Fachstelle für Obst und Beeren Blütenfrostbekämpfung mit Wasser Vorbeugende Massnahmen Bei der Planung von Neupflanzungen von Obstanlagen muss versucht werden, das Frostrisiko durch die Wahl eines geeigneten Standortes möglichst gering zu halten. Wo Frostrisiken bestehen, ist das Sortiment auf wenig frostempfindliche Arten und Sorten zu beschränken: Äpfel sind weniger empfindlich als Kirschen, Zwetschgen und Birnen. Apfelsorten, die auch am einjährigen Holz blühen, erfrieren wegen der grossen Streuung der Blütenzeit nie vollständig. Als eher frosthart gelten die Sorten Golden, Topaz, Gala. Einen Einfluss auf die Lufttemperatur in der Obstkultur haben auch der Zustand und Bewuchs des Bodens. Aus dem Boden erfolgt die entscheidende Wärmenachlieferung in Strahlungsnächten. In frostgefährdeten Lagen ist das Gras während der gefährdeten Zeit stets kurz zu halten. Der Boden wird dadurch weniger isoliert, respektive die aufgenommene Tageswärme gleichmässiger abgegeben. Die Blütenfrostbekämpfung mit Wasser (Überkronenberegnung) ist nach wie vor die wirksamste und effizienteste Methode. Frostbekämpfung mit Beregnung Das Prinzip der Frostabwehrberegnung beruht auf der Ausnutzung der Energie des Wassers und nicht über einen «Eisschutzpanzer» wie irrtümlicherweise oft interpretiert wird. Ein Liter Wasser gibt beim Gefrieren 80 kcal. (335 kj) Wärme an seine Umgebung ab. Bei einer Regenmenge von vier Millimetern je Stunde beträgt somit die zugeführte Wassermenge vierzig Kubikmeter. Die umgesetzte Wärmeenergie beträgt 3.2 Millionen Kilokalorien je Hektare. Sie erreicht damit die gleiche Grössenordnung wie bei einer Beheizung mit fossiler Energie. Durch das unmittelbare, an den Pflanzen gefrierende Wasser kommt die Wärme den Pflanzenteilen gezielt zugute. Das grosse Risiko besteht allerdings darin, dass die Frosthärte der Blüten und Jungfrüchte durch die Benetzung und Eisbildung verringert wird. Während trockene Obstblüten minus drei bis minus vier Grad Celsius unter günstigen Bedingungen überleben können, sind sie in nassem, eingeeistem Zustand bei etwa minus drei Grad Celsius erfroren. Voraussetzungen Deshalb sollte die Frostberegung nur dann eingeschaltet werden, wenn wirklich ein Frostrisiko besteht und die Temperatur mit dem Wassereinsatz über minus zwei Grad Celsius gehalten werden kann. Ob dies erreicht wird, hängt von mehreren Faktoren ab, und zwar: Meteorologisch ■ von der Lufttemperatur ■ von der Windgeschwindigkeit ■ von der relativen Luftfeuchte Funktionstechnisch von der Regendichte und der Gleichmässigkeit der Regenverteilung ■ von der Unterbrechungsdauer, die durch die Umlaufgeschwindigkeit der Regner bestimmt wird ■ von der Auffangfläche der Pflanzen ■ Steinobstblüten, hier Kirschenblüten, sind frostempfindlicher, weil sie früher blühen. Unter günstigen Bedingungen kann bis zu einer Lufttemperatur von minus sieben Grad Celsisus eine erfolgreiche Frostabwehr betrieben werden. Blütenfrostbekämpfung mit Wasser – 2 in Betrieb gesetzt werden, solange die Luftfeuchtigkeit unter achtzig Prozent oder besser fünfundachtzig Prozent liegt. Optimaler Einschaltzeitpunkt Das Einschalten der Frostabwehrberegnung ist nicht bei allen Blütenstadien schon bei null Grad Celsius notwendig. Einschalttemperaturen mittels Beregnung Stadien Fleckinger In der Skizze sind die Einschalttemperaturen, also Feuchttemperaturen angegeben, bei denen die Beregnungsanlage eingeschaltet werden soll. Die Grenztemperaturen, bei denen das Pflanzengewebe zu gefrieren beginnt, liegen jeweils um zirka drei Grad Celsisus tiefer. Störend kann sich allerdings der Wind ausüben. Bei Windgeschwindigkeiten über zwei Meter pro Sekunde und einem Absinken der Temperatur unter minus fünf Grad Celsisus kann der Bekämpfungserfolg in Frage gestellt sein. Zum Glück ist aber bei Frösten mit Wind selten mit tiefen Temperaturen zu rechnen. Der Wind verhindert die gefährlichen Schichtungen der Kaltluft. Ist die relative Luftfeuchte gering, so kann ein Teil der Erstarrungswärme durch Verdunstung verloren gehen: Ein Liter Wasser entzieht seiner Umgebung beim Verdunsten 539 kcal. Besonders gross ist die Verdunstungsmenge, wenn Wind und geringe Luftfeuchte gleichzeitig auftreten. Unter keinen Umständen darf die Frostberegnung In frostgefährdeten Lagen ist das Gras während der gefährdeten Zeit stets kurz zu halten. Anwendungsbeispiel Pro Stunde soll eine Wassermenge von minimal 2.5 bis maximal vier Millimeter über die Pflanze ausgebracht werden. Regner Frostschutzregenanlagen betreibt man mit Langsamregnern im Verband von etwa 20 x 18 m, mit Düsengrössen um vier Millimeter und bei Betriebsdrücken von 4.5 bar. Die Umlaufgeschwindigkeit der Regner soll eine Minute nicht überschreiten. Praktische Tipps Ausschalten Mit dem Ausschalten der Beregnung braucht man nicht zu warten bis das Eis abgeschmolzen ist. Da das Eis ein guter Wärmeleiter ist, entspricht seine Temperatur und die der eingeeisten Pflanzenteile nach dem Abschalten ziemlich genau der Lufttemperatur. Nur die Erwärmung der Pflanzen über null Grad Celsius wird solange verzögert, bis das Eis abgeschmolzen ist. Es ist daher durchaus zu verantworten, die Anlage schon abzuschalten, sobald die ansteigende Lufttemperatur die Nullgradgrenze erreicht hat. In der Praxis heisst das, die Beregnung kann so gegen 08.00 Uhr abgeschaltet werden. Dadurch können beachtliche Mengen Wasser gespart werden. Was besonders bei mehreren Frostnächten hintereinander wichtig sein kann. Feuchttemperatur beachten Bei allen hier angegebenen Temperaturangaben handelt es sich um Feuchttemperaturen. Und nur diese ist letztlich massgebend. Die Feuchttemperatur misst man an der kältesten Stelle fünfzig Zentimeter über dem Boden in der Obstanlage. Geeignete Messgeräte oder elektronische Thermo-/Hygrometer sind bei der Firma Hänni in Jegenstorf (Tel. 031 764 99 11) erhältlich. Zum Beispiel C 200. Preis zirka Fr. 250.–. Blütenfrostbekämpfung mit Wasser – 3 Unterbrüche Da das Wasser nur im Augenblick des Gefrierens Wärme abgibt, kann ein wirksamer Frostschutz nur erreicht werden, wenn in kurzen Zeitabständen immer neues Wasser zugeführt wird, das heisst mindestens jede Minute. Es ist ein Irrtum, vom «Eispanzer» eine isolierende Wirkung zu erwarten. Versuche mit kleinen Unterbrechungen um Wasser zu sparen zeigten jeweils grosse Schäden. Deshalb ist die Anlage laufend auf ihre Funktion hin zu überprüfen. Benötigte Wassermengen Die Wassermenge muss 3.5 bis vier Millimeter pro Stunde (entspricht 3.5 bis vier Liter je Stunde und Quadratmeter) betragen. Dies ergibt einen Schutz bis zu einer Temperatur von bis minus sechs bis sieben Grand Celsisus. Wasser ist am günstigsten, wenn es von einem Gewässer oder als Grundwasser bezogen werden kann. Kostbares Leitungswasser für die Frostberegnung zu verwenden ist wenig sinnvoll und dürfte sich in den meisten Fällen wirtschaftlich nicht rechnen. Einschalttemperatur nach Blütenstadien Sobald die Umgebungstemperatur null Grad aufweist, kann die Beregnung abgeschaltet werden, auch wenn noch Eis an den Bäumen hängt. Beispiel Eine Hektare Obst, Frostabwehr ab 22 Uhr abends, ausschalten 08.30 Uhr morgens. Wassermenge vier Liter pro Stunde und Quadratmeter. 10 ½ Stunden Bewässerung x 10 000 m2 x 4 l/Std./m2 = 420 m3 Pro Stunde werden also vierzig Kubikmeter Wasser benötigt! Nachteile An diesem Beispiel ist ersichtlich, dass die Frostberegnung auch Nachteile mit sich bringt: ■ direkte Kosten (Wasser, Rohre, etc.) ■ indirekte Kosten (Arbeit, etc) ■ Schäden an Blättern und Bäumen ■ Auswaschung von Nährstoffen ■ Abwaschung von Pflanzenschutzmitteln. In schweren Böden wurden nach mehreren Beregnungen auch Infektionen mit dem gefährlichen Pilz der Kragenfäule festgestellt. Autor: Jürg Maurer, Inforama Oeschberg Fachstelle für Obst und Beeren, Koppigen Quellenangaben: Lucas Anleitung zum Obstbau ■ Revue Suisse de viticulture, arboriculture et horticulture Vol 7/4/75 ■ Bewässerung im Gemüsebau ■ Kontaktadresse: Inforama Oeschberg Fachstelle für Obst und Beeren (FOB) Oeschberg 3425 Koppigen Telefon 034 413 77 80 [email protected] www.inforama.ch