1 Betulaceae inkl. Corylaceae – Birkengewächse (Fagales) © Dr. VEIT M. DÖRKEN, Universität Konstanz, FB Biologie 1 Systematik und Verbreitung Zur Familie der Birkengewächse aus der Ordnung Fagales (Magnoliopsida, Dikotyledoneae) werden 6 Gattungen mit rund 140 Arten gestellt. Die Birkengewächse lassen sich in 2 Unterfamilien einteilen: 1. Betuloideae (mit Alnus und Betula) und 2. Coryloideae (mit Carpinus, Corylus, Ostrya und Ostryopsis). Die Betulaceae sind überwiegend auf der Nordhemisphäre verbreitet. Weniger häufig kommen sie in tropischen Gebirgen und in S-Amerika vor. Abb. 1: Verbreitungskarte (vgl. HEYWOOD, 1982); 2 Morphologie 2.1 Habitus Alle Arten der Betulaceae sind laubabwerfend. Es handelt sich ausschließlich um Holzgewächse, vom niederliegenden Zwergstrauch bis hin zum Großbaum. Die Sprossachsen sind dicht mit Lentizellen besetzt. Einige Arten treiben unterirdische Ausläufer. Arten der Gattung Alnus (Erle) bilden an den Feinwurzeln Wurzelknöllchen, in denen Luftstickstoff fixierende Bakterien leben. 2.2 Blatt Bei allen Arten der Betulaceae stehen die einfachen, ungeteilten Blätter wechselständig angeordnet. Der Blattrand ist schwach bis stark gezähnt. Bei einigen Arten sind die Blätter filzig behaart oder dicht mit Drüsenhaaren besetzt. Bei Alnus glutinosa (Schwarz-Erle) fehlt die Blattspitze vielfach und das Blatt ist im 2 terminalen Bereich mehr oder weniger eingebuchtet. Stipeln (Nebenblätter) sind vorhanden. Abb. 2 & 3: Carpinus betulus, Blätter wechselständig mit 2 kleinen, rasch hinfälligen Nebenblättern; 2.3 Blüte Die Blüten der Betulaceae sind windbestäubt. Die Blütenhülle ist, falls überhaupt vorhanden, stark reduziert. Die männlichen und weiblichen Blüten stehen in getrenntgeschlechtlichen Blütenständen. Abb. 4: Carpinus betulus, männliche Blütenstände; Abb. 5: Carpinus betulus, Detail männliche Blüte; Abb. 6: Carpinus betulus, weibliche Blütenstände; Abb. 7: Carpinus betulus, Detail weibliche Blüte; 3 Die männlichen Blüten stehen in hängenden, zylindrischen Kätzchen, die entweder aus dreiblütigen Cymen oder Einzelblüten aufgebaut sind. In den männlichen Blüten sind meist 6 Staubblätter vorhanden. In den weiblichen Blütenständen sind die weiblichen Teilblütenstände Thyrsen, die sich aus meist 3-, seltener 2-blütigen dichasialen Cymen zusammensetzen. Die Trag- und Vorblätter der weiblichen Dichasien sind miteinander verwachsen. Bei Alnus (Erlen) verholzen sie und bilden so einen verholzten, zapfenartigen Blütenstand. Bei Corylus (Haselnuss) bilden die verwachsenen Trag- und Vorblätter um die Frucht eine becherartige Struktur aus. Bei Carpinus bilden sie ein 3-teiliges Flugorgan, sodass die reife Frucht durch den Wind ausgebreitet werden kann (Flugorgan bedingt propellerartige Flugbewegung). Das unterständige Gynoeceum besteht aus 2 verwachsenen Karpellen mit meist 2, seltener 4 Narben. Abb. 8: Corylus avellana, weibliche Blütenstände; Abb. 9: Corylus avellana, männliche Blütenstände; 2.4 Frucht Die Früchte sind einsamige Nussfrüchte. Bei der Gattung Betula (Birken) bildet die Testa (Samenschale) einen Fruchtflügel aus. Der Fruchtflügel bei Carpinus ist ein Verwachsungsprodukt aus einem Tragblatt und zwei Vorblättern. Abb. 10: Carpinus betulus, reife Nussfrucht; Abb. 11: Betula pendula, geflügeltes Nüsschen; 4 3 Nutz- und Zierpflanzen Die Nüsse von Corylus avellana (Haselnuss) sind von wirtschaftlicher Bedeutung. Erlen werden aufgrund der Symbiose mit Luftstickstoff fixierenden Bakterien und der starken Ausläuferbildung zur Ödland- und Böschungsbegrünung gepflanzt. Das Holz der Birken ist fast weiß und fein strukturiert. Es ist generell ein schweres Holz, das vom Gewicht her dem Eichenholz ähnlich ist, eignet sich jedoch aufgrund der geringen Witterungsbeständigkeit nicht zur Verwendung im Außenbereich. Häufig wird es aber wegen seiner Festigkeit als Konstruktionssperrholz verwendet, außerdem für Fußböden und als Massivholz im Möbelbau sowie für Drechslerarbeiten. Aus Birkenborke, die durch das Vorhandensein von Betulin sehr witterungsbeständig ist, werden auch heutzutage noch Dachschindeln angefertigt. Abb. 12: Corylus avellana, Nussfrüchte mit Cupulae; Abb. 13: Corylus avellana, reife Nussfrucht; 4 Weiterführende Literatur DÜLL, R. & KUTZELNIGG, H. (2011): Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. 7. Auflage. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim. HEYWOOD, V. H. (1982): Blütenpflanzen der Welt. – Birkhäuser Verlag, Basel. LEINS, P. & ERBAR, C. (2010): Flower and Fruit; Morphology, Ontongeny, Phylogeny; Function and Ecology. – Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart. LIEBEREI, R. & REISSDORF, C. (2007): Nutzpflanzenkunde. 7. Auflage. – Thieme, Stuttgart. MABBERLEY, D.J. (2008): MABBERLEY´s plant book, 3rd ed. – Cambridge University Press, Cambridge. STEVENS, P. F. (2001): Angiosperm Phylogeny Website. Version 12, July 2012. http://www.mobot.org/mobot/research/apweb/ 5 STÜTZEL, TH. (2015): Botanische Bestimmungsübungen. 3. Auflage. – Ulmer, Stuttgart. WEBERLING, F. (1981): Morphologie der Blüten und der Blütenstände. – Ulmer, Stuttgart.