Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 8. Grundschaltungen der Digitaltechnik 8.1 Allgemeines Man unterscheidet grundsätzlich zwei Grundtypen elektronischer Schaltungen: In analogen Schaltungen ist die Größe einer Spannung oder eines Stromes der direkte Träger der Information. Deshalb wird man in der Analogtechnik fast immer versuchen, ein lineares Verhältnis zwischen einer Spannung am Eingang und am Ausgang z. B. eines Verstärkers zu erzielen von der Art: Uout = a * Uin herzustellen. In der Digitaltechnik ist dagegen der Absolutwert einer Spannung nicht interessant. Wenn eine Spannung eine obere Schranke überschreitet, wird sie als logisch "high" gewertet, unterschreitet sie eine untere Schranke, so wird die als "low" bezeichnet. Die Digitaltechnik hat eine 2-wertige Logik, die Analogtechnik eine Logik mit theoretisch unendlich vielen verschiedenen Werten. u (t) t high (1) u (t) low (0) t Abb. 8.1: Digitale und analoge Signale Wir haben im Kapitel 7 kennengelernt, daß Halbleiter-Bauelemente typischerweise ein nichtlineares Verhältnis zwischen angelegter Spannung und durchfließenden Strom aufweisen. In der Analogtechnik wird man versuchen, die aktiven Bauelemente, also bipolare Transistoren oder FETs, jeweils unabhängig voneinander in einem konstanten Arbeitspunkt betreibt. Das bedingt wiederum kleine Signalgrößen im Vergleich zur Versorgungsspannung. Hilfreich ist auch die in der diskreten (im Gegensatz zur monolithisch integrierten) Technik praktizierte Trennung der einzelnen Stufen durch Kondensatoren. Natürlich kann eine solche Konstruktion auch keine Gleichspannung übertragen. Sie hat eine untere und obere Grenzfrequenz für die übertragbaren Signale. Abb. 8.2 zeigt eine solche Schaltung, wie sie z. B. in einem Verstärker für tonfrequente Signale (Audiobereich, ca. 15 Hz bis 20 kHz) oft verwendet wurde. Signale unter etwa 15 Hz sind für Menschen nicht hörbar und müssen deshalb auch nicht übertragen werden. St. 1 St. 2 St. 4 St. 3 Abschnittsweise lineare Näherung I der Diodenkennlinie U Abb. 8.2: Mehrstufige analoge Verstärkerschaltung 1 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Auf integrierten Schaltungen sind solche Konstrukte kaum verwendbar: Man kann dort die notwendigen großen Werte der Kopplungs-Kapazitäten (100 Mikrofarad und mehr) nicht realisieren, auch schwebende (also nicht einseitig an Masse abgeschlossene) Kapazitäten sind schwer zu realisieren. Deshalb sind mehrstufige Schaltungen, wenn sie auf dem IC realisiert werden, fast immer direkt gekoppelt und können auch Gleichspannungen übertragen. Generell wird der einzelne Transistor in der Analogtechnik aber ein möglichst linearer Verstärker sein sollen. Wir werden uns in dieser Vorlesung nur ganz am Rande mit analoger Schaltungstechnik beschäftigen. Das kann (und tun) der Lehrstuhl Mikroelektronik (Prof. Falter). Diese Linearität ist in der Digitaltechnik weder erwünscht noch günstig. Dort kommt es vielmehr darauf an, daß stets definierte High- bzw. Low-Pegel vorhanden sind und die Übergänge dazwischen möglichst schnell stattfinden. Eine digitale Verstärkerstufe soll außerdem in der Lage sein, Signale zu regenerieren, also aus einem langsamen high / low oder low / high - Zustandsübergang einen schnelleren mit steileren Flanken zu erzeugen. Dazu benötigt auch die digitale Schaltstufe eine hohe Verstärkung. Hat z. B. das Gatter G3 eine Spannungsverstärkung von 10, so wird es bereits Ausgangssignale von 0,5 V des Gatters G1 auf einen Ausgangswert von 5V verstärken und dementsprechend eine steile Übergangsflanke erzeugen. Bei einer Verstärkung von 10, einer Versorgungsspannung von 5 V und einer Eingangsspannung über 0,5 V wird aber bereits eine Zustand der Sättigung erreicht, das Gatter wird in seinem Ausgangspegel begrenzt, seine aktiven Transistoren geraten in den Zustand der "Sättigung". G3 G1 G5 G2 G3 regeneriertes Signal u (t) Ausgangssignal t Abb. 8.3: Mehrstufige Digitalschaltung und Signalregenerierung Im (nicht realistischen) Idealfall hat ein digitales Signal senkrechte Flanken. Läßt man den Aspekt der Regenerierung außer Betracht, dann kann ein Transistor in einer Digitalschaltung als Schalter idealisiert werden, der nur die Zustände "on " (leitend) und "off" (nicht leitend) kennt. Diese Abstraktion ist in der Digitaltechnik durchaus gebräuchlich. Allerdings sind Transistoren nur als spezielle Schalter verwendbar: Ein pnp - oder ein p-Kanal-MOS- Transistor eignet sich dazu, einen internen Schaltungsknoten mit der Betriensspannung zu verbinden, während ein n-Kanal MOS-Transistor oder eine npn-Transistor einen Schaltungsknoten mit dem Masse-Anschluß verbindet. 2 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 VDD Ausgang Ansteuerung GND VDD Ausgang Ansteuerung GND Abb. 8.4a: Transistoren in einer Digitalschaltung als aktive Schalter Idealerweise arbeitet eine digitale Schaltungstechnik mit solchen aktiven Schaltern, wie es die heute absolut dominierende CMOS-Technik tut. Ältere MOS-Techniken und alle bipolaren Logiken arbeiten mit nur einer Art aktiver Schalter. Dann werden zusätzlich auch Transistoren verwendet, die durch entsprechende Beschaltung als Widerstände wirken. VDD R Ausgang Ansteuerung GND Abb. 8.4 b: Digitalschaltung mit passivem Pull-up-Element und einseitigem aktivem Schalter Technologien mit passivem "Pull-up-Element" gegen VDD haben den Nachteil, daß im "low" Zustand (und bei manchen Technologien sogar im high-und im low-Zustand) selbst bei Ruhe der Schaltung ein Querstrom fließt. Wegen des Leistungsverbrauchs und damit verbundener Probleme der höheren Wärmebelastung im Schaltkreis eignen sich nur Technologien mit zwei aktiven Schaltern für die Großintegration. Man kann aber auch Transistoren als nicht-ideale Schalter in einem Modus einsetzen, in dem sie Signale entweder sperren oder weiterleiten. Man spricht dann von "Pass-Transistoren" oder, wenn ein p.Kanal und ein n-Kanal-Transistor parallelgeschaltet werden, von "transmission gates". Solche Schalter sind zwar platzsparend implemen-tierbar, sie leisten aber keine Regenerierung der Signale, sondern bewirken eine Abschwächung. Der Grund liegt darin, daß die auf Durchlaß geschalteten Transistoren natürlich immer noch einen endlichen Restwiderstand aufweisen. Zusammen mit der kapazitiven Belastung ergibt sich daraus ein Tiefpaß. Nach einigen solcher Stufen (meistens mx. 2 bis 3) muß ein Signal deshalb stets wieder durch eine "aktive" Gatterschaltung regeneriert werden 3 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Transmission Gate Pass-Transistor Steuersignal Quelle / Eingang Quelle / Eingang Ausgang Ausgang Steuersignal Steuersignal GND GND Abb. 8.5: Pass-Transistor und Transmission Gate Insbesondere die Pass-Transistor-Schaltung ist recht hochohmig bzw. schaltet nur recht langsam vom sperrenden in den leitenden Zustand um. Wesentlich besser in dieser Beziehung ist das Transmission Gate, bei dem jeweils ein p-Kanal- und ein n-Kanal-Transistor parallelgeschaltet werden. Diese beiden Transistoren benötigen dann komplementäre Signale zur Ansteuerung. 8.2 Monolithisch integrierte Schaltungen Digitale Schaltungen, die aus einzelnen diskreten Transistoren aufgebaut waren, wurden vorwiegend in den 60er Jahren in Rechnern verwendet. Seitdem haben monolithisch integrierte Schaltungen Einzug gehalten, bei denen mehrere Transistoren (in den ersten Technologien) bis zu Millionen von Transistoren (seit den 80er Jahren) gemeinsam gefertigt werden. Wir haben im letzten Kapitel bereits einzelne so gefertigte Transistoren betrachtet. metal N-well CMOS Technology gate-oxide field-oxide p - bulk n-channel poly-silicon p-channel GND VDD n+ n+ p+ p+ n-well n-well p- bulk silicon n-diffusion p-diffusion Abb. 8.6: Monolithisch integrierter Schaltkreis (Schnitt durch einen Inverter in CMOSTechnologie) Auch die Schaltungstechnik, die für monolithisch integrierte Schaltkreise verwendet wird, ist speziell auf deren Fertigungsmöglichkeiten abgestimmt. Vorab ist wichtig, daß bei der Fertigung von ICs stets gewisse Toleranzen auftreten. Man wird also z. B. kaum einen Widerstand von genau 100 Ohm fertigen können, sondern muß stets Streuungen etwa zwischen 90 und 110 Ohm tolerieren. Der Entwurf muß also stets darauf ausgelegt sein, daß eine Schaltung auch bei solchen Toleranzen noch funktioniert. Schaltungen, deren Funktion nur bei Einhaltung absoluter Werte von Bauelementen gewährleistet ist, werden auf dem IC nicht oder allenfalls mit geringster Ausbeute bei der Fertigung funktionieren. Zulässig und weit verbreitet sind dagegen Techniken, bei denen die Funktion auf einem festen Verhältnis zwischen zwei Widerständen oder zwei Kapazitäten beruht. 4 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Günstig und flächensparend realisieren lassen sich: − p-n-Dioden gegen das Grundsubstrat, wobei für die Polung eine Vorzugsrichtung existiert, die durch die Art des Grundsubstrats (p- oder n-) bestimmt ist. − Transistoren, wobei in der bipolaren IC-Technologie vorwiegend npn-Transistoren als aktive Schalter zum Einsatz kommen. pnp-Transistoren sind möglich, sind aber vergleichsweise viel langsamer und werden aber eher als passive Widerstandselemente verwendet. In MOSTechnologien werden sowohl n-Kanal als auch p-Kanal-Transistoren als aktive Schalter benutzt. − Widerstände etwa im Bereich zwischen 1 kOhm und 100 kOhm durch Verwendung von Transistoren, wobei aber die Widerstandswerte nicht konstant sind. Widerstandswerte bis ca. 100 kOhm sind durch widerstandsbehaftete Leitungen realisierbar. − Kondensatoren gegen Masse (Grundsubstrat) von unter 0,1 pF. Transistor mit Substratanschluß an Masse (n-Kanal) Transistor mit Substratanschluß an VDD (p-Kanal) VDD Signalleitung = R oder Signalleitung GND Abb. 8.7a: Gut realisierbare integrierte Bauelemente (MOS) npn-Transistor pnp-Transistor Multi-Em itter-Transistor (aktiver Schalter)(passiv, NF) Abb. 8.7 b: Integrierte Bauelemente (bipolar) Nur schwer realisierbar sind: − − − − "Schwebende" Dioden zwischen Leitungen "Schwebende" Kondensatoren präzise Widerstandswerte Widerstände unter 100 Ohm (ungenau) und über ca. 100 kOhm über 1 kOhm nur als: GND Abb. 8.8: In IC-Technologie bedingt realisierbare Bauelemente 5 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Kaum zu realisieren sind: − − − − Spulen (Induktivitäten) Transformatoren) große Kapazitäten über ca. 10 pF Relais und elektromechanische Komponenten Induktivität Übertrager / Transformator große Kapazitäten Große Widerstände, Präzisionswiderstände Elektromechanische Bauelemente Abb. 8.9: In IC-Technologie nicht realisierbare Komponenten (Induktivitäten sind bedingt möglich) Zudem existiert für alle integrierten Bauelemente ein gemeinsamer Masse (GND)-Anschluß. Damit sind Entkopplungen problematisch. In den meisten Technologien sind auch entweder nur bipolare Transistoren oder nur MOSTransistoren verfügbar. Mischtechnologien existieren aber. Diese Einschränkungen erscheinen für den Elektroniker, der Schaltungen auf dem "Brett" mit Komponenten aus der Schublade zu bauen gewohnt ist, schwerwiegend. Dem gegenüber stehen handfeste Vorteile: − geringe Kosten pro aktivem Bauelement (ein diskret aufgebauter Transistor kostet ca. 0,1 DM, eine Transistorfunktion in einem hochintegrierten IC ist für 10**-4 DM entsprechend 0,01 Pfg und weniger zu bekommen) − ICs haben im Vergleich zu diskreten Schaltungen eine mehrfach höhere Zuverlässigkeit und Lebensdauer − Gewicht, Platzbedarf und Leistungsverbrauch pro Transistorfunktion sind um Größenordnungen niedriger. Die Fertigung von ICs ist ein aufwendiger Prozeß, der bei modernen Technologien aus hunderten von Einzelschritten besteht, die wiederum detailliert aufeinander abgestimmt sein müssen. Damit sind ICs grundsätzlich kostengünstig nur bei Stückzahlen von Tausenden bis Millionen herstellbar. Einmal gefertigte ICs kann man, falls ein Entwurfsfehler vorliegt, kaum jemals reparieren. Sie verlangen also eine ganz neue Entwurfstechnologie (siehe Spezialvorlesung ab 6. Semester). Da das Innere von ICs von außen kaum zugänglich ist , kann man auch nur sehr beschränkt in der Schaltung messen und prüfen. Deshalb verlangen ICs eine eigene, sehr spezielle Test-Technologie (Spezialvorlesung in Vorbereitung). 6 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 8.3 Die Silizium-Planartechnik Seit den 60er Jahren hat sich ein grundlegendes Fertigungsverfahren für integrierte Halbleiterschaltungen entwickelt, auf dem die gesamt Mikroelektronik beruht. Man nennt dies die "Planartechik". Sie ist gekennzeichnet dadurch, daß Halbleiter-Bauelemente massenweise gleichzeitig mit Hilfe fotomechanischer Abbildungsverfahren gefertigt werde. Das Ausgangsmaterial ist stets eine Scheibe einkristallinen, hochreinen, an den Oberflächen polierten Siliziums. Bei einer Dicke von ca. 0,7 mm hat ein solcher "Wafer" einen Durchmesser von bis zu ca. 30 cm. Das Grundmaterial ist, je nach Typ der zu fertigenden Schaltung, entweder schwach p- oder n-dotiert. Die verschiedenen Fertigungsschritte benutzen zumeist eine in etwa ähnliche Prozeßfolge. 1. Wafer (nicht maßstäblich) 2. Oxidation 5. Selektives Entfernen der der belichteten Lackstellen 6. Entfernen der Oxidschicht an den belichteten Stellen 3. Beschichtung mit Fotolack 7. Strippen der Lackreste 4. Selektive Belichtung 8. Selektive Dotierung der geöffneten Bereiche Abb. 8.10: Grundlegende Prozeßschritte der Silizium-Planartechnik Am Anfang der Prozeßfolge steht stets die Oxidierung der Silizium-Oberflächen. Das Oxid dient als Maskierungsschicht für eine Anzahl von Prozeßschritten, weil z. B. bei Behandlung der Oberfläche des Halbleiters mit einem Dotierstoff (z. B. PH3-Gas, Phosphin) der Dotierstoff in eine SiliziumOberfläche wesentlich schneller eindiffundiert als in eine SiO2-Oberfläche. Effektiv geschieht die Diffusion ins SiO2 so langsam, daß eine solche Schicht das darunter liegende Silizium effektiv abschirmt. Bei einem Dotierungsprozeß, der in der Regel bei etwa 1000 Grad Celsius im sogenannten Diffusionsofen stattfindet, wird als der Dotierstoff zur Bildung p- oder n-leitender Bereiche gezielt an vorher "geöffneten" Stellen in den Halbleiter eingebracht. Das selektive Öffnen selbst erfordert einen mehrstufigen Prozeß: Im ersten Schritt wird die Silizium-Oberfläche durch Oxidation mit Sauerstoff der Wasserdampf (bei 1000 Grad C. im Ofen) oxidiert. Man unterscheidet dabei die Trockenoxidation, bei der sich langsam ein sehr homogenes, hochwertiges Oxid bildet (z. B. auch für Transistor-Gates geeignet) Danach erfolgt eine Abdeckung mit einem lichtempfindlichen Kunststoff, meistens als "Fotoresist" bezeichnet. Die Übertragung von Strukturmustern für z. B. zu diffundierende Bereiche geschieht nun mittels einer selektiven Belichtung der Oberfläche z. B. durch eine Maske hindurch. Eine Quarzlampe sendet UV-Strahlung aus, die von einer als Maske wirkenden teilweise geschwärzten Glasplatte nur an den zu belichtenden Stellen durchgelassen wird. In den meisten Fällen ist der Resist an den belichteten Stellen anschließend in einem Lösungsmittel leichter löslich als die unbelichteten Teile (Positivlack). Es gibt aber auch Resist-Sorten, die nur an den belichteten Stellen unlöslich werden. (Negativlack). 7 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Nachdem so zunächst die Oberfläche des Oxids selektiv geöffnet wurde, wird anschließend ein Ätzmittel verwendet, das nur das Oxid, nicht aber den stehengebliebenen Resist angreift. Meistens wird zum Ätzen Flußsäure (HF) verwendet. Damit wird nun seinerseits das Oxid an den belichteten Stellen geöffnet. Damit existiert nun das für eine selektive Diffusion benötigte Fenster. Vor der Diffusion werden aber die stehengebliebenen Lackreste entfernt (gestrippt). Nach dem Diffusionsvorgang wird sofort wieder oxidiert, damit die behandelte Stelle für weitere Prozeßschritte maskiert ist. Im Verlauf der Herstellung eines ICs ist es einerseits notwendig, p- und n-Dotierungen an verschiedenen Stellen aufzubringen. Aber auch die Umdotierung eines schwach p-dotierten Bereichs in ein n-dotiertes Gebiet (und umgekehrt) kann notwendig werden. Besonders kompliziert sind die Verhältnisse beim integrierten bipolaren Transistor (Abb. 8.12). E B n++ C n+ P+ Isolator n - (epitaktisch) n++ Grundsubstrat Abb. 8.12: Integrierter bipolarer Transistor Dort muß auf ein schwach leitendes Grundsubstrat zunächst die gut leitende "vergrabene Schicht" aufgebracht werden. Dieser folgt für den Kollektor eine niedriger leitende epitaktische Schicht. Da man in eine gut leitende Schicht keine schwach leitende derselben Polarität eindotieren kann, muß auf der Oberfläche eine schwach leitende monokristalline Schicht "aufgewachsen" werden. Diesen Prozeß nennt man Epitaxie. In die Epitaxie-Schicht werden dann die mittelhoch dotierte Basis und die hoch dotierten Emitter- und Kollektor-Anschlüsse eindiffundiert. Schießlich ist noch Trennschicht zwischen verschiedenen Transistoren vorzusehen, die entweder aus einer tiefen p-Diffusion oder einer echten Isolierschicht bestehen kann. 8.4 Integrierte bipolare Schaltungen Die ersten digitalen ICs wurden in den 60er Jahren in verschiedenen bipolaren Technologien entwickelt und gefertigt. Von einer gewissen praktischen Bedeutung ist sind heute davon nur noch die Transistor-TransistorLogik (TTL) und die Emitter-Coupled-Logic (ECL). Diese Technologien haben die Eigenschaft, daß sich bestimmte Gatter-Funktionen bevorzugt fertigen lassen (meistens NAND oder NOR). Andere logische Funktionen werden dann indirekt z. B über NANDs oder NORs realisiert. 8.4.1 Transistor-Transistor (TTL) Logik Das wesentliche und typische Bauelement der TTL-Logik ist der Multi-Emitter-Transistor. E1 E2 n++ n++ B C n+ P+ n - (epitaktisch) n++ Grundsubstrat Abb. 8.13: Multi-Emitter-Transistor 8 Isolator Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Wie Abb. 8.13 zeigt, ist es technologisch einfach, dem integrierten bipolaren Transistor weitere Emitter-Anschlüsse hinzuzufügen und damit eine "Multi-Emitter-Struktur" zu erzeugen. Ein solcher npn-Multi-Emitter-Transistor ist dann auch charakteristisch für die bipolare Transistor-TransistorLogik (TTL), die wichtigste Logikfamilie für diskrete Logik-Bausteine der 60er und 70er Jahre. Abb. 8. 14 zeigt vereinfacht ein Grundgatter in TTL-Logik. Charakteristisch ist der Multi-EmitterTransistor am Eingang. VDD Rb Ausgang T2 T1 Eingänge GND Abb. 8.14: NAND -Grundgatter der TTL-Logik mit Open Collector-Ausgang Ist mindestens einer der Eingänge auf "low", so ist der Transistor T1 niederohmig leitend (kann in Sättigung sein). Die folgende Stufe mit T2 erhält eine Eingangsspannung nahe dem GND-Potential, zieht damit keinen nennenswerten Basisstrom und sperrt. Werden dagegen beide Eingänge auf "high" gelegt, so gerät der Transistor T1 in den aktiv inversen Betrieb, es fließt ein Strom durch die Kollektor-Basis-Diode zum Eingang von T2. Damit erhält der Ausgangstransistor T2 einen Basisstrom und wird niederohmig leitend. Da in diesem Fall die Basis-Emitter-Spannung des Ausgangstransistors höher als die Kollektor-Emitter-Spannung werden kann, gerät dieser Transistor in den Zustand der Sättigung und wird sehr niederohmig. In der "Open Collector"-Konfiguration benötigt die Schaltung einen externen Widerstand am Ausgang gegen Vdd um zu funktionieren. Eine erweiterte, ohne externen Widerstand verwendbare TTL-Stufe zeigt Abb. 8.15. VDD Rb Eingänge T4 T1 Q T2 T3 Ausgang GND Abb. 8.15: TTL NAND-Schaltung mit Gegentakt-Ausgang Die Schutzdioden am Schaltungseingang bewirken, daß die Spannungen am Schaltungseingang begrenzt bleiben (Schutzdioden). Die Gegentaktschaltung kann relative hohe Ströme und Stromspitzen am Ausgang liefert, ein externer Widerstand ist nicht notwendig. TTL-Gatter mit diesem Aufbau sind relativ langsam, weil die Transistoren in den Zustand der Sättigung geraten. Dabei wird jeweils, bedingt durch die große Diffusionskapazität der Dioden in Flußrichtung, eine relativ große Ladungsmenge in der Basis gespeichert. Da beim Umschalten des Transistors diese Diffusionskapazität umgeladen werden muß, schalten Schottky-Gates in sogenannter "gesättigter Logik" relativ langsam. Will man sie schneller machen, so muß man den Zustand der Sättigung vermeiden. Den Schaltungstrick zeigt Abb. 8.16. 9 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 VDD Schottky-Transistor RL E2 E1 C out in B Multi-Emitter-Transistor Verstärkerstufe Abb. 8.16: Transistor mit Schottky-Diode zur Vermeidung der Sättigung Die Schottky-Diode hat jeweils eine geringere Flußspannung als die p-n-Diode des Transistors und wirkt deshalb als effizienter Nebenschluß. Da eine solche Schottky-Diode auch günstig und ohne großen Flächenverlust in die integrierte TTLSchaltung einbezogen werden kann, haben heute verwendete TTL- Schaltungen praktisch nur noch in sogenannter "Schottky-Logik" praktische Bedeutung, bei der alle Transistoren, die in den Zustand der Sättigung laufen könnten, eine zum B-C-Übergang parallele Schottky-Diode besitzen. Der logische Hub, das ist der Unterschied zwischen "high" und "low" - Pegel beträgt in TTL etwa 2 V. Auffällig ist, daß die TTL-Logik weitestgehend ohne pnp-Transistoren auskommt. Man kann in integrierter bipolarer Technologie auch pnp - Transistoren implementieren, aber nicht mit ähnlicher Leistungsfähigkeit wie npn-Transistoren. Sie werden aufgebaut entweder als "vertikale" oder als "laterale" pnp-Transistoren. B E Isolator Isolator n++ p+ n- C P- Grundsubstrat Abb. 8. 17: Vertikaler pnp-Transistor (Schnitt) B C E C Isolator Isolator n+ p p+ p n- n+ P- Grundsubstrat Abb. 8.18: Lateraler pnp-Transistor 10 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Im vertikalen pnp-Transistor bildet das Grundsubstrat den Kollektor, was für die Schaltungstechnik ungünstig ist. Im lateralen pnp-Transistor hat man den Kollektor "frei" verfügbar, aber weder die Geometrie noch die Dotierungsdichten sind sehr günstig. Aus diesem Grunde existieren keine digitalen integrierten Technologien, die komplementäre npn- und pnp-Transistoren verwenden. 8.4.2 Emitter Coupled Logic (ECL-Logik) Die schnellste bipolare Logik ist die ECL-Logik. Abb. 8.19 zeigt das Grundgatter. GND U1 Uq1 Is Uq2 Uref Vss (-5V) Abb. 8.19: Prinzip der ECL-Logik Charakteristisch ist der Aufbau des ECL-Gatters mittels einer Konstantstromquelle, die mit den Emittern der Schalttransistoren und einer negativen Versorgungsspannung verbunden ist . Es fließt also kontinuierlich ein Strom durch die Schaltung, der über die Eingangsspannungen U1 und Uref zwischen den beiden Zweigen der Schaltung hin und her geschaltet werden kann. Keiner der Transistoren erreicht dabei den Zustand der Sättigung. Auf diese Weise erhält man schnelle Schaltungen, die allerdings eine hohe Verlustleistung aufweisen. Die Ausgangsspannung wird an den Kollektor-Anschlüssen der Transistoren abgenommen. Während einer der beiden Transistoren durch ein Signal angesteuert wird, verbindet man den Eingang des zweiten parallelen Transistors mit einer auf dem Chip erzeugten Referenzspannung (Uref). Es stehen jeweils 2 zueinander invertierte Ausgangssignale (Uq1, Uq2) zur Verfügung. Sie sind allerdings in dieser vereinfachten Schaltung noch nicht zur Ansteuerung nachfolgender Gatter geeignet. Die ECL-Logik verwendet eine negative Versorgungsspannung (-5 V) und ist deshalb mit anderen Logiken (CMOS, TTL) nicht direkt kombinierbar. Der externe Spannungshub bei ECL-Bausteinen beträgt etwa 0,8 V, der innere Hub nur 0,4 V. Sollen ECL.-Bausteine auf einer Platine mit CMOS- oder TTL-ICs kombiniert werden, so sind spezielle Wandler-Bausteine notwendig. Auf Platinen, die sowohl ECL- als auch TTL- und / oder MOS-ICs besitzen, wird man jeweils neben dem Masse-Anschluß Versorgungsspannungen von + 5V und - 5 V bereitstellen müssen. ECL-Bausteine können auf Platinen direkt Verbindungsleitungen mit einem Wellenwiderstand von 50 Ohm treiben (ganz im Gegensatz zu CMOS!) Ein realistisches ECL-Grundgatter zeigt Abb. 8.20. 11 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 GND Ui1 Ui2 Uref Q' Ref1 (extern) Is Q Ref2 (extern) Vss (-5V) Emitterfolger Abb. 8. 20: ECL-Gatter Das Gatter erzeugt eine OR / NOR - Verknüpfung zwischen den Eingangssignalen Ui1 und Ui2. Wenn einer der leiden linken Transistoren leitend ist, so fließt der Konstantstrom durch diesen Zweig. Zusätzlich besitzt die Schaltung zwei weitere Transistoren, die als Emitterfolger geschaltet (kein Widerstand im Kollektorkreis) als reine Stromverstärker arbeiten. Die externen Lastwiderstände Ref1 und Ref2 können z. B. durch die Eingänge nachfolgender Gatter gebildet werden. ECL-Schaltkreise haben über mehr als ein Jahrzehnt (ca. 1970 bis 1990) als Basistechnlogie für den Aufbau von Großrechnern (auch "Mainframes" genannt) gedient. ECL ist die "MainframeTechnolgie" schlechthin. Dazu wurden mittelhoch integrierte ECL-Bausteine mit bis zu ca. 10 000 Gattern entwickelt (z. B. bei IBM, Siemens, Fujitsu). Das Problem war stets die Abführung der hohen Verlustleistung. In Mainframes hat man mit speziellen wasserdurchflossenen Träger- Modulen für ECL-Schaltkreise bis zu ca. 80 W Verlustleistung pro cm2 abführen können. In erster Linie dieses Problem, darüber hinaus aber auch der im Vergleich zu MOS-Technologien hohe Platzbedarf haben schließlich dazu geführt, daß ECL-Schaltkreise den Integrationsgrad von MOS-ICs auch nicht annähernd erreichen konnten. Allerdings sind Schaltzeiten unter 0,1 ps für ECL-Gatter durchaus beeindruckend. 8.5 MOS-Technologien 8.5.1 Einleitung Wir haben im Kapitel 7 kennengelernt, daß MOS-Transistoren sich als n- und als p-Kanal-Typen entweder selbstleitend oder selbstsperrend realisieren lassen. Die ersten MOS-Technologien für ICs waren p-Kanal-Technologien, weil zu der Zeit (ca. bis Mitte der 70er Jahre) ein p-Kanal-Transistor in selbstsperrender Technik herstellbar war, während die nKanal-Techniken zunächst zu selbstleitenden Transistoren führten. Die Ursachen waren OberflächenEffekte. Als man ab ca. Mitte der 70er Jahre in n-Kanal-Technologie sowohl selbstleitende als auch selbstsperrende Transistoren fertigen konnte, wurde bis ca. Mitte der 80er Jahre die nMOS-Technologie das Arbeitspferd der VLSI (very large scale integration) Technik. 12 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 In den 70er Jahren entstand zunächst nur als Exot für Low-Power-Anwendungen (das waren die auf minimalen Stromverbrauch getrimmten Schaltungen in elektronischen Armbanduhren) die Complementary MOS (CMOS-) Technologie, die in Kombination selbst-sperrende n-Kanal und pKanal-Transistoren verwendet. Als sich ab ca. der Mitte der 80er Jahre das Problem der Wärmeableitung auch bei nMOS eine für den Fortschritt der Integrationstechnik wesentliche Rolle zu spielen bekann, führte das zu einem schnellen allgemeinen Durchbruch der CMOS-Technologie. Seit ca.1990 werden alle hochintegrierten Prozessoren und Speicher in CMOS-Technologie gebaut. Das Problem der Wärmeabfuhr ist damit aber nicht endgültig gelöst: Bei hohen Taktraten ab ca. 100 MHz sind die statischen Verluste weniger bedeutend als die beim Umladen der Kapazitäten entstehenden dynamischen Verluste. Hier hilft bis zu einem gewissen Grade die Verringerung der logischen Hübe (wie bei ECL), um die dynamische Verlustleistung in Grenzen zu halten. Leider aber bewirken kleinere Hübe auch geringere Störabstände. Inzwischen (1997) sind die Taktraten von Prozessoren so hoch geworden, daß die dynamische Verlustleistung die wesentliche Rolle spielt. 8.5.2 nMOS -Technologie Wir wollen an dieser Stelle zunächst das Schaltverhalten einfacher digitaler Schaltungen betrachten. Die einfachste digitale Schaltung ist dabei ein Inverter, der wiederum im einfachsten Fall aus einem aktiven Transistor und einem passiven Lastwiderstand aufgebaut ist (Abb. 8.22). I KS I DS U GS als Parameter VDD RD Lastkennlinie R D n-enh. out U GS U LL GND U DS Abb. 8.22: Inverter mit Lastwiderstand und Ausgangs-Kennlinienfeld Das Betriebsverhalten dieser Schaltung läßt sich leicht erklären: Zunächst seien die Extremfälle betrachtet. Ist der Transistor ideal gesperrt (I DS = 0), so fällt am Widerstand R D keine Spannung ab. Die Spannung am Ausgang des Inverters ist dann die "Leerlaufspannung" ULL, und diese entspricht der Versorgungsspannung VDD (gilt nur dann, wenn keine zusätzlichen Belastungen am Ausgang out bestehen). Ist dagegen der Transistor ideal leitend (UDS = 0), so wird die Ausgangsspannung zu null, durch den Widerstand R D fließt ein Strom der Größe I KS = VDD / R D. Real wird der Transistor immer noch einen endlichen Widerstand aufweisen, so daß die minimale Ausgangsspannung nicht null sein kann. Für die Praxis der MOS-Technologie ist diese Schaltung nicht von wesentlicher Bedeutung, da die Realisierung eines Widerstandes von einigen kOhm auf einem IC nur schwer möglich ist. Die frühesten Realisierungen integrierter MOS-Schaltungen verwendeten als aktives Element einen p-Kanal-Transistor, man sprach deshalb von der pMOS-Technologie. Sie wurde aber bereits in den frühen 80er Jahren weitgehend durch die nMOS-Technologie angelöst. 13 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Die nMOS-Technologie verwendet als Grundelemente einen selbstsperrenden Transistor als aktiven Schalter und einen weitere Transistor als Lastelement.. VDD VDD2 VDD VDD1 n-enh. n-enh. n-enh. n-depl. n-enh. n-enh. GND A C B Abb. 8.23: Grundtypen von nMOS-Invertern Wie in Kapitel 7 vorgestellt, kann man einen im Anlaufbereich betriebenen selbstsperrenden oder selbstleitenden MOS-Transistor als Widerstand verwenden. Die unterschiedlichen Möglichkeiten zeigt Abb. 8.23. Die ersten gefertigten nMOS-Schaltungen enthielten nur selbstsperrende n-Kanal-FETs. Das Lastelement besteht aus einem FET, dessen Gate z. B. mit der Betriebsspannung (8.23 A) verbunden ist. Dieser Transistor wird dann, wenn die Spannung am Ausgang von "low" auf "high" umschaltet, leitend, um die Ausgangslast umzuladen. Wenn die Spannung am Ausgang dabei auf Werte steigt, die höher liegen als Vdd - Uth, so wird dieser Transistor faktisch vom Durchlaß- in den Sperrbereich umgeschaltet. Das Resultat ist eine sehr langsame Aufladung der Lastkapazität bis zum Wert Vdd der Ausgangsspannung. Der Umschaltvorgang ist wieder durch die Ausgangs-Kennlinien des aktiven Schalttransistors und passiven Lasttransistors betimmt. Im Unterschied zum linearen Lastwiderstand ergeben sich aber jetzt andere Übertragungskennlinien (Abb. 8.24). I DS I KS VDD n enh. U GS als Parameter Lastkennlinie RD n-enh. out selbstsperrender Lasttransistor U GS GND Lasttransistor: UGS = U DS U LL U DS Abb. 8.24: Kennlinien des MOS-Inverters mit selbstsperrendem Last-Transistor Ein schnelleres Umladen erhält man, wenn für das Gate des Lasttransistors eine zweite, höhere Versorgungsspannung zur Verfügung steht. (4. 21 B) Tatsächlich wurden in den 70er Jahren CMOS-ICs mit zwei verschiedenen Versorgungsspannungen gefertigt. Diese Lösung wird allerdings wegen des Bedarfs an zusätzlichen Leitungen und Netzgeräten die Systemkosten erheblich steigern. 14 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Die einzig befriedigende Lösung ist die Verwendung eines selbstleitenden FETs als Lastelement (8.23C). Erst damit war für die nMOS-Technologie eine befriedigende Lösung gefunden. Voraussetzung ist hier, daß der Halbleiter-Hersteller die Schwellenspannungen der Transistoren nahezu frei einstellen kann. I KS I DS VDD n-depl. Lastkennlinie RD U GS als Parameter n-enh. selbstleitender Last-Transistor U GS out GND Lasttransistor: U U LL GS = 0 U DS Abb. 8.25: Kennlinie des MOS-Inverters mit selbstleitendem Last-Transistor Möglich geworden ist dies mit Hilfe der Technik. der Ionen-Implantation. Man kann damit ortsfeste positive oder negative Ladungen unterhalb der Sperrschicht "einbauen". metal nMOS Technology n-channel n-channel enhancement depletion GND gate-oxide field-oxide p - bulk poly-silicon VDD p- bulk silicon n-diffusion p-diffusion Abb. 8.26: Schnitt durch einen Inverter in nMOS Technologie Charkteristisch ist der Anschluß des Gates des selbstleitenden Transistors an dessen SourceElektrode. Es gilt also immer UGS = 0. Wenn die Schwellenspannung Uth z. B. bei ca. -1,5 V liegt, ist dieser Lasttransistor auch bei UDS < 1.5 V noch ausreichend leitfähig. Die Übertragungskennlinien der drei betrachtete Inverter-Grundtypen zeigt Abb. 8.27. 15 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Lastwiderstand Selbstsperrender Lasttransistor Selbstleitender Lasttransistor U DS U DS U U DS U GS U GS GS Abb. 8.27: Kennlinien zur Übertragung zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung bei nMOS-Invertern In allen Fällen wird bei steigender Eingangsspannung die Ausgangsspannung zunächst nur wenig, dann zunehmend beeinflußt (quadratische Eingangskennlinie). Zu hohen Eingangsspannungen hin treten dann Sättigungseffekte auf, welche die Verstärkung wieder abfallen lassen. Aus Übertragungsdiagrammen dieser Art kann man graphisch ableiten, welche Störabstände die Schaltung besitzt, d. h. welche Größen von Störsignalen logische Zustandsänderungen bewirken können. 8.5.3 nMOS-Gatter Die Konstruktion logischer Gatter ergibt sich in nMOS-Technik durch entsprechende weitere parallei- oder in Serie geschaltete aktive n-Kanal-Transistoren vom selbstsperrenden Typ. Die Grundgatter NAND und NOR sind in Abb. 8.27 dargestellt. VDD VDD out out n-enh. A n-enh. B A B out 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 1 0 NAND n-depl. n-depl. GND A B n-enh. A B out 0 0 1 1 0 1 0 1 1 1 1 0 n-enh. NOR GND Abb. 8.28: nMOS Grundgatter Eine NAND-Verknüpfung ergibt sich durch serielle Schaltung der aktiven Transistoren, deren Parallelschaltung erzeugt eine NOR-Verknüpfung. Für nicht-invertierende Logik wie AND und OR ist jeweils ein Inverter anzufügen (Abb. 8.28). 16 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 VDD VDD n-depl. n-depl. n-depl. n-depl. out out n-enh. A n-enh. A n-enh. n-enh. B B n-enh. n-enh. GND GND Abb. 8.29: nMOS-Implementierung der AND und OR - Funktion. Natürlich ist es auch möglich, logische Grundgatter mit mehr als einem Eingang zu realisieren. Im Falle des NOR ist dies relativ unproblematisch: Man muß weitere Transistoren parallelschalten, was nur die Kapazität des Ausgangsknotens erhöht. Will man z. B. ein NAND mit 8 Transistoren realisieren, so müßten aber 8 Transistoren in Serie geschaltet werden. Hier ergibt sich dann das Problem, daß diese Transistoren mit zunehmender Anzahl in Serie umso langsamer schalten, je weiter sie vom GND-Anschluß entfernt sind. Dieser Effekt ist eine Folge der Tatsache, daß alle Transistoren mit ihrem "Bulk"- oder Substratanschluß mit Masse verbunden sind. Praktische wird man deshalb kaum über ca. 4 Transistoren in Serie hinausgehen. 8-fach NANDs wird man deshalb in 2- oder mehrstufiger Logik realisieren. Die nMOS-Technologie erlaubt aber die Implementierung sogar mehrstufiger Logik innerhalb eines sogenannten Komplexgatters (Abb. 8. 30). VDD A B C D E n-depl. out A n-enh. n-enh. D B n-enh. n-enh. E C nenh. GND out = A B C + D E NAND - NOR 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 usw. 1 1 1 1 1 1 1 1 out 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 0 0 1 1 0 1 0 1 0 0 0 0 Abb. 8.30: nMOS Komplexgatter (NAND-NOR) Damit läßt sich Logik relativ kompakt realisieren. Durch den Substrateffekt sind auch hier praktische Grenzen gesetzt. In einer "Serie" von Transistoren wie denen mit den Eingängen A, B, C in Abb. 8.30 sind diese Transistoren, auch bei gleicher Größe und Breite, elektrisch nicht völlig gleichwertig. Sie liegen mit dem Source-Anschluß nur für C an der Masse, in den anderen Fällen fast immer auf einem höheren Potential. Dagegen ist der Substrat-Anschluß (bulk) in allen Fällen mit der Masse verbunden. Dies führt dazu, daß die Schaltgeschwindigkeit der Transistoren mit zunehmendem "Abstand" von GND abnimmt. 17 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Im Zusammenhang mit CMOS-Schaltungen werden wir an späterer Stelle auch deren Schaltverhalten und auch die Störabstände diskutieren. 8.5.4 Speicherschaltungen Es ist aber möglich, mittels der nMOS- Technologie eine bei bipolaren Technologien nicht mögliche Schaltungstechnik aufzubauen. Abb. 8.31 zeigt die wesentlichen Elemente. in out C S in S 1 0 1 1 1 0 0 0 out 1 0 X (Speicher) X (Speicher) Abb. 8.31: Pass-Transistor und dynamische Speicherzelle Mittels eines "schwebend" geschalteten Transistors, der über den Eingang S gesteuert wird, kann der Zustand am Eingang (in) wahlweise an den Ausgang (out) weitergegeben werden. Ist dieser Schalter geöffnet, so wird die im Kondensator C vom vorherigen Zustand gespeicherte Ladung dort erhalten bleiben. Bei geladenem Kondensator fließt dessen Ladung nur langsam über Leckströme und den endlichen Widerstand des Transistors ab, die Zeitkonstanten der Entladung liegen im MillisekundenBereich. Ist C vom vorherigen Zustand entladen, so bleibt dieser Zustand auf unbestimmte Zeit erhalten. Man kann also in dieser Technologie Speicherschaltungen aufbauen. Dies ist die Grundstruktur dynamischer RAM- (random access memory) Speicher, die seit den 70er Jahren die bis dahin verwendeten Magnetkern-Speicher in Rechnern restlos verdrängt haben und weltweit in Stückzahlen von Milliarden und mit Komplexitäten bis zu 64 Mbit (kommerziell) und 256 Mbit (Labor) pro ICBaustein gefertigt werden. Es existieren darüber hinaus Publikationen über Prototypen von Speicherbausteinen mit mehr als 1 GByte Inhalt. Zeilen-Leseleitung Spalten- T3 schreibleitung T2 Spaltenleseleitung T1 C Zeilen-Schreibleitung Abb. 8.32: Drei-Transistor-Speicherzelle 18 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Abb. 8.32 zeigt eine sogenannte Drei-Transistor-Speicherzelle. Der Kondensator C wird dann aufgeladen, wenn sowohl die Spalten- als auch die ZeilenSchreibleitung auf "high" sind. Sein Ladungszustand setzt den angesteuerten Transistor T1 in den leitenden bzw. nicht leitenden Zustand. Mittels der Spalten- und Zeilen-Leseleitung kann dieser Zustand ausgelesen werden, ohne den Inhalt des Speichers zu zerstören. Mit weniger Transistoren kommt die Ein-Transistor-Zelle aus, wie sie in heutigen DRAMs fast ausschließlich benutzt wird. Datenleitung Daten aus T1 Zeilenregister C1 Leseverstärker Zeilenleitung (schreiben / lesen) T2 Schreibverstärker C2 Spaltenleitung Daten ein Abb. 8.33: Ein-Transistor-Speicherzelle Die eigentliche Speicherzelle besteht aus dem Speicherkondensator C1 und dem Transistor T1. Über die Zeilenleitung wird der Zugang zur Zelle zwecks Lesens oder Schreibens aktiviert. Beim Schreiben leiten T1 und T2, bei C2 kommt im Fall der positiven Ladung von C1 ein kleiner Spannungsimpuls an. C2 repräsentiert die Kapazitäten von Leitungen und Transistoren. Der schwache Puls (nur einige Millivolt bei C2) muß durch sehr empfindliche und präzise Leseverstärker bis auf einen logisch verarbeitbaren Pegel gebracht werden. Beim Schreiben wird vom Dateneingang aus über T2 und T1 der Inhalt der Zelle gesetzt. Da der Lesevorgang die Speicherzelle entlädt, muß diese nach den Lesen jeweils automatisch "zurückgeschrieben" werden. Wegen der prinzipiellen Flüchtigkeit benötigt die Ein-Transistor- Technologie der DRAMs eine Zusatzlogik, welche den Inhalt in konstanten Intervallen ausliest und wieder zurückschreibt. In modernen Halbleiter-Technologien werden spezielle Methoden benutzt, um auch bei kleinsten Transistoren (und neuerdings bei Versorgunsspannungen von nur 3 V und weniger) noch für eine sichere Speicherung über einen ausreichend langen Zeitraum ausreichend große Kapazitäten zu erzeugen. 19 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 metal gate-oxide field-oxide "Trench"- p - bulk Kondensator GND VDD p- bulk silicon n-diffusion p-diffusion Abb. 8.34: Prinzip des "Trench"-Kondensators in dynamischen Speicherzellen Die MOS-Technologie erlaubt auch eine effiziente Ausführung der Adressierung von Speicherzellen. Speicherzellen werden in einer Matrix-ähnlichen Form angeordnet. Word - Line Bit - Line Zellen Abb. 8.35: Speicher-Matrix Die Anwahl einer bestimmten Speicherzelle geschieht durch eine horizontale und eine vertikale Auswahl-Leitung. Zusätzlich wird ein "read-enable" bzw. "write-enable"-Signal benötigt. Die Verknüpfung kann im einfachsten Fall über seriell geschaltete Pass-Transistoren erfolgen. Heutige DRAMs besitzen oft bereits eine automatische Refresh-Einrichtung auf dem Baustein, so daß der Rechner mit dieser Aufgabe nicht mehr belastet werden muß. Man hat damit pseudo-statische RAM-Bausteine. Ganz ohne den für dynamische Speicherzellen notwendigen "Refresh" kommen sogenannte statische Speicher aus, allerdings um den Preis einer wesentlich höheren Zahl von Transistoren pro Zelle. 20 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 VDD n-depl. senseamplifier n-depl. lesen schreiben in n-enh. n-enh. (adr. * RE) GND (adr. * WE) Abb. 8.36: Prinzip einer statischen Speicherzelle in nMOS-Technologie Die statische Speicherzelle kann aus hintereinandergeschalteten und rückgekoppelten Invertersstufen aufbebaut werden. Zur Auswahl eignen sich auch hier wieder Pass-Transistoren. Die rückgekoppelte Schaltung hat die Eigenschaft, daß sich ein einmal eingestellter Zustand (z. B. Augang auf "high", dazu ist der Ausgang des ersten Inverters auf "low", selbst über die Rückkopplung stabilisiert. So lange wie die Versorgungsspannung anliegt, wird diese auch als "bistabile Kippstufe" bezeichnete Schaltung ihren Zustand beibehalten. Um den logischen Zustand zu wechseln, muß ein starkes Eingangssignal, das den über die Rückkopplung stabilisierten Zustand am Eingang des ersten Inverters aufhebt, eingespeist werden. Eine Auswahl kann wie bei der dynamischen Speicherzelle über Pass-Transistoren erfolgen. Beim Lesevorgang steht hier ein relativ stabiles Ausgangssignal direkt zur Verfügung, ein Rückspeichern ist nicht notwendig. Statische Speicherzellen sind, was die Dauer der Lese- und Schreibvorgänge betrifft, wesentlich schneller als statische Speicher, benötigen aber auch mehr Platz pro Zelle. Deshalb ist die verfügbare Kapazität pro Baustein immer mindestens um den Faktor 4 geringer als bei dynamischen RAMs derselben Generation. Entsprechend höher ist auch der Preis pro Bit. Typischerweise werden SRAMs für Caches verwendet. Seit etwa 1985 werden aber statische und dynamische Speicherbausteine der neueren Generation nicht mehr in nMOS, sondern wegen des geringeren Leistungsverbrauchs in CMOS-Technologie ausgeführt. Angemerkt sei hier der Vollständigkeit halber daß man auch andere speichernde Elemente wie z. B. einfache Flip-Flops in ähnlicher Form wie die statische RAM-Zelle implementieren kann. 8.5.5 Nicht-flüchtige Speicher Neben den prinzipiell flüchtigen DRAM- und SRAM-Speichern werden in Rechnersystemen auch nicht-flüchtige Speicher benötigt. Man unterscheidet ROMs (read-only-memories), deren Inhalt bei der Herstellung programmiert wird von PROMs (programmable read-only-memories), die vom Anwender programmiert werden können. PROMs werden wiederum in unterschiedlichen Arten realisiert. "Gewöhnliche" PROMs sind nur einmal programmierbar, können also nicht gelöscht und neu programmiert werden. EPROMs (erasable programmable read-only-memories) werden in speziellen Geräten durch Bestrahlung mit UV-Licht gelöscht und sind re-programmierbar. EEPROMs (electrically erasable programmable read-only memories) können allein durch elektrische Signale gelöscht und re-programmiert werden. 21 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Typisch ist allerdings für EPROMs und EEPROMs, daß die für die Programmierung und ReProgrammierung benötigte Spannung wesentlich höher liegt als die normale Versorgungsspannung von 5 V, typischerweise bei ca. 30V. Dies und die relativ langsame Programmierprozedur verhindern den Einsatz von EEPROMs als "nicht flüchtige RAMs". Den architektonischen Aufbau von ROM-Speichern zeigt Abb. 8.37. Eingangsadresse A7 31 Verknüpfung 1 aus Zeile 32 Decoder Speichermatrix 32 * 32 1 Spalte 0 A3 0...7 A2 A1 A0 1 aus 8 0...7 1 aus 8 0...7 1 aus 8 0...7 1 aus 8 CS D0 D1 D2 Datenausgang D3 Abb. 8.37: Matrix-Aufbau eines ROM-Speichers Die prinzipielle Organisation eines ROM-Speichers entspricht weitgehend der von RAMs. Über eine Adressdekodierung greift man auf die entsprechende Speicherzelle zu. Die Adressierung erfolgt entweder bitweise oder (zweidimensionale Adressierung) oder (meistens) wortweise mit gleichzeitiger Adressierung mehrerer Zellen. (Anmerkung: In den meisten Rechnern ist ein 8-Bit-Wort (Byte) die kleinste adressierbare Einheit. Nur in einigen Mikrocontrollern gibt es einzeln adressierbare Zellen. DRAM-Bausteine sind allerdings meistens mit 1 Bit Breite ausgeführt, so daß z. B. bei Verwendung von 16 M mal 1 BitBausteinen gleichzeitig ein bestimmtes Bit in 8 DRAM-Bausteinen gleichzeitig adressiert wird.) Bei großer Wortbreite erhält man eine eindimensionale oder lineare Adressierung. Mit einer Adreßbreite von k Bit kann man über einen Adreßdekoder eine von 2**k möglichen Wortleitungen auswählen. Liegt eine Wortbreite von m Bit vor, so kann man bei m Bitleitungen und einer m-spaltigen Matrix von einer Speicherkapazität von C = 2**k mal m Bits ausgehen. Aus Platzgründen ist es effektiv, möglichst von quadratischen Formen von Speicher-Sektoren auszugehen (Abb. 8 37). Als Beispiel sei ein 256 mal 4 Bit ROM-Speicher gewählt (k = 8, m = 4). Er wird in Form einer 32 mal 32 Bit- Matrix organisiert, die in 4 Blöcke zu je 8 Spaltenleitungen aufgeteilt ist. Die Adressen sind wiederum gegliedert in die Spaltenadressen auf den Bits A0, A1 und A2 sowie die Zeilenadressen A3 bis A7. Für die Auswahl der Zeile wird ein 1-aus 32-Dekoder benötigt, das Ausgangsbit wird über 1 - aus 8-Multiplexer ausgewählt. Die vier Ausgangsleitungen sind über eine CS (Chip-Select) -Signal direkt auf einen bidirektionalen Bus schaltbar. Da man nur die Speicherzelle erreicht, deren Bit- und Wortleitung gleichzeitig oder "koininzident" adressiert sind, nennt man diese Art der Adressierung auch "Koinzidenz-Adressierung". 22 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Für die ROMs ist die Funktion der einzelnen Speicherzelle sehr einfach (etwa im Vergleich zu dynamischen RAMs): "1" bedeutet eine Verbindung zwischen Wort- und Bitleitung "0" bedeutet keine Verbindung zwischen Wort- und Bitleitung Die einzelnen Typen von ROMs (PROMs etc.) unterscheiden sich vornehmlich in der Auslegung dieser Verbindung. BL BL WL VDD "1" VDD "0 " Abb. 8.38: Programmierung von Festwertspeichern Die Verbindung in einer bestimmten Zelle zwischen Bit-Line und Word-Line erfolgt bei maskenprogrammierten ROMs über Transistoren an den Kreuzungspunkten. Die Programmierung (als Bestandteil des Herstellungsprozesses) besteht entweder darin, die MOS- Transistoren an den Kreuzungspunkten wahlweise mit einem dicken Oxid unter dem Gate (sperrend) oder einem dünnen Gate-Oxid (leitend) zu versehen. Eine andere Alternative ist der wahlweise auszuführende Anschluß des Transistors an die Word-Leitung (über metallischen Kontakt). Bei programmierbaren Bausteinen (PROMs) kann man zwei Prinzipien anwenden: Bei sogenannten "Fusible Links" (schmelzbaren Verbindungen) sind an allen Knoten zunächst Verbindungen über Dioden mit in Serie geschalteten Widerständen vorhanden. Durch selektive Beaufschlagung bestimmter Verbindungsstellen mit Überströmen kann man die Widerstände "durchbrennen", also die Verbindung wahlweise aufheben. Das Gegenteil sind sogenannte "Antifuses". Dort wird an den Verbindungsstellen z. B. ein bipolarer Transistor eingefügt, dessen E-B-Übergang bei der Programmierung überlastet und kurzgeschlossen wird. In beiden Fällen benötigt man ein spezielles Programmiergerät. Auch ist eine einmal erfolgte "Behandlung" an einem Kreuzungspunkt nicht mehr rückgängig zu machen. Elektrisch programmierbare Bausteine vom EPROM (erasable programmable ROMs) benutzen deshalb ein anderes Prinzip (Abb. 8.39). Isoliertes Gate p-Substrat Abb. 8.39: Tunnel-Effekt beim MOS-Transistor 23 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Bei ausreichend hohen Spannungen zwischen Kanal und Gate können sogenannte "heiße" Elektronen, welche aus dem elektrischen Feld ausreichend viel Energie aufgenommen haben, die dünne Oxidschicht durchtunneln und sich auf der Gate-Elektrode sammeln, wobei die Oxidschicht nicht zerstört wird. Die gespeicherte Ladung wird über Zeiträume von einigen Jahren (Chip in der Dunkelheit) aber mindestens für einige Wochen (Chip im Sonnenlicht) gespeichert bleiben. Um überhaupt programmieren zu können, benötigt man einen sogenannten FAMOS-Transistor (floating gate MOS), der zwei Gates übereinander besitzt (Abb. 8.40). Steuer-Gate Isoliertes Gate p-Substrat Abb. 8.40 : FAMOS- Transistor mit doppeltem Gate Für die Programmierung wird das obere, nach außen anschließbare Gate auf eine hohe Spannung gegenüber dem Kanal vorgespannt. Von den durch den Tunnel-Effekt fließenden Elektronen gelangt ein Teil zum unteren, isolierten Gate und bleibt dort gespeichert. Als Folge dieser Ladung verschiebt sich die Schwellenspannung des Transistors zu höheren Werten. Damit lassen sich entsprechend bei der normalen Betriebsspannung leitende bzw. nicht-leitende Kreuzungspunkte einstellen. EPROMs sind durch Bestrahlung mit UV-Licht hoher Intensität für einige Minuten (ca. 10 bis 20) wieder löschbar. Charakteristisch ist das Quarzglasfenster in den Gehäusen von EPROMs. Bei elektrisch programmierbaren und löschbaren PROMs (EEPROMs) wird ebenfalls ein MOSTransistor mit doppeltem Gate verwendet, den man hier auch als FLOTOX-MOSFET bezeichnet. Er besitzt ein einer Stelle ein extrem dünnes Gate-Oxid, durch das Elektronen bei Programmierung und Löschung in beiden Richtungen tunneln können (Abb. 8.41). Steuer-Gate Tunnel-Oxid Isoliertes Gate Auswahl-Gate p-Substrat Abb. 8.41: EEPROM-Zelle mit FLOTOX-Transistor und Auswahltransistor 24 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 EEPROMs lassen sich in der Schaltung elektrisch programmieren und auch wieder löschen (mittels einer zweiten, höheren Versorgungsspannung). Hier wird beim Löschen der Tunnel-Effekt auch in umgekehrter Richtung ausgenutzt. Da das Oxid durch die Programmierungsvorgänge doch in seiner Qualität beeinträchtigt wird, sind nur ca. 10**4 bis 10**6 komplette Umprogrammierungen möglich. Charakteristisch ist auch für alle EPROMs, daß ein Lesevorgang ca. 10 ns dauert, ein Schreibvorgang aber etwa 10 ms. Sie lassen sich damit nicht anstelle von RAMs verwenden. Eine besondere Variante bilden die sogenannten Flash-EEPROMs: Hier sind die Speicherzellen nicht einzeln löschbar, sondern man löscht jeweils einen ganzen Memory-Sektor oder einen ganzen Speicherchip. Damit verhält sich ein EEPROM bezüglich der Löscheigenschaften wie ein EPROM, allerdings ist eine Löschung in ca. 10 ms möglich. Gegenüber einem normalen EEPROM ist eine wesentlich größere Speicherdichte verfügbar. 8.5.6 Reguläre logische Makros Die nMOS-Technik mit ihren einfachen Strukturen erlaubt auch die Realisierung von Logik nicht im sogenannten "krausen" Aufbau aus Einzelgatter, sondern als reguläre logische Makros. Am wichtigsten für die Anwendung sind "programmable logic arrays (PLAs) geworden, also programmierbare logische Felder. Die prinzipielle Funktion eines PLAs zeigt Abb. 8.42. VDD AND - Plane VDD OR - Plane VDD Y2 = A + B = A * B Y1 = A + B = A * B Z = Y1 * Y2 = Y1 + Y2 A B Abb. 8.42: Prinzip des Programmierbaren logischen Feldes (Array) Die Eingänge der Schaltung (A, B) werden zunächst aufgespalten und sind dann in invertierter und nicht-invertierter Form vorhanden. Diese Signale werden auf (hier senkrechte) Poly-SiliziumLeitungen geführt, welche senkrecht dazu angeordnete Diffusionsflächen kreuzen und damit Transistoren bilden. Diese Transistoren sind stets einseitig mit Masse verbunden, der andere Anschluß kann wahlweise (programmierbar) mit einer Metall-Leitung verknüpft sein, welche ihrerseits über einen Depletion-Transistor mit der Betriebsspannung (VDD) verbunden ist. Diese (hier senkrechte) Metall-Leitung kann also über einen Transistor auf Null-Potential geschaltet werden, wenn der entsprechende Transistor angeschlossen ist und das zugehörige Eingangsignal auf "high" liegt. 25 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Nimmt man jeweils das rechte Ende der Metall-Leitungen als Ausgang Y1, Y2 etc., so erzeugt dieses Feld AND-Verknüpfungen zwischen den invertierten Eingangssignalen. Dieser Teil der Struktur wird auch als "AND-Plane" bezeichnet. In den Punkten Y1, Y2 etc. erhält man die Minterme der Funktion bezüglich der invertierten Eingangssignale (also die disjunktive Normalform). In einem zweiten Verknüpfungsfeld werden nun die Minterme selbst in ähnlicher Weise miteinander verknüpft. Die Metall-Leitungen werden dazu auf Poly-Si-Leitungen geführt, die ihrerseits wieder mit VDD- verbundene Leitungen von n-Diffusion steuern. Als Gesamtfunktion ergibt sich eine logische Verknüpfung entsprechend der disjunktiven Normalform. PLAs sind insbesondere dann von erheblicher praktischer Bedeutung, wenn eine kombinatorische Logik mit vielen Eingängen und vielen Ausgängen realisiert werden soll. Dies ist z. B. in den internen Steuerungen von Computern oft der Fall. OR-Array VDD AND-Array VDD Z1 A B Eingänge C Z2 Z3 Z4 Ausgänge Abb. 8.43: Vollständige PLA-Schaltung mit jeweils programmierbaren AND und ODEREbenen. In der in Abb. 8.42 gezeigten Schaltung ist nur die AND-Ebene programmierbar, die ORVerknüpfungen sind "default" vorgegeben. In der Praxis werden Bausteine, welche diese Art der Programmierbarkeit für den Anwender bieten, als "Programmable Logic Devices" (PLDs) oder auch als "Programmable Array Logic (PAL) bezeichnet. Der in Abb. 8.43 gezeigte hat beide Ebenen programmierbar ausgeführt, dann spricht man von "PLAs" im engeren Sinne. Ein Unterschied ist zu machen zwischen nur in der Halbleiterfertigung maskenprogrammierbaren PLAs und von Anwender ohne Technolgie programmierbaren Bausteinen. Auch PLAs werden heute meistens in (dynamischer) CMOS-Logik ausgeführt. 26 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 8.5.7 Grundlagen der CMOS-Technologie Wie vorstehend gezeigt wurde, kann man in nMOS-Technolgie digitale Schaltungen sehr effizient und, z. B. im Vergleich zur Bipolar-Technologie, auch platzsparend aufbauen. Die nMOSTechnologie hat jedoch 2 systematische Schwachstellen: Die eine ist die Aufnahme eines statischen Ruhestroms im "low"-Zustand, die zweite ist die Abhängigkeit der Schaltzeiten und der Schalt-Charakteristik von der jeweiligen Belastung am Ausgang einer Zelle. Erstere Eigenschaft macht nMOS-Schaltungen ungeeignet für Batteriebetriebene Geräte. Die zweite Eigenschaft ist äußerst hinderlich bei der Entwicklung von Techniken, bei denen digitale Schaltungen auf dem IC aus vorentworfenen Bausteinen zusammengesetzt werden (Semi-Custom-Entwurfstechnik). in VDD VDD iDD(t) iDD(t) n-depl. p- enh. n-enh. n-enh. GND GND uin(t) uin(t) iDD(t) iDD(t) Abb. 8.44: nMOS- und CMOS-Inverter und Versorgungsströme Ist beim nMOS-Inverter der Eingang auf "high" und der Ausgang auf "low", so fließt ein statischer Querstrom von VDD zu GND, da ja sowohl der Lasttransistor (depletion-Typ, selbstleitend) als auch der Schalttransistor leitend sind. Diesem statischen Querstrom ist noch ein dynamischer Strom überlagert, der aus der Entladung der Eingangskapazität der folgenden Stufe über den "pull-down"Transistor resultiert. Deshalb hat eine nMOS-Schaltung auch im Ruhezustand einen nicht unerheblichen Leitungsverbrauch. Dies sorgt einmal für Probleme bezüglich der Abfuhr der Verlustleistung als Wärme, schränkt aber außerdem die Verwendbarkeit einer solchen Technologie in Batterie-betriebenen Geräten erheblich ein. Die zweite Eigenschaft verhindert die Brauchbarkeit von nMOS-Schaltungen in vorentworfenen Zellen-Katalogen. Der pull-up-Transistor, in nMOS ein passiver Widerstand, und der aktive pulldown-Transistor haben unterschiedliche Schaltcharakteristiken. Betrachtet man nun eine nMOSSchaltung mit unterschiedlichen Belastungen am Ausgang, so ist es kaum erreichbar, daß der H / L Übergang und der L / H - Übergang unabhängig von der Belastung in etwa gleicher Zeit stattfinden. nMOS-Schaltungen sind in diesem Sinne also typischerweise unsymmetrisch. Aus beiden Gründen ist es günstig, vom passiven Lasttransistor im pull-up-Zweig abzugehen. Die CMOS (Complementary MOS)-Technologie ersetzt den passiven "pull up"-Lastwiderstand durch einen aktiven p-Kanal-Enhancement-Transistor. Dieser wird vom selben Eingangssignal wie der n-Kanal-Transistor angesteuert, hat aber genau die komplementäre Charakteristik. Um die Schaltpunkte und Spannungspegel zu erklären, sei zunächst von einer Versorgungsspannung VDD = 5 V ausgegangen. Die Schwellenspannung des p-Kanal-Transistors wird auf etwa Uthp = -1,5 V eingestellt. Die des nKanal-MOS wird bei etwa Uthn = 1,5 V liegen (bei VDD < 5V entsprechend niedriger). 27 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Bei Eingangsspannungen zwischen dem Eingang und VDD von größer als Uthn ist dann der nKanal-Transistor leitend, bei Uin > (VDD - Uthp) nur der p-Kanal-Transistor. Damit existiert zwar ein Spannungsbereich zwischen Uthn und (VDD - Uthp) in dem beide Transistoren leitend sind, bei einer voll funktionsfähigen Schaltung wird aber im Zustand "high" oder "low" eines Eingangssignals der Spannungspegel stets eindeutig darüber oder darunter liegen (Abb. 8.45). Damit tritt in der CMOS-Schaltung kein statischer Querstrom mehr auf, wohl aber sind kurze StromSpitzen durch beide Transistoren während eines Umschalt-Vorganges möglich. (Die Halbleiter-Technologen können heute solche Schwellenspannungen recht genau dadurch einstellen, daß sie mittels der Methode der Ionen-Implantation ortsfeste positive oder Ionen unterhalb des Gate-Oxids einpflanzen) VDD V D D -U t h p p-Kanal - MOS sperrt n-Kanal - MOS leitet beide Transistoren leitend U in Uthn n-Kanal - MOS sperrt p-Kana l- MOS leitet 0 Abb. 8.45: Schwellen-Pegel in CMOS-Schaltungen Störspannungen am Schaltungseingang, die im Bereich von Uin > Uthn bzw., als Überlagerung des High-Signals am Eingang, zwischen VDD und VDD - Uthp liegen, werden bei richtig dimensionierten CMOS-Schaltungen nicht in Störsignale am Gatter-Ausgang umgesetzt. Damit ist CMOS bezüglich der Festigkeit gegenüber Störsignalen aus dem IC selbst oder von außen günstiger als TTL-Logik oder ECL-Logik. Diese Störfestigkeit ist aber abhängig von der verwendeten Versorgungsspannung und vom Spannungshub zwischen "high" und "low" und ist deshalb bei CMOS-Schaltungen, die nur mit 3 V und weniger Versorgungsspannung arbeiten, entsprechend verringert. Ganz nebenbei sei hier erwähnt, daß Defekte in CMOS-Schaltungen, selbst wenn sie keine groben Funktionsstörungen verursachen, sich fast immer in erhöhten Ruheströmen äußern. Über eine Prüfung der Stromaufnahme in Abhängigkeit von den logischen Zuständen einer Schaltung ist also bei CMOS ein sehr effizientes Testverfahren möglich. Technologisch erfordert die CMOS-Technik einen zusätzlichen Aufwand im Gegensatz zu nMOS. metal gate-oxide field-oxide p - bulk n-channel poly-silicon p-channel GND VDD p+ n+ p+ n+ n-well n-well p- bulk silicon n-diffusion p-diffusion Abb. 8.46a: CMOS-Inverter (Schnitt) in n-Wannen-Technologie 28 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Während ein n-Kanal-MOS-Transistor ein p-dotiertes Grundsubstrat benötigt, ist für einen p-KanalTransistor eine n-dotiertes Grundsubstrat erforderlich. Damit ist es notwendig, entweder innerhalb eines n-dotierten Grundsubstrates für den n-Kanal- Transistor einen als Quasi- Grundsubstrat dienenden p-dotierten Bereich einzubauen oder, alternativ, bei Ausgang von einem p-dotierten Grundsubstrat für den p -Kanal-Transistor einen n-dotierten Bereich einzubauen. Diese QuasiGrundsubstrate werden meistens als "Wannen" (wells, tubs) bezeichnet und sind durch die Technik der Ionen-Implantation in guter Qualität herstellbar. Metall gate-oxide field-oxide n - bulk n-channel poly-silicon p-channel GND VDD p+ n+ p+ n+ p-well p-well n- bulk silicon n-diffusion p-diffusion Abb. 8.46 b: CMOS-Inverter (Schnitt) in p-Wannen Technologie Entsprechend unterscheidet man heute zwischen n-Wannen-CMOS (mit speziellen Wannen für die pKanal-Transistoren, wie in Abb. 8.46 a) und p-Wannen-CMOS (mit speziellen Wannen für die nKanal-Transistoren). Beide haben spezifische Vor- und Nachteile. Zunächst wird im Fertigungsprozeß die Kristallstruktur durch mehrfaches Umdotieren (n - p - n bei n - Kanal- Transistoren in der p-Wanne, p - n - p bei p-Kanal-Transistoren in der n-Wanne) nicht besser. Deshalb wird bezüglich der Leitfähigkeit und der Schaltgeschwindigkeit der "native" Transistor, also der p-Kanal-Transistor direkt im n-Substrat bzw. der n-Kanal-Transistor im pSubstrat dem Vergleichstyp in der Wanne überlegen sein. Will man eine Technologie bauen, bei der p-Kanal-Transistor und n-Kanal-Transistor möglichst gleich "gut" sein sollen, so wird man die p - Wannen-Technologie bevorzugen, soll dagegen der n Kanal-Transistor auf beste Leistung gezüchtet werden, so ist die n-Wannen-Technologie vorzuziehen. Letzte hat den für den Aufbau der ICs in Gehäuse den Vorteil, daß das Grundsubstrat auf Masse (0 V) liegt. In neueren CMOS-Technologien werden vermehrt sowohl für p-Kanal- als auch für nKanal-Transistoren jeweils spezifische Wannen-Bereiche verwendet (Twin- Tub- Technologie). An dieser Stelle sei angemerkt, daß heutige hochintegrierte Schaltungen, egal ob Speicher oder Prozessoren, fast ausschließlich in CMOS-Technologie gefertigt werden. In der digitalen Kommunikationstechnik hat auch die BiCMOS-Technologie, welche bipolare und CMOSSchaltungen kombiniert beinhaltet, noch eine gewisse Bedeutung. 8.5.8 Statische CMOS-Technik Der einfache Inverter in CMOS-Technik ist bereits in Abb. 8.44 dargestellt. 29 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 In der sogenannten statischen CMOS-Logik werden die logischen Gatter voll komplementär aufgebaut. Jedem n-Kanal-Transistor entspricht ein p-Kanal-Transistor, der auch vom selben Eingang geschaltet wird. Als Beispiel sei das 2-fach NAND- Gatter betrachtet (Abb. 8.47). VDD p- enh. p- enh. x1 y x1 x2 y 0 0 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 n-enh. n-enh. x2 GND Abb. 8.47: 2-NAND-Gatter in statischer CMOS-Logik Der Serienschaltung von 2 Transistoren im n-Kanal-Teilnetz entspricht eine Parallelschaltung im pKanal-Teilnetz. Außer für Umschaltvorgänge ist entweder nur das p-Kanal-Netz oder das n-KanalNetz leitend. Ein statischer Stromfluß zwischen VDD und GND tritt nicht auf (bzw. ist, wenn er auftritt, ein Abzeichen für Fertigungsfehler). Das zweite statische Grundgatter, das NOR, ist in Abb. 8. 48 dargestellt. VDD p- enh. x1 p- enh. x1 x2 y 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 y x2 n-enh. n-enh. GND Abb. 8.48: NOR-Gatter in statischer CMOS-Technologie Im NOR tritt mit parallelen n-Kanal-Transistoren und seriellen p-Kanal-Transistoren die zum NAND komplementäre Struktur auf. Beide Grundgatter sind in dieser Form praktisch verwendbar. Im Zweifelsfall wird man wegen der geringeren Leitfähigkeit von p-Kanal-Transistoren gegenüber n-Kanal-Typen (etwa Faktor 3 bei gleichen Abmessungen), welche sich bei Serienschaltung stärker auswirkt, das NAND vorziehen. Sollen in CMOS-Schaltungen ein p-Kanal und eine n-Kanal-Transistor den gleichen Kanalwiderstand haben, so ist beio gleicher Kanallänge der p-Kanal-Transistor etwa dreifach breiter aufzubauen. Deshalb werden in Serie geschaltete p-Kanal-Transistoren, deren Kanalwiderstände sich dabei addieren (wie im NOR) eher vermieden. 30 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Trotzdem zeichnet sich die CMOS-Technik dadurch aus, daß man elektrisch nahezu gleichwertige komplementäre n- und p-Kanal-Schalter bauen kann. In der Bipolartechnik ist das mit npn / pnp Transistoren in der Digitaltechnik nie gelungen. Bei Schaltungen dieser Art muß im Gegensatz zur n-MOS-Technik, das vorherige Gatter nicht eine, sondern stets zwei Eingangslasten treiben, nämlich den p- und den n-Kanal-Transistor. Im Mittel ist der Unterschied sogar höher, da der p-Kanal-Transistor jeweils im Mittel dreifach größer als der entsprechende n-kanal-Transistor sein wird. Man geht von einer im Vergleich zu nMOS drei- bis vierfach höheren Kapazität aus. Dies bedingt eine höhere Treiber-Fähigkeit, die allerdings bei längeren Verbindungsleitungen zwischen den Gattern weniger ins Gewicht fällt. Dagegen macht sich diese Kapazität direkt bei der dynamischen Verlustleistung bemerkbar. Der zweite Nachteil gegenüber nMOS ist die höhere Anzahl der Transistoren. Für ein Grundgatter mit k Eingängen wird man in nMOS k n-Kanal-Transistoren und einen p-Kanal-Transistor benötigen, in statischer CMOS-Logik sind es jeweils k p- bzw. n- Kanal-Transistoren. Die nicht-invertierenden Gatter AND und OR benötigen wie in der nMOS-Technik jeweils einen zusätzlichen Inverter (Abb. 8.49 /8.50). VDD p- enh. p- enh. p- enh. x1 y n-enh. n-enh. n-enh. x2 GND Abb. 8.49: 2-AND-Gatter in statischer CMOS-Logik VDD x1 p- enh. p- enh. y p- enh. x2 n-enh. GND n-enh. n-enh. GND Abb. 8.50: 2-OR-Gatter in statischer CMOS-Logik Wie in der nMOS-Logik ist es auch in CMOS möglich, komplexe Gatterfunktionen einstufig zu realisieren. 31 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 VDD D p-enh. p-enh. E P p-enh. A p-enh. B A p-enh. C n-enh. out n-enh. D B n-enh. C nenh. n-enh. E GND Abb. 8.51: CMOS NAND / NOR Komplexgatter in statischer Logik Solche Komplexgatter erlauben einstufig eine sehr kompakte Realisierung zweistufiger LogikFunktionen. Praktisch sind der Größe der Schaltung aber Grenzen gesetzt durch den Substrateffekt bei in Serie geschalteten Transistoren und die große Kapazität interner Schaltungsknoten. In Abb. 8.51 verbindet der Knoten P insgesamt 5 Transistoren und würde physikalisch (im Layout) ein größeres Verbindungsnetzwerk darstellen müssen. Dessen Kapazität bereitet sowohl bei Umschaltvorgängen als auch beim Test Probleme. Insbesondere bei CMOS-Technologien, die mit einer Versorgungsspannung von 3 V und darunter arbeiten, können bereits 3 Transistoren in Serie bezüglich der Laufzeiten ungünstiger sein als eine zweistufige Realisierung der Funktion. Die statische CMOS-Logik hat heute trotz der relativ hohen Zahl der Transistoren eine weite Anwendung gefunden. Auch spezielle Konstruktionen wie Transmission Gates lassen sich in CMOS mit relativ guten elektrischen Eigenschaften gegenüber nMOS realisieren. S in out S Abb. 8.52: CMOS-Transmission Gate Man benötigt zur Ansteuerung allerdings auch das Komplement des Steuersignals. Für kleine Spannungen zwischen in und S, für welche der n-Kanal-Transistor nur schlecht leitend ist, übernimmt hier der p-Kanal-Transistor die Leitung, so daß insgesamt die elektrischen Eigenschaften des Transmissionsgatters wesentlich besser sind als die eines einzelnen Pass-Transistors. Konstruktionen dieser Art werden vielfältig verwendet, um die Verbindung zwischen Treibern und Bus-Strukturen in Rechnern zu bilden. 32 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 8.5.9 Dynamische CMOS-Logik Die gegenüber nMOS hohe Zahl der Transistoren in statischen CMOS-Schaltungen war der Anlaß, nach alternativen Schaltungstechniken zu suchen. Zunächst ist es natürlich möglich, in CMOS eine Quasi- nMOS-Schaltungstechnik zu bauen. Dazu wird man typischerweise einen selbstleitend geschalteten p-Kanal-Transistor als "pull-up-Transistor" verwenden. VDD Ausgang Eingänge n-Kanal Netzwerk GND Abb. 8.53: Quasi-nMOS-Gatter Diese Schaltung bietet wiederum alle negativen Eigenschaften der nMOS-Schaltungstechnik und hat sich deshalb nicht durchgesetzt. VDD f1 Q Eingänge n-Kanal Netzwerk Cl f1 GND Abb. 8.54: Dynamische CMOS-Schaltung Den Aufbau von dynamischen CMOS-Schaltungen, welche mit weniger Transistoren auskommen als statische CMOS-Gatter, zeigt Abb. 8.54. Das Verhalten der Schaltung wird durch ein Taktsignal gesteuert. Wenn f = 0 ist, so wird der pKanal-Transistor zwischen VDD und dem internen Knoten Q leitend. Der Knoten und die interne Kapazität Cl werden aufgeladen. Nimmt f den Wert "1" an, so wird der n-Kanal-Transistor unterhalb des Netzwerks leitend, der pKanal-Transistor sperrt. Nun wird in Abhängigkeit von der logischen Funktion das n-KanalNetzwerk leitend (für Q = 0) oder bleibt gesperrt. Der entsprechende logische Wert steht am Ausgang an. 33 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Man kann durchaus mehrere logische Stufen dieser Art, die gemeinsam über denselben Takt f gesteuert werden, kaskadieren. Es ergeben sich aber zwei Probleme: Im "high"-Zustand des Ausgangs wird dieser nur dynamisch gespeichert. Mittels der in Cl gespeicherten Ladungsmenge wird man keine größeren Netzwerke schalten können, der Knoten entlädt sich auch durch Leckströme. Die Schaltung ist so auch empfindlich gegen eingestreute Signale von außen. Bei Verknüpfung mehrerer Gatter muß die Setzung aller Eingänge in der "high"-Phase des gemeinsamen Taktsignals erfolgen. Auch während der Precharge-Phase produzierte die Schaltung logische Werte, die an die nächste Stufe weitergegeben werden, die aber nicht unbedingt dem erst in der "discharge" -Phase ermittelten Endwert entsprechen. Reicht die Zeit nicht aus, um innerhalb der "discharge" -Phase den richtigen logischen Wert auch an das letzte Gatter zu geben, so wird unter Umständen ein falscher Wert erzeugt. Es gibt nun verschiedene Möglichkeit, die Weitergabe der "vorläufigen" logischen Werte während der Precharge-Phase an nachfolgende Stufen zu unterbinden. Die einfachste ist ein Transmission Gate, das durch ein weiteres Taktsignal (oder auch durch einen leicht verzögerten Takt f) gesteuert wird (Abb. 8. 55). f1 VDD f1 Q Ausgang Eingänge n-Kanal f1 Netzwerk Cl f1 GND Abb. 8.55: Dynamische CMOS-Schaltung mit Transmission Gate am Ausgang Eine andere Schaltungsvariante hat sich aber als günstiger erwiesen, die sogenannte Domino-Logik. VDD f1 Q Eingänge out n-Kanal Netzwerk Cl f1 GND Abb. 8.55: Gatter in CMOS Domino-Logik 34 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 In der Domino-Logik ist der logischen Stufe jeweils ein Inverter nachgeschaltet. Damit muß zunächst nur dessen Eingang geschaltet werden. Der Inverter bewirkt aber auch, daß während der Aufladephase, zu welcher der Knoten Q auf "high" liegt, der Inverter für eine logische "0" am Ausgang out erzeugt. Dies bewirkt, daß in der "Charge" - Phase (f = 0) alle Eingänge von nKanal-Netzwerken fest auf "0" liegen. Erst dann, wenn die "Charge"-Phase abgeschlossen ist, kann Q auf "0" gesetzt werden und einen Signalwechsel in einer nachfolgenden Schaltung bewirken. Damit sind die Timing-Probleme weitgehend gelöst . In der Domino-Logik "fallen" die Gatter nacheinander wie die Domino-Steine in den "richtigen" Logik-Zustand. Die Discharge-Phase muß nur ausreichend lang sein. In DominoLogik ist allerdings nur die Realisierung nicht-invertierender Gatter möglich, zusätzliche "normale" Inverter sind notwendig. Alle vorstehend gezeigten dynamischen CMOS-Schaltungen sparen zwar gegenüber der statischen Logik potentiell Transistoren ein, sie benötigen aber ein zusätzliche Takt - Netzwerk. Der Aufwand lohnt sich nur dann, wenn die Anzahl der Transistoren im n-Kanal-Netzwerk relativ groß ist. In neueren Technologien mit nur 3,3 V oder weniger Versorgungsspannung wird man möglichst schon Serienschaltungen von mehr als 2 Transistoren zu vermeiden suchen. Damit werden auch die n-Kanal-Netze prinzipiell kleiner, dynamische Logik ist damit gegenüber statischer weniger attraktiv. 8.6 BICMOS-Logik Wir haben in den letzten Kapiteln gesehen, daß MOS-Schaltungen bezüglich Intergationsdichte und Leistungsverbrauch den bipolaren Schaltungen überlegen sind, aber viel weniger als "Stromlieferanten" zum Treiben größerer Netzwerke oder längerer Verbindungsleitungen taugen. Deshalb stellt die BICMOS-Technologie als Symbiose aus CMOS- und Bipolar-Techniken eine Reihe besonderer Möglichkeiten dar. Abb. 8.57 zeigt einen Treiber, z. B. für größere Verbindungsnetze, in BICMOS-Technologie. Bezeichnend ist, daß im bipolaren Teil wieder nur npn-Transistoren als aktive Elemente verfügbar sind, welche eine bestimmte Phasendreher-Logik brauchen, um als optimale Gegentakt-Endstufe wirken zu können. VDD in out GND Abb. 8.57: BICMOS-Treiberstufe BICMOS-Schaltungen werden sowohl als diskrete Schaltkreise (z. B. TTL -kompatible 14BCTSerie) als auch als Treiberzellen für die Verwendung innerhalb von ICs und für deren AusgangsVerstärkerzellen (Ausgangspads) angeboten. Für logische Verknüpfungen bleibt aber stets der CMOS-Schaltungsteil zuständig. 8.7 Gallium-Arsenid-Schaltkreise 35 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Bezüglich der erreichbaren Schaltgeschwindigkeiten bieten Bauelemente aus Gallium-Arsenid gegenüber Silizium Vorteile. Bei niedrigen elektrischen Feldstärken hat Gallium-Arsenid eine etwa sechsfach höhere Elektronenbeweglichkeit als Silizium. Während Silizium bei normalen Temperaturen eine Leitfähigkeit hat, die insbesondere bei hohen Frequenzen zu Verlusten führt, ist Gallium-Arsenid nahezu ein Isolator, hat also wesentlich geringere Verluste. Der höhere Bandabstand erlaubt auch eine höhere Betriebstemperatur (bis ca. 250 Grad Celsius). Als wesentlichen Vorteil bietet Gallium-Arsenid auch die mögliche Kombination elektronischer und optischer Bauelemente. Dem stehen wesentliche Nachteile gegenüber: Zunächst ist das Ausgangsmaterial längst nicht so verfügbar wie Silizium. Eine auf Oxidation aufgebaute planare Fertigungstechnologie funktioniert mit GaAs nicht, weil weder Ga noch As ein stabiles Oxid bilden. Deshalb haben GaAs-Technologien mit MOS-Transistoren (man muß dazu SiO2 oder Si3N4 nehmen) auch keine praktische Bedeutung erlangt. Gallium-Arsenid ist mechanisch längst nicht so stabil wie Silizium, man kann deshalb nur kleine Wafer mit Durchmessern von maximal ca. 10 cm verwenden, während Silizium-ICs Wafer von 30 cm und mehr Durchmesser erlauben. Alle analogen und digitalen IC-Technlogien auf der Basis von GaAs verwenden den MESFET, also den Transistor mit Schottky-Übergang als aktives Bauelement. Dies hat verschiedene Konsequenzen: Der Spannungsbereich am Gate ist beschränkt in Vorwärts- und in Rückwärtsrichtung. GaAsSchaltungen haben deshalb einen internen logischen Hub von nur ca. 0,4 V. Dies bedingt wiederum, daß die technologisch bedingten Schwankungen von Schwellenspannungen auf einem Chip nur sehr klein sein dürfen (ca. 0,1V). Zunächst sind nur selbstleitende Transistoren verfügbar, außerdem nur solche mit n-leitendem Kanal. Die fortgeschrittenste GaAs-Technologie ist die sogenannte DCFL (direct coupled FET) Logik. Sie verwendet selbstleitende und selbstsperrende FETs (Abb. 8 58) und ähnelt im Schaltungsaufbau der nMOS-Technolgie. VDD T3 T1 T2 Ue1 Ua Ue2 Abb. 8.58: Grundgatter (NOR) in DCFL-Technologie Die Transistoren T1 und T2 sind selbstsperrend, T3 ist selbstleitend und wirkt als passives Widerstandselement. Das Grundgatter ist ein NOR. Andere GaAs-Technologien, die Buffered FET Logic (BFL) und die Schottky-Diode-FET Logic) verwenden nur selbstleitende FETs und Dioden zum Pegelshift. Wegen den geringeren Leistungsaufnahme eignet sich vornehmlich die DCFL für die Großintegration. Mit GaAsSchaltkreisen wurden bisher Komplexitäten bis ca. 100 000 Gatter erreicht, also z. B. komplette Mikroprozessoren entwickelt. 36 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Die gegenüber Si viel teurere Fertigung (die früher vorwiegend von den Militärs bezahlt wurde,weil GaAs bei weniger empfindlich gegen radioaktive Bestrahlung ist als Si) und die ebenfalls rasanten Fortschritte der Si-Technologie haben in letzter Zeit die GaAs-Technologie eher wieder zurückgedrängt. Dazu tragen auch 2 physikalische Effekte bei: − für hohe Feldstärken, wie sie in Kurzkanal-Bauelementen normal sind, ist die SättigungsDriftgeschwindigkeit maßgeblich, nicht die Beweglichkeit. Und darin sind Si und GaAS fast gleich − Si hat gegenüber GaAs eine bessere Wärmeleitfähigkeit. Deshalb wird GaAs heute vorwiegend bei diskreten Bauelementen der Mikrowellentechnik verwendet. Mit der zur Zeit entwickelten Silizium-Germanium-Mischtechnologie entsteht für GaAs auch für Hochgeschwindigkeitsanwendungen ein ernsthafter Konkurrent. 8.8 Vergleich der Schaltkreis-Technologien Abschließend sollen die wichtigsten IC-Technologien im Vergleich dargestellt werden. Hier muß man unterscheiden zwischen einerseits zwischen Schaltkreisfamilien, welche einen Aufbau von Logik aus diskreten Gatter-Bausteinen (bzw. mehreren einzeln anschließbaren Gattern in einem Gehäuse) und komplexeren Baugruppen (Zähler, Addierer, Register, Multiplexer etc.) ermöglichen und Techniken für die monolithische Implementierung auf einem IC. Bausteine, welche lediglich einige Gatter beinhalten, werden auch als "Small-Scale Integrated" (SSI) bezeichnet, einfache digitale Baugruppen sind oft als "Medium Scale Integrated" (MSI) -ICs verfügbar. Ab einigen tausend Transistoren spricht man von "Large Scale Integration" (LSI), wozu z. B. einfache Mikroprozessoren und Mikrocontroller rechnen (Z80, 8068, 8051 etc.). Mikroprozessoren mit mehr als ca. 100 000 Transistoren (16 Bit-uPs) wird man als "Very Large Scale" (VLSI)-ICs bezeichnen, und für 32 Bit- und 64 Bit-Prozessoren mit viel mehr als 1 Mio Transistoren wie z. B. Pentium sind "Ultra Large Scale" (ULSI) Bausteine. Jeder Entwerfer eines digitalen Systems hat nun eine Fülle von technischen Möglichkeiten, seine Schaltungen aus HW-Bausteinen unterschiedlicher Technologie und Komplexität und natürlich auch aus SW-, die auf einem Mikroprozessor oder Mikrocontroller abläuft, aufzubauen. Getrieben wird der Entwurf von ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten wie: − − − − Entwurfsdauer und -Kosten erwartete Stückzahl des Systems Kompatibilität Kosten der Implementierung Um im "Urwald" der technolgischen Möglichkeiten eine kleine Orientierung zu geben, sollen zunächst die Basis-Technologien bzw. deren Baustein-Serien verglichen werden. Die TTL-Familie wurde im Lauf der Zeit von der Standard-TTL-Logik, die eine mittlere Verzögerungszeit von ca. 10 ns pro Gatter aufweist und eine Taktrate von ca. 35 MHz zuläßt, zu Schottky-Dioden-TTL-Logiken (AS, ALS, FAST) weiterentwickelt, die bei mittleren Verzögerungszeiten von 1,5 ns maximale Taktraten von bis zu 200 MHz zulassen. 37 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Typ Kennbuchst. Stand. TTL High Speed TTL Low-Power TTL Schottky TTL Low-Power Schottky TTL H L S LS LP adv. TTL ALS Advanced Schottky TTL Pv / mW 10 22 1 20 2 AS 10 3 8,5 1,5 CMOS HighSpeed TTL HCT, HC 1,75 ( 0,5 uW / kHz) BICMOS TTL 4 1,5 0,8uW / kHz BCT 1 fmax / MHz 100 110 30 60 35 80 3 125 20 1 FAST, T AC, ACT Pv * tp / pJ 10 5 30 3 FAST TTL CMOS adv. TTL Td / ns 4 3 35 bis 50 12 125 bis 200 6 100 10 bis 12 1,4 (0,005 pJ / kHz) 3 25 - 50 0,002 pJ / kHz 100 3 3 120 Abb. 8.59: Übersicht über die TTL-Schaltkreisfamilie Bemerkenswert ist auch, daß seit den 70er Jahren TTL-kompatible CMOS-Schaltkreise entwickelt wurden, die sich zunächst durch geringe Leistungsaufnahme bei kleinen Schaltgeschwindigkeiten auszeichneten. In den letzten TTL- kompatiblen CMOS-Serien werden aber immerhin Schaltzeiten im Bereich weniger ns erreicht. Abb. 8.59 vergleicht verschiedene Technologien der TTL-Familie bezüglich der Leistungsaufnahme pro Gatter, der typischen Gatter-Verzögerungszeit, des Produkts aus Verzögerung und Leistungsaufnahme und der maximalen Taktfrequenz. Das sogenannte "PowerDelay-Produkt" ist ein realistischer Maßstab dafür, wie leistungshungrig bzw. sparsam eine Technologie ist. Typisch für CMOS-Schaltkreise ist die direkte Abhängigkeit der Leistungsaufnahme von der Taktfrequenz. Typ Standard High Speed Kennbuchstabe Pv / mW td / ns Pv td / pJ 10.1 ....../ .5 10.2....../ .6 10.5 .... 25 25 25 1 2 1,5 25 50 35 1 bis 6 10.H100 100.100 100 E 100 70 35 50 30 1 1 0,75 0,6 70 35 38 18 Abb. 8.60: Übersicht über die ECL-Schaltkreisfamilie Wie Tabelle 8.60 zeigt, sind ECL-Bausteine mit Gatter-Verzögerungen weit unter 1 ns kommerziell erhältlich. In mittelhoch-integrierter Form als Gate-Arrays mit bis zu ca. 20 000 Gattern sind bei ECL auch Gatter-Verzögerungen um 0,1 ns (100 ps) realisiert worden. Verschiedene CMOS-Logiken im Vergleich zeigt Abb. 4.52. Bis auf die Standard-Familie, die mit Spannungen bis 15 V betrieben werden kann und die man als "langsame störfeste Logik" kennzeichnen könnte, sind die anderen Familien TTL-kompatibel, was auch durch die Bezeichnung 74....C... gekennzeichnet ist. Auch hier ist wieder die Verlustleitung eine direkte Funktion der Schaltgeschwindigkeit bzw. der Taktfrequenz des Systems. 38 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Typ Kennbuchst. Standard 4........ 14...... High Speed 74 HC...... 74 HCT..... Pv / mW td / ns Pv td / pJ 0,25 bis0,03 uW / kHz 90 bis 100 0,03 pJ / kHz 0,5 uW / kHz 10 bis 12 0,005 pJ / kHz Advanced 74 AC..... 74 ACT..... 0,8 uW / kHz 3 0,002 pJ / kHz BICMOS 74 BCT..... 1 3 120 Abb. 8. 61: CMOS-Logikfamilien Spitzenleistungen bezüglich der Schaltgeschwindigkeit erreichen die verschiedenen GaAsTechnologien (Abb. 8.62). In Submikron-GaAs-Technologien sind Schaltzeiten von weit unter 0,1 ns möglich. Bei integrierten Systemen spielen dann allerdings weniger die Logik-Gatter als vielmehr die Verbindungsleitungen zwischen den Gattern die entscheidende Rolle als verzögernde Elemente. Schaltungstechnik Pv / mW td / ps Pv td / pJ BFL (1 um) 10 90 0,9 BFL (0,5 um) 10 60 0,6 SDFL (1 um) 2,5 150 0,4 DCFL (10 um) 0,25 60 0,15 DCFL (1 um) 1,5 10 0,015 DCFL (0,5 um) 2,0 8 0,016 HEMT ca. 2 6 0,01 Abb. 8.62: GaAs-Schaltkreistechnik Damit lassen sich die extrem kurzen Schaltzeiten der aktiven Elemente nicht einfach in kurze Signallaufzeiten und hohe Taktraten im Gesamtsystem umsetzen. Ein Rechnerhersteller, der mit langsameren aktiven Elementen arbeitet, die aber durch Großintegration auf Si-Basis im Mittel viel kürzere Verbindungsleitungen untereinander aufweisen, wird etwa gleich schnelle und viel billigere Rechner bauen können als die Konkurrenz mit niedrig integrierten, aber superschnellen GaAs-Schaltkreisen (die außerdem noch viel teurer sind). Die Kompatibilität verschiedener Schaltkreis-Familien untereinander ist beschränkt. Abb. 8.63 zeigt die typischen Werte von Betriebsspannung (Vcc bzw Vdd) sowie die typischen maximalen Low-Pegel und minimalen High-Pegel, welche die Bausteine produzieren. Familie TTL F HC, HCT AC ECL CMOS, 4000, 4000B, 74 C 0-Pegel 0,5 0,4 0,1 0,1 -1,7 0,05 1-Pegel 3,5 3,5 4,9 4,4 - 0,9 4,95 Betriebs- 5 5 4,5 - 5,5 (HCT) 2 bis 6 -(4,5 bis5,2) 2 - 6 (HC) Abb. 8.63: Spannungspegel verschiedener Logik-Familien 39 3 bis 15 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Für eine Kombination von TTL- und CMOS-Bausteinen (mit Ausnahme der CMOS 15 V-Serie) ist eine elektrische Verknüpfung normalerweise möglich. Man muß jedoch beachten, daß manche TTLBausteine (z. B. die mit "Open Collector"-Ausgang) verlangen, daß der Eingang einer folgenden Stufe einen Strom liefert oder aufnimmt. Eine ansonsten TTL-kompatible CMOS-Schaltung wird das nicht können. Für die Verknüpfung von ECL- mit TTL- oder CMOS-Schaltungen werden spezielle PegelwandlerBausteine benötigt, die z. B. auch in ECL- oder TTL-Katalogen zur Verfügung stehen. Natürlich erzeugen solche Bausteine zusäzliche Verzögerungen und Verluste (und Kosten). Deshalb ist es eine gute Praxis, auf einer Platine bei einer Schaltkreisfamilie zu bleiben, auch deshalb, weil man dann mit einer Versorgungsspannung (z. B. 5 V) auskommt. GaAs-Schaltungen sind ebenfalls mit TTL oder CMOS nicht kompatibel. In der Praxis wird man trotzdem ggf. einen kleinen GaAs-Schaltkreis als Vorstufe einsetzen, z. B. als Frequenzteiler, und die nachfolgende Logik konventionell ausführen. Abschließend sollen die verschiedenen Schaltkreis-Technologien im Überblick dargestellt werden (Abb. 8.64). td 1000 0,1 pJ 100 CMOS alt 10 LSTTL AS HC HCT CMOS 0,5 u AC / AST 1 CMOS 0,1 STTL FAST ECL Ga As ED 0,25 u GaAs CD-FET Si-bipolar 0,001 0,1 1 10 100 1000 10**4 10**5 Pv uW Abb. 8.64a: Geschwindigkeits-Leistungsdiagramm für verschiedene Schaltkreisfamilien Gatterleistung über Taktfrequenz Pv / mW 10** 3 10** 2 ECL (50 Ohm) 10** 1 TTL 10**0 TTL-LS ECL (75 Ohm) CMOS (15 V) 10** -1 10**- 2 10**- 3 1 10 100 1000 10**4 10**5 f / kHz Abb. 8.64 b: Gatterleistung als Funktion der Taktfrequenz für verschiedene Technologien 40 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Die Vergleiche bestätigen die hervorgehobene Stellung der CMOS-Technologie, da nur dort eine direkte Abhängigkeit zwischen Taktfrequenz und Verlustleitung besteht. Bei den anderen Technologien ist allenfalls ein leichter Anstieg der Verlustleitung bei hohen Frequenzen sichtbar. Dies bedeutet aber nicht, daß CMOS-Schaltkreise bei hohen Schaltgeschwindigkeiten leitungsarm sind: Wenn dieselbe Kapazität pro Zeiteinheit 10 mal häufiger umgeladen wird, so wird dazu im Mittel mindestens auch die zehnfache Energie verbraucht. "Mindestens" dehalb, weil viele Bauelelemente mit steigender Frequenz mindestens proportional ansteigende Verluste aufweisen! 8.9 Implementierungen digitaler Schaltungen 8.9.1 Verteilte Realisierungen und monolithisch integrierte Realisierungen In der Frühzeit der Digitaltechnik wurde Logik aus einzelnen aktiven und passiven elektronischen Bauelementen aufgebaut. Zunächst waren dies Elektronenröhren, Dioden, Widerstände und Transistoren, die auf Chasis und Sockel montiert und über Drähte miteinander verbunden wurden. In der Technologie der 50er und frühen 60er Jahre wurden dann Einzeltransistoren, Dioden und Widerstände auf Leiterplatten montiert. Seit den 60er Jahren wurden in kleinem Maße integrierte Bausteine verfügbar. Die ersten (und einfachsten) Bausteine der 74er TTL-Logik-Serie enthielten in einem IC-Baustein mit z. B. 28 Anschlüssen jeweils mehrere AND-, NAND, OR- oder NOR-Gatter. Mit ca. 10 Gattern pro Baustein spricht man hier von "Small Scale Integration" (SSI). Wenig später wurden aber auch integrierte bipolare Bausteine mit Addierern, Flip-Flops, Registern, Encodern, Decodern usw. verfügbar. Mit bis zu ca. 1000 integrierten Gatter-Funktionen spricht man hier bereits von "Medium Scale Integration". Solche SSI und MSI-Bausteine werden, oft in CMOS-Technik realisiert, auch heute noch in großer Breite verwendet, oft zusammen mit noch höher integrierten Schaltkreisen. In der analogen Schaltungstechnik werden verbreitet noch "diskrete" Bauelemente verwendet, also . Aber auch dort haben seit den 70er Jahren SSI- und sogar MSI-Bausteine Eingang gefunden. Insbesondere werden integrierte Verstärkerbausteine, sogenannte "Operationsverstärker" verwendet. Integrierte Bausteine mit tausenden von Transistoren wurden mit den ersten Mikroprozessoren geschaffen (Z 80, 8080, 8086). Sie wurden schon als "Large Scale Integrated Circuits" bezeichnet und enthielten bis zu ca. 100 000 Transistoren. Darüber, bei Millionen integrierter Transistoren, spricht man von "Very Large Scale Integration" ode sogar "Ultra Large Scale Integration". Der Entwickler eines digitalen Systems hat heute eine Fülle von Möglichkeiten der Implementierung. Das eine Extrem wird die komplette Implementierung in Software mittels eines Mikroprozessors oder Mikrocontrollers, kombiniert mit RAM- und ROM- Bausteinen sein, das andere praktische Extrem ist der Aufbau aus SSI- (Gatter-) Bausteinen auf einer Platine. PROM Stecker- Mikropr. Leiste PROM RAM RAM Platine Abb. 8.65a: System-Implementierung durch Platine mit Standard-Rechnerbausteinen 41 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Steckerleiste MSI / SSI - Bausteine Platine Abb. 8.65b: System-Implementierung durch Platine mit Standard-SSI / MSI-Bausteinen Dazwischen existieren weitere Alternativen. Vor allem haben anwendungsspezifische Integrierte Schaltkreise (ASICs) seit ca. 15 Jahren eine erhebliche Bedeutung erlangt. Dies sind für eine spezielle Anwendung durch den Systementwickler (z. B. für ein Motor-Management beim Kraftfahrzeug oder eine Gerätesteuerung) vom Anwender spezifizierte (und oft auch entworfene) und danach bei einem Halbleiter-Hersteller gefertige ICs. Sie werden heute ergänzt durch hochintegrierte, beim Systementwickler anwendungsspezifisch programmierbare Logik-Bausteine. Diese werden als "programmable logic devices" (PLDs), "programmable array logic" (PAL) oder auch als "field-programmable gate arrays" (FPGAs) bezeichnet. 8.9.2 Entwurfstechnologien für ASICs Seit etwa 1980 wurde, angestoßen von Carver Mead und Lynn Conway von Xerox PARC in Palo Alto (Ca.), die Technologie des anwendungsspezifischen IC-Entwurfs entwickelt. Im 1980 erschienenen Buch "Introduction to VLSI Systems" wird eine auf den Möglichkeiten der nMOS-Schaltungstechnik beruhende Entwurfstechnologie für ICs eingeführt. Ausgehend von geometrischen Entwurfsregeln des Halbleiter-Herstellers, die z. B. minimale Weiten und Abstände von Leitungen, Kontakten und Transistoren betreffen, kann ein Schaltkreis in allen Teilen entworfen werden. Dazu gehört natürlich eine Technologie des rechnergestützten Schaltungsentwurfs, die sich auch seit den 70er Jahren kontinuierlich entwickelt hat. Eine solchen Entwurfsstil, bei dem ein Schaltkreis-Entwickler vom Transistor aufwärts einen ganzen Prozessor entwirft, wird heute weitgehend als "voll kundenspezifisch" (full custom) bezeichnet. Der Schaltkreis wird dann entsprechend der Vorgabe auch vollständig kundenspezifisch gefertigt. Dieser Ansatz hat den wesentlichen Vorteil, daß durch einen entsprechend ausgebildeten und erfahrenen Entwerfer (oder ein Bataillon davon für einen Pentium) die Möglichkeiten des jeweils verfügbaren Prozeßes am weitestgehenden ausgeschöpft werden können. Dem gegenüber steht eine Reihe von Nachteilen: − der (die) Schaltungsentwickler muß mit der Halbleiter-Schaltungstechnik in Detail vertraut sein − der Entwurf erfordert eine Reihe komplizierter (und auch teurer) rechnergestützter Entwurfswerk-zeuge − die Entwurfszeiten sind lang − das Risiko, insbesondere für Anfänger, Entwurfsfehler zu machen, ist sehr hoch. Abb. 8.66 zeigt vereinfacht die für den Full-Custom-Entwurf notwendigen Daten und Werkzeuge. 42 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 D a teien vom HL-Hersteller Entwurfswerkzeuge G e o m e trische Entwurfsregeln Layout-Editor Entwurfsdaten Layout Design-Rule-Check Extraktor Sim u lationsparameter (SPICE) TransistorNetzliste E lektrischer S im u l a t o r Abb. 8.66: Daten und Werkzeuge für den Full-Custom-Entwurf Zur Erinnerung: Ein fehlerhaft entworfener Schaltkreis ist nach der Fertigung kaum noch zu reparieren! Deshalb muß das elektrische Äquivalent des Layouts, die Transistor-Netzliste, ermittelt und bezüglich des zu erwartenden elektrischen Verhaltens jeder Teilschaltung simuliert werden. Ein Entwurf auf dieser Ebene ist wirtschaftlich nur dann gerechtfertigt, wenn eine Firma mittels eines neuen Fertigungsprozesses einen neuen Schaltungsentwurf für einen IC-Typ anfertigt, der im Millionen-Stückzahlen gefertigt werden soll. Nur dann kompensieren nämlich die Ersparnisse an Silizium-Fläche den höheren Aufwand für den Entwurf. Typische Beispiele für (nahezu) full-custommäßig entworfene digitale Bausteine sind heute Mikroprozessoren, die in Millionen-Stückzahlen gefertigt werden. Für ICs, die in geringeren Stückzahlen bis zu Tausenden gefertigt werden, rentiert sich der hohe Entwurfsaufwand nicht. Darüber hinaus sind lange Entwurfszeiten nicht günstig, oft sogar "tödlich" für den Markterfolg eines Produkts. In der sogenannten "Semi-Custom-Entwurfstechnik" wird deshalb ein komplexer digitaler Schaltkreis aus vorentwiorfenen und in "Katalogen" oder "Bibliotheken" charakterisierten und dokumentierten Bausteinen aufgebaut, fast so, wie es der TTL-Entwerfer auf der Basis des TTLBaustein-Kataloges tut. Eine Übersicht über Werkzeuge für den Semi-Custom-Entwurf gibt Abb. 8.66. Baustein-Bibliothek Graphik-Symbole Layouts von Zellen Entwurfswerkzeuge Logik-Bild Logik-Editor Logik- Simulator Gatter- Netzlist TimingLogische und zeitl. Charakter. Entwurfsdaten Verifier ChipLayout Placement & Routing Abb. 8.66: Semi-Custom-Entwurf Der eigentliche Logik-Entwurf findet hier noch "außerhalb" statt. Der Schaltplan wird mittels eines Logik-Editors eingegeben, wobei eine Bibliothek vorentworfener Logik-Zellen zur Verfügung steht. Sie enthält die Logik-Symbole für die logischen Zellen, aber auch Informationen über deren Zeitverhalten, Treiberfähigkeit und Leistungsaufnahme. Auch die Abbildung des Logik-Plans auf den Inhalt der Bibliothek ist hier Handarbeit des Entwerfers. 43 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Nachdem der Logik-Plan erstellt ist, wird daraus im Rechner eine Gatter-Netzliste erstellt. Diese kann dann mittels eines Logik-Simulators validiert werden. Der Nutzer kann hier graphischinteraktiv sowohl das logische Verhalten wie auch das Zeitverhalten der Schaltung erkennen und optimieren. Zusätzlich wird heute oft eine Timing-Analyse durchgeführt, die den langsamsten Logik-Pfad vom Eingang zum Ausgang einer Schaltung sucht und findet. Ist die Logik für korrekt bezüglich des logischen und des zeitlichen Verhaltens befunden, so erfolgt eine weithin automatisierte Umsetzung in das Layout eines Schaltkreises. Gerade an dieser Stelle hat der Nutzer nun die Auswahl zwischen sehr verschiedenen Varianten für die Implementierung der Logik. Heute sind Entwurfssysteme verfügbar, welche den Schaltkreisentwurf noch weiter automatisieren. Stand der Technik ist die automatische Synthese logischer Netze aus Booleschen Gleichungen. Die Abbildung dieser synthetisierten Netze auf eine Bibliothek vorenetworfener logischer Zellen nennt man "Technology Mapping". Dabei enthalten heutige Bibliotheken nicht nur Grundgatter, sondern komplexe Logik-Baugruppen (Flip-Flops, Register, Addierer, Multiplizierer, ALUs) bis hin zu kompletten Mikroprozessoren. Man kann also nicht nur mit vorentworfenen und charakterisierten Gatter-Bausteinen entwerfen, auch größere Funktionsblöcke werden von IC-Herstellern angeboten (Addierer, Multiplizierer, ALUs, Speicher, Rechner-Kerne, Bausteine für die digitale Signalverarbeitung). Wissenschaftlich gelöst und ebenfalls kommerziell verfügbar, aber noch nicht allgemein verbreitet ist die sogenannte "High-Level-Synthese". Darunter versteht man die Umsetzung einer Verhaltensbeschreibung für ein digitales System, zum Beispiel geliefert durch ein C-Programm, in eine Strukturbeschreibung, bestehend aus Registern und arithmetisch-logischen Einheiten sowie einem endlichen Automaten zur Steuerung des Datenflußes. Die Technologie der Entwurfsautomatisierung wird in einen speziellen Vorlesung im Hauptstudium behandelt. 8.9.3 Logik-Realisierungen Seit etwa Beginn der 80er Jahre, ziemlich genau seit der Einführung der CMOS-Technologie, wurden von Halbleiter-Herstellern (Siemens, Philips, VLSI Technologies Inc, LSI Logic, etc.) Bibliotheken vorentworfener logischer Zellen jeweils für den eigenen IC-Fertigungsprozeß verfügbar. Diese sogenannten "Standardzellen" haben eine gemeinsame Höhe und genau bestimmte Stellen für die äußeren Anschlüsse. Die Verbindungen der Betriebsspannung (VDD) und der Masse (GND) werden durch Aneinanderlegen solcher Zellen hergestellt. VDD G N D S ig n a la n s c h lü s s e Z e lle n Z e lle n Verdrahtungskanal Pads Z e lle n Abb. 8.68: Konzept der Standardzellen und IC-Layout aus Standardzellen 44 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Bei solchen Strukturen ist auch die automatische Plazierung und Verdrahtung der Zellen ein relativ einfaches Problem. Seit etwa Mitte der 80er Jahren sind Technologien verfügbar, die mehrere Ebenen metallischer Verdrahtung übereinander anbieten. Dann sind die Verdrahtungskanäle weitgehend verzichtbar, man verdrahtet "nach oben" und spart damit in erheblichem Umfang Fläche ein. Technologien dieser Art waren und sind deshalb für viele digitale Schaltungen ziemlich ineffizient, weil die verfügbaren Speicherzellen nur aus Flip-Flops bestehen. Natürlich kann man statische oder dynamische RAMs vergleichsweise viel enger packen, sie passen aber nicht ins StandardzellenKonzept. Dasselbe gilt für PLAs. Ein RAM-/ROM- oder PLA-Block wird in etwa rechteckig sein müssen und ist in der Regel viel höher als eine Standardzelle. Moderne Entwurfssysteme bieten neben Standardzellen auch spezielle Generatoren für RAM- oder ROM-Module an, die man entsprechend der gewünschten Größe (z. B. 256k mal 8 Bit, 1 M mal 1 Bit) konfigurieren kann. Kundenspezifische ICs, die solche Makro-Bausteine enthalten, nennt man auch "Marozellen-ICs". Eine oder mehrere dieser Makrozellen können selbst wieder aus einer oder mehreren Reihen von Standardzellen aufgebaut sein. Pads Std-Zellen ROM PLA RAM ProzessorKern Abb. 8.69: Aufbau eines Makrozellen-ASICs Gemeinsam ist Standarzellen- und Makrozellen-ASICs, daß sie zwar vorentworfene Strukturen verwenden, der Schaltkreis aber speziell mit einem vollen Durchlauf der Fertigungstechnologie produziert werden muß. Das ist für Stückzahlen ab einigen zehntausend ICs kostengünstig, für kleine Stückzahlen aber sehr teuer. Deshalb sind andere Technologien entwickelt worden, welche nicht nur vorentworfene Teilschaltungen verwenden, sondern auch bereits vorgefertigte Halbleiter-Strukturen verwenden. Im wesentlichen ist das die Technik der Gate-Arrays. Gate-Arrays sind eine Technologie, bei der für einen Schaltkreis allgemein benötigte Baugruppen wie die I / O - Bausteine (Pads) und alle Transistoren zunächst vorproduziert werden. Dies geschieht in Form sogenannter "Master"-Bausteine in sehr großen Serien und deshalb auch relativ kostengünstig. Dieses "Vorprodukt" beinhaltet den größten (und teuersten) Teil der Fertigungstechnologie. Auf dem Master sind die Transistoren in Form von regulären Streifengeometrien implementiert. Im einfachsten Fall ist nur eine Standard-Größe von p-Kanal und n-Kanal-Transistoren verfügbar. Zelle p-Diffusion n-Diffusion Polysilizium Abb. 8.70: Gate-Array-Master (Ausschnitt) 45 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Entsprechend der zu realisierenden Schaltung werden diese Transistoren nun durch eine oder mehrere Lagen metallischer Verdrahtung verbunden. Als individuelle Prozeßkosten für einen ICEntwurf fallen deshalb nur die für die Metallisierung und ggf. die Isolierschicht zwischen den MetallLagen an. Gate-Arrays in CMOS- oder BICMOS-Technik sind heute mit Komplexitäten bis zu mehr als 100 000 Transistoren kommerziell verfügbar. VDD (Metall) p-Diffusion Kontaktloch n-Diffusion GND (Metall) Signalleitung (Metall) Abb. 8.71: Gate-Array-Struktur mit Metallisierung für ein 2-NAND- Gatter in CMOSTechnik Auf der Entwurfsseite bieten auch die Hersteller von Gate-Arrays Bibliotheken von logischen Bauelelementen an. Sie enthalten sowohl die Struktur als auch die Charakterisierung (logisch, zeitlich) des Verhaltens. Ein Gate-Array-Entwerfer muß also keineswegs seine ALU aus den vorgegebenen Transistoren "zusammenschrauben", das besorgt ein Entwurfssystem des Herstellers. Gate-Arrays werden heute auch in On-Chip-Kombination mit RAM-Speicher oder sogar Mikroprozessor-Kernen angeboten. Die Metallisierung von Gate-Arrays beim Halbleiter-Hersteller ist eine Prozedur von wenigen Tagen, während ein voller Fertigungsdurchlauf für ein IC Wochen bis (meistens) Monate dauern kann. Typisch für Gate-Arrays ist aber, daß sie bezüglich der Flächen-Ausnutzung beim Entwurf erheblich schlechter sind als Standardzellen- oder gar Full Custom-Entwürfe. Meistens können, bedingt durch hohen Aufwand für die Verdrahtung, nur ca. 70 bis 80% der Transistoren tatsächlich auch verwendet werden, danach ist der Platz für die Verbindungsleitungen erschöpft. In neueren Typen von Gate-Arrays mit mehreren Verdrahtungsebenen sind keine speziellen Kannäle für die Verdrahtung mehr vorgesehen, man spricht dann von "Sea of Gates"- oder "Forest of Gates"Technologien. Auch für analoge Schaltungen sind ähnliche Ansätze mit "Transistor Arrays" versucht worden. Die Entwurfstechnologie der Gate-Arrays entspricht bis auf spezielle Werkzeuge für Plazierung und Verdrahtung der für die Standardzellen-Tecnologie. Häufig kann man beim Gate-Array-Hersteller eine simulierte Logik-Netzliste abgeben. Dieser besorgt dann alle speziellen Arbeiten der LogikOptimierung und der Chip-Konstruktion. 46 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Gate-Arrays wurden nicht nur für MOS-Logik, sondern auch für digitale bipolare Schaltungen entwickelt. So wurde (und wird) die letzte Generation von Mainframes und "klassischen" Supercomputern (ausgenommen die massiv parallelen Maschinen) mit Gate-Arrays in ECL-Technik aufgebaut. Gate-Arrays haben seit den 80er Jahren mit wachsender Komplexität eine weiter Verbreitung erreicht. Man kann aber beobachten, daß sie in den letzten 5 Jahren eine erhebliche Konkurrenz durch vom Anwender programmierbare Logik-Bausteine erfahren. 8.9.4 Programmierbare Logik-Bausteine Der Wunschraum der meisten Anwender ist es, komplxe Logik-Schaltungen am Labortisch entwickeln und implementieren zu können, ohne daß dazu der Prozeß der IC-Herstellung durchlaufen werden muß. Natürlich kann man einfach alles in Software implementieren. Leider sind viele Anwendungen zumindest teilweise zeitkritisch, so daß man einen recht schnellen und teuren Prozessor verwenden müßte. Für einfache, nicht zeitkritische Aufgaben kann allerdings ein Mikrocontroller (= Mikroprozeesor mit RAM und ROM on-Chip) durchaus eine preiswerte Lösung sein. Die andere Alternative sind vom Anwender (= im Feld) programmierbare Logik-Bausteine. Die meisten Typen von Bausteinen dieser Art sind entweder auf Speicher-Bausteinen aufgebaut oder verwenden reguläre Felder, die den vorher betrachteten PLAs ähneln. U N D - Matrix Treiber/Inverter ODER-Matrix Ausgänge Eingänge Abb. 8.72: PLD-Grundstruktur Programmierbare Logik auf der Basis solcher regulärer Feld-Strukturen bezeichnet man meistens als "Programmable Logic Devices" (PLDs). Bei sogenanten EPLDs (erasable PLDs) kann man die Programmierung auch wieder rückgängig machen. Entsprechend den bei ROMs und EPROMs vorgstellten Techniken kann man die Kreuzungspunkte in den Feldern die Kreuzungspunkte wahlweise verbinden (z. B. mittels Durchbruch von OxidSchichten). Wenn man beide Felder programmieren kann, werden die Bausteine als "FPLAs" (field progammable logic arrays) bezeichnet, ist bei "PALs" (programmable array logic) nur das UND-Feld programmierbar. Letztere sind deshalb kompakter und haben kürzere Durchlaufzeiten. Solche Bausteine benötigen eine spezielle Abbildung der Logik auf den jeweiligen Baustein-Typ und ein Programmiergerät (meist am PC). Bezüglich der Grundstruktur von PLAs völlig verschieden sind sogenannte "programmierbare GateArrays" (PGAs). Sie sind aufgebaut entweder aus programmierbaren statischen RAM-Bausteinen (so z. B. die Bausteine der Fa. Xilinx) oder aus Logik-Elementen, die wahlweise durch progammierbare Multiplexer verbunden werden können. 47 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 E/ABlöcke SRAM Logikblöcke Programmierbare Verbindg. Abb. 8.73: PGA-Grundstruktur Der Aufbaus der PGA-Grundstrultur ähnelt einem Gate-Array mit einer Anzahl von Logik-Inseln. Jede dieser Inseln enthält eine zweistufige SRAM-Speicherstruktur und zusätzlich einige Flip-Flops. Jede dieser SRAM-Gruppen kann damit zur Realisierung einer zweistufigen Logik-Funktion mit beschränkter Eingangszahl (ca. 5) verwendet werde,. auch Flip-Flops als Zwischenspeicher sind verfügbar. Zwischen den Zellen existiert eine programmierbare Verbindungsmatrix, die durch Multiplexer gesteuert wird. Für deren Programmierung sind zusätzliche statische Speicherzellen verfügbar. Auf dieser zweiten Ebene der Verbindungen können wiederum diese Logik-Blöcke programmierbar miteinander verbunden werden. Auch die Ausgangszellen können programmierbar an interne Signale der Verbindungsmatrix angeschlossen werden. data in reset enable clock R M1 MUX A B C D E kombinatorischer QX C 2/ 1 1, 2 D MUX X Block MUX MUX Y 1, 2 D C2/1 M1 R QY Abb. 8. 74: Xilinx-Grundzelle Die Grundzelle enthält einen 32-Bit-SRAM mit fünf Eingängen und zwei Ausgängen. Dieser Teil kann so programmiert werden, daß er entweder zwei beliebige Logik-Funktionen mit vier Eingängen oder eine Logik-Funktion mit fünf Eingängen realisiert. Im ersten Fall müssen von den 5 Eingangsvariablen jeweils 3 für beide Funktionen gemeinsam sein, im zweiten Fall haben beide Ausgänge der Kombinatorik (F, G) denselben Wert. In den FFs können entweder die Ausgaben des kombinatorischen Blocks gespeichert werden, oder wahlweise können über den "data in"-Anschluß externe Werte eingegeben werden. Mit enable = 0 bleiben bisherige Werte in den FFs gepeichert, mit reset werden sie zurückgesetzt. Die Funktion der Multiplexer ist durch zusätzliche statische Speicherzellen bestimmt. 48 Informatik V, Kap. 8, WS 98/99 Die Verbindungsmatrix enthält drei verschiedene Arten von Leitungen: Solche vom Typ "direct interconnect" erlauben eine direkte und schnelle Verbindung einer LogikZelle mit einer Nachbarzelle. Normale Verbindungen "general purpose interconnect" verlaufen in horizontaler und vertikaler Richtung zwischen den Zellen-Reihen. An Kreuzungspunkten sind Pass-Transistoren eingefügt, welche, wieder durch spezielle SRAM-Zellen gesteuert, wahlweise Leitungen des Netzes miteinander verbinden. Da diese Verbindungen mit relativ hoher Signallaufzeiten belastet sind, existieren zusätzlich schnelle "long lines". Diese durchziehen die gesamte Matrix und können nur jeweils ein Signal von einem Rand zum anderen transportieren. Die SRAM- basierte XILINX-Technologie hat als wesentlichen Vorteil die beliebige Programmierbarkeit, der Nachteil ist die Flüchtigkeit der Information. Nach jedem Abschalten der Betriebsspannung muß, geladen von einem externen Speicher, eine neue Programmierung erfolgen. Bei den PGAs der Firma ACTEL werden statt der SRAM-Speicherzellen sogenannte "Antifuses" verwendet. Durch eine erhöhte Spannung werden Isolierschichten durchtrennt und damit Verbindungen erzeugt. Damit ist die Programmierung nicht mehr flüchtig, aber eine NeuProgrammierung ist nicht möglich. ACTEL verwendet je eine kombinatorische und eine sequentielle Grundzelle. Typ Programmierung Größe Ein- / Ausg. prog. E / A Sonstiges Verzögerung Speicherbausteine DRAM flüchtig 16 Mbit 24 / 1- 22 /4/ - refresh notw. SRAM flüchtig 4 MBit 1 MBit 19 / 8 / 17 / 8 / - löschbar 1 MBit 16 / 16 / - EPROM 50 - 100 ns 50 - 100 ns 10 - 50 ns Programmierbare logische Felder PAL22L10 löschbar Altera löschbar 160 Prod. T. 12 / 10 / 384 Prod. T. 16 / - / 48 48 prog. E/A Zellen 4*64 Prod. T. 6 / - / 64 4 univ. verbindbare 20 ns 50 ns EP1800 AMD löschbar MACH 130 Blöcke programmierbare Logikbausteine Xilinx flüchtig 20 0000 äqu. XC 4020 Actel pro Block - / - / 240 900 Funkt.-Blöcke 5-7,5 ns p. Block irreversibel 8000 äqu. G. - / - / 140 1232 Logik- Mod. 10 ns pro Block Gatter Abb. 8. 75 Übersicht über programmierbare Logik-Bausteine Abb. 8.75 gibt den Status der verfügbaren Bausteine für programmierbare Logik (dazu kann man auch Speicher verwenden !) für ca. 1993 wieder. Für 1996 kann man jeweils eine Vervierfachung der möglichen Komplexität annehmen. Obwohl man in programmierbarer Logik für eine einziges 2-fach NAND (mit vier Transistoren in statischer CMOS-Logik) bis zu 103 Transistoren (bei Xilinx) benötigt, kann diese Technik eine große Akzeptanz beim Anwender gefunden. Es ist zu erwarten, daß in naher Zukuft programmierbare Logik-Bausteine verfügbar sein werden, die zusätzlich Speicher und einen Prozessor-Kern beinhalten. 49