Wir sind Teil der Milchstraße Max Camenzind – Bad Kissingen – 2017 www.lsw.uni-heidelberg.de/users/mcamenzi Resume Vortrag 1 • Unsere Vorfahren beobachteten den Lauf der Sonne und des Mondes sehr genau, auch die Plejaden Entwicklung der ersten Kalender. • Sie bauten „Observatorien“ zur Beobachtung des Horizontes Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, sowie Mondbahn Mondkalender in der Steinzeit. • Aristoteles entwickelte 350 BC erste Vorstellungen über das „Universum“ waren leider total falsch! • Erst in der Kopernikanischen Revolution wurden die Fundamente zum modernen Weltbild gelegt. • Johannes Kepler lieferte 1609 die entscheidenden Beiträge zur Kopernikanischen Revolution. • Isaac Newton vollendete 1687 die Kopernikanische Revolution, erklärte in den Principia die KeplerGesetze im Rahmen seiner Gravitationstheorie. Protagonisten der Kopernikanischen Revolution 1543 - 1687 Kepler 1609: Planetenbahnen = Ellipse Perihel: schnell Aphel: langsam Die Sonne steht nicht im Zentrum, sondern im Brennpunkt der Ellipse! Die von der Sonne zum Planeten gezogene Verbindungslinie überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. bis heute! Bahnelemente der 8 Planeten Planet Halbachse a Merkur 0,387 Venus 0,723 Erde 1,0 AE Mars 1,523 Jupiter 5,203 Saturn 9,537 Uranus 19,191 Neptun 30,068 Exzentrizität e 0,205 0,006 0,0167 0,093 0,048 0,054 0,047 0,0085 Video: Planetenbewegung BahnPeriode 0,2048 0,6152 1,0 a 1,8808 11,863 29,447 84,02 164,79 Inklination i 7,005 ° 3,39 ° 0,00005 1,850 ° 1,305 ° 2,484 ° 0,777 ° 1,769 ° Mittlere Geschw 47,8 35,02 29,78 24,13 13,07 9,672 6,835 5,478 Beweis: Bahn des Kometen Halley Lang gestreckte Ellipse: P = 76 Jahre, e = 0,967 Komet Halley Isaac Newton erklärt Kepler-Gesetze Isaac Newton Gravitation 1687 Alle Körper ziehen sich an Max Camenzind – Bad Kissingen - 2017 Inhalt Teil II • • • • • • • • • Mythologie: Legenden der Milchstraße Galileo Galilei löst die Milchstraße in Sterne auf 1682: Kometen werden entmystifiziert Rosetta 1781: Der Messier Katalog der Nebel 1786: Wilhelm Herschel zählt Sterne und entdeckt dabei Uranus Universum zu klein! 1922: Die Milchstraße nach Kapteyn Shapley bestimmt die Größe der Milchstraße Heutige Struktur der Milchstraße: Scheibe, Bulge, Halo und Zentrum, Nebel, Sterne. Die Zukunft der Milchstraße. Legenden der Milchstraße • Solange Menschen den Himmel betrachtet haben, standen sie fragend vor dem breiten, mild leuchtenden Bande, das im Kreise den ganzen Himmel wie ein ungeheurer Bogen umschloss. Alle anderen Himmelskreise, die die Legende und die Wissenschaft erwähnen, sind nur gedacht, hier aber stand ein riesiges – Phänomen allnächtlich, als umschließender Ring deutlich da und bot so einer Fülle von Deutungen und Sagen ein stets bereites Feld. • Um wieviel mehr bemühten sich Religionen, Philosophen und Dichter früherer Zeiten, den Menschen zu sagen, was es mit diesem milchigen Bande am Firmament auf sich habe. Denn der Vergleich mit Milch ist uralt, und so erzählt uns der hellenische Mythos manche Legende von einer Muttergöttin und ihrem Lebenssaft. Besonders wird hier immer Hera genannt; nur wer an der Brust der Himmelskönigin gelegen, konnte die Unsterblichkeit erlangen, und diese wollte Zeus seinem geliebten Bastardsohn Herakles durchaus verschaffen. Gemälde von Jacopo Tintoretto, 1575 Salvador Dali: Mythologie – Milchstrasse, 1963 1610 Galileo Galilei löst Milchstraße in Sterne auf Galileis Sidereus Nuncius von 1610 Adam Elsheimer 1609 (Rom): „Die Flucht nach Ägypten“ – + 1610 Erstmals wurde auf diesem Bild die Milchstraße, das aufleuchtende Sternenband am Nachthimmel, naturgetreu wiedergegeben – und das einige Monate bevor Galileo Galilei diese im Winter 1609 mit einem Teleskop entdeckte und seine Beobachtung 1610 publizierte. 1682 Der Halleysche Komet entmystifiziert Kometen sind staubige Eisblöcke von einigen Kilometern Durchmesser, die sich auf stark elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen Zeichnung: Matthäus Merian (Theatrum Europaeum, Band 1. Ausgabe 1635, S. 119) („.. ist ein schröcklicher Comet-Stern mit einem sehr langen brennenden Schwanz am Himmel erschienen und in ganz Europa mit sonderlichem Schrecken gesehen worden. ... An etlichen Orten ist er an die 27. Tag / an etlichen Orten länger gesehen worden. / So hat nu diese schröckliche Fackel der Allmächtige Gott für einen Bußprediger an die hohe Fäste des Himmels gestellet / damit die Menschen sehen möchten / wie er sie wege der Sünd zustraffen / und seine Zorn-Ruthen über sie ergehen zulassen beschlossen / ...“ Kometen lösen Angst und Schrecken aus 1910 kommt der Komet Halley zurück 1986 wird der Komet Halley von Giotto besucht Weltuntergangspanik heute vor 107 Jahren ! Alle 76 Jahre kommt der Halleysche Komet an der Erde vorbei – so auch am 19. Mai 1910. Eine ausgemachte Panik war überall in Europa die Folge, weil viele glaubten, der Kometenschweif würde alles vergiften. Scharlatane machten mit sogenannten „Kometenpillen“ ein Vermögen. Passiert ist am Ende natürlich – nichts. Postkarte von 1910. 1986: Giotto entschlüsselt den Kern des Kometen Halley Die von Giotto gemachten Aufnahmen zeigen den Kern des Halleyschen Kometen als erdnussförmigen, dunklen Körper von 15 km Länge und 7–10 km Breite. Lediglich 10 % der Oberfläche sind aktiv, darunter wenigstens drei Gasausbrüche auf der sonnenzugewandten Seite. Die Analysen ergaben, dass der Komet vor 4,5 Milliarden Jahren aus Eis entstanden ist, das an interstellaren Staubpartikeln kondensierte. Seitdem hat sich seine Gestalt im Wesentlichen nicht mehr geändert. 2015: Rosetta & Philae untersuchen den Kern des Kometen Tschuri des Kometen Tschuri 1781 Messier Katalog der Nebelobjekte DerMessier-Katalog ist eine Auflistung von 110 astronomischen Objekten, hauptsächlich Galaxien, Sternhaufen und Nebel. Die Objekte des Katalogs wurden zwischen 1764 und 1782 von dem französischen Astronomen Charles Messier zusammengestellt, nach einer ersten Version des Kataloges dann in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Pierre Mechain. Messier Galerie der NebelObjekte Messier 1: Krebsnebel Der Krebsnebel ist sowohl ein SupernovaÜberrest als auch ein Pulsarwind-Nebel im Sternbild Stier. Einem Mönch in Flandern fiel am 11. April 1054 eine „helle Scheibe am Nachmittag“ auf. Dies war die erste überlieferte Beobachtung einer Supernova-Explosion. Ebenso am 4. Juli 1054 von einem chinesischen Hofastronomen entdeckt. Messier 57: Der Ringnebel in der Leier Messier 13: Der hellste Kugelsternhaufen Messier 45: Plejaden offener Sternhaufen Messier 101: Ein Spiralnebel / HST Wilhelm Herschel zählt Sterne der Milchstraße Herschel hatte den Durchmesser der Milchstraße auf 1000 Siriometer und die Dicke auf 100 Siriometer geschätzt, ohne zu wissen, wie groß ein Siriometer ist! Sonne Wilhelm Herschels 48-ZollSpiegelteleskop von 1789. Wilhelm Herschel zählt Sterne der Milchstraße „Als ich mein Fernrohr auf ein Stück der Milchstraße richtete, fand ich, dass es den ganzen weißen Schimmer völlig in kleine Sterne auflöste, wozu meine früheren, weniger lichtstarken Teleskope nicht ausreichten. Das Stück dieses ausgedehnten Streifens, an dessen Beobachtung mir bisher am meisten gelegen war, ist das unmittelbar um die Hand und die Keule des Orion herum gelegene. ... Im Mittel erhielt ich für die ersten sechs zufällig ausgewählten Felder 79 Sterne je Feld. Unter der Annahme, dass der Durchmesser meines Gesichtsfeldes 15 Bogenminuten im Äquator beträgt, kann man schließen, dass ein Feld von 15 Grad Länge und 2 Grad Breite, beziehungsweise die Sternmenge, die ich durch das Gesichtsfeld meines Teleskops öfters in einer Stunde habe durchgehen sehen, wohl nicht weniger als 50.000 Sterne enthält, die noch hell genug waren, um sie genau zählen zu können. Außer diesen vermutete ich wenigstens noch doppelt so viele, die ich wegen ihrer Lichtschwäche nur ab und zu aufglitzern sehen konnte.“ Die Milchstraße nach Kapteyn 1922 11.000 Lichtjahre 55.000 Lichtjahre Nach seiner Arbeit musste die Milchstraße eine Spannweite von etwa 55.000 Lichtjahren (17 kpc) haben und ca. 11.000 Lichtjahre (3 kpc) dick sein. Die Erde vermutete er in einem Bereich nur wenige tausend Lichtjahre vom Milchstraßenzentrum entfernt. Kapteyn schätzte, dass unsere Galaxis etwa 50 Milliarden Sterne beheimatet. Was bisher vergessen wurde Staub absorbiert Sternstrahlung Obwohl dieses Modell das beste der Zeit war, vernachlässigte es die riesigen dunklen Staubwolken zwischen den Sternen. Sie blockieren unseren Blick auf viele Sterne und lassen einige blasser erscheinen, als sie wirklich sind. Deshalb hatte Kapteyn die Milchstraße auf nur etwa die Hälfte ihrer wirklichen Größe geschätzt. Auch hatte er die Anzahl der Sterne zu gering angegeben. Und unser Sonnensystem ist wesentlich weiter vom Galaxienzentrum entfernt. Trotzdem half Kapteyns Arbeit den Astronomen später, die wirkliche Natur der Milchstraße zu entschlüsseln. Shapley`s Kugelsternhaufen als Schlüssel Nach der Entdeckung der Kugelsternhaufen wurde die wahre Struktur der Galaxis in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts verstanden. Dabei stellte sich vor allem heraus, dass die Sonne keineswegs - wie immer angenommen - in der Mitte unserer Sterninsel steht. Eine Schlüsselrolle bei diesen Forschungen spielt der amerikanische Astronom HARLOW SHAPLEY (1885-1972). 1920: SHAPLEY bestimmte als Erster die Entfernungen zu Kugelsternhaufen. Dabei erkannte er, dass sich diese Objekte weit außerhalb der Milchstraße befinden und eine kugelförmige Verteilung gegenüber einem Punkt aufweisen, der sich etwa 10 kpc von der Sonne entfernt in Richtung des Sternbildes SCHÜTZE befindet. Dieser Punkt ist das Zentrum des Milchstraßensystems. Die Milchstraße ist eine Scheibengalaxie … Kugelsternhaufen Galaktischer Halo Galaktischer Bulge Junge Sterne Galaktische Scheibe Sonne Gas & Staub 25.000 Lichtjahre Offene Sternhaufen 100.000 Lichtjahre Emissions-Nebel … wie eine Ameise auf einer Pizza können wir die Galaxie nicht überblicken Moderne Vorstellungen Milchstraße Die Milchstraße im Infraroten 1992 Aufnahme mit DIRBE auf COBE-Satellit Die Milchstraße im Optischen 2000 Milchstrasse entstand durch Zusammenballen kleiner Strukturen Wie wird die Milchstrasse enden? Spektakuläres Ende der Sonne 6 Mrd a Weltraumteleskop untersucht Galaxien 1. Was für eine Art von Galaxie? Es gibt elliptische Galaxien (Sternhaufen) … und Spiralgalaxien (nach Hubble) Von der Seite betrachtet wie die Galaxis Wir sind Teil einer Scheibengalaxie Panorama-Aufnahme mit 800 Mio. Pixeln, 1000 Foto Das Milchstraßen-Panorama Axel Mellinger 2000 wie Messier 74 & 51 / HST Aufnahmen wunderschöne Spirale 2. Die Milchstraße ist eine Balkenspirale Unsere eigene Milchstraße – Zentrum von hier aus verlaufen 2 Spiralarme Die Milchstraße ist eine Spiralgalaxie Durchmesser: 100.000 Lichtjahre Wir 3. Spiral-Arme rotieren mit V = const 230 km/s Umlaufperiode: 250 Mio. Jahre Im Laufe ihres Lebens 40 Umläufe Video Rotation Milchstraße Rotationsgeschwindigkeit [km/s] Die Milchstraße rotiert mit 230 km/s Abstand vom Zentrum Rotationskurven von Spiralgalaxien V Rotationsgeschwindigkeit [km/s] Konstante Rotation Dunkle Materie Scheibe eingebettet in Dunklen Halo Der blaue Halo um die Milchstraße zeigt die erwartete Verteilung der geheimnisvollen Dunklen Materie. Neue Messungen zeigen, dass in der Umgebung der Sonne deutlich weniger Dunkle Materie existiert als erwartet und legen sogar nahe, dass in unserer kosmischen Nachbarschaft gar keine Dunkle Materie vorhanden sein könnte. (Bild: ESO, L. Calçada) Rotationskurve der Dreiecksgalaxie M33 Dunkle Materie! Die Milchstraße wird neu vermessen! Gaia misst Position 1 Mrd. Sterne 2020 Grafik: ESA/Gaia Gaia sieht auch Kugelsternhaufen, Andromeda & die Magell. Wolken 2016 Grafik: ESA/Gaia 2016 Sterne entstehen dauernd in Spiralgalaxien Aufnahme: HST Orion-Nebel Geburtsort der Sterne Aufnahme: VLT/ESO Dunkle Wolken Staubwolken absorbieren das Sternenlicht … erstrecken sich bis zu 1000 Lichtjahre besonders markant von der Seite sichtbar Eingebettet sind Sternentstehungsgebiete Extrem leuchtkräftige Gebiete = Nebel Adler-Nebel 4 Lichtjahre hohe Säulen Carina-Nebel Geburtshaus der Sterne Blick in die Wolken mittels Infrarot Selbst im Infrarot noch Staubabsorption Sterne werden sichtbar in Röntgenstrahlung 5. Sterne und Planeten entstehen aus Scheiben Jet Ausflüsse führen Drehimpuls ab ALMA Beobachtung an L1527 / Taurus Nami Sakai et al. 2017 ALMA protoplanetare Scheibe um HL Tauri 2014 Aufnahme im submmBereich HL Tau ist nur 1 Mio. a alt HL Tauri: 2 Lücken @ 28 AE und 69 AE / ALMA Hier entstehen Planeten ! Künstler sehen protoplanetare Scheiben … Protoplanetare Cookies … Innerhalb einiger Mio. Jahre eine Blase der Stern zündet nukleare Fusion Massereiche Sterne sind sehr hell und blau Rosetten-Nebel: Sterne 4 Mio. a, hell und blau 6. Manchmal besonders helle Blitze Supernovae zeugen von Sternentod Massereiche Sterne explodieren nach einigen Millionen Jahren Neuer heller Stern von Chinesen beob. 1054 Ein neu auftauchender Stern im Jahre 1054 Heller als alle andern Sterne tagsüber Endprodukt: Krebsnebel mit Pulsar Krebsnebel ist Überrest der Supernova 1054 - Explosion eines Sterns von 10 MS Cassiopeia A - Die letzte Supernova in der Milchstraße vor etwa 330 Jahren NStern Neutronenstern 20 km Durchmesser 1 Mio. Grad heiß Bild: Chandra Das sind die Grabsteine von massereichen Sternen, die als Supernova explodierten Supernova Jagd Supernova Jagd verlangt viel Geduld 2 Aufnahmen desselben Himmelsausschnittes zu verschiedenen Zeiten Die Zukunft der Milchstraße dramatisch In etwa zwei bis drei Milliarden Jahren dürften die Bewohner der Erde Zeuge eines eindrucksvollen Schauspiels werden: Unsere Muttergalaxis, die Milchstraße, verschmilzt dann mit unserer Nachbargalaxie Andromeda. Und die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass die Erde dieses Ereignis überlebt. Andromeda und Milchstraße vereinigen sich zu „Milkomeda“ Andromeda und Milchstraße sind Teil des Universums Wir leben in einer normalen Umgebung des Universums