gibt (wenn an ≠ 1 gilt). D.h. es gibt für jeden Bruch einen eindeutigen Wegweiser im Stern-Brocot-Baum und somit eine eindeutige Kombination von R a0 La1 R a 2 La 3 ... . 5.2. Kettenbrüche im Brüche-Baum von Calkin und Wilf Nun wissen wir, dass jede rationale Zahl als Kettenbruch dargestellt werden kann. In Kapitel 3 wurde der Brüche-Baum von Calkin und Wilf vorgestellt. Er enthält alle rationalen Zahlen – also Zahlen, die als Kettenbruch geschrieben werden können. Abbildung (14) zeigt die ersten Stufen des von Calkin und Wilf aufgestellten Brüche-Baumes. Dabei sind die Knoten als Kettenbrüche geschrieben. [1] Abbildung ersten [0;2] [2] (14): Die Stufen des Brüche-Baumes von Calkin und Wilf, deren Knoten [0;3] [1;2] [0;1,2] Kettenbrüche [3] dargestellt sind. [0;4] [1;3] [0;1,1,2] [2;2] [0;2,2] [1;1,2] [0;1,3] [4] Im Stern-Brocot-Baum war es einfach, einen beliebigen Bruch zu finden: Entsprechend den Einträgen der Kettenbruchdarstellung wandte man sich abwechselnd nach rechts und links. Wie steht es damit im Brüche-Baum von Calkin und Wilf? als 53 Ganz so einfach kann es nicht sein, denn im Stern-Brocot-Baum sind die m Brüche schon „vorsortiert“ ( findet sich im linken Unterbaum für n m m 0< < 1, ansonsten ist im rechten Unterbaum zu finden). Tragen wir n n doch erst mal zusammen, welchem Muster die Kettenbrüche im BrücheBaum von Calkin und Wilf folgen. 5.2.1. Welchem Muster folgen die Kettenbrüche im Brüche-Baum? § Eine Regel erkennt man sehr einfach: Jede Zeile für n > 1 beginnt mit einem Eintrag xn , mit 0 < xn < 1 und endet mit einem Eintrag xn > 1 . Dazwischen sind die Einträge abwechselnd 0 < xn < 1 und xn > 1 . Beginnen wir, von der Spitze an die Einträge durchzunummerieren mit n = {1, 2, 3, ...}, so erhalten wir: Für n = 2k − 1, k ∈ {1, 2, 3, ...} ist der Wert xn > 1 , für n = 2k , k ∈ {1, 2, 3, ...} ist der Wert 0 < xn < 1 . Anders ausgedrückt: alle linken Söhne eines beliebigen Knotens xn liegen zwischen 0 und 1, alle rechten Söhne eines beliebigen Knotens xn sind größer 1. Das ist auch sicher richtig, ruft man sich Abbildung (13) ins Gedächtnis: ein Elternknoten x hat als linken Sohn 1 und als rechten Sohn x + 1 . 1 +1 x § Was wir schon wissen: der Baum ist symmetrisch aufgebaut – der linke Unterbaum enthält die Kehrwerte der Brüche des rechten Unterbaums. In der Kettenbruchdarstellung erkennt man, dass die Kettenbrüche des linken Unterbaums im rechten Unterbaum wieder auftauchen. Beginnt allerdings ein Kettenbruch mit 0 (damit liegt die rationale Zahl zwischen 0 und 1) so fehlt die 0 dem spiegelbildlich entsprechenden Kettenbruch. Ist der Kettenbruch größer als 1, so wird dem spiegelbildlich entsprechenden Kettenbruch die Null an der ersten Stelle hinzugefügt. § Es fällt auf, dass im linken Unterbaum die Anzahl der Teilnenner gerade, im rechten Unterbaum aber ungerade ist. 54 § Darüber hinaus entdeckt man, dass in der k-ten Zeile für jeden Kettenbruch [a0 , a1 , ..., an ] gilt: n ∑a j=0 j = k – in Worten bedeutet das nichts anderes, als dass die Summe der Teilnenner der Brüche je Zeile der Zeilennummer entspricht. Das bringt uns auf den Plan, dass die Teilnennerfolge ebenso Wegweiser durch den Brüche-Baum ist, da man nach k-1 Schritten in der k-ten Zeile ankommt. Das stimmt für die Spitze des Baumes, sowie für die zweite, dritte und vierte Zeile, wie aus Abbildung (12) hervorgeht. Somit kann 355 man einfach bestimmen, in welcher Zeile sich z.B. der Bruch 113 zu finden ist: 355 = 3 ⋅ 113 + 16 113 = 7 ⋅ 16 + 1 16 = 16 ⋅ 1 ⇒ 355 1 = 3+ = [3, 7,16] 1 113 7+ 16 355 ist also in der 26.-ten Zeile zu finden. Nur sind in der 26.-ten 113 Zeile bereits 2 25 Einträge, das „Finden“ wird entsprechend lange dauern. Wie man es trotzdem schafft, einen beliebigen Bruch zu lokalisieren zeigt das nächste Kapitel. 55 5.2.2. Wegweisende Kettenbrüche Das Ergebnis aus den Auffälligkeiten des Brüche-Baumes ist im folgenden „Wegweiser“ zusammengefasst. r = x = [a0 ( x); a1 ( x), a2 ( x), a3 ( x), a4 ( x)..., an ( x)] s falls n ungerade, dann x ∈ linker Baum: Lan −1 R an −1 Lan − 2 ... R a0 falls n gerade, dann x ∈ rechter Baum: R a n −1La n −1 R a n− 2 ... R a0 .62 Anders als im Stern-Brocot-Baum durchläuft man hier die Teilnennerfolge von an − 1 bis a0 . Man reduziert den letzten Teilnenner an um 1 und je nach Parität der Anzahl der Teilnenner geht der erste Schritt nach rechts oder links. Wir versuchen, dies per Induktion zu beweisen: Induktionsanfang: Für die Söhne von x = 1 = [1] ist die Sache klar: Für den linken Sohn gilt 1 1 = = [0;2] – die Anzahl der Teilnenner ist gerade (n = 1, also n ist 1 +1 2 x ungerade). Für den rechten Sohn hingegen gilt x + 1 = 2 = [2] (n = 0, n ist gerade). Induktionsbehauptung: r Für ein beliebiges = x = [a0 ( x); a1 ( x), a2 ( x),..., a n ( x) ] gelte: falls n gerade, s dann x ∈ rechter Baum; falls n ungerade, dann x ∈ linker Baum. Induktionsschritt: Sei nun o.B.d.A. x’ ein Bruch im rechten Unterbaum (also n ist gerade), und x’ sei Nachfolger von x mit x' = [a0 ( x ' ); a1 ( x ' ), a2 ( x' ),..., an ( x ' )] und R an −1Lan −1 ...R a0 . Für den rechten Sohn von x’ gilt: 62 Aufgepasst! Für n gerade ist die Anzahl der Teilnenner ungerade und umgekehrt, da wir ja bei 0 zu zählen beginnen. 56 x' → x'+1 = [a0 ( x'+1); a1 ( x' ), a2 ( x' ),...,an ( x' )] = [a0 + 1( x' ); a1 ( x' ), a2 (x' ),...,an ( x' )] , d.h. die Anzahl der Teilnenner bleibt erhalten – bleibt also gerade. Für den linken Sohn unterscheiden wir zwei Fälle: 1. Fall: x' < 1 : x' → 1 1 +1 x' = [0; a1 + 1( x' ), a2 ( x' ),..., an ( x' )] , da 1 x' → → 1 +1 x' 1 → 1 +1 x' [0; a1(x' ),...,an (x' )] → [a1(x' );...,an (x' )] → [a1(x'+1);...,an (x' )] → [0; a1 +1(x' ),...,an (x' )] x' Die Anzahl der Teilnenner verändert sich nicht. 2. Fall: x' > 1 : x' → 1 = [0;1, a0 ( x ' ), a1 ( x' ),..., an ( x' )] , da 1 +1 x' 1 x' → → 1 +1 x' 1 → 1 +1 x' [a0 ( x' );...,an ( x' )] → [0; a0 (x' ),...,an (x' )] → [1; a0 (x' ),...,an ( x' )] → [0;1, a0 ( x' ),..., an ( x' )] x' D.h. die Anzahl der Teilnenner erhöht sich um zwei weitere Teilnenner – n bleibt also in unserem Fall gerade. Im linken Unterbaum verhält es sich genauso: die Anzahl der Teilnenner der Söhne erhöht sich entweder um zwei oder verändert sich gar nicht, n bleibt aber (für den linken Unterbaum) in jedem Fall ungerade. Nun bleibt noch zu zeigen, dass die Summe der Teilnenner in jeder n Generation konstant ist: ∑a j =0 j = konstant. Der Beweis erfolgt auch per Induktion. Induktionsanfang: Die Summe der Teilnenner stimmt für die beiden Brüche 2 = [ 2] der ersten Generation überein. 1 1 = [0;2] und 2 57 Induktionsbehauptung: n Die Behauptung ∑ a ( x) = konstant stimmt für eine beliebige Generation n j j =0 im Brüche-Baum von Calkin und Wilf. Induktionsschritt: Dann gilt die Behauptung auch für die nachfolgende Generation n + 1 . Hierbei hilft wieder die Betrachtung, die bei der vorherigen Behauptung bereits gedient hat: ein beliebiger Bruch in der n-ten Generation r = x = [a0 ( x); a1 ( x), a2 ( x),..., an ( x) ] hat als rechten Sohn s x + 1 = [a0 ( x + 1); a1 ( x ), a2 ( x),..., an ( x)] = [a0 ( x ) + 1; a1 ( x), a2 ( x),..., an ( x)] . Nach Induktionsbehauptung n+1 ist die Summe n+1 ∑ a ( x + 1) = 1 + ∑ a ( x) = konstant. j =0 j j =0 j Für den linken Sohn 1. Fall: 1 1 +1 x x < 1: von x unterscheiden wir zwei Fälle: x→ 1 1 +1 x = [0; a1 + 1( x), a2 ( x),..., an ( x)] . n +1 Induktionsbehauptung ist Fall: x >1: n +1 ∑ a ( x + 1) = 1 + ∑ a ( x) = konstant. j =0 2. Nach j x→ j =0 1 1 +1 x j = [0;1, a0 ( x), a1 ( x),..., an ( x )] . n +1 Induktionsbehauptung ist auch hier Nach n +1 ∑ a ( x + 1) = 1 + ∑ a ( x) = konstant. j =0 j j =0 j Nach Induktionsannahme stimmt also die Behauptung. Nun haben wir gezeigt, dass die Summe der Teilnenner in jeder Generation konstant ist. Der Beweis liefert außerdem, dass die Summe je Generation um eins anwächst, also immer gleich k (Zeilennummer) ist. Zudem haben wir bewiesen, dass je nach Parität der Anzahl der Teilnenner die Brüche im linken bzw. im rechten Teilbaum sitzen. Das zeigt gesamthaft die 58 Behauptung, dass: r = x = [a0 ( x); a1 ( x), a2 ( x), a3 ( x), a4 ( x)..., an ( x)] s falls n gerade, dann x ∈ rechter Baum: R an −1 Lan −1 R an −2 ...R a0 falls n ungerade, dann x ∈ linker Baum: Lan −1R an −1 Lan −2 ...R a0 . 59 6. Und jetzt? Es ist schon alles gesagt worden, aber noch nicht von allen. Karl Valentin Drei verschiedene Zählweisen – und doch sind es noch lange nicht alle. Mit dem Problem, Abzählungen der rationalen Zahlen zu finden, haben sich weit mehr Mathematiker beschäftigt, als die hier genannten. David M. Bradley hat in einem Artikel63 14 weitere Zählweisen (wobei er Cantors Zählweise und den Stern-Brocot-Baum nicht erwähnt) aufgelistet und die dazugehörige Beweisidee erklärt. Die Techniken reichen von Stellenwertdarstellungen (radix representations), Gödel Zählweise, Hauptsatz der Arithmetik, Kettenbrüchen, Ägyptischen Brüchen64 bis zur Folge der Verhältnisse von Hyperbinärdarstellungen von Zahlen (auch so kann man die Aufzählung nach Calkin und Wilf beschreiben). Uns interessiert an dieser Stelle natürlich die Technik der Zählweise mit den Kettenbrüchen – sozusagen als eine Verbindung der beiden Themengebiete in dieser Arbeit. Betrachten wir die Zählweise, vorgestellt in dem Abstract von Bradley, etwas genauer: Jede rationale Zahl kann als Kettenbruch dargestellt werden – das wissen wir bereits (Kapitel 4.1.2.). Es ist sogar bewiesen, dass es nur eine einzig 63 BRADLEY David: „Counting the positive rationals. A brief survey“. Erhältlich unter: http://arxiv.org/PS_cache/math/pdf/0509/0509025.pdf 64 Die Ägypter rechneten vor allem mit Stammbrüchen. Näheres dazu unter: http://www.meritneith.de/mathematik.htm#Br%FCche 60 mögliche Darstellungsform einer rationalen Zahl r als endlichen Kettenbruch der Form r = a0 + 1 a1 + gibt, wenn a0 , a1 , a2 , ..., an ganze Zahlen 1 a2 + 1 O+ 1 1 an sind mit a0 ≥ 0 und a j > 1 für 1 < j ≤ n .65 an−1 + k n j =0 k =0 „Wenn also bk = ∑ a j für 0 ≤ k ≤ n , dann gilt: r a ∑ 2bk .“66 Summen von abzählbaren Mengen ergeben wieder abzählbare Mengen und n somit ist r a ∑ 2bk eine Bijektion von Q≥0 a N . k =0 Aber das wussten wir ja schon. Nun gilt es ein mehrfaches herzliches Dankeschön zu sagen. Zuallererst gilt mein Dank Herrn Jörn Steuding. Sie hatten die Idee zu diesem Thema, das mein Interesse weckte, die guten Hinweise, wenn mein mathematisches Können versagte und die Gabe zu motivieren, so dass die Arbeit in der Zeit gelingen konnte. Mein Dank gilt auch allen, denen ich erzählen durfte, wodurch sich auch bei mir mancher Wald lichtete: Vielen Dank Carola, Anette, Beate, Markus, Bernadette und Heide. Am meisten haben sicherlich meine Brüder Michael und Andreas abgekriegt, obwohl sie selbst im Prüfungsstress steckten. 65 siehe z.B. HARDY, Godfrey Harold; WRIGHT, Edward Maitland: “Einführung in die Zahlentheorie“. R. Oldenbourg München 1958, §10.5., Seite 151f 66 BRADLEY David: „Counting the positive rationals. A brief survey“. Erhältlich unter: http://arxiv.org/PS_cache/math/pdf/0509/0509025.pdf, Seite 4 61 Für die korrekte Zeichensetzung und Orthografie habe ich meinem Bruder (und Deutschlehrer) Bernhard zu danken – und ich bin mir sicher, dass auch er sich Rat geholt hat: Danke Kristina. Um meinen jüngsten Bruder nicht zu vergessen: Danke Klaus, dass du es mit deiner munteren Art verstehst, alle dunklen Stunden zu vertreiben. Und der größte Dank gilt Zeno: Du verstehst nicht zuletzt zu motivieren, zuzuhören, zu korrigieren und Sonne ins Leben zu bringen! 62 7. Literaturverzeichnis AIGNER, Martin; ZIEGLER, Günter M.: „Das Buch der Beweise”. Springer, 2. Auflage 2004 APPELL, Kristina; APPELL, Jürgen: „Mengen – Zahlen – Zahlbereiche. Eine elementare Einführung in die Mathematik“. Spektrum Akademischer Verlag, 1. Auflage 2005 ARNDT, Jörg; HAENEL, Christoph: „ π – Algorithmen, Computer, Arithmetik“. Springer Verlag, 1. Auflage 1998 BARROW, John D.: „Chaos in Numberland: The secret life of continued fractions“. Erhältlich unter: http://plus.maths.org/issue11/features/cfractions/index.html BECKMAN, Petr: „A history of π “. The Golem Press, 5. Auflage 1982 BEHRENDS, Ehrhard: „Analysis Band 1“. Vieweg, 2. Auflage 2004 BERCHTOLD Bernhard: „Mathematik.ch“. Erhältlich http://www.mathematik.ch/mathematiker/cantor.php unter: BOGOMOLNY, Alexander: „Stern-Brocot-Tree“. Erhältlich http://www.cut-the-knot.org/blue/ContinuedFractions.shtml unter: 63 BRADLEY David: „Counting the positive rationals. A brief survey“. Erhältlich unter: http://arxiv.org/PS_cache/math/pdf/0509/0509025.pdf BREFELD, Werner: „Mathematik – Hintergründe im täglichen Leben“. Erhältlich unter: www.brefeld.homepage.t-online.de CALKIN, Neil; WILF, Herbert: „Recounting the rationals“. Erschienen in: American Mathematical Monthly, 2000, Nr. 107, Seite 360-363 CLARK, John; HOLTON, Derek Allan: „Graphentheorie”. Spektrum Akademischer Verlag, 1. Auflage 1994 DELAHAYE, Jean-Paul: „π – die Story“. Birkhäuser Verlag, 1. Auflage 1999 DUNNE, Edward: „Pianos and Continued Fractions“. Mathematics Magazine, Vol. 72, No. 2, 1999 FRITZSCHE, Klaus: „Mathematik für Akademischer Verlag, 2. Auflage 2001 Einsteiger“. Spektrum GRAHAM, Ronald; KNUTH, Donald; PATASHNIK, Oren: “Concrete Mathematics”. Addison-Wesley Publishing Company, 6. Auflage 1990 HARDY, Godfrey Harold; WRIGHT, Edward Maitland: “Einführung in die Zahlentheorie“. R. Oldenbourg München, 1958 64 HARTFELDT, Christian; EID, Wolfram; HENNING, Herbert: “Mathematik in der Welt der Töne”. Erhältlich unter: www.math.unimagdeburg.de/reports/2002/musik.pdf KARLSON, Paul: „Vom Zauber der Zahlen“. Ullstein Verlag, 1958 KERSTHOLT, Marion: „Die DIN-Macher“ Aus dem Sendungsarchiv des WDR. Erhältlich unter: http://www.quarks.de/dyn/30667.phtml KHINTCHINE, Aleksandr: „Kettenbrüche“. Verlagsgesellschaft Leipzig, 1956 B.G. Teubner KIRSCH, Arnold: „Mathematik wirklich verstehen“. Aulis Verlag Deubner & Co KG, 1987 MELCHERT, Thomas: „Kalenderlexikon“. http://www.kalenderlexikon.de Erhältlich unter: N.N.: „Der goldene Schnitt“. Erhältlich unter: http://www.mathematik.de/mde/presse/fuenfminuten/beitraege/98_110 405_goldschnitt.html N.N.: „Die Hierarchie der Zahlen“. Erhältlich unter: http://www.mathematik.de/mde/information/landkarte/zahlen/diehierarchie derzahlen.html 65 N.N.: „Prinz Max zu Wied Leben und Werk. Begleitschrift zur Ausstellung im Landschaftsmuseum Hachenburg 1994“ Erhältlich unter: http://www.zuwied.de/hachenburg/pmw12.htm NITZSCHE, Manfred: „Graphen für Einsteiger“. Vieweg, 2. Auflage 2005 PERRON, Oskar: „Die Lehre von den Kettenbrüchen“. Chelsea Publishing Company, 2. Auflage 1950 RICHTER, Manfred: „Die Geschichte des Kalenders“. Erhältlich unter: http://www.richter-germany.de/kalender.htm SCHEID, Harald: “Zahlentheorie“. Spektrum Akademischer Verlag, 3. Auflage 2003 STAVRAKIDIS Kyriakos: „kyri.de“. www.kyri.de/mathematik/mengen.shtml Erhältlich unter: STERN, Moritz: „Über eine zahlentheoretische Funktion“. Journal für reine und angewandte Mathematik, 1858, Band 55, Seite 193-220 STEUDING, Jörn: „Diophantine Analysis“. Chapman & Hall/CRC, 1. Auflage 2005 TÜRK-GOTHE, Nadja: „Mathematik im alten Ägypten“: Erhältlich unter: http://www.meritneith.de/mathematik.htm#Die%20mathematischen%2 0Papyri 66 8. Anhang Die Literaturrecherche hat vieles zu Tage gefördert, dass am Rande mit der Thematik der Abzählungen der rationalen Zahlen und den Kettenbrüchen zu tun hatte, aber nicht im vollen Umfang in der Arbeit erläutert werden konnte. Aber all die interessanten Hinweise (viele fanden sich im Web) sollen nicht verloren gehen, sondern im Anhang ihren Platz finden. Für Interessierte findet sich hier Interessantes zu… § Die Geschichte des Kalenders – zwei interessante Links, die über die Geschichte des Kalenders berichten § Die DIN-Macher § Der goldene Schnitt – Ein Artikel aus der WELT vom 11. 4. 2005 aus der Reihe: „5 Minuten Mathematik“ 67 Die Geschichte des Kalenders Die römischen Heerführer waren stets siegreich, sie wussten aber nie wann sie siegten. Voltaire „Das Wort Kalender stammt von den lateinischen Wörtern calendarium = Schuldbuch und calendae = erster Tag des Monats ab. Im alten Rom mussten die Zinsen für geschuldete Summen am ersten jeden Monats gezahlt werden. Da die Priester die Herrschaft über den Kalender ausübten, konnten sie dieses, für viele sehr schwerwiegende Ereignis verschieben.“67 Weitere sehr interessante Darstellungen zur Geschichte der Kalender und der Zählweise der unterschiedlichen Kalender findet man unter: http://www.richter-germany.de/kalender.htm und http://www.ortelius.de/kalender/ Die DIN-Macher „Die DIN-Normen gibt es seit 1918. Damals erschien die Norm Nummer 1 über Kegelstifte, das sind kleine Metallstifte, die Maschinenteile zusammenhalten.“68 Als Mutter aller Normen gilt allerdings das Maschinengewehr 08/15 aus dem ersten Weltkrieg. Viele Fabriken wurden zur Waffenproduktion 67 RICHTER, Manfred: „Die Geschichte http://www.richter-germany.de/kalender.htm 68 des Kalenders“. Erhältlich unter: KERSTHOLT, Marion: „Die DIN-Macher“ Aus dem Sendungsarchiv des WDR, erhältlich unter: http://www.quarks.de/dyn/30667.phtml 68 umgerüstet, sie sollten Einzelteile für das leichte Maschinengewehr 08/15 liefern. Doch es gab keine Richtlinien, die eine einheitliche Herstellung regelten. Um die Produktion zu gewährleisten, wurden damals die ersten Standards für Komponenten eingeführt. „Nach dem Krieg übernahm der Normenausschuss der deutschen Industrie das Prinzip und übertrug es auf den außermilitärischen Bereich. 1976 wurde schließlich das Deutsche Institut für Normung gegründet, als ein eingetragener Verein.“69 Der goldene Schnitt Abbildung (15): Der goldene Schnitt in der bildenden Kunst am Beispiel von Mona Lisa und Dürers 70 Selbstbildnis Der goldene Schnitt - Die Kolumne "Fünf Minuten Mathematik" in der WELT vom 11. 4. 200571 Der goldene Schnitt ist eine der wichtigsten Zahlen der Mathematik. Zur Erinnerung: Möchte man die Seiten eines Rechtecks so bestimmen, dass das Verhältnis der längeren Seite zur kürzeren mit dem Verhältnis der Seitensumme zur längeren Seite übereinstimmt, so ergibt sich als Seitenverhältnis der goldene Schnitt. Den genauen Wert kann man dadurch ermitteln, dass man die längere Seite erst einmal x nennt und die kürzere als 69 KERSTHOLT, Marion: „Die DIN-Macher“. Aus dem Sendungsarchiv des WDR, erhältlich unter http://www.quarks.de/dyn/30667.phtml 70 Abbildung (15) entnommen von: http://www.asamnet.de/~hollwecm/section/monalisa.htm 71 N.N.: Erhältlich unter: http://www.mathematik.de/mde/presse/fuenfminuten/beitraege/ 98_110405_goldschnitt.html 69 Eins wählt. Dann muss aufgrund unserer Forderung x/1=(1+x)/x gelten. Nach Multiplikation mit x und Sortieren führt das auf die quadratische Gleichung x*x-x-1=0, und die p-q-Formel für quadratische Gleichungen liefert als einzige positive Lösung die Zahl x=1.6180… Manchmal wird behauptet, dass Rechtecke, deren Seiten im Verhältnis des goldenen Schnitts stehen, ästhetisch besonders gelungen wirken. Richtig ist, dass man den goldenen Schnitt in der Architektur häufig antrifft. Er ist bei Grundrissen griechischer Tempel genau so zu finden wie bei moderneren Bauten (so teilt etwa der Turm das alte Leipziger Rathaus im Verhältnis des goldenen Schnitts)72. Im täglichen Leben haben wir uns wohl allerdings eher an des DIN-Format gewöhnt: Dort hat eine in der Mitte gefaltete Seite die gleichen Proportionen wie das Original, die lange Seite verhält sich zur kurzen wie 1.414…, das ist die Wurzel aus Zwei. Die Wichtigkeit des goldenen Schnitts wird daran deutlich, dass er in so gut wie allen mathematischen Bereichen eine Rolle spielt. Dass das für die Geometrie gilt, ist sicher nicht verwunderlich, denn die Zahl ist ja über eine geometrische Fragestellung eingeführt worden. Man kann sie aber auch antreffen, wenn man sich über Zahlen Gedanken macht. Als Beispiel betrachten wird die berühmte Fibonacci-Folge. Sie beginnt mit 1, 1,…, und der nächste Summand ist jeweils die Summe der beiden vorangehenden; folglich lauten die nächsten Glieder 2, 3, 5, 8, 13, 21, usw. Der Quotient aus zwei aufeinander folgenden Gliedern dieser Folge nähert sich immer besser dem goldenen Schnitt: Bereits 21/13=1.615… ist eine gute Approximation. Hin und wieder kommen Fibonaccizahlen auch in der Natur vor, etwa bei der Anordnung der Kerne einer Sonnenblume73. Und wenn Sie zufällig ein Maßband griffbereit haben, können Sie auch bei sich selbst auf Entdeckungsreise gehen. Das Verhältnis "Abstand Ellenbogen – 72 In: STEUDING, Jörn: „Diophantine Analysis“. Chapman & Hall/CRC 2005, findet sich ein sehr interessanter Hinweis auf Seite 28 zur orthodoxen Kirche auf dem Roten Platz: http://nauka.relis.ru/cgi/nauka.pl?52+0306+52306082+HTML 73 Dazu findet man sehr interessante (evtl. auch für den Schulgebrauch geeignete) Materialien unter: http://maven.smith.edu/~phyllo/About/fibogolden.html 70 Fingerspitzen" zu "Abstand Ellenbogen – Handgelenk" ist nur eines unter vielen möglichen Beispielen. Schnell ist man bei der Suche aber im Bereich der Spekulation. Oder finden Sie es glaubhaft, dass das Verhältnis positiver zu negativer Charaktere in den Grimmschen Märchen dem goldenen Schnitt entspricht? 71 Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit in allen Teilen selbständig gefertigt und keine anderen als die in der Arbeit angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die Zeichnungen und Tabellen habe ich selbst gefertigt. Würzburg, den 04.10.2006 Gertraud Schuster