Gliederung LV Bohrlochgeophysik Gegenstand und Anwendungsbereiche der Bohrlochgeophysik Bohrlochmesstechnik Bestandteile einer Bohrlochmessapparatur, Messbedingungen, Radiales und vertikales Auflösungsvermögen, Messwertgewinnung und Darstellung, Bohrlochplots. Bohrlochmessverfahren Elektrische und elektromagnetische Verfahren, Magnetische Verfahren, Radiometrische und kernphysikalische Verfahren, Akustische (seismische) Messverfahren, Temperaturmessung, Flowmetermessung, Kalibermessung und Messung des Bohrlochverlaufes, Optische Bohrlochuntersuchungen (Bohrlochfernseher). Bearbeitung, Interpretation von geophysikalischen Bohrlochmessungen Lithologie, Schichtgrenzenbestimmung, Gesteinskennwerte (quantitative Interpretation), Tongehalt, Porosität, Sättigung des Porenraumes, Permeabilität usw., Anwendungsbeispiele. Literatur FRICKE, SCHÖN: Praktische Bohrlochgeophysik. ENKE-Verlag, Stuttgart, 1999, mit umfangreichem Literaturverzeichnis, KTB REPORTS: Berichte Bohrlochgeophysik zur kontinentalen Tiefbohrung. The Log Analyst: Zeitschrift mit neuesten Entwicklungen in der Bohrlochgeophysik. Praktika (PVL : 2 Protokolle) Bohrung FG-3, Modelltrog. Material zur Vorlesung und Praktika (pdf-Format) www.geophysik.tu-freiberg.de/Mitarbeiter/Rolf Käppler/Bohrlochgeophysik www.geophysik.tu-freiberg.de/~kaeppler/Bohrloch Vorlesung (wird aktualisiert) Einführung, Bohrlochgeometrie, Bohrlochinhalt usw. Modulnote: arithmetisches Mittel aus Klausurnote (90 min) und PVL Aufgabenstellungen der Bohrlochgeophysik Dokumentation des Bohrprofils mit physikalischen Messgrößen: Lithologie, Schichtgrenzen, Korrelation von Schichtprofilen in einem Untersuchungsgebiet: Typische Kurvenindikationen, Korrelation von Leithorizonten, Ableitung von 2D- und 3D-Modellen, Quantitative Bestimmung von Gesteinsparametern: Porosität, Sättigungsverhältnisse im Porenraum, Permeabilität, hydrogeologische und geotechnische Kennwerte (E, µ), Aussagen zur stofflichen und mineralogischen Zusammensetzung der Festsubstanz (Matrix), Bestimmung von kleinräumigen Strukturelementen, Schichtmerkmalen und Klüften (cm-Bereich), Quantitative Bestimmung von Kennwerten des Bohrlochfluids: Temperatur, elektrische Leitfähigkeit und Fluidbewegungen, Dokumentation und Überwachung des technischen Zustandes von Bohrungen, Brunnen, Pegel: Hydraulische Funktion, Ausbau, Kontrolle und Monitoring (zeitliche Beobachtung) von Abbau- bzw. Förderprozessen, Verknüpfung mit oberflächengeophysikalischen Messungen, z. B. seismische Erkundung von KW-Lagerstätten. Einsatzgebiete der Bohrlochgeophysik Kohlenwasserstofferkundung, Bau geologischer Einheiten (z.B. Maarstrukturen), Rohstofferkundung (Baurohstoffe, Erz- und Kohlelagerstätten), Wasser- und Umweltfragen (Kontaminationen), Geotechnik und Ingenieurgeologie (Baugrund), Geothermische Energiegewinnung, Erkundung von Wirtgesteinen für radioaktive Endlager, Einsatz in Forschungsbohrungen: KTB – Kontinentale Tiefbohrung der BRD, ODP – ocean drilling program, ICDP – international continental drilling program. Erkundung von KW - Lagerstätten 1. Erkundungsphase Oberflächengeophysik 2. Erkundungsphase Bohrlochgeophysik Seismik, Elektromagnetik, Gravimetrie, Magnetik Elektrische, radioaktive, seismische BL-Verfahren Prospektion: A = A(x, y, z0 , t) Sensoren: EO, Wasser, Luft (marine- und Aerogeophysik) Bohransatzpunkt (x0, y0, z0), Nadelstich: Sensoren in der Formation: A = A(z, t) Vertikale und laterale Auflösung nimmt mit der Tiefe ab Hohe vertikale Auflösung dz, geringe laterale Wirkungstiefe 2D-, 3D-Modellierung, petrophysikalisches Modell Detaillierte Aussagen zur Lithologie und Kennwertsituation(Porosität, Sättigung) Empirische Beziehungen Höffige Strukturen für KW-Stoffe, Bohransatzpunkt Widerstand Dichte A Φ1 ,SGas,1 Φ2 ,SGas,2 z dz1 Gas dz2 Gas Bohrlochinhalt: Eigenschaften, Bewegung Bohrlochausbau: - Geometrie, Eigenschaften des Ausbaus, - Korrosion, - Bindung Rohr - Zement, - Bindung Zement - Gebirge. Bohrloch: - Bohrlochdurchmesser (Kaliber), - Bohrlochverlauf, - Bohrlochwand (Kontur, Eigenschaften), - Klüfte, Kluftparameter. z1 S S z2 Gebirge, Formation: - Schichtgrenzen, Tiefe, Raumlage, - Schichtmächtigkeit, - Lithologie: Gesteinsart, - Gesteinseigenschaften: Porosität, Tongehalt, - Poren- bzw. Kluftinhalte: Sättigungsverhältnisse, - Radiale Änderungen der Gesteinseigenschaften, Infiltration, - Zeitliche Änderungen des Poreninhaltes, - Druckverhalten. Kluftzone Zielbereiche der Bohrlochgeophysik Filterkuchen Infiltrationszone z Geophysikalische Bohrlochmessanlagen Tragbare Bohrlochmessapparaturen; Tiefe: bis 300 m, Flachbohrungen: Wasser-, Umwelt- und geotechnisch-geologische Probleme, Untertageeinsatz: Steinkohle- bzw. Salzbohrungen. Auf Kleintransportern installierte Bohrlochmessapparaturen; Tiefe: 300 bis 2000 m, Flach-,Tiefbohrungen: Wasser-, Umwelt- und geotechnisch-geologische Probleme, Rohstoff- und Mineralerkundung. Institut f. Geophysik: ROBERTSON Geologging (GB), 1995, Kabellänge: 500 m, Bohrlochmessapparaturen für Tiefen bis ca. 7000 ...8000 m, Tiefbohrungen, Kohlenwasserstoffexploration auf dem Festland und im offshoreBereich. Stationäre Bohrlochmessapparaturen für Forschungsbohrungen (KTB). Tiefbohrungen bis 8 km Flachbohrungen bis 1 km Robertson Geologging 1970 ... 1980 Analoge BL-Messapparaturen Digitale BL-Messapparaturen Sensor in der Sonde: Analoges Spannungssignal U = f (A), A - Physikalischer Messwert Analoge Übertragung U = f (A; z) über das Messkabel Kalibrierung A = f (U) A = f (z) A Analogausdruck AD-Wandler in der Sonde U in cps Induktive, magnetische Triggering dz über Tiefengeber an der Umlenkrolle Digitale, binärcodierte Übertragung von U = f (A; z) über das Messkabel Kalibrierung A = f (U) Registriereinheit: A = f (z) Analogdarstellung - Bildschirm Speicherung: "...".log A Interpretation Mathematische Bearbeitung, Interpretation z z2 z1 dz = 1 - 10cm z Bestandteile einer Bohrlochmessausrüstung Registriereinheit Steuerung des Messvorganges, Energieversorgung der Sonde über das Kabel, Aufnahme, Darstellung und Speicherung der Messwerte, Formationsparameter, Fahrgeschwindigkeit, Zugspannung des Kabels. Bohrlochmesskabel Mechanische Halterung der Sonde, Stromversorgung der Sonde, Messwertübertragung, Tiefenposition der Sonde. Messsonde mit Sensoren Passive geophysikalische Messung Natürlich vorhandene physikalische Parameter, Temperatur, natürliche Radioaktivität, elektrisches Eigenpotential. Aktive geophysikalische Messung Geber: Einspeisung eines physikalischen Feldes oder einer Teilchenstrahlung, Empfänger: Messung der physikalischen „Antwort“ der Formation, Elektrische Widerstandsmessungen, Gamma-Gamma-Dichtemessung. Geometrische Größen des Bohrlochs Kaliber, Neigung und Richtung. Multisonden (Mehrkanalsonden) Simultane Registrierung von mehreren physikalischen, geochemischen und geometrischen Größen während einer Sondenfahrt. Sondenposition im Bohrloch Freihängende Sonde (Widerstandssonden), Zentrisch geführte Sonde (Akustiksonden), Angedrückte Sonde (sidewall - Sonden, Gamma-Gamma-Dichtesonde). Praktikum: Bohrung FG-3 Multisonde: Elektrische Sonde ELGG, Robertson Geologging, Sondenlänge: 2.50 m; Durchmesser: 44 mm; T(max): 70°C, Messung: Aufwärtsfahrt (up); freihängend, 5 Kanäle NGAM: Natürliche Gamma-Strahlung (natural gamma), passiv, SP: Natürliches Eigenpotential (self potential), passiv, SPR: Ohmscher Übergangswiderstand (single point resistivity), aktiv, SHNO: Scheinbarer spezifischer elektrischer Widerstand, kleine Normale (short normal), aktiv, LONO: Scheinbarer spezifischer elektrischer Widerstand, große Normale (long normal), aktiv. Neue Entwicklungen in der Bohrlochgeophysik Messung während des Bohrprozesses Measurement While Drilling MWD: Bestimmung von petrophysikalischen Parameter, Bohrdaten und Bohrlochverlauf, Logging While Drilling LWD: Messung petrophysikalischer Parameter. Einbau von Sensoren hinter der Bohrkrone, Datenübertragung über Bohrspülung, Wandlung elektrischer Signale in Druckimpulse. Ziele Kontrolle und Beeinflussung des Bohrvorganges, Richtung von Horizontalbohrungen, Position der Bohrkrone in der Speicherformation. Schnellanalyse von Formationsparametern (Porosität, Sättigung) vor Verdrängung des Porenfluids durch das Spülungsfiltrat, Untersuchung der Infiltration nach dem Bohren, Kombination LWD und Bohrlochmessung (wireline logging) in der fertiggestellten offenen Bohrung. Messbedingungen Einflussgrößen auf das Sondensignal bei geophysikalischen Bohrlochmessungen: Physikalische Eigenschaften des durchteuften Gebirges (geologische Formation), Bohrlochgeometrie (Kaliber, Beschaffenheit der Bohrlochwand, Ausbrüche, Kavernen, Kaliberverengungen), Eigenschaften des Fluids in der Bohrung (Wasser, Luft, Spülung) und Infiltrationsverhältnisse, Eigenschaften des Ausbaus (Verrohrung, Zementation, Hinterfüllung), Druck- und Temperaturverhältnisse, Position der Sonde im Bohrloch (zentrisch, gedrückt). Bohrlochtypen Offenes Bohrloch ohne Infiltration Impermeables Gestein: Magmatite, Metamorphite, Bohrung FG-3: Freiberger Graugneis. Offenes Bohrloch mit Infiltration Permeables Gestein: Sedimentite, Sedimente, Eindringen der Spülung in die Formation und Verdrängung des Porenfluids: Bohrlochwand: Filterkuchen, Geflutete Zone: Spülungsfiltrat, Übergangszone (teilweise geflutete Zone): Spülungsfiltrat und Porenfluid, Ungestörtes Gebirge, Ausgebautes (verrohrtes) Bohrloch Spülung – Verrohrung – Zement – Gebirge. Bearbeitung bohrlochgeophysikalischer Primärdaten Messwert = f (Bohrloch, Bohrlochumgebung, Schichtenfolge) Inhomogene Verhältnisse: petrophysikalische Parameter sind ortsabhängig, Messwert = „Scheinbarer“ physikalischer Kennwerte für den erfassten radialen Bereich. Bearbeitung der Messwerte Ermittlung „wahrer“ physikalischer Kennwerte, die sich auf homogene Bereiche (Infiltrationszone, ungestörtes Gebirge) beziehen, Ra = f ( AB / 2) Widerstandstiefensondierung: Messung: Modellierung: Ri ; hi −1 Infiltrationszone in porösen permeablen Gesteinen Vertikales Bohrloch Horizontale Schichten Zylindersymmetrie Abgelenkte Bohrung Horizontalbohrung Speichergestein S1 S2 Bohrung mit Spülung S3 Infiltrationszone dm < dp Formation Horizontalschnitt symmetrische Infiltrationszone dm > dp Vertikalschnitt asymmetrische Infiltrationszone dm - Dichte Spülungsfiltrat dp - Dichte Porenfluid Poröse, hochpermeable Gesteine: Infiltrationstiefe gering, Blockierung der Infiltration durch Filterkuchenaufbau. Radiale und vertikale Sondencharakteristik Radiales und vertikales Auflösungsvermögen (Sensitivität) Radiales Auflösungsvermögen: Vermögen einer Messkonfiguration, radiale Bereiche mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften zu erkennen und abzugrenzen. Vertikales Auflösungsvermögen: Fähigkeit eines Verfahrens, Schichten mit bestimmten physikalischen Kontrasten voneinander exakt abzugrenzen und ihre Lage teufenmäßig zu bestimmen. Einflussfaktoren auf das radiale und vertikale Auflösungsvermögen Sondenspacing L L = G - E – Abstand (aktive Verfahren) bzw. Abmessungen des Detektors, Kaliber und physikalische Spülungseigenschaften, Physikalische Eigenschaften und Tiefe der Infiltrationszone, Physikalische Formationsparameter. Integraler und differentieller radialer Sondenfaktor G (r) und g (r) Aktive Sonde mit Geber G und Empfänger E, Spacing L Zylinderring mit differentiellen Radius dr → differentieller Beitrag dG zum Messsignal, für einen Zylinder mit dem Radius r folgt das Messsignal G(r) durch Integration, Integraler radialer Faktor G(r) = Messwertanteil für einen Zylinderring mit r. 1 G(r) 0.8 E2 E1 L1 0.6 G(r) L2 r → ∞; G (r ) = 1 r 0.4 dr 0.2 G 0 0 0.2 0.4 0.6 r in m 0.8 1 Radiale Eindringtiefe Nukleare Verfahren: Radius für G(r) = 0.9 Widerstandsmessungen: Radius für G(r) = 0.5 1 Kleine Normale SHNO: L1 = 16“ Große Normale LONO: L2 = 64“ LONO G(r) SHNO G2 (r) G1 (r) 0.5 g1 (r) g2(r) r 0 r1 ∼ L1 BL Infilt. r2 ∼ L2 Formation dG (r ) dr ist die Gewichtsfunktion der Sonde hinsichtlich der Beiträge zum Messwert. Differentieller radialer Faktor: g ( r ) = Annahme: Homogenität der Bohrlochumgebung Die Funktionen G (r), g (r) sind nur vom Sonden(Geometrie)parameter L abhängig, Bei radialer Inhomogenität: Die Funktionen G (r), g (r) sind auch von den physikalischen Parametern der Bohrlochumgebung abhängig: Pseudogeometrische Faktoren. Integraler und differentieller vertikaler Faktor G(z) und g(z) Beschreibung der Messwertänderung beim Durchfahren einer Schichtgrenze. Vertikales Auflösungsvermögen Abstand dz zwischen den Werten G(z) = 0.1 und G(z) = 0.9 1 G(z) z E dz L G G(z), g(z) 0.8 0.6 0.4 0.2 dz 0 z g(z) Messverfahren Vertikales Auflösungsvermögen in cm Formation Microscanner 0.5 Microlog 5 ... 10 Microlaterolog 10 Gammalog 20 ... 30 Laterolog 60 ... 75 Inductionlog (deep) 120 SP-Log 150 γ - γ - Dichtelog 46 ... 60 n - n - Neutronlog 46 ... 60 Akustiklog 60