Medizinethik

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Georg Marckmann
Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin
Einführung in die Ethik und
prinzipienorientierte
Medizinethik
Seminar „Grundprinzipien der Bioethik für den
Allgemeinmediziner“
Bozen, 16. November 2015
Moral vs. Ethik
Moral
• Sittliche Phänomene in einer bestimmten Gemeinschaft:
moralische Überzeugungen, Regeln, Normen,
Wertmaßstäbe, Gebote
• Die Moral gibt an, was moralisch richtig und falsch ist
• Bspl.: „Der Wille eines Patienten ist zu respektieren.“
Ethik
• Die (philosophische) Reflexion über moralische Phänomene
• Die Ethik versucht zu begründen, warum etwas moralisch
richtig und falsch ist.
• Bspl.: „Warum ist der Wille eines Patienten zu respektieren?“
• Bspl.: „Wie kann man den Willen bei einem nicht
äußerungsfähigen Patienten respektieren?
Umgangssprache: Moral & Ethik oft synonym!
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
#2
Formen der
(philosophischen) Ethik
Metaethik
• Klärt die Verwendung moralischer Begriffe und Grundfragen
• Bspl.: Gibt es eine rational begründbare, allgemein
verbindliche Medizinethik?
Deskriptive Ethik
• Untersucht faktische moralische Orientierungen
• Bspl.: Einstellungen von ÄrztInnen zur aktiven Sterbehilfe
Normative Ethik
•
•
•
•
Prüfung & Begründung moralischer Urteile
Leitfrage: „Was soll ich tun?“
Bspl.: „Ist die aktive Sterbehilfe ethisch vertretbar?“
Bspl.: „Soll man dem Wunsch des Patienten folgen und das
Beatmungsgerät abstellen?“
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
#3
Leitfrage der Ethik:
Was soll ich tun?
technisch
evaluativ
moralisch
Kann eine PEG bei
Demenz eine
Aspirationspneumonie
verhindern?
Dient die PEG dem
Wohlergehen eines
Demenzpatienten?
Ist die vorausverfügte
Verweigerung einer
PEG bei Demenz zu
respektieren?
Naturwissenschaften/
Medizin
Strebensethik
Evaluative Ethik
Sollensethik
Normative Ethik
Abhängig von
wissenschaftlicher
Evidenz
Abhängig von
Vorstellungen des
guten Lebens
(Pluralität)
Allgemeine
Verbindlichkeit
 Ärztlich-pflegerische
Expertise
 Individuelle
Patienten-Präferenzen
 Oft rechtliche
Regulierung
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
4
Ethische Theorien
Ethische Theorie  allgemeine Kriterien für
• Moralisch Richtig und Falsch
• Gut und Böse
• Gerecht und ungerecht
Utilitarismus
• „Diejenige Handlung ist moralisch richtig, die das
Wohlergehen aller Betroffenen maximiert.“
 Prinzip der Nutzenmaximierung
Kantische Ethik
• „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich
wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
[GMS]
 Universalisierungs-Test (Kategorischer Imperativ)
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
#5
Entwicklung der
Medizinethik
Traditionelle Medizinethik: professionsinterne Regelung für das
Verhalten von Ärzten („ärztliches Ethos“)
Hippokratischer Eid
•
•
•
Urspr.: 4. Jhdt. v. Chr. in pythagoräischer Ärztegruppe
Z.B.: Patient nutzen und nicht schaden, Schweigepflicht
Historisches Dokument, kein aktuell verbindlicher Moralkodex!
Neue Entwicklungen seit 1950:
•
•
•
•
•
Medizinisch-technischer Fortschritt (v.a. Intensivmedizin)
Pluralisierung von Wertüberzeugungen
Akzentuierung der Patientenautonomie (v.a. durch Rechtssystem!!)
Akademisierung der Medizinethik (USA seit 1970, D seit 1995)
Medizinethik ist nicht auf ärztliche Ethik beschränkt!!
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
#6
Von der medizinischen
Praxis zur ethischen Theorie
Was ist moralisch richtig/falsch im medizinischen Bereich?
• Krankenversorgung (Behandlung & Pflege), Forschung,
Gesundheitssystem
Normative Ethik  Begründung  ethische Theorie
„Trilemma“ der angewandten Ethik:
(1) Pluralismus ethischer Theorien
(2) Abstraktionsgrad ethischer Theorien
(3) Berücksichtigung verschiedener moralischer Aspekte
erforderlich: Verpflichtungen, Handlungsfolgen, Haltungen
Alternativmodell: Kohärentistische Ethikbegründung
• Keine umfassende Moraltheorie, kein oberstes Moralprinzip
• Ausgangspunkt: gelebte moralische Praxis
• Sog. prinzipienorientierte Ethik / „principlism“
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
#7
Kohärentistische
Ethikbegründung
Wohl überlegte moralische Urteile
Revision
Rekonstruktion
„ÜberlegungsGleichgewicht“
Mittlere Prinzipien
Interpretation
Gewichtung
KohärenzPrüfung
Revision
Einzelfall
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
#8
Kohärentistische
Ethikbegründung
Wohl überlegte moralische Urteile
Der Patient soll eine lebensverlängernde Therapie erhalten
Revision
Rekonstruktion
Mittlere Prinzipien
Leben erhalten
Wohlergehen
fördern
Interpretation
Gewichtung
KohärenzPrüfung
Revision
Verpflichtung „Leben
erhalten“ entfällt
Einzelfall
Leidender Patient in Endphase
einer unheilbaren Erkrankung
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19.01.2016
#9
Kohärentistische
Ethikbegründung
Wohl überlegte moralische Urteile
Revision
Rekonstruktion
Wohltun/Nutzen
Nichtschaden
Mittlere Prinzipien
Interpretation
Gewichtung
Respekt der
Autonomie
Gerechtigkeit
KohärenzPrüfung
Revision
Einzelfall
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 10
Medizinethische
Prinzipien (1)
Prinzip des Wohltuns / Nutzens („beneficence“)
• „salus aegroti suprema lex“
• Dem Patient nutzen (aktiv)
• Gesundheitlichen Schaden verhindern oder beseitigen
 Lebenserwartung + Lebensqualität verbessern
• Problem: Bewertung der Lebensqualität  evaluative
Vorstellungen des guten Lebens
Prinzip des Nichtschadens („nonmaleficence“)
• „primum nil nocere“
• Dem Patient keinen Schaden zufügen (passiv)
Häufig: Abwägung Nutzen - Schaden
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19.01.2016
# 11
Medizinethische
Prinzipien (2)
Respekt der Autonomie
• Selbstbestimmungsrecht des Patienten
• Freiheit von äußerem Zwang und manipulativer
Einflussnahme (negativ)
• Förderung der Entscheidungsfähigkeit, Unterstützung der
Entscheidungsfindung (positiv)
• „Informed consent“ (informierte Einwilligung):
Ein informiertes Einverständnis liegt vor, wenn der Patient
–
–
–
–
–
Georg Marckmann, LMU
ausreichend aufgeklärt worden ist,
die Aufklärung verstanden hat,
freiwillig entscheidet,
dabei entscheidungskompetent ist und
seine Zustimmung gibt.
19.01.2016
# 12
Medizinethische
Prinzipien (3)
Prinzip der Gerechtigkeit
• Faire Verteilung von Nutzen und Lasten im
Gesundheitswesen
 Verteilungsgerechtigkeit
• Herausforderung: Was ist eine gerechte Verteilung?
• Formales Gerechtigkeitsprinzip:
„Gleiche Fälle sollten gleich behandelt werden, und
ungleiche Fälle sollten nur insofern ungleich behandelt
werden, als sie moralisch relevante Unterschiede
aufweisen.“
• Allgemeines Gebot: „verantwortungsvoller“ Umgang mit
knappen medizinischen Ressourcen
– Nur die wirklich notwendigen Maßnahmen durchführen
– Kostengünstigere Alternativen nutzen
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 13
Anwendung in der Praxis:
Ethische Fallbesprechung
Definition (Steinkamp & Gordijn 32010, 256)
• „Ethische Fallbesprechung auf Station ist der
systematische Versuch, im Rahmen eines
strukturierten, von einem Moderator geleiteten
Gesprächs mit einem multidisziplinären Team
innerhalb eines begrenzten Zeitraumes zu der ethisch
am besten begründbaren Entscheidung zu gelangen.“
• Anwendung auch in der ambulanten Versorgung!
• Südtirol: Moderation durch Ethikberatungsgruppen in
den 4 Gesundheitsbezirken
 Herausforderung: Wie gelangt man zu der ethisch am
besten begründbaren Entscheidung?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 14
Fallbesprechung:
Inhaltliche Struktur
Leitfrage: „Was sollen wir tun?“
 Zu welcher Handlung sind wir einer konkreten Situation
moralisch verpflichtet?
Methodisches Vorgehen
(1) Welche Handlungsoptionen bestehen überhaupt? Was sind die
(erwarteten) Ergebnisse jeder dieser Handlungsoptionen?
 Analyse der Handlungsoptionen
(2) Mit welcher Handlungsoption erfüllen wir unsere ethischen
Verpflichtungen am besten?
 Bewertung der Handlungsoptionen
Bewertungsmaßstäbe: 4 medizinethischen Prinzipien
 bestimmten den Gehalt der ethischen Argumente und liefern die
ethische Begründung der Entscheidung
 prinzipienorientierte Falldiskussion
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 15
Prinzipienorientierte
Falldiskussion
1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles
• Information über Patient (Diagnose etc.)
• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken
2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem
Patienten
• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)
• Autonomie des Patienten
3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten
(Gerechtigkeit)
• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft
4. Synthese: Konflikt?
Begründete Abwägung
5. Kritische Reflexion des Falles
• Stärkster Einwand?
• Vermeidung möglich?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 16
Patientengeschichte
• 39jähr. Patient mit gel. Schmerzen im Brustbereich
• Gefühlsstörungen in Armen und Beinen
 Komplette Querschnittslähmung
• CT: Tumor im Brustbereich, Lungengrenzen überschritten, in
Rückenmarkskanal eingewachsen
• Operation  Lähmungen , aber keine vollst. Tumorentfernung
• Histologie: kleinzelliges Bronchial-Karzinom
 Kombinierte Radiochemotherapie
 Tumorausdehnung , Lähmungen , WS stabilisiert
• CT-Kontrolle nach Therapieabschluss:
 Metastasen in Nebenniere, Bauchspeicheldrüse und Leber
• Patient gibt Hoffnung nicht auf, wünscht Fortsetzung einer
„aggressiven“ Chemotherapie
 Soll man dem Wunsch des Patienten nachkommen?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
17
Prinzipienorientierte
Falldiskussion
1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles
• Information über Patient (Diagnose etc.)
• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken
2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem
Patienten
• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)
• Autonomie des Patienten
3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten
(Gerechtigkeit)
• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft
4. Synthese: Konflikt?
Begründete Abwägung
5. Kritische Reflexion des Falles
• Stärkster Einwand?
• Vermeidung möglich?
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19.01.2016
# 18
Behandlungsstrategien
Leitfragen: Welche Behandlungsstrategien stehen zur Verfügung?
Wie ist jeweils der weitere Verlauf für den Patienten?
1. Kurative Zielsetzung: Hochdosierte Mehrfachchemotherapie
• Ansprechrate ca. 20-30%
• Kaum Heilungschancen, Lebensverlängerung evtl. möglich
• Erhebliche Nebenwirkungen, tötl. Leberversagen möglich
2. Palliative Zielsetzung 1: Monochemotherapie
• Ansprechrate ca. 15%
• Heilung praktisch ausgeschlossen, evtl. Verlangsamung des
Tumorwachstums
• Nebenwirkungen geringer
3. Palliative Zielsetzung 2: (Rein) Symptomatische Therapie
• Schmerztherapie, Symptomlinderung, Begleitung ….
• Tumorerkrankung bleibt unbeeinflusst, früherer Tod wahrscheinlich
• Bessere Lebensqualität
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19.01.2016
# 19
Prinzipienorientierte
Falldiskussion
1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles
• Information über Patient (Diagnose etc.)
• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken
2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem
Patienten
• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)
• Autonomie des Patienten
3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten
(Gerechtigkeit)
• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft
4. Synthese: Konflikt?
Begründete Abwägung
5. Kritische Reflexion des Falles
• Stärkster Einwand?
• Vermeidung möglich?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 20
Fallbeispiel: Wohlergehen
des Patienten?
Leitfrage: Welche der verfügbaren Behandlungsoptionen ist für das
Wohlergehen des Patienten am besten?
Option 1 – Mehrfachchemotherapie
• Kaum Heilungschancen, Lebensverlängerung möglich
• Erheblich reduzierte LQ durch NW; hohes Letalitätsrisiko
 Mehr Schaden als Nutzen?
Option 2 – Monochemotherapie
• Geringe Erfolgsaussicht
• Keine Heilung, evtl. Lebensverlängerung
• Eingeschränkte LQ durch NW
 Rechtfertigt der Nutzen den Schaden?
Option 3 – (Rein) symptomatische Behandlung
• Bessere Lebensqualität
• Evtl. früherer Tod
 Mehr Nutzen als Schaden?
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19.01.2016
21
Fallbeispiel: Wohlergehen
des Patienten?
Auswahl der Therapie hängt von Interpretation des
Patientenwohls ab:
 Evaluative Vorstellungen des guten Lebens:
1. „Kämpfen bis zuletzt“
 Option 1: Mehrfachchemotherapie
2. „Lebensqualität erhalten“
 Option 3: Symptomatische Therapie




Interpretationsspielraum im Einzelfall
Offenheit für unterschiedliche Lebenseinstellungen
Individuelle Entscheidung des Patienten
Respekt der Selbstbestimmung am Lebensende!
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19.01.2016
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Prinzipienorientierte
Falldiskussion
1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles
• Information über Patient (Diagnose etc.)
• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken
2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem
Patienten
• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)
• Autonomie des Patienten
3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten
(Gerechtigkeit)
• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft
4. Synthese: Konflikt?
Begründete Abwägung
5. Kritische Reflexion des Falles
• Stärkster Einwand?
• Vermeidung möglich?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 23
Respekt der Autonomie
Leitfrage: Welche der verfügbaren Handlungsoptionen
bevorzugt der Patient selbst?
Patient hat Hoffnung auf Heilung nicht aufgeben,
wünscht eine „aggressive“ Chemotherapie
 Option 1: Mehrfachchemotherapie
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
24
Prinzipienorientierte
Falldiskussion
1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles
• Information über Patient (Diagnose etc.)
• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken
2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem
Patienten
• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)
• Autonomie des Patienten
3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten
(Gerechtigkeit)
• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft
4. Synthese: Konflikt?
Begründete Abwägung
5. Kritische Reflexion des Falles
• Stärkster Einwand?
• Vermeidung möglich?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 25
Gerechtigkeit/Bedürfnis
se Dritter
Leitfrage: Welche Bedürfnisse anderer von der Entscheidung
betroffener Personen sind zu berücksichtigen?
(1) Angehörige
• 2 Kinder (17 & 19 Jahre), Ehefrau psychisch erkrankt
 ??
(2) Ressourcenverbrauch (spielte keine Rolle!)
• Option 1 und 2: Hoher Ressourcenverbrauch bei geringer
Erfolgsaussicht
• Option 3: Geringerer Ressourcenverbrauch, höherer Nutzen
durch bessere Lebensqualität
 Option 3 = gerechtere Ressourcenverteilung?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
26
Prinzipienorientierte
Falldiskussion
1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles
• Information über Patient (Diagnose etc.)
• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken
2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem
Patienten
• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)
• Autonomie des Patienten
3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten
(Gerechtigkeit)
• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft
4. Synthese: Konflikt?
Begründete Abwägung
5. Kritische Reflexion des Falles
• Stärkster Einwand?
• Vermeidung möglich?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 27
Ethische Konflikte?
Leitfrage: Konvergieren oder divergieren die ethischen
Verpflichtungen, die aus den einzelnen Prinzipien resultieren?
Hängt von Interpretation des Patientenwohls ab
Annahme: Wohl = „LQ erhalten“  Option 3
Wohltun
Autonomie
Gerechtigkeit
Option 3
Option 1
Option 3
 Ethischer Konflikt zwischen Selbstbestimmung und
Wohlergehen des Patienten  Begründete Abwägung
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
28
Begründete Abwägung im
Konfliktfall
Patientenwunsch authentisch:
„Kämpfertyp“;
realistische Einschätzung
Patientenwunsch beruht auf
unrealistischer Einschätzung der
Heilungschancen
Patientenautonomie
höher gewichten
Patientenwohl
höher gewichten
Option 1:
Mehrfachchemotherapie
Option 3:
Symptomatische Therapie
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
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Prinzipienorientierte
Falldiskussion
1. Analyse: Medizinische Aufarbeitung des Falles
• Information über Patient (Diagnose etc.)
• Behandlungsstrategien mit Chancen und Risiken
2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem
Patienten
• Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorgeperspektive)
• Autonomie des Patienten
3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten
(Gerechtigkeit)
• Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft
4. Synthese: Konflikt?
Begründete Abwägung
5. Kritische Reflexion des Falles
• Stärkster Einwand?
• Vermeidung möglich?
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 30
Kritische Reflexion
Leitfrage 1: Welches ist der stärkste Einwand gegen die
gewählte Option?
• Übergehen des geäußerten Willens eines
einwilligungsfähigen Patienten
Leitfrage 2: Hätte der ethische Entscheidungskonflikt
vermieden werden können?
• Einfühlsame Aufklärung ist entscheidend, damit der
Patient eine realistische Einschätzung seiner
Situation entwickeln kann
• In diesem Fall trotz aller Bemühungen nicht möglich
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 31
Zum Schluss...
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt: [email protected]
Literatur:
Marckmann G (Hrsg.). Praxisbuch Ethik in
der Medizin. Berlin: Medizinisch
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2015
Kapitel I.1: Grundlagen ethischer
Entscheidungsfindung in der Medizin
Kapitel I.2: Im Einzelfall ethisch gut begründet
entscheiden: Das Modell der
prinzipienorientierten Falldiskussion
Georg Marckmann, LMU
19.01.2016
# 32
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