Karolinen-Hospital I Akad. Lehrkrankenhaus Westfälische Wilhelms-Universität Münster BEHANDLUNG VON PATIENTEN MIT BAUCHFELLMETASTASEN INFORMATION FÜR ÄRZTE Peritonektomie und HIPEC- oder PIPAC-Therapie in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie Weitere Infos & Kontakt Dr. med. Jörg Sauer Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie Stolte-Ley 5, 59759 Arnsberg Tel. 02932 9521280 [email protected] www.klinikum-arnsberg.de THERAPIEN Behandlung von Patienten mit Bauchfellmetastasen (Peritonealkarzinose) Das Klinikum Arnsberg bietet Krebspatienten und den behandelnden niedergelassenen Ärzten unter dem Dach des Onkologischen Zentrums ein umfassendes Behandlungsangebot. Das gilt nicht zuletzt für Krebserkrankungen des Bauchraumes wie Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs, Darmkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Leberkrebs. Auch Metastasen (Tochtergeschwülste) werden therapiert. Neben der Leberresektion, der Radiofrequenzablation und der Mikrowellenbehandlung und der Chemoembolisation in der Leber werden auch alle anderen Organmetastasen reseziert. Bei allen Krebsbehandlungen kommen, wo immer möglich, minimalinvasive und interventionelle Verfahren in Anwendung, um die Belastung der erkrankten Personen so klein wie möglich zu gestalten. Wenn bei einer Krebserkrankung Bauchfellmetastasen (Peritonealmetastasen) auftreten, ist die Lebensdauer ohne Therapie sehr stark eingeschränkt. Auch die Chemotherapie hilft bei Bauchfellmetastasen nur sehr eingeschränkt, da die Barriere zwischen den Blutgefäßen und dem Peritoneum für die Medikamente nur sehr eingeschränkt überwindbar ist. Peritonektomie und HIPEC (Hypertherme Intraperitoneale Chemoperfusion) Bei einem isolierten Befall, wie es bei einer von Magenkrebs, Darmkrebs oder Eierstockkrebs ausgehenden Peritonealkarzinose möglich ist, kann die Entfernung aller Metastasen (Peritonektomie) aus dem Bauchraum sinnvoll sein. Diese komplette Entfernung ist immer in die Therapiekonzepte einzubeziehen, wenn die lebenswichtigen Organe (Dünndarm und Leber) nicht oder nur wenig von Metastasen befallen sind. Aus diesem Grund wird neben der ausgiebigen bildgebenden Diagnostik (Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), Positronenemissionstomographie (PET-CT), Sonographie (Ultraschall)) eine StagingLaparoskopie bei uns durchgeführt. Darin wird die Indikation zur Peritonektomie bestätigt oder abgelehnt. Die in kurativer (heilender) Absicht durchgeführte, drei bis fünf Stunden dauernde Operation wird bei uns in der Regel mit einer anschließenden Hochtemperatur-Chemotherapie des Bauchraums (HIPEC - Hypertherme IntraPEritoneale Chemoperfusion) durchgeführt. Diese Prozedur dient dazu, die kleinsten, makroskopisch nicht sichtbaren Peritonealkarzinoseherde abzutöten und ein Wiederauftreten der Bauchfellmetastasen zu vermeiden. Die Ergebnisse bei isolierter Peritonealkarzinose sind für die meisten Karzinome nicht eindeutig geklärt. Kolonkarzinom Studien, in denen die Überlebenszeiten verglichen wurden, liegen bisher nur für den metastasierten Darmkrebs vor. Inzwischen werden 5-Jahres-Überlebensraten von bis zu 44 % erreicht (1), (2). In einer niederländischen Studie war das Überleben bei Anwendung der Methode dreimal länger wenn zusätzlich zur Entfernung des Darmkrebses die befallenen Bauchfellbereiche entfernt und eine HIPEC durchgeführt wurde (3). In einer Metaanalyse wurden nach Peritonektomie und HIPEC vierfach längere Überlebenszeiten erreicht, als mit einer Chemotherapie allein (4). Ovarialkarzinom Aber auch für den Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) sind die ersten Studien sehr ermutigend. Die 5-Jahres-Überlebensraten liegen in hoch spezialisierten Zentren bei bis zu 63 % (5). Auch In einer Metaanalyse (Daten aus verschiedenen Studien) lag die 5-Jahres-Überlebensrate bei Ovarialkarzinom bei 46 % (6). Selbst in der Rezidivsituation ist die Peritonektomie mit HIPEC bei Ovarialkarzinom und Peritonealkarzinose sinnvoll (7) (8). Magenkarzinom Magenkarzinome mit einer Peritonealkarzinose haben eine extrem schlechte Prognose. Auch bei diesen Patienten kann die Peritonektomie mit HIPEC ein längeres Überleben ermöglichen (9). Eine weitere Indikation ist die Reduktion von Aszites (Bauchwassersucht) bei Karzinomen, speziell bei Magenkarzinomen (10). Andere Karzinome Auch Peritonealkarzinosen, die aus seltenen Karzinomen entstehen, können von einer Peritonektomie und der anschließenden HIPEC profitieren. In einer Übersichtsstudie konnten Cardi et al eine 5-Jahres-Überlebensrate von 40 % zeigen (11). Mögliche Indikationen (kurative Indikation) Ovarialkarzinom · Kolonkarzinom · muzinöse Appendixkarzinome (Pseudomyxoma peritonei) · primäres Peritonealkarzinom · Ovarialkarzinom · Mesotheliom des Peritoneums · Magenkarzinom · weitere Karzinome mit isolierter Peritonealkarzinose · Mögliche Indikationen (palliative Indikation) · Zytoreduktion bei Aszites · Zytoreduktion bei Ileus Bisher wurde eine Phase-2-Studie bei Rezidiven einer Peritonealkarzinose eines Ovarialkarzinoms veröffentlicht (16). In der zeigte sich, dass bei 76 % der Patientinnen eine Reaktion der Krebszellen auf die Behandlung erfolgt. Bei 62 % der Patientinnen war eine Verbesserung der Erkrankung oder eine Verminderung des Fortschreitens der Krankheit erkennbar. PIPAC (Pressurized Intraperitoneal Aerosol Chemotherapy) Bei dieser sehr neuen Methode werden die Chemotherapeutika mit einem speziellen Applikator während einer Laparoskopie im Bauch vernebelt und erreichen so alle Bereiche des Bauches, in denen keine wesentlichen Verwachsungen vorliegen. Da während einer Laparoskopie ein erhöhter Druck im Bauch herrscht, werden die Aerosole von den Krebszellen unter Druck aufgenommen. Die Eindringtiefe der Chemotherapie in das Krebsgewebe ist bis zu dreimal tiefer als bei der HIPEC (12). Da während der Operation bis auf die Entnahme von Proben keine Entfernung von Organen stattfindet, wird die Operation sehr gut vertragen. Es konnten nur geringe Toxizitäten der Chemotherapeutika für Leber und Niere nachgewiesen werden (13) und es werden nur geringe Nebenwirkungen bei der Behandlung mit der Aerosolverneblung unter Hochdruck bei Peritonealkarzinose (Bauchfellmetastasen) beschrieben (14). Der große Vorteil der Methode ist die geringe Invasivität. Die Operation benötigt nur zwei bis vier kleine Einschnitte für die Laparoskopie und dauert etwa 1,5 Stunden. Der Eingriff wird in der Regel dreimal im Abstand von 6 Wochen durchgeführt und kann neben einer konventionellen Chemotherapie vorgenommen werden. Wenn sich zeigt, dass eine weitere PIPAC-Behandlung sinnvoll ist, können weitere Operationen durchgeführt werden. Die Lebensqualität der behandelten Patienten ist im Mittel unverändert, beziehungsweise kann sich im Verlauf der Operationen verbessern (15). Kolonkarzinom Auch für die Behandlung von Bauchfellmetastasen von kolorektalen Karzinomen (Darmkrebs) wurden erste Ergebnisse veröffentlicht (17). 71 % der Patienten zeigten eine Reaktion der Peritonealkarzinose auf die Behandlungen. Bei 41 % kam es sogar zu einer kompletten Rückbildung der Peritonealkarzinose. Andere Tumore Auch bei anderen Tumoren wurde die PIPAC angewendet (18). Dabei sind die ersten Ergebnisse durchaus vielversprechend, wenn man bedenkt, dass die Überlebenszeiten ohne Behandlung oder mit einer systemischen Chemotherapie sehr kurz sind und die relativ komplikationsarme Behandlung mit der PIPAC unter Umständen einen Erfolg erzielen kann. Mögliche Indikationen (palliative Indikation) · Kolonkarzinom · muzinöse Appendixkarzinome (Pseudomyxoma peritonei) · primäres Peritonealkarzinom · Ovarialkarzinom · Mesotheliom des Peritoneums · Magenkarzinom · weitere Karzinome mit isolierter Peritonealkarzinose · Zytoreduktion bei Aszites · Reduktion der Peritonealkarzinose bei stabilen weiteren Metastasen (Leber, Lunge, etc.) LITERATURVERZEICHNIS 1. Faron M, Macovei R, Goéré D et al. Linear Relationship of Peritoneal Cancer Index and Survival in Patients with Peritoneal Metastases from Colorectal Cancer. Ann Surg Oncol. 27. May 2015 2. Moran B, Cecil T, Chandrakumaran K et al. The results of cytoreductive surgery and hyperthermic intraperitoneal chemotherapy in 1200 patients with peritoneal malignancy. Colorectal Dis. 2015, 17, 772-778. 3. Razenberg LG, van Gestel YR, Creemers GJ et al. Trends in cytoreductive surgery and hyperthermic intraperitoneal chemotherapy for the treatment of synchronous peritoneal carcinomatosis of colorectal origin in the Netherlands. Eur J Surg Oncol. 2015, 41, 466-471 4. Mirnezami R, Mehta AM, Chandrakumaran K et al. Cytoreductive surgery in combination with hyperthermic intraperitoneal chemotherapy improves survival in patients with colorectal peritoneal metastases compared with systemic chemotherapy alone. Br J Cancer. 2014, 111, 1500-1508 5. Muñoz-Casares FC, Medina-Fernández FJ, Arjona-Sánchez Á et al. Peritonectomy procedures and HIPEC in the treatment of peritoneal carcinomatosis from ovarian cancer: Long-term outcomes and perspectives from a high-volume center. Eur J Surg Oncol. 25. Nov 2015 for Advanced Gastric Cancer. Hepatogastroenterology. 2015, 61, 972-977 10. Yarema RR, Ohorchak MA, Zubarev GP et al. Hyperthermic intraperitoneal chemoperfusion in combined treatment of locally advanced and disseminated gastric cancer: results of a single-centre retrospective study. Int J Hyperthermia. 2014, 30, 159-165 11. Cardi M, Sammartino P, Mingarelli V et al. Cytoreduction and HIPEC in the treatment of „unconventional“ secondary peritoneal carcinomatosis. World J Surg Oncol. 2015, 13, 305 12. Khosrawipour V, Khosrawipour T, Diaz-Carballo D et al. Exploring the Spatial Drug Distribution Pattern of Pressurized Intraperitoneal Aerosol Chemotherapy (PIPAC). Ann Surg Oncol. Nov 2015 13. Blanco A, Giger-Pabst U, Solass W, Zieren J, Reymond MA. Renal and hepatic toxicities after pressurized intraperitoneal aerosol chemotherapy (PIPAC). Ann Surg Oncol. 2013, 20, 2311-2316 14. Solass W, Kerb R, Mürdter T, Giger-Pabst U et al. Intraperitoneal chemotherapy of peritoneal carcinomatosis using pressurized aerosol as an alternative to liquid solution: first evidence for efficacy. Ann Surg Oncol. 2014, 21, 553.559 6. Huo YR, Richards A, Liauw W, Morris DL. Hyperthermic intraperitoneal chemotherapy (HIPEC) and cytoreductive surgery (CRS) in ovarian cancer: A systematic review and metaanalysis. Eur J Surg Oncol. 2015, 41, 1578-1589 15. Odendahl K, Solass W, Demtröder C. Quality of life of patients with end-stage peritoneal metastasis treated with Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy (PIPAC). Eur J Surg Oncol. 2015, 41, 1379-1385 7. Classe JM, Glehen O, Decullier E et al. Cytoreductive Surgery and Hyperthermic Intraperitoneal Chemotherapy for First Relapse of Ovarian Cancer. Anticancer Res. 2015, 35, 4997-5005 16. Tempfer C, Winnekendonk G, Solass W et al. Pressurized intraperitoneal aerosol chemotherapy in women with recurrent ovarian cancer: A phase 2 study. Gynecol Oncol. 2015, 137, 223-228 8. Spiliotis J, Halkia E, Lianos E et al. Cytoreductive surgery and HIPEC in recurrent epithelial ovarian cancer: a prospective randomized phase III study. Ann Surg Oncol. 2015, 22, 1570-1575 17. Demtröder C, Solass W, Zieren J et al. Pressurized intraperitoneal aerosol chemotherapy (PIPAC) with oxaliplatin in colorectal peritoneal metastasis. Colorectal Dis. Sep 2015 9. Wu Z, Ma S, Jing S et al. Effect of Hyperthermic Intraperitoneal Perfusion Chemotherapy in Combination with Intravenous Chemotherapy as Postoperative Adjuvant Therapy 18. Tempfer CB, Rezniczek GA, Ende P et al. Pressurized Intraperitoneal Aerosol Chemotherapy with Cisplatin and Doxorubicin in Women with Peritoneal Carcinomatosis: A Cohort Study. Anticancer Res. 2015, 35, 6723-6729