Musik im Kopf - Freiherr-vom-Stein

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Jahresarbeit in den Fächern Musik und Biologie von Stefanie
Stroh
Fachlehrer: Herr Schmidt und Frau Schweizer
Schule: Freiherr-vom-Stein-Schule in Hessisch Lichtenau
Ort, Datum: Hessisch Lichtenau, 08.05.2006
Inhaltsverzeichnis
Fremdwörterverzeichnis……………………………………………………Seite 4-8
Vorwort............................................................................................................Seite 9-10
1. Die Macht der Klangwelt.......................................................................Seite 11-12
2. Musik hören
2.1 Vom Ohr zum Gehirn.......................................................Seite 12-13
2.1.1 Der direkte und indirekte
Schallweg zum Ohr……………………………Seite 13-14
2.2 Melodien………………………………………………….Seite 15-18
3. Musik erleben
3.1 Musik vor und nach der Geburt………………………..Seite 18-20
3.2 Amusie- Der Fall Maurice Ravel....................................Seite 20-22
4. Musik machen
4.1 Singen- Die Atmung als Stütze………………………….Seite 22-23
4.1.1 Die Tricks der Frauen und Männer…………...Seite 23-24
4.2 Mit Instrumenten spielen………………………………..Seite 24-25
4.2.1 Musizieren durch Hände
und innerliche Mitwirkung……………………Seite 25-27
4.3 Musizieren lernen………………………………………..Seite 27
4.3.1 Ist jeder musikalisch?
Die Bedeutung von Übung und Talent……….Seite 27-29
4.3.2 Die Rolle der Eltern……………………………..Seite 29-30
5. Musik verstehen
5.1 Emotion…………………………………………………..Seite 30
5.1.1 Musik während des Krieges in Deutschland……Seite 30-31
5.1.2 Vergnügen von Musik…………………………..Seite 31-33
4
5.2 Funktion………………………………………………….Seite 33
5.2.1 Werbung- Kugelschreiber und Shampoo……….Seite 33-35
5.2.2 Filmmusik…………………………………….Seite 35-36
5.3 Gesundheit, Medizin und Therapie…………………….Seite 36
5.4.1 Wenn die Seele lacht- Musiktherapie…………...Seite 36-39
6.Umfrage
6.1. Vorwort der Umfrage……………………………………..Seite 39
6.2. Informationen zur Umfrage…………………………..Seite 39
6.3. Auswertung der Umfrage……………………………..Seite 40-47
Nachwort…………………………………………………………………………....Seite 48
Literaturverzeichnis…………………………………………………………Seite 49-50
Anhang……………………………………………………………………..Seite 51-65
Erklärung…………………………………………………………………….Seite 66
5
Verzeichnis der verwendeten Fachbegriffe 1
Agraphie
Durch Ausfall bestimmter Zentren der Gehirnrinde verursachte Unfähigkeit zu
schreiben, obwohl der Arm sonst nicht behindert ist.
Demenz (abgeleitet von lateinisch mens. : Geist, Verstand)
Eine durch äußere Einflüsse hervorgerufene Form organischer Hirnschädigungen, die
den
teilweisen oder fast vollständigen Verlust einst besessener intellektueller Fähigkeiten
beinhaltet.
Akkord
Jede Form der Schichtung von Tönen. Zwei Töne werden üblicherweise als Intervall
bezeichnet.
Amusie
Verlust einer oder mehrerer musikalischer Fähigkeiten, die sich entweder auf die
Wahrnehmung von Musik beziehen, wie das Hören harmonischer Intervalle, oder für
die Ausführung der Musik von Bedeutung sind wie das Lesen der Notenschrift. Die
Ursache der Amusie liegt in einer Schädigung des Gehirns.
Auditorischer Cortex
Teil der Großhirnrinde, der für die Verarbeitung von Klängen zuständig ist. Er besteht
vereinfacht gesprochen aus dem primären auditorischen Cortex zur Identifikation
einzelner Klänge und dem sekundären Cortex zur Analyse von Beziehungen zwischen
Klängen.
Auricula (Plural: Auriculae)
Das sichtbare, muschelförmige äußere Ohr, die Ohrmuschel, die den Schall aufnimmt
und in den Gehörgang zum Trommelfell weiterleitet.
Bordune
Ein oder mehrere Basstöne, die sich kontinuierlich durch das ganze Stück ziehen und
ein tonales Zentrum festigen, zum Beispiel die tiefen Pfeifen eines Dudelsacks.
1
Jourdain, Robert: Das wohltemperierte Gehirn, (i.f.z.:Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn) aus dem
Engl. übers. von Markus Numberger und Heiko Mühler, Heidelberg, Berlin: Spektrum, Akad. Verl.,
2001, S. 403-414
6
Chromatik
Harmonische Verbindung, die sich der fünf Töne bedient, die nicht Teil der zugrunde
liegenden Tonart sind – Töne, die nach starker Dissonanzwirkung streben.
Chromatische Tonleiter
Tonleiter, bestehend aus allen zwölf Halbtonschritten einer Oktave. Im Gegensatz zur
diatonischen Tonleiter, die die Grundlage der abendländischen Musik bildet, ist die
chromatische Tonleiter in sich nicht tonal gebunden und hat auch kein tonales Zentrum.
Cochlea (Schnecke)
Ein schneckenförmiges, von Knochen eingehülltes Organ im Innenohr, das an das
Mittelohr angrenzt. In der Cochlea liegen die Haarsinneszellen, die Schwingungsenergie
in die Nervenimpulse übertragen.
Diatonische Tonleiter
Tonleiter aus der abendländischen Musik, bestehend aus sieben Tönen, die nach dem
Gesichtspunkt optimaler Konsonanz aus den zwölf Halbtönen einer Oktave ausgewählt
wurden. Eine normale C-Dur- oder c-moll-Tonleiter ist eine diatonische Tonleiter.
Dissonanz2
Dissonanz besteht zwischen zwei oder mehr Tönen eines Klangs, wenn sie in einem
höheren Schwingungsverhältnis zueinander stehen, z. B. die Sekund (große Sekund 8:9,
kleine
Sekund
9:10),
die
Septime
oder
None.
Dissonanzen
werden
als
spannungsgeladen aufgefasst und streben beim Hörer nach Auflösung in der
Konsonanz.
Frequenz
Schwingungsrate, die durch die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde (Hertz)
gemessen wird.
Gehörknöchelchen
Kette dreier kleiner Knochen (Hammer, Amboss und Steigbügel) im Mittelohr, die die
Schallschwingungen vom Trommelfell zum Eingang der Cochlea weiterleiten und
verstärken.
Großhirnrinde (cerebraler Cortex, Neocortex)
2
vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2001
7
Äußere Oberfläche des Gehirns - die „graue Substant“ – die Informationen aus
untergeordneten Hirnstrukturen verarbeitet. Sie ist in tiefe Spalten, Windungen und
Einfaltungen gegliedert, die im wesentlichen die äußere Form des Gehirns bestimmen.
Haarsinneszellen
Eine spezifische Form von Nervenzellen, die am Ende kleine „Härchen“ tragen, bei
deren Ablenkung die Nervenzelle erregt wird. Durch diese Rezeptoren wird Schall
innerhalb der Cochlea in Nervenimpulse übersetzt.
Hörbereich
Bereich der Frequenzen, die das auditorische System eines Organismus wahrnehmen
kann. Der Frequenzbereich, für den das menschliche Ohr empfindlich ist, reicht von 16
(untere Hörgrenze) bis zu 20 000 (obere Hörgrenze) Hertz. Die Grundhöhe der
Musikinstrumente reichen nur bis etwa 4 000 Hertz (ungefähr sieben Oktaven); der
Bereich von dort bis zur oberen Hörgrenze wird durch die Obertöne ausgefüllt.
Innenohr
Teil des Gehörs, das Schwingungsenergie in neuronale Aktivität übersetzt. Dort sitzt
unter anderem die Cochlea.
Kadenz
Die Auflösung einer harmonischen Akkordfolge in Richtung eines tonalen Zentrums,
also von Spannung zu Entspannung.
Klang
Im Gegensatz zum reinen Ton besteht ein Klang immer aus mehreren Frequenzen.
Klangfarbe (Timbre)
Der charakteristische „Klang“ eines Instruments oder einer Stimme. Klangfarben
variieren durch ihre Zusammensetzung der Obertöne und deren relativen Intensität.
Konsonanz3
Konsonanz besteht zwischen zwei oder mehr Tönen eines Klangs, wenn sie in einem
einfachen Schwingungsverhältnis zueinander stehen, z. B. Oktave (Grundton:
Oktave = 1:2), Quinte (Grundton: Quinte = 2:3), Quarte (3:4) oder große Terz (4:5).
Konsonante Klänge „drängen” nicht nach Auflösung.
Kontur, melodische (Melodielinie)
Gestalt einer Melodie durch ihr Auf- und Absteigen in der Tonhöhe.
3
vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2001
8
Mittelohr
Verbindung zwischen Trommelfell und Innenohr. Enthält bei Säugern die drei
Gehörknöchelchen.
Oktave
Intervall, das von einem Ton und seiner Entsprechung gebildet wird, wie vom
eingestrichenem zum zweigestrichenen A. Frequenzen verdoppeln oder halbieren sich
zwischen Oktaven.
Primärer auditorischer Cortex
Teil der Großhirnrinde, der Impulse von den Ohren über den Hirnstamm erhält und
einzelne
Klänge
zusammensetzt.
Er
befindet
sich
am
oberen
Rand
des
Temporallappens.
Schall
Die durch die Vibration eines Gegenstands erzeugten Schwingungen des umgebenden
Mediums (meist Luft). In der Musik unterscheidet man direkten Schall, der direkt vom
Instrument abstrahlt, frühen Schall, der als erste Reflexion das Ohr erreicht
(normalerweise von den Decken oder Seitenwänden des Raums), und den Nachhall, der
mehrfach reflektiert wird.
Schallbereich
Der Lautstärkenbereich zwischen der unteren Hörschwelle (0 Phon) und der
Schmerzgrenze (150 Phon).
Sekundärer auditorischer Cortex
Ansammlung corticaler Module, die Signale vom primären auditorischen Cortex
erhalten und hauptsächlich für die Analyse von Beziehungen zwischen komplexen
Klängen, ob gleichzeitig oder nacheinander, zuständig sind.
Synkope
Betonung, die nicht auf ein gerades Taktmaß fällt (Schwerpunktverlagerung).
Ton
Eine Form des Klanges, der von Musikinstrumenten, Stimmen und bestimmten einfach
geformten Objekten gebildet wird. Ein Ton besteht aus einem relativ deutlich
wahrnehmbaren
Grundton
und
zahlreichen
weniger
deutlich
wahrnehmbaren
Obertönen. Die Obertöne sind einem Grundton auf ganz spezifische Weise zugeordnet
und verschmelzen mit diesem zu einem einzelnen Klang.
9
Tonhöhe
Die wahrgenommene Empfindung der Frequenz eines Tones. Eine Schallwelle mit der
Frequenz von 440 Hertz wird als sogenannter „Kammerton A“ wahrgenommen. Eine
Veränderung der Frequenz bedeutet nicht notwendigerweise auch eine gleichwertige
Veränderung der wahrgenommenen Tonhöhe, weshalb die beiden Bezeichnungen nicht
als äquivalent angesehen werden dürfen.
Tonales Zentrum
Erste Note (Grundton) einer Tonleiter, die der vorherrschenden Harmonik zugrunde
liegt. G ist das tonale Zentrum der Tonart G-Dur, die hauptsächlich die Töne der G-DurTonleiter verwendet, besonders diejenigen des G-Dur-Dreiklangs.
Tonleiter
Jegliche Einteilung einer Oktave in eine Reihe von Tonschritten.
Unisono
Musikalische Vortragsbezeichnung: im Einklang. Gemeint ist der oft sehr
wirkungsvolle Gleichklang mehrerer oder sogar aller Stimmen oder Instrumente in
Oktavführung
10
Vorwort
Die Tatsache, dass Musik viele unterschiedlich starke Emotionen in uns
hervorbringt
machte
mich
neugierig
auf
den
Themenkomplex
der
Musikpsychologie. Ich finde es faszinierend, welche Auswirkungen und
Eindrücke man durch das Erleben von Musik gewinnt. Auch die Fragen, wie
unser Gehirn Musik wahrnimmt, verarbeitet und hervorbringt oder wie Talent
entsteht, weckten starkes Interesse in mir.
Einer meiner Freunde erzählte mir neulich, dass er zu Schulzeiten während des
Lernens immer ein Lied mit den zu studierenden Inhalten erfand. Mithilfe des
Singens konnte er sich nun die Inhalte besser merken.
Ein Themenkomplex, den ich auch sehr spannend finde, ist musikalische
Frühförderung. Ich persönlich konnte bereits im Kinderkarten an musikalischen
Kursen teilnehmen und erübte später zwei weitere Instrumente.
Folgende Fragen stellen sich mir nun:
•
Was ist überhaupt Musik?
•
Wie wirkt sich Musizieren auf Lernen aus?
•
Durch was wird Musikalität vermittelt?
•
Welchen Einfluss hat Musik im frühen Kindesalter und welche Rolle
spielen dabei die Eltern?
Mit meiner Jahresarbeit möchte ich versuchen, Antworten auf diese Fragen zu
finden.
Heutzutage begegnen wir Musik nahezu überall, beispielsweise in Diskotheken
oder Kirchen, privat in der Küche oder im Wohnzimmer. Man nimmt sie fröhlich
bei einer Hochzeit und trauig bei einer Beerdigung wahr.
Man erkennt auch an der Benutzung von Metaphern, wie sehr Musik unser Leben
durchdringt. Jemand spielt die erste Geige, bläst uns den Marsch oder pfeift aus
dem letzen Loch. In den folgenden Kapiteln möchte ich untersuchen, wer oder
was den ersten Ton in unserem Verständnis von Musikpsychologie angibt.
Ein weiterer Punkt in meiner Jahresarbeit wird eine Umfrage sein. Ich erhoffe
mir, herauszufinden, welchen Zugang meine Umwelt zu Musik hat und wie sie
11
sie empfindet bzw. auch wahrnimmt. Vielleicht können durch diese Umfrage
auch einige meiner erarbeiten Sachverhalte bestätigt werden.
Ich kann natürlich nicht alle Aspekte der Musikpsychologie aufgreifen, jedoch
versuche ich, die wichtigsten Themen zu nennen.
Ludwig van Beethoven äußerte sich zu Musik folgendermaßen:
„ Musik ist eine höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie“4
Stefanie Stroh
4
vgl. http://wissen.acont.de/zitate/zusammenfassung/23183.html
12
1. Die Macht der Klangwelt
Die Klangkunst bewegt uns Menschen schon seit Urzeiten und gehörte zum
Alltag hinzu. Manchmal klang sie so schön, dass man glaubte, sie hätte ihren
Ursprung bei den Göttern. Zum Beispiel besagt die griechische Mythologie, dass
der Gott Apollo und die Musen dem Menschen die Musik gaben. Des Weiteren
unterschieden die Griechen zwischen sieben verschiedenen Tonleitern mit
diesbezüglichen verschiedenartig verteilten Ganz- und Halbtonschritten. Man
ordnete jeder Tonhöhe eine bestimmte Wirkung zu, welche in einer ausgefeilten
Musiktheorie wieder zu finden sind (griech.: systema teleion gennant). Analog zu
dem, was wir heute empfinden, wenn wir eine Moll- und Dur- Tonleiter hören,
galt für Platon die eine Tonleiter als verweichlichend und sollte aus diesem Grund
nicht der Jugend vorgespielt werden und die andere als stählend.
Die Musikgeschichte beginnt zwischen China und Babylon, geographisch etwa
dem heutigem Iran und Irak. Die Klangkunst des Mittelalters wurde meist als
finster und dunkel beschrieben. Dennoch erbrachte sie wesentliche Fortschritte,
z.B. entstand am Ende des sechsten Jahrhunderts die erste Notenschrift.
Anfänglich bestand sie aus vier und später aus fünf Linien (man experimentierte
mit bis zu 20 Linien).
Neben den einstimmigen Kirchengesang kam es ab dem elften Jahrhundert in
Frankreich und später in Deutschland zu einer Form weltlicher Musik, dem
Minnegesang, welcher meist von Adeligen und Rittern zur Verherrlichung des
anderen Geschlechts gesungen wurde. Allerdings galt die Entstehung der
Mehrstimmigkeit als bedeutendste Entwicklung des Mittelalters. Erstmalig
sangen in einem Chor mehrere Sänger unterschiedliche Melodien zusammen.
Ausgehend vom Mittelalter, folgte in der Neuzeit klare Musik der Renaissance,
an deren Ende die Oper erfunden wurde. Es entwickelte sich aus der Begleitung
des Operngesangs eine weiterführende eigenständige Instrumentalmusik.5
5
Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, (i.f.z.: Spitzer, Musik im Kopf), 5. Nachdruck der 1. Auflage 2005, S.
1-10
13
Abb.1: Ägyptische Malerei aus einem Grab in Theben, die links eine Doppeloboe, in der Mitte
eine Laute und rechts eine Harfe zeigt. E.M. Hornbostel hat durch genaue Betrachtung der
Grifflöcher der Oboe und der Bünde der Laute sogar Rückschlüsse auf die gespielten Tonstufen
gezogen.6
2. Musik hören
2.1 Vom Ohr zum Gehirn
Zum besseren Verständnis der akustischen Informationsverarbeitung möchte ich nun
ein Gedankenexperiment7 durchführen. Es soll verdeutlichen, wie Schwingungen der
Luftmoleküle, z.B. die eines Musikinstrumentes, zu unserem Gehirn gelangen.
Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem See, auf dem Boote fahren, Kinder ins Wasser
springen und schwimmen. Stellen sie sich nun weiter vor, Sie graben zwei Kanäle am
Sandstrand, wovon ein Kanal vom Seeufer und der andere Kanal landeinwärts verläuft.
Beide Kanäle sind so breit, dass das Wasser vom See in sie hineinfließen kann. Es
kommt hinzu, dass Sie mittels zwei Nussschalen, eines Streichholzes und kleiner
Papierstücke zwei winzige Segelboote bauen. Die vom See ans Ufer gelangenden
Wellen werden nun durch die Kanäle zu den Schiffchen geleitet, welche dadurch
beginnen, auf und ab zu schaukeln. Wenn man schließlich darauf schließt, dass das
Schaukeln der Boote mit den Aktivitäten auf dem See unmittelbar zusammenhängt.
6
zitiert nach Sachs, Tafel 1 und S. 5; vgl. auch Dullat 1990
Gedankenexperiment angeregt durch Bregman 1990, S. 5f
8
Spitzer: Musik im Kopf, , S. 49f
7
14
8
Ebenso wie die Schiffchen am Ende der beiden Kanäle, wird das Trommelfell am Ende
des äußeren Gehörgangs durch die Schallwellen zum Schwingen angeregt. Durch die
Ohrmuscheln, die den Schall sammeln, gelangt der Schall bis zum Trommelfell. Die
Informationsverarbeitung
im
Gehirn
benutzt
lediglich
die
Bewegungen
des
Trommelfells, um auf die Quellen der Schallwellen zu gelangen. Wie auch das
Gedankenexperiment zeigt, umlaufen Schallwellen auch Hindernisse, wie z.B. Kinder,
welche im Wasser spielen, und wir nehmen dennoch die Schallquelle wahr.
Vergleichbar mit dem Sehen, erschließt unser Gehör die Aspekte der Welt um uns.
Jedoch vermittelt das Sehen eine Oberfläche, von der sie in unsere Augen reflektiert
werden, wohingegen das Hören uns eine Quelle beschafft, von der das akustische
Ereignis seinen Ausgang nahm. Daraus folgt, dass sich die beiden Sinne zwar ergänzen,
sich aber nicht gegenseitig ersetzten können.9
Abb.2: Gedankenexperiment zur Funktion des Gehörs 10
2.1.1 Der direkte und indirekte Schallweg zum Ohr
Das Ohr, welches Schallwellen leitet und verstärkt, dient ausschließlich dazu, den
Schall zum eigentlichen Hörorgan, dem Innenohr, zu leiten. Das Innenohr liegt tief im
Inneren des Kopfes. Die Ohrmuschel, auch Auricula genannt, verstärkt den Schall und
leitet ihn in den Hörkanal. Jeder vierte von uns besitzt am oberen Rand der Ohrmuschel
einen kleinen Höcker. Das ist damit zu erklären, dass sich die Ohrmuscheln in der
Evolution erst relativ spät entwickelt haben. Zum Beispiel haben Fische, Amphibien,
Reptilien oder die meisten Vögel keine von außen sichtbaren Ohren. Lediglich wenige
9
Spitzer: Musik im Kopf, S. 54f
Spitzer: Musik im Kopf, S. 49
10
15
Vögel leiten eigens mit ihren Federn den Schall in die Gehörgänge. Dies ist besonders
bei Eulen ausgeprägt.11
Durch die Eigenschwingung der Ohrmuscheln werden Frequenzen, d.h. Geräusche
einschließlich der Musik, verstärkt. Ebenso der zwei bis drei Zentimeter lange Hörkanal
besitzt diese Eigenschaft. Gelangt nun Musik durch den Hörkanal und trifft dort auf das
Trommelfell, verändert sie sich abrupt. Druckwellen, die sich durch die Luft
fortgepflanzt haben, werden nun in mechanische Bewegungen umgesetzt. Direkt hinter
dem Trommelfell befindet sich das mit luftgefüllte Mittelohr, an welchem sich die
Gehörknöchelchen befinden. Beim Hören von Musik, stößt das Trommelfell den ersten
Knochen an (den Malleus oder „Hammer“), der mit einem zweiten Knochen (dem
Incus oder „Amboss“) verbunden ist. Der Incus setzt den dritten Knochen (den Stapes
oder „Steigbügel“) in Bewegung, welcher auf das sogenannte „ovale Fenster“, eine
Membran, die mit Flüssigkeit gefüllt ist zum Innenohr zeigt, in dem sich die Neuronen
(Nervenzellen) des Ohrs befinden. Diese eben genannten feinen Knochen schwingen in
einem vielschichtigen Muster, das zu jedem Zeitpunkt alle Frequenzen jedes Tons
abbildet.12
Abb.3: Schematischer Querschnitt durch das Ohr 13
11
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S.26
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 25ff
13
vgl. http://www.musik.uni-osnabrueck.de/lehrende/enders/lehre/App_Musik_I/ohr.jpg
12
16
2.2 Melodien
Paul McCartney wollte 1985 die Rechte an seinen Songs zurückerlangen. Wie andere
aufstrebende junge Bands hatten auch die Beatles Verträge mit ihren Plattenfirmen
vereinbart, und McCartney hatte die Rechte an vielen seiner eigenen Kompositionen
verloren. 251 Songs, einschließlich solcher Hits wie „Help“ und „Let it be“ wurden nun
als ein Teil einer riesigen, 40 000 Titel umfassenden Sammlung bei einer Auktion zum
Verkauf angeboten. McCartneys eigene Firma, MPL Communications, sah sich schnell
in einen Kampf um Gebote mit mehreren Mitbietern, die den Preis in die Höhe trieben,
verwickelt. Es wurden hektische Aktionen unternommen, um Bargeld aufzutreiben, aber
schlussendlich nütze auch dies nichts. Am Ende der Auktion kaufte eine Einzelperson
den gesamten Katalog für fast fünfzig Millionen Dollar. Der Name des Käufers:
Michael Jackson.14
Hat Jackson mit der gewonnen Auktion ein Schnäppchen gemacht? Manche würden
dem zustimmen. Mit beliebten Melodien kann man ein Vermögen verdienen. Dennoch
sind Besitzrechte an einem Lied nichts Neues. Anthropologen wissen schon lange von
traditionellen Kulturen, in denen Lieder Privateigentum sind, gehandelt, vererbt oder
weiterverschenkt werden. Beispielsweise wird in Nord-West-Amerikas in bestimmten
Kulturen einiger Indianerstämme ein unerlaubt gesungenes Lied einem Diebstahl
gleichgesetzt und dementsprechend geahndet.
Es ist sehr sonderbar, dass man für eine Melodie im Gegensatz zu einer
Harmonieabfolge oder zu einem Rhythmus ein Urheberrecht anmelden kann, sodass
man gleichzeitig ein bestimmtes Schallmuster als Eigentum bezeichnen kann.15
Jede Melodie ist die Erfindung einer Tonfolge, die imstande ist, in gewisser Weise
einen „Hebel“ in unserem Gehirn zu betätigen und dabei einzigartige Empfindungen
auszulösen. Darüber hinausgehend ist eine Melodie nicht eine bloße Abfolge von
Tönen, sondern die Töne variieren in ihrer Dauer und Betonung. Aus diesem Grund
ergeben auch nur wenige Melodien für unser Gehirn einen Sinn. Wenn man einen
einzelnen Ton verkürzt oder ihn aus dem Takt entfernt, zerstört man damit selbst die
einprägsamste Melodie.16
14
in: Los Angeles Times, 15. August 1985, S. 1
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 87f
16
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 89
15
17
Es besteht ein großer Unterscheid zwischen dem Wahrnehmen und dem Erkennen eines
Tones. Erkennen bedeutet schlichtweg das Wiedererkennen, also die Wahrnehmung von
etwas, das unserem Gehirn vorher schon einmal begegnet ist und als eigenständige
Einheit wahrgenommen hat. Wir erkennen Töne, indem wir sie kategorisieren. Unser
Gehirn unterteilt zwischen Frequenzen, Intensitäten, Tonlängen oder Klangfarben.
Durch die Beschränkung der Anzahl der Töne in einer Oktave reduzieren sich
gleichzeitig auch die möglichen Abstände zwischen den Tönen (Intervalle) auf eine
überschaubare Anzahl. Gleichzeitig verringert dies auch die Anzahl der möglichen
Akkorde, die unserem Gehirn beim Musikhören begegnen. Zusammenfassend kann man
sagen, dass Kategorisierung nicht bloß der Vereinfachung von Musik dient, sondern
auch eine Grundlage zu unserer mentalen bzw. musikalischen Aktivität bildet.17
Doch was macht eine Melodie zu einer Melodie? Wir sprechen erst von einer Melodie,
wenn eine Tonleiter in ihre Teile zerlegt wird und diese sorgsam zu kontrastierenden
Mustern zusammengefügt werden. Die Hälfte einer Melodie besteht aus benachbarten
Tönen. Ein Drittel beinhaltet eine kleine bzw. große Terz. Dies zeigt, dass der Erfolg
einer Melodie auf dem Sinn für Linie beruht, dass also die Kontur einer erfolgreichen
Melodie bei ihrer Wahrnehmung immer eine wichtige Rolle spielt.18
Weitere Bücher über die Kompositionslehre zeigen weiter wichtige Regeln auf, die fast
immer in den bekanntesten Melodien erfüllt werden.19
Die wichtigsten Regeln lauten:
♫ Die meisten Töne einer Melodie sollten der siebentönigen Tonleiter
entstammen,
auf der die Melodie aufgebaut ist.
♫ Der Großteil einer Melodie sollte aus benachbarten Tönen der Tonleiter
bestehen. Große Sprünge sollten nicht zu zahlreich sein.
♫ Um Eintönigkeit zu vermeiden, sollten einzelne Noten nicht zu oft wiederholt
werden, vor allem nicht an betonten Stellen der Melodie.
♫ Harmonische Auflösungen, z.B. Kadenz, sollten innerhalb einer Melodie an
Stellen mit rhythmischen Schwerpunkten auftreten.
♫ Innerhalb einer Melodie sollte der höchste Ton nur einmal auftreten, nach
Möglichkeit auch der tiefste Ton.
17
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 93ff
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 112ff
19
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 118
18
18
♫ Sprünge sollten immer zu einem der sieben Töne der Tonleiter führen, nicht
zu einem der fünf chromatischen Töne. Das Ohr nimmt Sprünge immer als
betont wahr (das Gehirn achtet besonders auf Sprünge, da sie die Grenzen von
Melodieabschnitten markieren). Der Sprung zu einem chromatischen Ton
verletzt deshalb die Regel, nach der diese Töne nicht betont werden sollen.
♫ Umgekehrt sollte ein Sprung innerhalb einer Melodie ebenfalls niemals von
einem chromatischen Ton aus erfolgen. Die Dissonanz eines chromatischen
Tones schafft Spannung, die eigentlich Entspannung fordert. Sprünge aber
verstärken diese Spannung noch und stehen somit dem Bedürfnis nach
Entspannung entgegen. 20
Um zu verstehen, wie diese Regeln auf eine Melodie praktisch zutreffen, möchte ich an
Henry Mancinis „The Pink Panther“ analysieren (s. Abbildung 3).
Das „Pink Panther“-Thema wird im Allgemeinem von einem keck klingenden
Saxophon gespielt und genauso haben wir die Melodie auch im Ohr. Sie stellt einen
herumschleichenden Panther dar und ist von zahlreichen Unterbrechungen, „Anläufen“
und Auftakten geprägt.21
Bereits im ersten Takt steigt die melodische Kontur vorsichtig auf, bricht dann jedoch
ab und beginnt im zweiten Takt mit den gleichen Tönen in schnellerer Abfolge noch
einmal. Innerhalb des zweiten Taktes steigt die Kontur weiter an, erreicht kurz einen
Gipfel, fällt wieder ab, um zu Beginn des dritten Taktes zwei Schläge auf dem Plateau
zu verweilen, bevor die Tonleiter wieder rasch hinunterläuft. Dies könnte man mit dem
Anschleichen und dem Abwarten der Raubkatze vergleichen (Erreichen des Gipfels und
Abfallen der Kontur).22
20
Delamont: Regeln für Melodien, 1965, S. 63
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 120f.
22
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 120f.
21
19
Abb.4: Melodische Kontur im „Pink Panther“ 23
In Übereinstimmung mit der ersten der aufgelisteten Regeln, stammen die Töne aus
diesem Ausschnitt mit Ausnahme von zwei Tönen aus den sieben Tönen der e-MollTonleiter (E, Fis, G, A, H, C, D, E). Die beiden Ausnahmen sind das B, das den
Höhepunkt im Melodieverlauf des dritten Taktes markiert, und das Es im siebten Takt.
Die anderen Regeln wurden befolgt. Beispielsweise bewegt sich die Melodie
größtenteils zwischen benachbarten Tönen und es treten nur sehr wenige
Wiederholungen einzelner Töne auf. Wenn Sprünge auftreten, gelangen sie meistens
immer auf tonleitereigenen Tönen, und wenn sich die Melodie von tonleiterfremden
Tönen wegbewegt (Dissonanzen in Takt 3 und 7), so tut sie das ohne Sprünge.24
3. Musik erleben
3.1 Musik vor und nach der Geburt
Musik wirkt auf uns in vielfältiger Weise, und wir wirken zurück auf die erlebte
Musik.25
Wir erleben Musik auf individuelle Weise und gleichzeitig macht sie uns auch zum
Individuum.
Dieser
Aspekt
wird
besonders
deutlich
in
der
entwicklungspsychologischen und entwicklungsbiologischen Betrachtungsweise von
Musik, wie es zum Beispiel vor und nach der Geburt stattfindet.
23
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 121
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 121ff.
25
Spitzer: Musik im Kopf, S. 143
24
20
Um einen kleinen Einblick in den Wissenshorizont in das pränatale Erleben zu
bekommen, möchte ich folgende Fragen mit diesem Kapitel diskutieren:
•
Welche Rolle spielt die mütterliche Stimme in dem vorgeburtlichen Erleben
eines Menschen?
•
Warum versteht ein ungeborenes Kind Männerstimmen deutlicher als
Frauenstimmen?
•
Können neugeborene Kinder ein Musikstück, das ihnen während der
Schwangerschaft vorgespielt wurde, wieder erkennen?
Mittlerweile ist es einwandfrei nachgewiesen, dass Erleben von Klängen nicht mit der
Geburt sondern lange davor beginnt. Im Mutterleib erlebt das Kind bereits erste
Eindrücke von Musik und sammelt Erfahrungen, die sich später auswirken.
Durch die Bauchdecke der Mutter dringt der Schall aus der Umgebung nur teilweise
durch. Im Alter von 22 bis 23 Wochen reagieren Kinder selbst auf sehr laute Töne nicht.
Nach 24 Wochen konnte man erste Reaktionen, wie z.B. erhöhte Herzschlagrate oder
motorische Schreckreaktionen bei Föten feststellen.26
In den Wochen vor der Geburt zeigen die ungeborenen Kinder deutlich unterschiedliche
Reaktionsmuster. Dies ist von der Stimulation und ihrem Wachheitsgrad abhängig.
Bereits im dritten Monat der Schwangerschaft ist die Cochlea morphologisch
ausgebildet. Im 20. Monat erreicht sie ihre volle Größe.27
Das Mittelohr wächst erst später aus. Die Gehörknöchelchen sind mit fünf bis sechs
Monaten ausgebildet, bestehen jedoch nur aus Knorpeln. Sechs bis sieben Wochen vor
der Geburt reifen sie sich aus. Es wird vermutet, da sich die Schallwellen im Uterus in
Flüssigkeit fortpflanzen und das mittlere sowie äußere Ohr mit Fruchtwasser gefüllt
sind, dass die Knöchelkette eine geringere Rolle spielt.28
Vielmehr nimmt der Fötus in der Gebärmutter das Geräusch des strömenden Bluts,
welches von der Plazenta als auch von den größeren Blutgefäßen zum Uterus
weitergeleitet wird, und die Atem- und Darmgeräusche der Mutter wahr. Ebenfalls eine
wichtige Schallquelle ist die mütterliche Stimme. Sie wird zum einen intern über die
26
Birnholz, J.C.& Benacerraf, B.B.: The development of the human fetal hearing, 1983, S. 516-518
Herbert Bruhn, Rolf Oerter, Helmut Rösing (Hg.): Musikpsychologie, 1994, S. 268
28
Bruhn, Oerter, Rösing (Hg.): Musikpsychologie, 1994, S. 269
27
21
Knochen der Wirbelsäule und des Beckenrings sowie auch von außen durch Luft und
die Bauchdecke fortgeleitet.29
Die Frage, ob sich Babys unterschiedliche Töne eines Musikstückes merken können
wurde durch Feijoo30 und ein Experiment untersucht. Hierbei wurde schwangeren
Frauen mehrmals pro Woche das Fagott-Thema des Musikstücks „Peter und der Wolf“
von Sergej Prokofiev im sechsten, siebten und achten Monat vorgespielt. Die Mütter
sollten sich dabei in eine tiefe Entspannung versetzten, sodass es den Föten erleichtert
werden konnte, sich zu bewegen. Als man erneut das gleiche Thema den Föten in der
37. Woche vorspielte, reagierten sie unmittelbar mit Bewegungen, wohingegen Föten
ohne jegliche Vorerfahrung erst nach sechs bis zehn Minuten Bewegungen aufwiesen.
Durch das Rückwärtsabspielen der gleichen Musik, konnte bei den Föten keine
Reaktion hervorgerufen werden. Es lässt vermuten, dass das Kind vor der Geburt
offenbar bestimmte Musikstrukturen in Verbindung bringen kann.31
3.2 Amusie- Der Fall Maurice Ravel
Es kann vorkommen, dass durch Erkrankungen des Gehirns die Fähigkeit, Musik
wahrzunehmen und diese vokal oder instrumental wiederzugeben, verloren geht. Dieser
Zustand wurde erstmals vor hundert Jahren von Knoblauch32 als Amusie (griechisch:
„àmousos“ unmusisch, von Musik nichts verstehend)33 bezeichnet.34
Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Hirnrindenschädigung oder um
Störungen der sekundären oder tertiären Hörbahnen des Gehirns. Die Hirnrine, auch
Cortex genannt, umfasst eine Ansammlung von Nervenzellen, die sich in Form einer
Rinde als dünne Schicht am äußeren Rand des Groß- und Kleinhirns anlagert. Das
Auditorische System, die Hörbahnen, ist für das Hören zuständig. Im auditorischem
System werden die Schallinformationen verarbeitet und ausgewertet.35
29
Bruhn, Oerter, Rösing (Hg.): Musikpsychologie, 1994, S. 270
1981,zit. nach Lecanuet 1996
31
Bruhn, Oerter, Rösing (Hg.): Musikpsychologie, 1994, S. 271f.
32
Knoblauch: On disorders of musical capacity from cerebral disease, Brain 13:317-340
33
vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Amusie
34
Spitzer: Musik im Kopf, S. 192f.
35
vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6rbahn
30
22
Abb.5: Das auditorische System 36
Der französische Komponist Maurice Ravel (1875-1937) erkrankte im Jahre 1933 an
Amusie. Zuvor wurden erste Symptome einer Agraphie (d.h. eine Störung des
Schreibens) von seinen Schülern festgestellt.
Die letzten vier Lebensjahre konnte Ravel nicht mehr komponieren, obwohl er noch
Projekte wie die Oper „Jeanne d´Arc“, d.h. die Jungfrau von Orleans, in Planung hatte.
Seine Erkrankung schritt so weit vor, dass er Ende 1933 nicht mehr lesen und sogar
seinen Namen nicht mehr schreiben konnte.
37
Im Herbst dieses Jahres realisierte er
seine Erkrankung und gestand einem Freund in einem Brief:
„Ich werde meine Jeanne d´Arc niemals schreiben; diese Oper ist hier in meinem Kopf;
ich höre sie, aber ich werde sie niemals schreiben. Es ist vorbei; ich kann meine Musik
nicht mehr schreiben.“38
Trotz der schweren Beeinträchtigungen seiner Erkrankung, konnte Ravel bis zum Tod
Musik wahrnehmen und schätzen. Er erlebte Aufführungen und konnte sogar Fehler
36
vgl. http://www.tinnitus-behandlung.de/grafik/hirn.jpg
Spitzer: Musik im Kopf, S. 195
38
Ravel, zit. nach Sergent 1993, S. 170
37
23
feststellen und Tonleitern auf dem Klavier spielen. Jedoch konnte er seine eigenen
Stücke nicht mehr spielen. Weder aus dem Gedächtnis noch vom Notenblatt.
Trotz der Demenzerkrankung war Ravel bis zuletzt bei
klarem Verstand. Er äußerte verzweifelt:
„Ich habe noch soviel Musik im Kopf. Ich habe noch
nichts gesagt. Ich habe noch alles zu sagen.“ 39
Am 28. Dezember 1937 starb er schließlich und wurde
Abb.6: Maurice Ravel 40
am 30. Dezember auf einem Friedhof in Paris neben dem Grab seiner Eltern begraben.41
4. Musik machen
4.1 Singen- Die Atmung als Stütze
Der Gebrauch der menschlichen Stimme kann sehr vielseitig sein. Sie bringt Sprache
und Gesang, aber auch Lachen und Weinen, Flüstern und Ächzen hervor. Ebenso ist der
Gesang eine motorische Höchstleistung. Hierbei pressen die Lungen die Luft zwischen
die Stimmbänder des Kehlkopfes, welche dann anfangen zu vibrieren. Der Ton, der
daraus resultiert, wird innerhalb der Lunge, des Kopfes und des Halses verstärkt und
von den Lippen, den Zähnen, der Zunge und des Gaumen ebenfalls wie beim Sprechen
artikuliert.42
Die Lungen nehmen beim Singen eine bedeutende Rolle ein. Normalerweise atmen wir
in der Minute zwölfmal ein und aus, wobei wir jeweils etwa fünf Liter Luft bewegen.
Beim normalen Sprechen, was dem Atemrhythmus etwa dem normalen Atmen
entspricht, pendelt das Luftvolumen zwischen 15 und 55%, d.h. es wird mehr Luft aus
der Lunge herausgepresst, als eingeatmet wird. Um beispielsweise eine Phrase
kontinuierlich für zehn Sekunden oder länger durchzuhalten, wird eine große Menge an
39
vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Maurice_Ravel#Lebensende
vgl. http://www.harmonytalk.com/images/maurice_ravel.jpg
41
vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Maurice_Ravel#Lebensende
42
vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2001
40
24
Luft benötigt. Man hat herausgefunden, dass Sänger den Luftstrom, der herausgepresst
werden soll, effektiver kontrollieren und über 20% mehr Vitalkapazität, d.h. die
Luftmenge, die nach dem Atemzug wieder ausgeatmet wird, besitzen. Damit dies zu
ermöglichen ist, hilft eine Anspannung von Bauch und Zwischenrippenmuskulatur,
sodass ein gleichmäßiger Luftstrom gewährleistet werden kann. Diese Anspannung der
Atemmuskulatur nennt man daher Stütze. Diese ist auch beim Spielen von
Blasinstrumenten sehr wichtig.43
Abb.7: Querabbildung zur Atemhilfsmuskulatur. Der Bauchraum hebt sich beim Einatmen durch die
Kontraktion der Zwischenrippenmuskulatur und gleichzeitig zieht sich das Zwerchfell zusammen und
flacht ab. Bei der Ausatmung senkt sich der Brustkorb, die Zwischenrippenmuskulatur erschlafft und die
Spannung des Zwerchfells lässt nach.44
4.1.1 Die Tricks der Frauen und Männer
Bekanntlich bestehen nur geringe Schwierigkeiten, den Gesang von professionellen
Opernsänger und –sängerinnen von nichtprofessionellen Sängern zu unterscheiden.
Zunächst stehen Opernsänger und –sängerinnen vor dem Problem, so laut singen zu
43
44
Spitzer: Musik im Kopf, S. 260f
vgl. http://www.svlu.li/news/atemhilfsmuskulatur.gif
25
müssen, dass ein möglichst großes Publikum erreicht werden kann. Erschwerend
kommt das Klangspektrum des Orchesters und des Chores hinzu.
Betrachtet man die Tricks der männlichen und weiblichen Opernstars, fällt auf, dass sie
sehr verschiedenartig sind. Beispielsweise senkt der Mann den Kehlkopf und öffnet
seinen Mund beim Singen, damit man seine Stimme besser vernehmen kann. Die Frau
dagegen verändert ihren Kehlkopf nicht, sondern hebt ihn allenfalls bei hohen Tönen
etwas an. Darüber hinausgehend ändert sie die Weite des Mundes in Abhängigkeit vom
gesungenen Ton. Auf diese Art und Weise lösen Männer und Frauen das Problem, sich
stimmlich durchzusetzen.45
Abb.8: Verständlichkeit in Abhängigkeit von der Tonhöhe.46 Bei sehr hohen Tönen weiblicher
Sopranistinnen lassen sich verschiedene Vokale praktisch nicht mehr unterscheiden.47
4.2 Mit Instrumenten spielen
Musikinstrumente lassen sich danach einteilen, wie auf ihnen Klang erzeugt
wird. So unterscheidet man zwischen Saiteninstrumenten, Blasinstrumenten und
Schlaginstrumenten. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Studien
zum Musizieren deutlich seltener sind als solche zum Hören von Musik. Ebenso
45
Spitzer: Musik im Kopf, S. 276f.
Sundberg: Die Wissenschaft von der Singstimme, Orpheus Verlag, Bonn
47
Spitzer: Musik im Kopf, S. 277
46
26
beziehen sich die meisten Untersuchungen auf klassische Instrumente wie das
Klavier und die Geige.48
Zu musikalischer Freiheit gelangt man durch vier wichtige Parameter: Timing,
Dynamik, Tonhöhe und Klangfarbe. Unter Timing versteht man den genauen
Beginn und das genaue Ende einzelner Noten. Zwar wird das Timing durch die
speziellen Notenwerte festgelegt, kann aber bei Aufführungen bis zu einer
gewissen Grenze variiert werden. So fand der Hamburger Musikpsychologe
Artur Hartmann im Jahr 1932 mithilfe einer Stoppuhr heraus, dass innerhalb
des ersten Satzes der Mondscheinsonate die kürzeste halbe Note kürzer als die
längste Viertelnote war.49
Klangfarbe wird oft mit Ausdruck in Verbindung gebracht. Der Klang variiert
durch die Zusammensetzung der Obertöne und deren Intensität. Zum Beispiel
erlauben viele Blasinstrumente Variationen der Klangfarbe von weich bis hart.
Ebenso ist die Dynamik ein relevantes Ausdrucksmerkmal. Sie wird von
pianissimo (ppp) zum fortissimo (fff) festgelegt und hängt ähnlich wie bei der
Tonlänge von der Notenumgebung ab. 50
Auch ist es möglich, die Tonhöhe bei verschiedenen Instrumenten zu variieren.
Demgemäß „zieht“ ein Klarinettist den Ton von unten herauf und der Sänger/
Geiger passt die Terz der reinen Stimmung an.51
4.2.1 Musizieren durch Hände und innerliche Mitwirkung
In der Tonkunst wird vor allem mit den Händen musiziert. Diese wiederum
werden von dem Gehirn gesteuert. Die Musik bleibt demnach also nicht im
Ohr, sondern geht direkt in die Muskeln, d.h. in diejenigen Bereiche des
Gehirns, die an der Kontrolle von Bewegungen beteiligt sind. Am Beispiel einer
Beethoven Sonate (Opus 28: Piu allegro quasi presto) diskutiert Wagner die
Anforderungen, welche an die Hände gestellt werden.52
48
Spitzer: Musik im Kopf, S. 237
Hartmann, Artur: Untersuchungen über metrisches Verhalten in musikalischen
Interpretationsverfahren. Archiv für die gesamte Psychologie 84, 1932, S. 103- 192
50
Spitzer: Musik im Kopf, S. 291
51
Spitzer: Musik im Kopf, S. 291f.
52
Wagner C: The pianist´s hand: anthropometry and biomechanics. Ergonomics 31, 1988, S. 97-131
49
27
In diesem Stück spielt die linke Hand des Pianisten Oktaven und muss eine
Spreizung von 16,6 Zentimetern aufrechterhalten, wohingegen die rechte Hand
schnelle Sechzehntelnoten spielt und somit eine ganz andere Aufgaben hat. Bei
einem Metronomwert von 116 Schlägen pro Minute, ergibt sich die Aufgabe für
die rechte Hand, zehn Töne pro Sekunde zu spielen und diese auch einzuhalten,
da es sonst zu Veränderungen des Tempos kommen würde. Hieraus resultiert
die Problematik, dass beim Instrumentalspiel die Finger praktisch eine
selbstständige Einheit darstellen. Das Ziel besteht darin, Mitbewegungen von
Fingern zu unterlassen.53
Beobachtet man professionelle Pianisten beim Hören von Klaviermusik,
erkennt man, wie sich deren Finger bewegen. Die Fingerbewegungen sind also
stark mit dem Erleben von Klangkunst verbunden.54
Abb.9: Anatomische Darstellung der Handinnenfläche, die vor allem die Sehnen und damit die
komplizierte Mechanik der Hand verdeutlichen soll 55
Fragt man Musiker, was in ihnen beim Musizieren vorgeht, erhält man
unterschiedliche
Antworten.
Es
verdeutlicht,
dass
Innenschau
bei
psychologischen Fragen uns selten weiterbringt. So kann uns ein Mensch, der
53
Spitzer: Musik im Kopf, S. 298f.
Spitzer: Musik im Kopf, S. 296-301
55
vgl. http://www.gesundheit.de/roche/pics/s25466.091-1.jpg
54
28
etwas sehr gut kann und vielleicht gerade Weltbestleistung vollbracht hat, nicht
erklären, wie er dies alles bewerkstelligt hat.
Vielmehr spielt beim Musizieren die visuelle Fähigkeit eine wesentliche Rolle.
Musiker, die vom Blatt spielen oder singen, besitzen die Vorraussetzung,
Notenschrift unmittelbar in Musik umzusetzen. Diese recht komplizierte
Tätigkeit kann über Jahre hinweg gelernt und perfektioniert werden. Laut
Untersuchungen sind geübte Pianisten ihren Fingern meistens mit den Augen
etwas voraus.56 So kann sich beispielsweise auch ein Schachspieler das
Arrangement von Schachfiguren auf dem Spielbrett besser merken und den
weitern Verlauf des Spiels vorstrukturieren als ein Nichtschachspieler. Genauso
gelingt
es
einem
Tonkünstler
besser
vom
Blatt
zu
spielen.
Gute
Vorraussetzungen bilden in diesem Fall eine bekannte Melodie oder zumindest
deren Stilrichtung.57
4.3 Musizieren lernen
In diesem Kapitel versuche ich, das wissenschaftlich gesicherte Wissen zur
Musikalität darzustellen. Es soll sich vor allem auf die Fragen, wie man
Musikalität vermittelt und welche Rolle das Üben sowie die Eltern einnehmen,
beziehen.
4.3.1 Ist jeder musikalisch? Die Bedeutung von Übung und
Talent
Gibt es eine Art Grundkompetenz für Musik? Wie kann man Musikalität
erwerben? Der Volksmund würde diesen Sachverhalt folgendermaßen
beschreiben: Manche Menschen sind musikalisch, da sie es von ihren Eltern
geerbt haben und andere sind eben unmusikalisch.58
Jedoch sollte man beachten, dass ein allzu starker Glaube an die Vererblichkeit
von Talent sich auch ungünstig auf das Lernen auswirken kann. In den letzten
Jahrzehnten wurde es deutlich, dass es unterschiedliche Formen von Lernen
56
Spitzer: Musik im Kopf, S. 304
Spitzer: Musik im Kopf, S. 305
58
Spitzer: Musik im Kopf, S. 315
57
29
gibt. Man unterscheidet zwischen dem Lernen von Fakten (episodisches
Lernen) und dem Üben von Fähigkeiten (prozedurales Lernen).59
Es ist nicht selten bei begabten und intelligenten Kindern der Fall, dass sie
Probleme mit dem Üben haben. Zwar begreifen sie Sachverhalte sehr schnell,
z.B. in der Schule, aber daher entwickeln sie kein Gefühl für langsames Lernen.
Sie verlieren deswegen auch sehr schnell das Interesse beispielsweise an einer
komplizierten Noten- und Bewegungsabfolge eines Klavierstückes.60
Abb.10: Lernen von Bewegungsabfolgen. Die Reaktionszeit einer gesamten Folge nimmt ab, je öfter
sie wiederholt wird. Irgendwann wird die Folge von der Person bemerkt, d.h. ihr wird die Folge als
Folge explizit bewusst (grauer Pfeil). Wie man an den Reaktionszeiten erkennen kann, hat die Person
bereits vorher die Folge implizit gelernt. Wenn man nach dem erfolgtem Lernen eine neue Folge
vorgibt und die Reaktionszeiten bestimmt, kann man feststellen, dass diese etwas kürzer zu Beginn des
Lernens, aber auch deutlich langsamer als bei der bekannten Folge sind.61
Heutzutage gehört Tschaikovskys Violinenkonzert zum Standardrepertoire vieler
Violinisten. Aber dies war nicht immer der Fall. Zu seiner Zeit weigerten sich zwei
bedeutende Geiger das Konzert zu spielen. Als Grund nannten sie, dass es zu schwer
sei.62
Dennoch macht es den Eindruck, dass manchen Menschen musikalische Begabung
sozusagen in die Wiege gelegt wird. Ein immer wieder angeführtes Beispiel ist
59
Spitzer: Musik im Kopf, S. 315f.
Spitzer: Musik im Kopf, S. 325
61
Spitzer: Musik im Kopf, S. 324
62
Spitzer: Musik im Kopf, S. 320
60
30
Mozart, der bereits in jungen Jahren Höchstleistungen vollbrachte. Jedoch sollte man
in diesem Zusammenhang die Übungskomponente nicht unterschätzen. Der
Wissenschaftler Haynes hatte 1981 nachgewiesen, dass Komponisten, deren
musikalische Ausbildung vor dem sechsten Lebensjahr begann, ihr wichtigstes Werk
durchschnittlich 16,5 Jahre später komponieren.63
Zusammenfassend bestehen eine ganze Reihe von Befunden, welche eindeutig die
These, die besagt, dass Musikalität vererbbar ist und dass man Menschen in
musikalisch und unmusikalisch einteilen kann, widerlegen.
Auch mit dem Erlernen eines Musikinstrumentes verhält es sich wie mit anderen
Fertigkeiten, denn „Übung macht den Meister“!64
4.3.2 Die Rolle der Eltern
Musikalische Kinder kommen aus musikalischen Familien. Bekannte Beispiele
hierfür sind Bach und Mozart, die beide von ihren Vätern lernten. Dennoch gibt es
auch sehr viele Fälle, in denen die Eltern durch übermäßige Strenge ihren Kindern
den Spaß an der Musik verdorben haben.65
Aber wie groß ist der elterliche Einfluss? Was lässt sich wissenschaftlich über diese
Komponente sagen?
Generell ist es der Fall, dass Eltern eine Art Vorbild für ihre Kinder darstellen. Üben
oder musizieren Eltern zusammen mit ihren Kindern, geht der Effekt weit über das
Üben hinaus. „Die Kinder lernen vor allem, wie das gemeinsame Musizieren Freude
bereiten kann und nehmen daraus viel Motivation für das Üben an „ihrem“
Instrument mit.“66 Besonders im frühen Kindesalter ist der elterliche Einfluss
bedeutend, damit die Kinder im Laufe der Zeit lernen, sich selbst zu strukturieren.
Andererseits führen elterliche Verhaltensweisen wie Ermahnung, Drohung,
Beschimpfung etc. langfristig dazu, dass das Kind das Vergnügen am Musizieren
verliert.
Man kann dementsprechend annehmen, dass Eltern, die der kindlichen Entwicklung
zum Musiker folgen und jeden Fortschritt des Kindes begeistert kommentieren als
63
Spitzer: Musik im Kopf, S. 320f
Spitzer: Musik im Kopf, S. 315-337
65
Spitzer: Musik im Kopf, S. 329
66
vgl. Spitzer: Musik im Kopf, S. 329
64
31
auch sich daran erfreuen, günstiger sind als Eltern, die ihre Kinder führen, indem sie
ihnen das Gefühl von Überlegenheit und Strenge vermitteln.67
5. Musik verstehen
5.1 Emotion
Kaum jemand wird daran zweifeln, dass uns Musik emotional ergreift. Warum
würden wir Menschen sonst unsere Ersparnisse jährlich in Milliarden von CDs,
Musikinstrumente und Konzerten investieren?
Musik treibt uns, stimmt uns fröhlich oder trauig, aggressiv oder romantisch, weckt
Erinnerungen und bestimmt unser Erleben. Wir tanzen, schmusen, küssen und (ver)lieben uns zur Musik. Sie erklingt bei Schmerz und Scherz, Lust und Leid, Hochzeit
und Hinrichtungen, Triumphzügen und Totenmessen.
Entgegengesetzt der weit verbreiteten Kenntnis von der Wirkung von Musik auf
unser Gemüt, gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen.68
5.1.1 Musik während des Krieges in Deutschland
Wie viele deutsche Menschen teilten auch meine Großeltern das Schicksal des
Zweiten Weltkrieges. Als Kind konnte ich von den Berichten der Kriegserlebnisse
wenig begreifen oder nachvollziehen. Desto unfasslicher scheint es mir heute, dass
Erzählungen von der Musik in Gefangenschaft, von Kapellen, Chören und Bands mit
Instrumenten aus Abfällen in Gefangenenlagern ebenso ein Bestandteil der
Kriegsschilderungen waren.
Während des Krieges gab es nicht nur Marschmusik. In seinen Lebenserinnerungen
beschreibt Marcel Reich-Ranicki die Musik im Wahrschauer Ghetto sehr
eindrucksvoll69:
„Damals konnte man überraschende Klänge hören: in einem Hof Beethovens
Violinenkonzert, im nächsten Mozarts Klarinettenkonzert, allerdings beide ohne
Begleitung. Ich sehe noch immer vor mir - eine weißhaarige Frau, die ein Instrument
67
Spitzer: Musik im Kopf, S. 329f
Spitzer: Musik im Kopf, S. 379
69
Spitzer: Musik im Kopf, S. 380f.
68
32
spielte, das man auf einer Straße des Ghettos wohl am wenigsten erwartet hätte:
Erhobenen Hauptes gab sie auf einer Harfe etwas Französisches zum bestem, wohl
Debussy oder Ravel. Viele Passanten blieben verblüfft stehen, einige legten einen
Geldschein hin oder eine Münze.“ 70
Ebenso beschreibt der jüdisch-polnische Musiker und Komponist Szymon Laks
(1901-1983) in seinem Werk „Musik in Auschwitz“ die Wirkungen von Musik.
Offensichtlich veränderten sich die Peiniger unter dem Einfluss von Musik:
„Wenn ein SS-Mann Musik hört, vor allem solche, die er besonders mag, beginnt er
sich irgendwie in ein menschliches Wesen zu verwandeln. Die Stimme verliert eine
ihr eigene Heiserkeit, er selbst wird nett im Umgang, und man spricht mit ihm fast
wie mit seinesgleichen. Manchmal hat man den Eindruck, dass irgendeine Melodie in
ihm Erinnerungen an eine sehr nahe Person erweckt, vielleicht an seine Braut, die er
lange nicht mehr gesehen hat, und seine Augen überziehen einen Nebelschleier, der
an menschliche Tränen erinnert.“ 71
Es ist sehr bemerkenswert, dass in Auschwitz ganz normale Musik auf ganz normale
Weise gespielt wurde. Auch hieran erkennt man das starke Bedürfnis der Menschen
nach Musik, das selbst unter den widrigsten Umständen bestehen bleibt.72
5.1.2 Vergnügen von Musik
Jeder sucht Vergnügen an „seiner“ Musik und lehnt Musik ab, die ihm das nicht
bieten kann. Doch was macht Musikgenuß tief in unserem Inneren aus?
Wir können allein durch einen schönen Klang oder von melodischen oder
harmonischen Strukturen entzückt sein. Ebenso finden wir Gefallen an der Bedeutung
von Musik, ganz gleichgültig ob wir sie direkt in der Melodie, in einem Liedtext oder
symbolisch in der Aufführung finden.73
70
Reich-Ranicki, Marcel: Mein Leben, 1999, DVA Stuttgart, S. 219f
Laks, Szymon: Musik in Auschwitz, 1998, S. 77
72
Spitzer: Musik im Kopf, S. 380ff
73
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 383
71
33
Jedoch stammen die tiefsten Befriedigungen der Klangkunst aus der Abweichung von
dem, was wir eigentlich von ihr erwarten, wie zum Beispiel Dissonanzen, Synkopen,
Brüche in der melodischen Kontur, plötzliches Anheben oder Absenken der
Lautstärke und so weiter. Dadurch entsteht umso mehr das Bedürfnis nach einer
Auflösung der Komposition.74
Musik lässt sich viel Zeit, indem sie den Hörer immer wieder reizt, Erwartungen
schnürt und Andeutungen einer Auflösung macht, sich dann aber mit einer
überraschenden Kadenz wieder zurückhält. Schlussendlich werden die Erwartungen
erfüllt, indem die ganze Wirkung von Harmonie, Rhythmus, Klangfarbe und
Dynamik gleichzeitig zum Tragen kommt. 75
Um dies zu verdeutlichen, ziehe ich nochmals Henry Mancinis „Pink Panther“ als
Beispiel heran.
Abb. 10: Emotion im „Pink Panther“ 76
Wie bereits in Kapitel 2.2 beschrieben, häufen sich Melodie, Harmonie und
Rhythmus zum Spannungshöhepunkt am Beginn des dritten Taktes. An dieser Stelle
werden mehrere Arten von Erwartungen des Zuhörers verletzt. Zum Einem hört die
Musik in ihrer Beschleunigung auf, die ansteigende Melodielinie wird beendet und
zum Anderem wendet sich die Harmonie nun von dem vorherrschenden tonalen
Zentrum ab. Genau wie das Innehalten der sich anpirschenden Katze, erstarrt auch
die Musik für einen Moment in Bewegungslosigkeit. Das Besondere an diesem
Musikstück ist, dass es nicht aus regelmäßigen und vorhersehbaren Mustern, sondern
vor allem durch emotionale Spannung, die im dritten Takt gipfelt, ausgebaut ist. 77
Allerdings ist es sehr wichtig, dass man Synkopen, Dissonanzen und andere
Abweichungen in einem Musikstück nur dosiert einsetzt, damit das Gehirn sich nicht
74
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 286
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 382f
76
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 390
77
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 390f
75
34
vergeblich bemühen muss, Strukturen im Gehörten zu erkennen und somit die Musik
genießen kann.78
5.2 Funktion
Musik wird in vielfacher Hinsicht praktiziert und angewendet. Was wäre beispielsweise
in einem Werbespot ohne Musik?
Heutzutage ist sie kaum aus der Werbung wegzudenken, denn sie zieht Aufmerksamkeit
an und vermittelt Inhalte, die bei ihrem Aussprechen vielleicht zu platt oder unplausibel
erscheinen. Sehen wir zum Beispiel im Fernsehgerät ein Auto zum Panflötenspiel
fahren, dann muss es einen Katalysator besitzen, denn das Instrument der Hirte steht für
Naturverwandtheit und sein einfacher Klang suggeriert Reinheit.79
Um nicht das ständige Gefühl von Beobachtung beim Einkaufen zu haben, sorgt Musik
in Supermärkten durch den Effekt der Maskierung für ein Gefühl des Privatseins.80
Der schweizer Schriftsteller Peter Bamm würde solche Gebrauchsaspekte von Musik
mit folgendem Aphorismus beschreiben:
„Früher rasierte man sich, wenn man Beethoven hören wollte, jetzt hört man
Beethoven, wenn man sich rasieren will.“ 81
5.2.1 Werbung- Kugelschreiber und Shampoo
In der Werbung besteht die Annahme, dass durch klassische Konditionierung
emotionale und meist unbewusste Reaktionen beim Zuschauer bzw. Zuhörer ausgelöst
werden. Vor etwa zwanzig Jahren führte man ein Experiment durch, bei dem den
Versuchpersonen ein Dia eines hellblauen oder eines beigefarbenen Kugelschreibers
gezeigt wurde. Zu gleicher Zeit lief im Hintergrund Musik.
Nach der Durchführung des Experiments durften sich die Versuchspersonen als
Dankeschön für die Beteiligung am Experiment einen Kugelschreiber (entweder
hellblau oder beige) aussuchen. Es resultierte, dass sich 79% der Versuchspersonen
denjenigen Kugelschreiber aussuchten, dessen Bild sie zuvor während des Hörens der
78
Jourdain: Das wohltemperierte Gehirn, S. 387
Spitzer: Musik im Kopf, S. 401ff.
80
Spitzer: Musik im Kopf, S. 404
81
Spitzer: Musik im Kopf, S. 401
79
35
für die angenehmer Musik aussuchten. Die Musik hat dementsprechend die Auswahl
des Kugelschreibers nach dem Experiment beeinflusst.82
Weitere Experimente zeigten, dass zu einem Produkt gespielter Musik sich auch dann
auswirken, wenn die Versuchsperson das Lied gar nicht beachtet.83
Doch ganz so einfach ist diese Verführung marionettenhafter Konsumenten jedoch
nicht, wie Experimente mit rotem und blauen Kondom ohne den Effekt der
Begleitmusik beweisen. Denn wenn man den Versuchspersonen die Vorzüge und
Nachteile eines Produktes erläutert, hat Musik keinen Einfluss mehr auf die Auswahl. 84
Ein Experiment zur Werbung für ein Shampoo zur Haarwäsche mag dies verdeutlichen.
Die Versuchspersonen wurden bei diesem Versuch in zwei Gruppen eingeteilt. Eine
Gruppe wurden die Vorzüge des Produkts im Einzelnen erklärt, wohingegen die zweite
Gruppe sich vorstellen sollte, dass sie das Shampoo gar nicht benötigten. Danach
wurden beide Gruppen nochmals aufgeteilt und es wurde der Effekt von zusätzlich
eingespielter, angenehmer Musik gemessen. Aus den Ergebnissen ergab sich: Wer sich
nicht für das Produkt interessiert, jedoch angenehme Musik bei seiner Vorstellung hört,
denkt positiver über das Produkt als ohne Musik. Wer jedoch Informationen über das
Produkt erhält, den stört die Musik eher, sodass sich bei der Informationsgruppe die
Musik tendenzmäßig eher ungünstig auslöste.85
Musik kann aber auch Informationen vermitteln, wie bereits bei dem zur
Panflötenmusik durch die Natur fahrendem Auto. Ebenso bei einem weiterem
Shampoo-Experiment wird dies deutlich: Wurde bei einer Produktpräsentation das Lied
You Make Me Feel Like a Natural Woman gespielt, wurde die Information der
Natürlichkeit des Produkts besser verarbeitet.86
Musik passt also zu gut zu dem Gehalt dessen, was man auch verbal vermitteln wollte.
Des Weiteren versucht man mittels Musik viele Werbespots attraktiver zu gestalten, um
82
vgl. Gorn: The effect of music in advertising on chice behaviour; a classical conditioning approach
Journal of Marketing 46, 1982, S. 94-101
83
vgl. North & Hargraeves: Music and consummer behaviour The social Psychology of Music, Oxford
University Press, New York, S. 268-289
84
Pitt & Abratt: Music in advertisments for unmentionable products – a classical conditioning experiment
International Journal of Advertising 7, 1988, S. 130-137
85
Park & Young: Consumer response to television commercials, the impact of involvement and
background musik on brand attitide formation Journal of Marketing Research 23, 1986, S. 11-24
86
Spitzer: Musik im Kopf, S. 404
36
auf diese Weise indirekt die Einstellung zum Produkt zu verbessern, was bei vielen
musikbegleiteten Werbefilmen der Fall sein dürfte.87
5.2.2 Filmmusik
Bereits zu Zeiten des Stummfilms gab es Filmmusik und bis heute begleitet sie bewegte
Bilder auf der Kinoleinwand. Würde Musik in einem Film fehlen, wäre er flach, fade
und irgendwie irreal. Obgleich Musik in einem Filmstreifen etwas Künstliches,
Hinzugebendes oder gar Fremdes verkörpert, steigert sie unser Reaktionsempfinden und
den Ausdrucksgehalt der Bilder. Beispielsweise kündigt ein dissonantes Intervall an,
dass etwas Schlimmes geschieht, ein hohes Geigentremolo steigert die Spannung,
wohingegen reine Intervalle wie Quinte und Oktave den Blick auf weite Landschaften
begleiten.88
Ebenso spielt Leitmotivik eine große Rolle in der Filmmusik, wie sie Wagner oft in
seinen Opern verwendete. Wir besitzen die Fähigkeit zu schnellen assoziativen
Verknüpfungen, welche eine wichtige Voraussetzung für das Erkennen und
Wahrnehmen von Leitmotiven ist. Nicht nur in der Oper oder Operette, sondern auch im
Film werden bestimme Charaktere mit bestimmten Musikstücken angekündigt und
begleitet. Auch wenn man die betroffene Person selbst nicht sieht, weiß man, dass sie
zugegen sein muss. Die visuelle Wahrnehmung des Zuschauers wird somit durch die
Musik unterstützt. 89
Nicht nur bestimmte Charaktere oder Sachverhalte werden durch die Klangkunst im
Film dargestellt, sondern auch Orte und Zeiten. Handelt es sich zum Beispiel um einen
orientalischen Marktplatz, wird man Trommeln hören. Soll das einfache mittelalterliche
Volk dargestellt werden, so kommen oft die Fidel und Drehleiher zum Einsatz. Auch
bei Prokofiews „Peter und der Wolf“ wird den unterschiedlichen Klangfarben eine
bestimmte Bedeutung zugeordnet. Beispielsweise ist die Ente durch die Oboe
repräsentiert, die wir mit freundlicher, friedvoller, ländlichen Idylle in Verbindung
bringen. Andererseits wird die Katze durch die Klarinette vertreten, die durch die
87
Spitzer: Musik im Kopf, S. 404
Spitzer: Musik im Kopf, S. 417f
89
Spitzer: Musik im Kopf, S. 420
88
37
Betonung ungerader Obertöne (Quinten) dumpfer und hintergründiger wirkt. Peter
selbst wird durch strahlende Geigenklänge im Unisono musikalisch repräsentiert.90
Tabelle 12: Instrumente und die ihnen zugeschriebene Bedeutung 91
Instrument
Akkordeon
Bedeutung
Paris, Seefahrt,
Volksmusik
Bongos
Urwald
Cembalo
Dudelsack
Barock
Schottland
Englisch Horn
Flöte
Hawaii-Gitarre
Eis, Schnee
Folklore
Südsee
Horn
Kastagnetten
Jagd, Wald, Feld
Spanien
Kirchenorgel
sakral, feierlich
Mundharmonika
Panflöte
Blues, Wasser
Folklore
Trompete
Tuba
Zither
Militär, Jazz
Bayern
Bayern, Alpen
Bemerkungen
die Bedeutung richtet sich
nach
der
gespielten
Melodie
oft noch mit anderen
Trommeln
leise aber scharf
Bordunton
kann
auch
anderen
Instrumenten
schottischen
Charakter
verleihen
scharfe, trauige Melodien
noch besser: Panflöte
es gibt kaum ein platteres
Klischee
einfache, weiche Melodien
barfüßig, vollbusig,
schwarzhaarig
es klingt nach Sonntag oder
Hochzeit
je nach Melodieführung
fährt ein Auto zur Panflöte,
muss es ein Kat haben
je nach Melodieführung
Volksmusik
Der dritte Mann
Mit Filmmusik werden nicht nur Emotionen der Zuschauer direkt beeinflusst, sondern
auch die deren der Darsteller werden dem Zuschauer nahe gebracht. Die Tonkunst im
Film soll nicht Bilder ersetzten oder übertönen, sondern erst zur optimalen Wirkung
verhelfen. Je nach Verlauf der Handlung kann Musik dem Zuhörer kaum Zeit zum
Atmen lassen oder ihm eine „Verschnaufpause“ gönnen.
All dies macht die Filmmusik so spannend, denn es ist einfacher wegzusehen als
wegzuhören!92
90
91
Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S. 421
nach Wüstenhoff: Die Rolle der Musik in der Film-, Funk- und Fernsehwerbung, 1978, Berlin, S. 38ff
38
5.3 Gesundheit, Medizin und Therapie
Auch in der Medizin spielt Musik eine Rolle. Wie in Kapitel 5.2 über Emotionen
dargestellt, wirken sich insgesamt positive Effekte nicht nur auf den gesunden, sondern
auch auf den kranken Menschen aus.93
Diese Wirkung von Musik auf unser Gemüt wird in einer Schülerzeitung von einer
Fünfzehnjährigen wie folgt charakterisiert:
„Jeder von uns kennt das: Der Freund oder die Freundin hat Schluss gemacht, mit den
eigenen Eltern gibt es nur Stress und in der Schule klappt auch nichts mehr. Zu Hause
hängst du nur rum, bist trauig, deprimiert und am liebsten würdest du die ganze Welt
auf den Mond kicken. Dem einen von uns mag es in solchen Situationen vielleicht
helfen, ein Buch zu lesen, um sich geistig abzulenken. Oder er ruft den besten Freund
an, bei dem er sich dann richtig ausheult. Dem anderen von uns mag es vielleicht auch
helfen, das eigene Lieblingslied zu hören oder auch auf dem eigenen Musikinstrument
zu spielen. Ihm ist wahrscheinlich aufgefallen, dass die Welt nach dem Hören von
Musik nur noch halb so schlimm aussieht, die Sorgen und Probleme nicht mehr gar so
schwer auf ihm lasten“94
5.4.1 Wenn die Seele lacht- Musiktherapie
Was ist Musiktherapie?
Diese Frage zu beantworten ist nicht leicht, was sich auch daran zeigen lässt, dass ihr
ein ganzes Buch (Defining Music Therapy) gewidmet wurde. Darin heißt es:
„Musiktherapie ist ein systematischer Prozess der Intervention, in dessen Rahmen der
Therapeut dem Klienten hilft, seine Gesundheit durch den Einsatz musikbezogener
Erfahrungen und der sich daraus entwickelnden Beziehung zu fördern“ 95
92
Spitzer: Musik im Kopf, S. 423
Spitzer: Musik im Kopf, S. 425
94
Spitzer, Ulla: Was bedeutet Musik für Dich?, Schülerzeitung des Humboldt-Gymnasiums Ulm,
Ausgabe 106, 2001, S. 20
95
zit. nach Hanser: The New Music Therapist´s Handbook, Boston, 1999, S. 20
93
39
An dieser Definition erkennt man, dass sich Musiktherapie größtenteils im
Spannungsfeld zwischen Musik und Beziehung bewegt.96
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in den USA Musiker bei der Rehabilitation von
Kriegsveteranen eingesetzt und somit entstand 1950 die erste Gesellschaft für
Musiktherapie, die National Association of Music Therapy (NAMT).97
Man unterscheidet zwischen allgemein zwischen aktive (Musik machen) und passive
(Musik hören) Musiktherapie. Die Therapie kann bei unterschiedlichen Erkrankungen
eingesetzt werden. Es ist bemerkenswert, dass sie von sehr schwer kranken Menschen
als sehr wohltuend empfunden wird und man untersucht bereits, ob sie sogar für
Patienten im Koma geeignet ist.98
Bei der Rehabilitation behinderter Kinder gehört die Therapie zu den wenigen
Möglichkeiten für die Kommunikation und den Ausdruck.99
Die folgende Tabelle soll einen Einblick geben, in welchen Bereichen der Medizin
Musiktherapie wirkt und wie stark der Effekt in einem Indikationsbereich im Vergleich
zu den anderen ist.100
Tabelle 13: Beeinflussung medizinischer Sachverhalte durch Musiktherapie. Links ist
die gemessene Variable, rechts die Stärke des Effekts von Musiktherapie (statistisches
Maß) dargestellt.101
Variable
Pulserhöhung (beim Zahnarzt)
Schmerzmittelgebrauch (beim Zahnarzt)
Blutdruck (beim Zahnarzt)
Angst beim Kinderarzt
Stärke des Griffs bei Schlaganfallpatienten
subjektiv erlebte Angst bei Herzpatienten
Schmerzen bei chirurgischer Behandlung
von Verbrennungen
postoperative Schmerzen
Entspannung in der Geburtshilfe
Dauer der Wehen unter der Geburt
96
Effekstärke
3,00
2,49
2,25
1,97
1,94
1,77
1,52
1,49
1,32
0,99
Spitzer: Musik im Kopf, S. 426f
Spitzer: Musik im Kopf, S. 428
98
Aldridge: Where am I? Music therapy applied to coma patients, Journal of the Royal Society of
Medicine 83, 1990, S. 345f
99
Spitzer: Musik im Kopf, S. 429
100
Spitzer: Musik im Kopf, S. 428f
101
nach Bunt: Clinical and therapeutic uses of music, The Social Psychology of Music, 1997, New York,
S. 249-267
97
40
Schmerzen bei einer Abtreibung
Hilflosigkeit (beim Zahnarzt)
Geschwindigkeit
des
Laufens
bei
Schlaganfallpatienten
Blutdruck (bei Patienten in der Chirurgie)
Gewichtszunahme beim Neugeborenen
Zufriedenheit
bei
behandelten
Krebspatienten
Intensität
des
Erbrechens
bei
Chemotherapie
Schlaf bei Patienten in der Herzchirurgie
0,96
0,94
0,94
0,82
0,71
0,67
0,47
0,42
6. Umfrage
6.1. Vorwort der Umfrage
Ich habe diese Umfrage durchgeführt, um einen kleinen Einblick in die Erfahrungen
von Musik meiner Mitmenschen zu bekommen.
Auf der einen Seite interessiert es mich, welche emotionale Reaktionen hervorgerufen
werden und ob andere Menschen überhaupt daran zweifeln, dass Musik Emotionen
auslöst. Auf der anderen Seite frage ich mich, ob sich diese Verhaltensweisen bei
Musikern und „Amateuren“ unterscheiden, weshalb ich die Umfrage zum einen in dem
Schulchor, sowie dem Musikleistungskurs und zum anderen bei meinen Mitschülern aus
weiteren Kursen durchgeführt habe.
Außerdem würde ich gerne erfahren, ob sich meine Erläuterungen von Musik vor und
nach der Geburt in Kapitel 3.1 bestätigen bzw. ob das Wissen der Schüler mit dem
Sachverhalt übereinstimmt
6.2. Informationen zur Umfrage
Im Rahmen meiner Jahresarbeit befragte ich zum einen den Förderstufenchor und den
Schulchor der Freiherr-vom-Stein-Schule mit 68 Schülern (und Lehrern) im Alter von
12 bis 19 Jahre. Des Weiteren befragte ich 31 Schüler und Schülerinnen der
Jahrgangsstufe 12 im Alter von 17 bis 19 Jahren ebenfalls von der Freiherr-vom-SteinSchule. Dabei kamen durchaus überraschende Ergebnisse heraus.
41
6.3. Auswertung der Umfrage
Frage 1:
1. Hast du/ haben Sie schon mal nachgedacht, ob Musik Emotionen in
uns Menschen auslösen kann?
□ Ja □ Nein
Emotionen durch Musik?
100
80
Angaben in
Prozent
60
Anwortmöglichkeit
"Ja"
40
Anwortmöglichkeit
"Nein"
20
0
1
2
Chor/ Mitschüler
Auf meine erste Frage, ob Musik Emotionen in uns hervorruft, antworteten mir 97%
Mitglieder des Chors mit „Ja“ wohingegen alle meine Mitschüler mit 100%
übereinstimmten, dass Musik emotionale Reaktionen auslöst.
Frage 2:
2. Wenn „Ja“, welche Reaktionen können deiner/ Ihrer Meinung nach
durch das Hören von Musik auftreten?
□ Tränen □ Lachen □ Gänsehaut □ Schwitzen □ Erröten □ Kloßgefühl in der
Kehle □ Zittern □ Herzklopfen □ Gähnen □ Magensensationen
42
Emotionale Reaktionen beim Hören von Musik (Chor)
7%
2%
23%
18%
3%
20%
7%
2%
16%
2%
Tränen
Lachen
Gänsehaut
Schwitzen
Erröten
Kloßgefühl in der Kehle
Zittern
Herzklopfen
Gähnen
Magensensationen
Die zweite Frage beschäftigt sich damit, welche Gefühle während des Hörens oder
Praktizierens von Musik ins uns ausgelöst werden können. Man erkennt, dass Tränen
(23%), Lachen (20%) und Gänsehaut (16%) eine bedeutende Rolle spielen.
Darüber hinausgehend sind auch viele Mitglieder des Chors der Meinung, dass
Herzklopfen (18%) sowie ein Kloßgefühl in der Kehle (7%) und Gähnen (7%) durch
Tonkunst hervorgerufen werden können. Weniger oft wurde Schwitzen (2%), Zittern
(3%), Erröten (2%) und Magensensationen (2%), wie z.B. die bekannten
„Schmetterlinge im Bauch“ oder auch Übelkeit genannt.
43
Emotionale Reaktionen beim Hören von Musik
(Mitschüler)
Tränen
Lachen
6%
3%
16%
23%
Gänsehaut
Schwitzen
Erröten
Kloßgefühl in der Kehle
2%
20%
8%
0%
Zittern
Herzklopfen
22%
Gähnen
0%
Magensensationen
Ähnlich wie beim Chor überwiegen auch hier emotionale Reaktionen wie Tränen
(24%), Gänsehaut (23%) und Lachen (20%).
Es fällt jedoch auf, dass Gesichtspunkte wie Schwitzen oder Erröten gar nicht benannt
wurden, was u.a. an der geringeren Teilnehmerzahl oder an der
musikalischen
Unerfahrenheit liegen kann.
Allerdings erkennt man im Vergleich, dass starke Parallelen von dem vorhanden sind,
was wir Menschen beim Hören von Musik empfinden.
Frage 3:
3. Wie oft hörst du/ hören Sie Musik?
□ täglich □ eher oft □ selten □ nur bei besonderen Anlässen, z.B. bei einem
Discobesuch
44
Regelmäßigkeit von Musikhören
(Mitschüler)
Regelmäßigkeit von Musikhören
(Chor)
täglich
täglich
2%
0%
6%
eher oft
13%
10%
eher oft
0%
selten
selten
81%
88%
nur bei
besonderen
Anlässen
nur bei
besonderen
Anlässen
Die dritte Frage meiner Umfrage macht deutlich, dass fast die meisten Menschen in
unserem Umfeld einen täglichen Zugang zu Musik haben. Schließlich begegnet man ihr
heutzutage nahezu an jedem Ort. Sei es z.B. im Film, in der Werbung oder auch in der
Medizin.
Es ist trotzdem sehr interessant, zu sehen, dass Musiker kein einziges Mal die Option
selten gewählt haben, wie es bei meinen Mitschülern der Fall war (6%), dafür aber 2%
der „Musiker“ Klangkunst nur bei besonderen Anlässen, wie z.B. einem Lokal- oder
Diskobesuch, hören.
Frage 4:
4. Spielst du/ spielen Sie ein Instrument? Wenn „Ja“, wie lange spielst
du dieses Instrument/ diese Instrumente?
□ Ja, ich spiele seit ____________________ Jahre(n). □ Nein
45
Das Spielen eines Instruments
80
70
60
50
Angaben in
40
Prozent
30
20
10
0
"Ja, ich spiele ein
Instrument"
"Nein, ich spiele
kein Instrument"
1
2
Chor/ Mitschüler
Auf meine dritte Frage, ob die Befragten ein Instrument spielen und wenn „Ja“, wie
lange, antworteten mir 66% der Chormitglieder mit „Ja“ und 35% mit „Nein“. Die
Spannbreite, wie lange die Befragten das Instrument bereits spielen ist sehr groß. Es
wurden ¼ Jahr über 5 bis 9 Jahre (bzw. bis zwischen 23 und 25 Jahre) angegeben.
Meine befragten Mitschüler gaben an, dass ca. 23% von ihnen ein Instrument in einem
Zeitraum von 1 Jahr bis zu 8 Jahre spielen.
Frage 5:
5. Glaubst du/ glauben Sie, Musik hat einen Einfluss auf das
Heranwachsen eines Kindes, bzw. auf die Erziehung?
□ Ja, z.B. ____________________________________ □ Nein
46
Hat Musik Einfluss auf das Heranwachsen
eines Kindes?
90
80
70
60
Angaben 50
in Prozent 40
30
20
10
0
"Ja"
"Nein"
1
2
Chor/ Mitschüler
Auf die Frage, ob Musik einen Einfluss auf das Heranwachsen bzw. die Erziehung eines
Kindes hat, antworteten mir die Mitglieder des Chors mit 67% und meine Mitschüler
mit 87% mit „Ja“.
Die Zustimmung überwiegt eindeutig in diesem Fall, jedoch fand ich es sehr auffällig,
dass mehr Schüler des Chors (33%) als meine Mitschüler (13%) daran zweifelten, dass
Musik jeglichen Einfluss auf die Erziehung hat.
Des Weiteren wurden zahlreiche und interessante Beispiele angeben, was Einfluss auf
die Erziehung hat. Zum Beispiel gaben sehr viele der Befragten an, dass Musik bereits
schon im Mutterleib Einfluss hat, was ich auch in Kapitel 3.1 beschrieben habe.
Ebenso ein beliebtes Beispiel war, dass Kinder, die mit Musik aufwachsen und ein
Instrument erlernen mehr Takt- bzw. Rhythmusgefühl sowie Kreativität und bessere
Konzentrationsfähigkeit besitzen. Wie bereits in Kapitel 4.2.1 beschrieben, erfordert es
z.B. beim Klavierspiel viel Konzentration, die Mitbewegungen der Finger zu
unterlassen. Durch Übung kann man dies trainieren.
47
Dass heutige Musik durch ihre Texte, die nicht selten depressiven bis zu gewalttätigen
Inhalt aufweisen, auffallen, wurde ebenfalls genannt. Solche „aggressive“ Musik habe
dann einen negativen Einfluss auf das Heranwachsen eines Kindes laut der Befragten.
Auch dass Musik ein Kind „intelligenter“ und „ausgeglichener“ macht, habe ich oftmals
bei den Fragebögen ausfindig machen können. Leider fehlen der Wissenschaft bis heute
konkrete Beweise für diesen Sachverhalt.
Meiner Meinung nach sind diese Aspekte das Resultat von innerer Befriedigung bzw.
Identifikation mit den Texten und den Musikern, die wir beim Hören von Musik
empfinden bzw. entwickeln.
Frage 6:
6. Wann hörst du/ hören Sie Musik bzw. wann musizierst du/ musizieren
Sie?
□ nach einem gestressten Alltag □ in jeder freien Minute □ bei einem Treffen mit
Freunden/ Bekannten □ bei einem Lokal-/ Discobesuch
Zeitpunkt des Musikhörens bzw. Musizierens (Chor)
15%
1%
28%
15%
nach einem getressten
Alltag
in jeder freien Minute
bei einem Treffen mit
Freunden/Bekannten
bei einem Lokal/Diskobesuch
beim Autofahren
41%
48
Zeitpunkt des Musikhörens bzw. Musizierens
(Mitschüler)
nach einem getressten
Alltag
26%
1%
30%
in jeder freien Minute
bei einem Treffen mit
Freunden/Bekannten
28%
15%
bei einem Lokal/Diskobesuch
beim Lernen, Aufräumen,
Putzen
Interessant bei dieser Frage ist es, dass 41% der Chormitglieder angaben, Musik in jeder
freien Minute zu hören bzw. zu musizieren. Signifikant für meine Mitschüler ist der
Aspekt von Musik als Hintergrundmusik bei einem Treffen mit Freunden und
Bekannten.
Musik nach einem gestressten Alltag war bei beiden Interessengruppen häufig vertreten
(28% und 30%). Ebenfalls wurden zwei weitere interessante Beispiele für den Zeitpunkt
des Musikhörens genannt; ein Mitglied des Chors hört Musik beim Autofahren und ein
Mitschüler mag Musik am liebsten als rhythmische Unterstützung beim Aufräumen und
Putzen bzw. auch beim Lernen!
49
Nachwort
Anfangs fiel es mir schwer, den Anfang der Jahresarbeit eines doch so komplexen
Themenbereiches zu schreiben. Doch ich merkte, dass es mir im Lauf der Zeit immer
mehr Freude machte, die Seiten zu füllen.
Ich habe gelernt, wie wir Musik hören, wie Musik sich auf ungeborene Kinder auswirkt,
wie Singen und Musizieren verläuft und welche spezifischen Probleme dabei auftreten
können, wie wir bis zur heutigen Zeit etwas für Klangkunst empfinden und welche
Funktion Musik z.B. in der Werbung und Filmmusik besitzt.
Durch die Umfrage konnte ich einen Einblick in das musikalische Erleben meiner
Mitmenschen bekommen. Sehr signifikant waren die Begleitumstände des Musikhörens
und Musizierens und die Emotionen, die man beim Hören von Tönen empfinden kann.
Man könnte sich auch folgendermaßen ausdrücken: Wer fühlen will, muss hören!
Erst vor ein paar Tagen, nachdem mir meine Freundin die Zeitschrift „Geo“ aus dem
Jahr 2003 überreicht hatte, wurde mir bewusst, dass Musik für unsere Sinne aktueller
denn je ist! Als ich die Zeitschrift aufschlug, fiel mir sofort ein Artikel auf, in dem ein
„Life-Konzert“ im OP beschrieben wurde. Die Klänge einer Harfe sollten in diesem Fall
die Patienten während der Operation im Audie L. Murphy Memorial Veterans Hospital
beruhigen.102 Ich fände sehr sinnvoll, wenn Ärzte ihre Patienten nach der Musik fragen,
welche besonders schöne Erlebnisse wieder in Erinnerung rufen, die sie vor, während
und nach der Operation begleitet.
Zusammenfassend denke ich, dass Musik und die Gefühle die sie weckt sehr
unterschiedlich sind. Genau wie wir Menschen selbst.
Ich finde es wünschenswert, dass an der Schule aufgrund individueller Ansprüche und
Kenntnissen mehr im Bereich von Musik unterrichtet werden sollte. Napoleon
Bonaparte äußerte sich zu diesem Thema folgendermaßen:
„Die Musik hat von allen Künsten den tiefsten Einfluss auf das Gemüt. Ein Gesetzgeber
sollte sie deshalb am meisten unterstützen.“103
Abschließend denke ich dass die Jahresarbeit als Pflichtteil des 12. Jahrgangs uns im
Hinblick auf die Zukunft mit Sicherheit auf das Studium vorbereitet.
102
103
Tentrup Isabelle und Dr. Jürgen Broschhart: Der Klang der Sinne, in: Geo, Nr. 11, 2003, S. 56f
vgl. http://www.sallyclarke.de/zitate.htm
50
Literaturverzeichnis
BÜCHER
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Bruhn, Herbert & Oerter, Rolf & Rösing, Helmut(Hg.): Musikpsychologie, 1994
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New York
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Gorn: The effect of music in advertising on chice behaviour; a classical conditioning
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Hanser: The New Music Therapist´s Handbook, Boston, 1999
Hartmann, Artur: Untersuchungen über metrisches Verhalten in musikalischen
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Jourdain, Robert: Das wohltemperierte Gehirn, aus dem Engl. übers. von Markus
Numberger und Heiko Mühler, Heidelberg, Berlin: Spektrum, Akad. Verl., 2001
Knoblauch: On disorders of musical capacity from cerebral disease, Brain
Laks, Szymon: Musik in Auschwitz, 1998
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Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, (i.f.z.: Spitzer, Musik im Kopf), 5. Nachdruck der 1.
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51
Wagner C: The pianist´s hand: anthropometry and biomechanics. Ergonomics 31, 1988
Wüstenhoff: Die Rolle der Musik in der Film-, Funk- und Fernsehwerbung, 1978,
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ZEITSCHRIFTEN
Spitzer, Ulla: Was bedeutet Musik für Dich?, Schülerzeitung des HumboldtGymnasiums Ulm, Ausgabe 106, 2001
Tentrup Isabelle und Dr. Jürgen Broschhart: Der Klang der Sinne, in: Geo, Nr. 11, 2003
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52
Anhang
INTERNETQUELLEN
http://www.gesundheit.de/roche/pics/s25466.091-1.jpg
http://www.harmonytalk.com/images/maurice_ravel.jpg
53
http://www.musik.uniosnabrueck.de/lehrende/enders/lehre/App_Musik_I/ohr.jpg
http://www.svlu.li/news/atemhilfsmuskulatur.gif
54
http://www.sallyclarke.de/zitate.htm
Zitate
Rolf
Zitate
Das eigentliche Werk der Kultur besteht darin, den Reichtum
der Welt zu erschließen, in der wir leben, unser gewöhnliches
Alltagsleben an einem Ort zu verdichten und ihm Gehalt zu
verleihen.
David Malouf, Schriftsteller
Es ist nur wahre Leidenschaft, die eine Verführung gelingen
läßt. Auch die Leinwand will erobert werden. Bevor ich
anfange zu malen, muß ich mich in einen Zustand größter
Erregung versetzen.
Françoise Gilot, Künstlerin
Wir brauchen die Musik. Das Gespenst ist die lautlose Welt.
Ingeborg Bachmann, Schriftstellerin
Die Musik hat von allen Künsten den tiefsten Einfluß auf das
Gemüt. Ein Gesetzgeber sollte sie deshalb am meisten
unterstützen.
Napoleon I
Die Komponisten sollten nur Musik schreiben, in der man
wohnen kann.
Darius Milhaud
55
Stell fest Deine Leidenschaft, mach's zu Deinem Beruf, und nie wirst Du arbeiten
müssen!
Rolf Harris, Entertainer
Jeder Mensch, der Freude daran empfindet, im Gleichschritt nach der Musik zu
marschieren, hat sein Gehirn aus Versehen bekommen.
Albert Einstein
Harris, Entertainer
Jeder Mensch, der Freude daran empfindet, im Gleichschritt nach der Musik zu
http://www.tinnitus-behandlung.de/grafik/hirn.jpg
http://de.wikipedia.org/wiki/Amusie
Amusie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Amusie (von grch. àmousos unmusisch, von Musik nichts verstehend) ist die
Unfähigkeit trotz intakter Sinnesorgane Tonfolgen zu erkennen und diese vokal oder
instrumental wiederzugeben.
Es handelt sich um eine diagnostizierte Störung einer umschriebenen
Hirnrindenschädigung oder einer Störung bei Schädigung der sekundären und tertiären
Hörbahnen des Gehirns. Der französische Komponist Maurice Ravel litt nach einem
Autounfall zeitweise an Amusie.
Der ICD10 Code für die Diagnose "Amusie" lautet "R48.8".
[Bearbeiten]
Weblinks
56
•
Amusie und Aphasie
- Bedeutet der
Verlust der Sprache
auch den Verlust
der Musikalität?
• GAB Gesellschaft für
Aphasieforschung
und Behandlung
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
Von "http://de.wikipedia.org/wiki/Amusie"
Kategorie: Neurologie
http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6rbahn
sein Gehi
Hörbahn
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Die Hörbahn ist der zentralnervöse Teil des auditorischen Systems bei Mensch und
Tier. Das Auditorische System gehört zu den Sinnessystemen und ist für die Auditive
Wahrnehmung, das Hören, zuständig. Alle im Schall vorhandene Information wird im
auditorischen System verarbeitet und ausgewertet.
Bei landlebenden Tieren wird Luftschall zunächst vom Luftmedium auf das mit
Flüssigkeit gefüllte Innenohr übertragen. Dort wird die mechanische Energie an den
inneren Haarsinneszellen in elektrische Energie umgeformt (diesen Prozess nennt man
Signaltransduktion) und danach in Form von Aktionspotentialen ins Gehirn geleitet.
Die Hörbahn umfasst mehrere Stationen, so den Nervus cochlearis, den Nucleus
cochlearis, den oberen Olivenkomplex, die Kerne des Lateralen Lemniscus, den
Colliculus inferior, den medialen Kniehöcker (lat. Corpus geniculatum mediale) und
den auditorischen Cortex im Temporallappen. Auf jeder dieser Stationen, die meistens
Eingänge von beiden Ohren erhalten, wird die auditorische Information weiter
verarbeitet. Sprachzentren im Cortex sind das Wernicke-Areal und das Broca-Zentrum.
57
Von "http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6rbahn"
Kategorie: Ohr
http://de.wikipedia.org/wiki/Maurice_Ravel#Lebensende
Lebensende
Wann genau die Krankheit begann, die Ravels letzte Lebensjahre überschattete, ist nicht
gesichert. Ebenso konnte die Ursache seiner Erkrankung bis heute nicht abschließend
geklärt werden. Vermutet wurden unter anderem ein Hirnschlag, Morbus Pick, eine
Demenzerkrankung oder ein Hirntumor. Schon Mitte der 20er Jahre hatte er wiederholt
über Schlaflosigkeit und langanhaltende, unerträgliche Kopfschmerzen geklagt.
Erschöpfungszustände, angesichts derer die Ärzte ihm rieten, eine längere Pause
einzulegen, überspielte er mit einer geradezu hektischen Aktivität, die in zahlreiche
Konzertreisen durch Europa mündete, auf denen er seine Werke als Dirigent und Pianist
vorstellte. 1928 unternahm er eine viermonatige Tournee durch die USA und Kanada,
die ihn durch 25 Städte führte. Der Umfang seines kompositorischen Schaffens nahm
dagegen ab.
Ein Autounfall am 8. Oktober 1932, den er als Fahrgast eines Taxis in Paris mit
Brustkorbquetschung und Schnittwunden überlebte, bedeutete für sein Leben eine
Zäsur. Einen Zusammenhang zwischen dem Vorfall und seinem Leiden scheint es zwar
nicht zu geben, doch verschlimmerten sich seitdem die bedenklichen Anzeichen eines
Verfalls. Störungen in der Bewegungsmotorik machten es ihm bald nicht einmal mehr
möglich, seinen Namen zu schreiben – geschweige denn Noten. Auch die sprachlichen
Fähigkeiten ließen stark nach, und er verlor die Fähigkeit zu komponieren. Gegen eine
Demenzerkrankung spricht, dass Ravel bis zuletzt bei klarem Verstand war und seinen
Verfall beobachtete, als stecke ein Fremder in ihm. Verzweifelt äußerte er:
„Ich habe noch so viel Musik im Kopf. Ich habe noch nichts gesagt. Ich habe
noch alles zu sagen.“
Am 17. Dezember 1937 begab Ravel sich in die Klinik des berühmten Neurochirurgen
Clovis Vincent, um durch eine Schädeloperation dem Verdacht auf einen Gehirntumor
nachzugehen. Ein Tumor wurde bei der Operation am 19. Dezember nicht gefunden,
das Gehirn wirkte äußerlich normal bis auf eine Senkung der linken Hemisphäre, die
man durch eine Seruminjektion zu behandeln suchte. Ravel erwachte aus der Narkose,
fragte nach seinem Bruder, sank aber bald darauf in ein tiefes Koma, aus dem er nicht
mehr erwachte. Am Morgen des 28. Dezember 1937 hörte sein Herz auf zu schlagen.
Am 30. Dezember wurde er auf dem Friedhof von Levallois Perret im Westen von Paris
neben seinen Eltern begraben.
58
TITELBILD UND VERZEICHNISBILD
http://bookweb.kinokuniya.co.jp/kimgdata/38274/382741122X.jpg
http://www.vontana.de/cms_tasso_de/sound_relax/geige.jpg
http://www.kulturportal-bayern.de/images/musik.jpg
59
FRAGEBOGEN
Musik im Kopf- Fragebogen ♫
3. Hast du/ haben Sie schon mal nachgedacht, ob Musik Emotionen in
uns Menschen auslösen kann?
□ Ja □ Nein
2. Wenn „Ja“, welche Reaktionen können deiner/ Ihrer Meinung nach
durch das Hören von Musik auftreten?
□ Tränen □ Lachen □ Gänsehaut □ Schwitzen □ Erröten □ Kloßgefühl in der
Kehle
□ Zittern □ Herzklopfen □ Gähnen □ Magensensationen □ sexuelle Erregung
7. Wie oft hörst du/ hören Sie Musik?
60
□ täglich □ eher oft □ selten □ nur bei besonderen Anlässen, z.B. bei einem
Discobesuch
8. Spielst du/ spielen Sie ein Instrument? Wenn „Ja“, wie lange spielst
du dieses Instrument/ diese Instrumente?
□ Ja, ich spiele seit ____________________ Jahre(n). □ Nein
9. Glaubst du/ glauben Sie, Musik hat einen Einfluss auf das
Heranwachsen eines Kindes, bzw. auf die Erziehung?
□ Ja, z.B. ____________________________________ □ Nein
10. Wann hörst du/ hören Sie Musik bzw. wann musizierst du/ musizieren
Sie?
□ nach einem gestressten Alltag □ in jeder freien Minute □ bei einem Treffen mit
Freunden/ Bekannten □ bei einem Lokal-/ Discobesuch
♫ Danke, dass du dir/ Sie sich die Zeit genommen hast/ haben, diesen
Fragebogen auszufüllen! ♫ ♪
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WEITERE ABBILDUNGEN104
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Tentrup Isabelle und Dr. Jürgen Broschhart: Der Klang der Sinne, in: Geo, Nr. 11, 2003, S. 56-86
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ARBEITSPROTOKOLL
Nach dem Informationstermin der Jahresarbeit unter der Leitung von Frau Harms am
27.09.2005, machte ich mir erstmals genauere Gedanken über das Thema meiner
Jahresarbeit.
Nachdem ich mich für das Thema meiner Facharbeit entschieden habe, fing ich an,
Material ausfindig zu machen. Bereits im Oktober kaufte ich mir das Buch „Musik im
Kopf“ von Manfred Spitzer, was von Anfang an großes Interesse in mir hervorrief. Im
weiteren Verlauf arbeitete ich weiterhin mit dem eben genannten Buch, sowie mit
weiteren Büchern (s. Literaturverzeichnis).
Des Weiteren recherchierte ich im Internet.
Im Laufe der Winterferien hatte ich etwa die Hälfte der Jahresarbeit geschrieben, sodass
ich mich in den Osterferien und die Wochenende davor auf die restlichen Recherchen
und Schreibarbeiten konzentrieren konnte.
Am 23.04.2006 beendete ich die Schreibarbeiten und fing mit Überarbeitungsverfahren
und zusätzlichen Recherchen an.
aus Versehen bekommen.
.htm
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Erklärung
„Ich versichere hiermit, dass ich diese Facharbeit selbstständig verfasst, keine anderen
als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe und dass sämtliche Stellen, die
benutzen Werken im Wortlaut oder dem Sinne nach entnommen wurden sind, mit
Quellenangaben kenntlich gemacht wurden. Diese Versicherung gilt auch für
Zeichnungen, Skizzen und bildliche Darstellungen.“
Heli, den 04.05.2006
---------------------------------------Stefanie Stroh
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