BIOAKTIVE SUBSTANZEN Die positiven Wirkungen von Gemüse sind keine Entdeckung unserer Zeit. So werden Knoblauch und Zwiebeln schon seit Jahrtausenden zur natürlichen Abwehr von Bakterien genutzt. Wie der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet, bekamen die Arbeiter, die die ägyptischen Pyramiden bauten, regelmäßig Knoblauch, Zwiebeln und Rettich zu essen. So sollten sie trotz schwerer Arbeit gesund und leistungsfähig bleiben. Neu ist, dass - was damals vor allem auf Beobachtungen beruhte - nun genauer benannt werden kann: Vitamine, Mineralstoffe, ein günstiges Verhältnis von Nährstoffen und Energie und die in Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Getreide vorkommenden b i o a k t i v e n S u b s t a n z e n sorgen dafür, dass diese Lebensmittel einen positiven Einfluss auf unser Befinden haben. Was sind bioaktive Substanzen? Bioaktive Substanzen sind Nahrungsbestandteile, die - anders als die essenziellen Nährstoffe - nicht zum Aufbau von Körpersubstanz dienen. Sie werden als bioaktiv bezeichnet, weil sie in unserem Stoffwechsel biologisch aktiv sind und ihn auf vielfältige Weise positiv beeinflussen. Zu den bioaktiven Substanzen zählen die sekundären Pflanzenstoffe, die Ballaststoffe und Substanzen in fermentierten Lebensmitteln wie Joghurt und Sauerkraut. Produziert werden bioaktive Substanzen von Pflanzen und Mikroorganismen. Die sekundären Pflanzenstoffe Sekundäre Pflanzenstoffe heißen „sekundär”, weil sie - anders als die primären Pflanzenstoffe und Hauptbestandteile Proteine, Kohlenhydrate und Fett - in den Pflanzen nur in kleinen Mengen vorkommen. Mehr als 20.000 chemisch sehr unterschiedliche Verbindungen werden in Gemüse und Obst, Getreide und Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen vermutet - allein im Weißkohl wurden bisher 49 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe gefunden. Sekundäre Pflanzenstoffe dienen den Pflanzen als Farb- und Aromastoffe, Wachstumsregulatoren und Schutzstoffe. Dabei sind die Schutzeffekte für Mensch und Pflanze durchaus ähnlich. Betakarotin beispielsweise, sekundärer Pflanzenstoff der Gruppe der Karotinoide und Vorstufe von Vitamin A, schützt zuerst in der Pflanze die Pflanzenzellen vor Oxidation und Verderb und kann später auch die Körperzellen des Menschen schützen. Wie hoch ist der Tagesbedarf an sekundären Pflanzenstoffen? Verzehrsempfehlungen, wie wir sie für Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe kennen, gibt es für die sekundären Pflanzenstoffe bisher nicht. Mit einer ausgewogenen Ernährung mit einem hohen Anteil an Gemüse und Obst nehmen wir jedoch eine ausreichende Menge dieser gesunden Substanzen zu uns. Fünf Portionen bzw. 400 bis 500 Gramm Gemüse und Obst täglich empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation, WHO - eine Verzehrsempfehlung, die längst nicht jeder erreicht. „Essen nach Farben“ für eine gesunde Mischung sekundärer Pflanzenstoffe Ein neues Prinzip kann unserer Ernährung zu mehr Ausgewogenheit und damit auch zu einer gesunden Mischung von sekundären Pflanzenstoffen verhelfen: Eat colours - oder Essen nach Farben. Stellen wir unsere Gemüse- und Obstmahlzeiten nach Farben zusammen, essen wir automatisch täglich eine bunte und leckere Kombination von verschiedenen sekundären Pflanzenstoffen. Ein Beispiel: 1 x orange (Karotte), 1 x grün (Bohnen oder Erbsen), 1 x gelb (Banane oder Paprika), 1 x dunkelgrün (Spinat) und 1 x violett (Trauben oder Rotkohl) und schon sind nicht nur die täglichen fünf Gemüse- und Obstportionen, sondern auch Polyphenole, Karotinoide, Saponine und Glucosinolate - um nur einige Gruppen von sekundären Pflanzenstoffen zu nennen - auf dem Teller. Eine Hitliste der gesündesten Gemüse gibt es nicht, jedes Gemüse bringt seine Farbwelt und seine gesunden Vitalstoffe in den Tagesplan ein. Immer neuen täglichen Gemüse- und Farb-Kombinationen sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Allein iglo hat mehr als 30 erntefrisch tiefgekühlte Gemüse und Gemüsekombinationen im Programm. Bereits nach dem „Eat colours“-Prinzip kombiniert sind dabei die Klassiker unter den Gemüsemischungen wie BalkanGemüse, Butter-Leipziger-Allerlei oder Farmers-Gemüse. Und die iglo Lust auf Gemüse-Gerichte, die besonders schonend im Dampfbeutel in der Mikrowelle zubereited werden, garantieren mit ihren bunten Gemüsemischungen neben den sekundären Pflanzenstoffen, dass Vitamine und Mineralstoffe optimal erhalten bleiben. Die sekundären Pflanzenstoffe im Überblick Glucosinolate, Polyphenole, Saponine ... - klingen die Namen vieler sekundärer Pflanzenstoffe recht chemisch, haben wir doch in den letzten Jahren gelernt, dass es natürlich gewachsene Substanzen mit beeindruckenden Wirkungen sind. Die wichtigsten der zur Zeit intensiv erforschten Gruppen im Überblick: Karotinoide bilden eine große Gruppe innerhalb der sekundären Pflanzenstoffe. Sie kommen in vielen Gemüse- und Obstsorten vor und bewirken deren rote, orange und gelbe Farben. Inzwischen recht „berühmt“ gewordene Vertreter der Karotinoide sind Betakarotin und Lycopin. Betakarotin ist die wirksamste Vorstufe zum Vitamin A, da im Stoffwechsel durch dessen Spaltung im Gegensatz zu allen anderen Karotinoiden zwei Einheiten Vitamin A entstehen. Lycopin wird aufgrund seiner vermuteten positiven Schutzwirkung vor Herzinfarkt derzeitig intensiv erforscht. Es findet sich vorwiegend in Tomaten und ist für deren intensiv rote Farbe verantwortlich. Karotinoide kommen auch in dunkelgrünem Gemüse in großen Mengen vor - die gelb-roten Farbstoffe werden hier lediglich durch den grünen Blattfarbstoff, das Chlorophyll, überdeckt. So enthalten z. B. Spinat, Broccoli, Grünkohl und Erbsen viel Betakarotin. Im menschlichen Körper wirken viele Karotinoide als regelrechte „Radikalfänger“ - durch ihre antioxidative Wirkung schützen sie Gewebe und Haut vor Reaktionen mit freien Radikalen. Außerdem weisen Studien darauf hin, dass sie das Immunsystem stimulieren und vor Krebs schützen können. Günstig auf die Bioverfügbarkeit der Karotinoide wirken sich die Zerkleinerung der Speisen, mildes Erhitzen (z. B. kurzes Dünsten) und die Beigabe von ein wenig Fett - ein kleiner Schuss Pflanzenöl oder Sahne genügt - aus. Polyphenole kommen in nahezu allen Pflanzen vor und zwar überwiegend in den Randschichten und Blättern. Gute Polyphenolquellen sind neben frischem oder tiefgefrorenem Gemüse und Obst sowie Vollkornprodukten auch Obstund Gemüsesäfte und sogar grüner und schwarzer Tee. Die bedeutendsten Untergruppen sind die Phenolsäuren und die Flavonoide. Reich an Phenolsäuren sind z. B. Grünkohl, Radieschen, Weißkohl und Grüne Bohnen sowie Weizenvollkorn. Phenolsäuren besitzen vermutlich antioxidative und antimikrobielle Wirkungen, darüber hinaus sollen sie auch antikanzerogen wirken. Einige Flavonoide geben Gemüse und Obst gelbe oder kräftige rot-blaue Farben: der Zwiebel ihr Hellgelb, dem Rotkohl sein dunkles Violett und der Weintraube ihre blaue Farbe. Wissenschaftler vermuten, dass Flavonoide die wirksamsten Antioxidantien in unserer Nahrung sind. Das liegt wahrscheinlich u. a. daran, dass Flavonoide zugleich wasser- und fettlöslich sind. Sie entfalten ihre schützende Wirkung sowohl in den ölhaltigen Zellwänden, als auch in der wässrigen Lösung des Zellinneren, der Zellflüssigkeit. Flavonoide schützen auch andere, mit der Nahrung aufgenommene Substanzen wie das Vitamin C aus Obst und Gemüse oder die ungesättigten Fettsäuren aus Pflanzenölen vor Oxidation. Die vielfälti- gen gesundheitsfördernden Wirkungen sollen u. a. die Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und möglicherweise auch antikanzerogene Effekte umfassen. Glucosinolate kommen vorwiegend in Pflanzen der Familie der Kreuzblütler vor, z. B. in allen Kohlarten (Broccoli, Blumenkohl, Rosenkohl, Weiß- und Rotkohl, Kohlrabi usw.) sowie in Rettich, Meerrettich, Kresse und Senf. Diese Pflanzen verdanken ihnen ihren intensiven, zum Teil recht scharfen Geschmack. Epidemiologische Untersuchungen in den USA weisen darauf hin, dass der Verzehr von Kohl das Krebsrisiko erheblich zu senken vermag. Die antikanzerogene Wirkung kann u. a. auf die Aktivierung von Entgiftungsenzymen im menschlichen Körper zurückzuführen sein. So können krebserregende Substanzen schneller abgebaut werden. Zudem haben Glucosinolate vermutlich antimikrobielle Wirkungen. Zur Entfaltung ihrer biologischen Wirkung müssen die Gemüsesorten geschnitten oder durch Kauen zerkleinert werden. Denn erst die Zerstörung der pflanzlichen Zellwände aktiviert zelleigene Enzyme, die die Glucosinolate chemisch so verändern, dass sie gesundheitsfördernd wirken können. Phytosterine dienen im Stoffwechsel der Pflanzen als Botenstoffe. Reiche Vorkommen finden sich in fettreichen Pflanzenteilen wie Samen (z.B. Sonnenblumenkerne und Sesam), in Nüssen und in Hülsenfrüchten. Auch in Pflanzenölen sind sie enthalten. Phytosterine haben eine günstige Wirkung auf den Cholesterinspiegel, da sie die risikoreichen LDLCholesterinwerte im Blut senken, die guten HDL-Werte jedoch unbeeinflusst lassen. So können Phytosterine zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Saponine verdanken ihren Namen der Eigenschaft, beim Kochen Schaum zu bilden (lat. sapo - Seife). Sie kommen in Hülsenfrüchten wie Erbsen, Grünen Bohnen oder Sojabohnen und in Kräutern wie Rosmarin in höheren Konzentrationen vor und entfalten ihre Wirkung vor allem im Magen-Darm-Trakt. Saponine gehen mit Cholesterin unlösliche Verbindungen ein und verhindern so die Absorption von Cholesterin in die Darmzellen. Auf diese Weise können sie, ähnlich wie die Phytosterine, zur Senkung des Cholesterinspiegels im Blut beitragen. Sulfide sind schwefelhaltige Substanzen, die vor allem in Zwiebelgewächsen wie Zwiebeln, Knoblauch, Porree und Schnittlauch vorkommen. Sie sind für Geschmack und Geruch dieser Pflanzen verantwortlich. Erst bei der Zerstörung des Gewebes werden sie durch zelleigene Enzyme aktiviert - daher bringen uns Zwiebeln erst beim Schneiden zum Weinen. Bekannt ist seit altersher die antimikrobielle Wirkung, z. B. des Sulfids Allicin im Knoblauch. Neuere Untersuchungen weisen auch auf antikanzerogene und antioxidative Wirkung sowie die Vorbeugung von Thrombosen hin. Protease-Inhibitoren regulieren in den Pflanzen Stoffwechselvorgänge und helfen bei der Abwehr von Schädlingen. Größere Mengen finden sich in Hülsenfrüchten, Getreide und Kartoffeln. Da Protease-Inhibitoren nur in geringem Maße vom Darm in den Blutkreislauf resorbiert werden - ein Großteil verbleibt während der Verdauung im Dünn- und Dickdarm -, profitiert hauptsächlich der menschliche Verdauungstrakt von der krebshemmenden Wirkung. Vermutet wird außerdem, dass Protease-Inhibitoren positiv auf die Blutzuckerregulierung wirken. Phytoöstrogene ähneln in ihrer chemischen Struktur den weiblichen Geschlechtshormonen und wirken im Stoffwechsel entsprechend, wenn auch viel schwächer. Sie „docken” sich in den hormonabhängigen Geweben an die Bindungsstellen für körpereigene Östrogene an und schwächen so deren Wirkung ab. Man vermutet, dass so das Wachstum hormonabhängiger Tumorarten wie Brust-, Gebärmutter- und Prostatakrebs gehemmt werden könnte. Phytoöstrogene kommen hauptsächlich in ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Getreide und Hülsenfrüchten vor, in geringeren Mengen auch in Gemüse. Terpene machen uns als Aromastoffe Gemüse, Obst und Kräuter schmackhaft und geben Pfefferminze, Kümmel, Zitrusöl oder auch Menthol ihr intensives Aroma. Einige Hundert verschiedene Substanzen sind bekannt. Man vermutet, dass ihnen eine Bedeutung in der ersten Phase der Krebsentstehung zukommt, indem sie krebserregende Stoffe wie z. B. Nitrosamine unschädlich machen. Phytinsäure dient der Pflanze als Energiespeicher - beispielsweise beim Keimen - und steckt daher vor allem in Pflanzensamen: (Vollkorn-) Getreide, Nüsse und Ölsamen sind reiche Quellen. Die gesundheitsförderliche Wirkung von Phytinsäure beruht vermutlich auf der Fähigkeit, ungebundenes Eisen im Magen-Darm-Trakt, das die Entstehung freier Radikaler fördert, zu binden. Zudem verlangsamt Phytinsäure gemeinsam mit den Ballaststoffen den Abbau von Stärke aus der Nahrung. Dadurch ist ein gleichmäßiger Verlauf des Blutzuckerspiegels möglich, der Insulinbedarf kann geringer sein. Neben den zahlreichen sekundären Pflanzenstoffen gehören auch die Ballaststoffe und Substanzen in fermentierten Lebensmitteln zu den bioaktiven Substanzen. Mit Ballaststoffen satt und gesund Ballaststoffe haben als unverdauliche Pflanzenbestandteile vielfältige positive Wirkungen auf die Gesundheit. Im Verdauungstrakt binden Ballaststoffe Wasser, quellen auf und sorgen so für ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl und eine gute Verdauung. Daneben wird ihnen eine cholesterinsenkende und blutzuckerregulierende Wirkung zugesprochen. Da sie durch ihren positiven Einfluss auf die Darmflora im Darm für ein rundum gutes Klima sorgen, schränken sie außerdem die Wirkung und Bildung krebsverdächtiger Stoffe ein, können insbesondere dem Dickdarmkrebs entgegenwirken. Mindestens 30 Gramm Ballaststoffe soll man täglich zu sich nehmen, ungefähr zur Hälfte aus Gemüse, Hülsenfrüchten, Kartoffeln und Obst, zur anderen Hälfte aus Getreide. Tiefgekühlte Erbsen beispielsweise enthalten bereits 16,4g Ballaststoffe in der 300g - Portion - mehr als die Hälfte des Tagesbedarfs. Bioaktiv in fermentierten Lebensmitteln: die Milchsäurebakterien Milchsäurebakterien befinden sich in fermentierten pflanzlichen oder tierischen Lebensmitteln. Die in Europa bekanntesten Produkte sind Sauerkraut und die zahlreichen fermentierten Milchprodukte wie Joghurt oder Dickmilch. Den Milchsäurebakterien wird eine positive Wirkung auf Magen und Darm zugesprochen - sie sollen für eine gesunde Darmflora sorgen und helfen, Krebs vorzubeugen. Gesicherte Erkenntnisse hierzu müssen umfangreiche Studien noch erbringen. Quellen: B. Watzl, Prof. Dr. C. Leitzmann: Bioaktive Substanzen in Lebensmitteln, Hippokrates-Verlag, 1999. K. Dittrich, Prof. Dr. C. Leitzmann: Bioaktive Substanzen, Georg Thieme Verlag, 1996. M. Groeneveld, Prof. Dr. C. Leitzmann: Gesundheit kann man essen, Dt. Taschenbuchverlag, 1997. Th. Henn, Prof. Dr. P. Stehle: “Gesamtphenolgehalt und antioxidative Kapazität handelsüblicher Getränke”, ErnährungsUmschau 9/1998, 308-313. M. Hamm, J. Keul: Die richtige Fitness-Ernährung, Umschau-Verlag, 1998. Literaturhinweise: Prof. Dr. C. Leitzmann, H. Million: Powerfood - Lustvoll schlemmen mit bioaktiven Substanzen, Gräfe und Unzer, 1998. R. Naumann: Bioaktive Substanzen - Die Gesundmacher in unserer Nahrung, rororo Sachbuch, 1997.