Lernen in der Schule - Universität Heidelberg

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Vorlesung „Einführung in die Bildungswissenschaft“ (Sommer 2011)
Dr. Hans-Peter Gerstner / Markus Popp
(08.06.2011)
Schwerpunkt 6:
Lerntheorien und ihre Auswirkungen auf das
Unterrichtsszenario
• Begrüßung – Organisatorisches
• Vortrag: Lerntheorien und ihre Auswirkungen auf
das Unterrichtsszenario
• Filmausschnitt: Manfred Spitzer (Gehirn – Denken
- Lernen)
• Arbeitsphase – Aussprache – Diskussion
Lernen in der Schule - ein
vielfältiger Prozess...





Vokabeln in Französisch
Zusammenhänge zwischen zwei Variablen in
Mathematik
Beurteilungen ethischer Problemstellungen
in Religion / Ethik
Handlungsabläufe in Sport / Bild. Kunst
Soziales Verhalten / Konfliktmanagement
Modelle des Lernens - Relevanz im
Kontext Schule
• Klassisches Konditionieren
• Operantes Konditionieren
• Beobachtungslernen
 Problemlösen
• Kognitives Lernen
1.1 Klassisches Konditionieren
Watson
Albert
(1920) („Little Albert“):
 reagiert furchtlos und interessiert auf
weiße Ratte (NS)
 reagiert erschrocken und weint (UR)
bei plötzlichem, lauten Krach (US)
Kopplung: Ratte + Krach
 Panik bei Anblick der Ratte (CR)
(Generalisierung auf Pelzmäntel)
 bedingte Furchtreaktion, die sehr löschungsresistent ist.
1.2 Klassisches Konditionieren
Bedeutung
für den Schulalltag:
Keine direkte Beeinflussung des Lernprozesses;
Erklärungsmöglichkeit für viele motivationale und
affektive Reaktionen der Schüler:
z.B.
 dauerhaftes Bloßstellen des Schülers durch Physiklehrer im Physiksaal
 Angstreaktion des Schülers
 Später Angstreaktion des Schülers auch bei anderen
Lehrkräften, wenn der Schüler den Physiksaal betritt,
2.1 Operantes Konditionieren

Thorndike (1874-1949) / Skinner (1904-1990)
Einwirkung:
• Belohnung/
• Wegfall von
Unangenehmen
Ignorieren /
Bestrafung
Verstärkung
Konditioniertes
Handeln
Löschung
2.2. Operantes Konditionieren
Bedeutung für die Schule:
1. Positive Verstärkung
2. Negative Verstärkung
3. Löschung durch Ignorieren
4. Löschung durch Bestrafung
3.1 Beobachtungslernen /
Latentes Lernen

Bandura (1965):
Lernen, bei dem ein Modell beobachtet und
nachgeahmt wird:
 v.a. beim Lernen von Sozialverhalten,
Handlungs- und Bewegungsabläufen.
3.2. Beobachtungslernen /
Latentes Lernen
Voraussetzungen für erfolgreiches
Beobachtungslernen:




positive Bewertung der Modellperson
Verhalten muss deutlich sein, darf aber nicht
übertrieben wirken
Erfolg des Modellverhaltens
coping model, nicht master model
3.3. Beobachtungslernen /
Latentes Lernen

Bedeutung für die Schule



Übernahme von sozialen
Verhaltensweisen (z.B. grüßen; danken)
Sportunterricht
Bildende Kunst / Musik
Vgl. Bedeutung der Lehrerpersönlichkeit für den erfolgreichen Unterricht
4. Problemlösen
Lösungsweg bekannt = Aufgabe
IST-ZUSTAND
Ausprobieren und
Sackgassen bei
Problemlösung
SOLLZUSTAND
Lösungsweg unbekannt = Problem
schlecht/ gut definiert
5.1 Kognitiver Wissenserwerb:
H. Ebbinghaus – Vergessenskurve
Theorie des Spurenverfalls 1885:
Hermann Ebbinghaus
(1850-1909)
H. Ebbinghaus - Vergessenskurve
Repetitio est mater studiorum !!!
5.2 Kognitiver Wissenserwerb:DreiSpeicher-Modell – populäre Fehlvorstellung
(vgl. Atkinson / Shiffrin 1968)
Nervenzelle
(Neuron)
5.2 Kognitiver Wissenserwerb:
Drei-Speicher-Modell (Atkinson / Shiffrin 1968)
5.3 Kognitiver Wissenserwerb:
Manfred Spitzer
Jahrgang 1958
1990 bis 1997
Oberarzt an der Psychiatrischen
Universitätsklinik in Heidelberg
Seit 1997:
Inhaber des Lehrstuhls für Psychiatrie
Universität Ulm
Seit 1998:
Leiter der Psychiatrischen
Universitätsklinik in Ulm
Seit 2004:
Leiter des Transferzentrums für
Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) Neurodidaktik
Manfred Spitzer (2007)
5.3 Spitzer 1996/2002 (=2009):

Gedächtnis = „komplexes neuronales Netz“

Sensorisches Register, Arbeits- und
Langzeitgedächtnis als Zustandsformen der
Information in einem umfassenden
Gesamtspeicher. („keine Behälter“ / „keine
Entleerung“)
5.3 Lernen konstruktivistisch
Das Gehirn bildet seine eigenen Strukturen
dadurch,
dass es Strukturen verarbeitet, und
durch die Verarbeitung sich selber
strukturiert.
 Lernen = „Konstruktion von Wissen“
Arbeitsfragen

Benennen Sie die Faktoren, die lt. Spitzer
nachhaltiges Lernen in der Schule
ermöglichen bzw. dieses beeinträchtigen.
 Beurteilen Sie seine Schlussfolgerungen
daraus.
6. Lernen in der Schule
 Das Gehirn lernt immer.
 Unter Angst lernt man die Angst gleich mit.
 Auf eine gute L-S-Beziehung kommt es an.
 Auf Strukturen, die an Beispielen verdeutlicht
werden, nicht auf Einzelheiten kommt es an.
 Auf die aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten
kommt es an.
 Auf Wiederholen und Üben kommt es an.
Kritik an Spitzer: Elsbeth Stern
 Die Hirnforschung hat noch keine Ergebnisse hervorgebracht,
„die uns zwingen, Erkenntnisse der Unterrichtsforschung
anders zu sehen.“ (2004)
 „Auch wenn es eines Tages gelänge, allein aus den
neurophysiologischen Vorgängen im Gehirn auf die geistigen
Aktivitäten einer Person zu schließen, wenn wir also
beispielsweise aus dem, was ihre Nervenzellen tun, ablesen
könnten, dass sie sich gerade an der Rechenaufgabe
"728 : 7 =" versucht, könnten Lehrer aus einem solchen
Ergebnis allein noch nichts darüber lernen, wie sie in ihrer
Klasse die Grundrechenarten unterrichten sollten. Selbst die
einfachsten Lernvorgänge lassen sich nicht allein auf
Hirnvorgänge reduzieren. Dies gilt um so mehr für schulisches
Lernen, bei dem es um komplexes Wissen geht, das sich erst
im kulturellen Kontext entwickelt hat.“ (2006)
7. Literatur




Mietzel, G. (20078), Pädagogische Psychologie des
Lernens und Lehrens. Göttingen u.a.: Hofgrefe, S.
33-52 und 201-273.
Spitzer, Manfred, Lernen: Gehirnforschung und die
Schule des Lebens, Heidelberg u.a: 2009 (=2002).
Wer macht die Schule klug? Streitgespräch mit M.
Spitzer und Elsbeth Stern, in: Die Zeit, Nr. 28 vom 1.
Juli 2004
Blakemore, Sarah-Jayne / Frith, Uta: Wie wir lernen:
Was die Hirnforschung darüber weiß. München:
2006 (Vorwort v. E. Stern)
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