Das Elektrische Feld Jeder Körper und jede Materie besteht aus Atomen. Das haben schon die Griechen vor etwa 2500 Jahren vermutet. Demokrit, etwa 460-371 v.Chr., ist derjenige, auf den die Idee vom atomaren Aufbau der Materie zurückgeführt wird. Demokrit war aber nicht der erste "Atomist", seine Vorstellungen gehen auf seinen Lehrer Leukipp zurück. Leukipp ging davon aus, dass die Stoffe aus kleinsten Teilchen bestehen. Demokrit fügte dem noch hinzu, dass sich die Atome im leeren Raum frei bewegen können, zusammenstoßen, sich vereinigen und wieder trennen. Nach Demokrit gibt es nur die Atome und den leeren Raum. Der Arzt Galen aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert zitiert Demokrit so: "Denn nur durch Konvention (oder Übereinkunft, Gewöhnung) existiert Farbe; bitter und süß sind Konvention, doch die Realität besteht nur aus Atomen und Leere" Unser Modell von einem Atom sieht nach Niels Bohr so aus, dass es einen Atomkern aus Protonen und ggf. Neutronen sowie eine Atomhülle aus Elektronen gibt. Die Elektronen gelten als die Träger der negativen Ladungen, die Protonen gelten als die Träger der positiven Ladungen. Neutronen sind, wie der Name vermuten lässt, neutral, also ungeladen. Die positive Ladung eines Protons und die negative Ladung eines Elektrons sind dem Betrag nach genau gleich. Sie beträgt: e = 1,602176565 · 10-19 C e bezeichnet die Elementarladung. Die Ladung eines jeden freien Teilchens setzt sich aus ganzzahligen Vielfachen dieser Zahl zusammen. Die Ladung eines Elektrons ist demnach qElektron = - e Kommen gleich viel positive und negative Ladungen zusammen, neutralisieren sie sich. Nach außen sind alle zusammen neutral, die einzelnen Teilchen bleiben allerdings geladen. Daraus folgt, dass Ladungen nicht erzeugt oder verbraucht werden. Für die Ladungssumme gilt ein Erhaltungssatz wie für die Masse, die Energie und den Impuls. Elektrische Ladungen gelten als Fundament der Elektrizitätslehre: • Durch elektrisch geladene Körper oder Teilchen werden elektrische Felder erzeugt. • Gleichzeitig werden diese Körper von den Feldern beeinflusst. • Zwischen Ladungen wirken Kräfte; anziehende Kräfte zwischen ungleichnamigen Ladungen, abstoßende Kräfte zwischen gleichnamigen Ladungen. • Will man Körper aufladen, muss Energie aufgewendet werden. Dabei werden sich anziehende Ladungen getrennt. Zwischen den getrennten Ladungen entsteht ein elektrisches Feld, in dem die aufgewendete Energie gespeichert ist. • Die elektrische Spannung gibt an, wie viel Energie nötig ist, einen geladenen Körper in einem elektrischen Feld zu bewegen. • Wenn sich elektrische Ladungen bewegen, spricht man von elektrischem Strom. Strom und Ladung Strom ist fließende Ladung. Die Stromstärke wird dabei definiert als der Quotient der Ladungsmenge, die in einem Zeitintervall durch den Leiterquerschnitt tritt. Das Formelzeichen für die Stromstärke ist das I, abgeleitet von Intensität (des Stromflusses). Die elektrische Ladung wird mit Q (oder q) bezeichnet, das von dem lateinischen quantum kommt. Die Einheit der Stromstärke ist eine der Basiseinheiten des SI-Systems, das Ampere. Die Ladung wird durch die Einheit Coulomb angegeben: [I] = 1 A [Q] = 1 C Mit dem Zeitintervall ∆t, angegeben in s, folgt daraus: I= Q Δt Umgestellt nach der Ladung erhält man: Q = I ⋅Δ t Der Zusammenhang der Einheiten ist: 1 C = 1 As Zur Abbildung: In dem Zylinder mit der Länge v·t befinden sich die Elektronen, die in dem Intervall ∆t die dunkel markierte Fläche durchfliegen werden. Das elektrische Feld Wie wir wissen, besteht jeder Körper aus Atomen und damit aus Ladungen. Wenn wir nun einen Körper so verändern, dass er mehr Elektronen hat als Protonen, so ist er negativ geladen. Nehmen wir einem anderen Körper Elektronen weg, so verbleiben mehr positive Ladungsträger und der Körper ist positiv geladen. Wenn wir nun diese zwei Körper, beispielsweise zwei Kugeln, mit einem bestimmten Abstand gegenüber stellen, dann entsteht zwischen den Elektronen des negativ geladenen Körpers und den Fehlstellen des anderen Körpers, also den Stellen, wo dort die Elektronen fehlen, ein elektrisches Feld. Die Vorstellungsweise ist so, dass zwischen den Ladungen Feldlinien verlaufen. Dazu die folgende Skizze: Die eingezeichneten Feldlinien weisen von der positiven Ladung zu der negativen Ladung. Desweiteren gilt, dass die Feldlinien im Gleichgewicht stets senkrecht auf den Oberflächen beginnen und enden. Man nennt das Feld zwischen Kugelladungen auch radiales Feld. Werden nun Probeladungen in ein elektrisches Feld gebracht, erfahren sie Kräfte, die tangential zu den Feldlinien auf die Probeladung wirken. In diesem Feld befinden sich drei Probeladungen. Sie erfahren Kräfte, die jeweils tangential zu der Feldlinie am Ort der Probeladung wirken. Aufgrund der Richtung der wirkenden Kräfte lässt sich angeben, dass es sich um positive Probeladungen handeln muss. Im folgenden beschäftigen wir uns mit zwei parallelen Metallplatten – den Kondensatorplatten. Zwischen ihnen bildet sich bei unterschiedlicher Ladung ein elektrisches Feld, dass senkrecht zu den Platten und zueinander parallel verläuft. Dieses Feld wird als homogenes Feld bezeichnet. Streng genommen ist das Feld nur homogen, wenn wir es ohne Randeffekte betrachten. In der Skizze ist angedeutet, dass es bei realen Ecken und Kanten zu Inhomogenitäten kommt und dass das Feld im Randbereich eines Plattenkondensators keinesfalls homogen ist. Was passiert, wenn neutrale Körper in ein elektrisches Feld gebracht werden? Bei leitenden Körpern sind die Elektronen beweglich, die (positiv geladenen) Atomrümpfe sind ortsfest. Die Elektronen werden das elektrische Feld im Kondensator spüren und sich entsprechend der Feldkräfte in Richtung der positiven Seite des Kondensators bewegen. Dort sammeln sie sich und es entstehen sogenannte Influenzladungen an den Oberflächen. Weiterhin verändert sich das elektrische Feld zwischen den Kondensatorplatten, denn die Feldlinien verlaufen nun auch zwischen den Kondensatorplatten und den Influenzladungen des leitenden Körpers. Durch elektrische Felder können in Leitern Ladungen getrennt werden. Bei einem Ring aus leitendem Material bleibt das Innere feldfrei (der Faraday'sche Käfig basiert auf diesem Prinzip). Die Influenzladungen bilden im Körper einen Stromkreis, die Ladungen werden, wenn das Feld des Kondensators weggenommen wird, durch den Ring fließen und sich neutralisieren. Das heißt, das elektrische Feld zwischen den Influenenzladungen existiert nur im Leiterinneren, also ähnlich wie beim Stromkreis, wo der Plus- und der Minuspol durch einen Leiter miteinander verbunden sind. Der Strom (= bewegte Ladungen) fließt durch den Leiter. Elektrische Felder gibt es also in Luft und in Festkörpern. Die elektrische Feldstärke im homogenen Feld Die elektrische Feldstärke ist ein Maß dafür, welche Kraft auf eine Probeladung wirkt. Je kleiner die Ladung, desto kleiner die Kraftwirkung auf sie. Der Quotient aus Kraft F und Ladung q bleibt dabei konstant; wir nennen ihn die elektrische Feldstärke E. ⃗ N Newton F ⃗ [E ] = 1 = 1 E = = konstant C Coulomb q Man beachte, dass die elektrische Feldstärke, wie auch die Kraft, eine vektorielle Größe ist. Ihre Richtung ist die Richtung der Kraft auf eine positive Probeladung. Damit ist die Feldkraft F auf eine Probeladung q: ⃗ F = q⋅ ⃗ E In einem homogenen Feld ist die Feldstärke überall gleich. In einem radialen Feld dagegen verändert sich die Feldstärke von Punkt zu Punkt. Spannung und Energie Wenn Ladungen getrennt werden, denkt man sich zwischen ihnen die Feldlinien und damit das elektrische Feld. Die Feldkräfte würden normalerweise dafür sorgen, dass sich die Ladungen aufeinander zu bewegen und sich neutralisieren. Für das Trennen der Ladungen muss man also Energie aufwenden. Wenn Ladungen neutralisiert werden, kann man Energie gewinnen. Getrennte Ladungen bedeuten also, dass Energie zur Verfügung steht und bei Bedarf genutzt werden kann. Die zur Verfügung stehende Energie nennt man auch Spannung. Dazu zwei Merksätze: „Spannung bedeutet, dass elektrische Energie auf Abruf bereit steht.“ „Spannung tritt auf, wenn man entgegengesetzte Ladungen unter Energiezufuhr trennt.“ Welche Energie ist notwendig, um eine Ladung q von einer Kondensatorplatte zur anderen zu bewegen? In einem elektrischen Feld wirkt die Feldkraft ⃗ F = q⋅ ⃗ E auf die Ladung q. Der Abstand der beiden ⃗ Kondensatorplatten wird mit d bezeichnet. Und mit W = ⃗F ⋅ ⃗ d (Energie ist Kraft mal Weg) folgt: W = q⋅ ⃗ E ⋅⃗ d Das ist die Energie, die den Ladungsträgern zugeführt werden muss, bzw. die durch die Bewegung der Ladungsträger gewonnen werden kann. Wenn wir nun die Energie pro Ladungsträger berechnen, erhalten wir einen Ausdruck für die Spannung: W U= Spannung ist Energie pro Ladung. q Die Formel für die Energie eingesetzt: J [U ] = 1 = 1 V = 1 Volt U = E ⋅d C Damit gibt es eine weitere Formel für die elektrische Feldstärke E: U ⃗ E= d [E ] = 1 V Volt =1 m Meter Spannung und Potential Die Spannung, die wir berechnen können, ist die Energie, die eine Ladung bei der Bewegung von einem Punkt A zu einem anderen Punkt B benötigt. Wir bewegen uns also zwischen zwei Punkten. Wenn wir nun den einen Punkt, z.B. B, als Bezugspunkt definieren, können wir sagen, dass die Spannung zwischen den beiden Punkten das Potential des Punktes A gegen ein Nullpotential des Bezugspunktes B ist. Das Potential wird mit dem griechischen Buchstaben ϕ (phi) bezeichnet. Das Nullpotential vom Bezugspunkt B ist dann ϕ B = 0 V. Das Potential des Punktes A ist die Spannung von A gegen B. Die Spannung zwischen zwei Punkten A und B ist die Potentialdifferenz ϕ A − ϕ B Die Probeladung ist positiv, also wirken die Feldkräfte in Richtung der negativen Platte. Wenn wir die Ladung von A nach B verschieben wollen, benötigen wir die Energie W = E ∙ d, die wir der Probeladung zuführen müssen. „Die Energie eines Systems sinkt, wenn dessen Feldkräfte Ladungen verschieben. Wenn von äußeren Kräften Ladungen gegen die Feldkräfte verschoben werden, steigt die Energie.“ Das Coulomb-Feld Wir definieren zunächst eine Flächenladungsdichte, die aussagt, wieviel Ladungen auf einer bestimmten Fläche enthalten sind. Mit der Fläche A und der Ladung Q erhalten wir die Flächenladungsdichte σ (sigma): C Q [σ] = 1 2 σ= A m Wenn wir nun davon ausgehen, dass zu jeder Ladung eine Feldlinie gehört und wir weiterhin sagen, dass die Dichte der Feldlinien etwas über die Stärke des elektrischen Feldes aussagt, können wir eine Beziehung zwischen Flächenladungsdichte σ und Feldstärke E herstellen. Diese beiden Größen verhalten sich proportional zueinander und der Proportionalitätsfaktor wird mit ε0 (epsilon Null) bezeichnet: σ = ϵ0 ⋅ E Der Faktor ε0 ist die elektrische Feldkonstante mit dem Wert ε0 = 8,85 ∙ 10-12 C / (Vm) Strenggenommen gilt die Beziehung zwischen σ und E in dieser Form nur im Vakuum. Welche Kräfte wirken auf Probeladungen, wenn sie sich nicht in einem homogenen Feld sondern in einem radialen Feld befinden? Dafür untersuchen wir das folgende Szenario: Eine positive, felderzeugende Ladung Q ist ortsfest. Im Abstand von r befindet sich eine negative Probeladung q, auf die die Feldkraft von Q wirkt. Natürlich wirkt auch die Feldkraft von q auf Q, allerdings kann sich die Ladung Q nicht bewegen. Der Abstand r bezieht sich jeweils auf die Kugelmittelpunkte. Die Ladung Q befindet sich an der Oberfläche einer Kugel mit dem Radius R. Die Oberfläche hat die Größe A = 4∙π∙R2. Die Flächenladungsdichte beträgt damit σR = Q 4⋅π⋅R2 Wenn wir uns jetzt die Flächenladungsdichte am Ort der Probeladung ausrechnen, erhalten wir σr = Q 4⋅π⋅r 2 Hier beträgt die Feldstärke E: Q E= σ = ϵ 0 4⋅π⋅ϵ0⋅r2 Damit beträgt die Kraft F am Ort der Probeladung: F = q⋅E = Q⋅q 2 4⋅π⋅ϵ0⋅r Das ist das Coulomb-Gesetz: Die Kraft zwischen zwei punkt- oder kugelförmigen Ladungen mit dem Abstand der Kugelmittelpunkte r. Kräfte können sich ungestört überlagern. Es kann immer aus mehreren Einzelkräften eine resultierende Kraft ermittelt werden. So kann aus mehreren Coulomb-Kräften, die auf eine Probeladung wirken, eine resultierende Kraft ermittelt werden. Damit ergibt sich auch eine resultierende Feldstärke am Ort der Probeladung. Beim Plattenkondensator ergibt sich die benötigte Energie zum Verschieben einer Probeladung gegen das Feld aus dem Produkt aus Kraft und Weg ( W = F⋅ d ) . Beim radialen Coulomb-Feld geht das aber nicht, da die Kraft mit steigendem Abstand der Probeladung geringer wird. Mit Hilfe der Integralrechnung ergibt sich für die Energieübertragung im Coulomb-Feld: W= ( ) Q⋅q 1 1 ⋅ − 4⋅π⋅ϵ0 r 1 r 2 Die Radien r1 und r2 beziehen sich auf den Abstand der Probeladung q zu der Ladung Q an Punkt 1 bzw. Punkt 2. Damit ist die Spannung zwischen zwei Punkten 1 und 2 im Coulomb-Feld: U= ( ) W Q 1 1 = ⋅ − q 4⋅π⋅ϵ0 r 1 r2 Die Spannung ist also unabhängig von der Probeladung q. Sie bezieht sich auf Punkte im CoulombFeld, das von der Ladung Q ausgeht. Spannung besteht immer zwischen zwei Punkten. Wenn wir die Potentialdifferenz zwischen den beiden Punkten beschreiben, folgt dieses: U = Δ φ = φ1 − φ2 = ( ) Q 1 1 ⋅ − 4⋅π⋅ϵ0 r 1 r 2 Und damit: φ1 = Q 1 ⋅ 4⋅π⋅ϵ 0 r 1 ; φ2 = Q 1 ⋅ 4⋅π⋅ϵ0 r 2 Den Punkt 2 setzen wir ins Unendliche, also wird der Ausdruck 1/r 2 = 0 und damit wird auch das Potential ϕ2 = 0. Es folgt: φ= Q 1 ⋅ 4⋅π⋅ϵ 0 r Dazu der Merksatz: „Das Potential eines Punktes mit dem Abstand r vom Mittelpunkt einer Kugel der Ladung Q ist seine Spannung gegen unendlich.“ Das Coulombfeld einer kugelförmigen Ladung Q: Die Feldlinien würden bis unendlich verlaufen. Durch die Abhängigkeit der Kraft F von 1/r2 ist die Wirkung eines Coulomb-Feldes begrenzt, prinzipiell aber wirkt das Feld unendlich weit... Kapazität eines Plattenkondensators Zwischen Ladungen entstehen elektrische Felder, in denen zwischen zwei Punkten eine Spannung besteht. Es muss also einen Zusammenhang zwischen Ladung und Spannung geben. Wir betrachten die Flächenladungsdichte σ = Q / A = ε0 ∙ E = ε0 ∙ U / d, aus der nach Q umgestellt ϵ ⋅A wird: Q= 0 ⋅U d Die Ladung Q ist also proportional zur Spannung U, der Proportionalitätsfaktor wird Kapazität C Q ϵ ⋅A genannt. Der Quotient C = = 0 ist von U unabhängig. Wir halten fest: U d C= Q ϵ0 ⋅A = U d [C ] = 1 C = 1F = 1 Farad V Bisher haben wir den Plattenkondensator nur im Vakuum untersucht. Wird aber nun ein Medium, z.B. Luft, Styropor oder Glas, zwischen die Kondensatorplatten gebracht, steigt die Kapazität des Kondensators. Der Faktor, um den die Kapazität steigt, heißt Dielektrizitätszahl εr (M. Faraday hat erkannt, dass auch Isolatoren, also sehr schlechte Leiter, elektrische Eigenschaften haben, und er hat sie Dielektrika genannt). Im Vakuum ist εr = 1. So wird die Kapazität in einem homogenen Feld zu: C= Wegen σ = ϵ 0 ⋅ϵ r ⋅ A d ϵ ⋅ϵ ⋅ A Q U und Q = C⋅U = 0 r wird die Flächenladungsdichte zu: ⋅ U und mit E = A d d σ = ϵ 0 ⋅ϵ r ⋅ E Kapazität einer Kugel Q für eine 4⋅π⋅ϵ 0 ⋅r freistehende Kugel mit dem Radius r. Die Kapazität einer solchen Kugel ist: Aus dem Coulomb-Gesetz folgt die Spannung gegen Unendlich U = C= Q = U Q = 4 π ϵ 0 ϵr r Q 4 π ϵ0 ϵr r C = 4 π ϵ0 ϵ r r