Informationen zum HIV-Screening bei Erwachsenen

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Institut für Medizinische Virologie
Nationales Zentrum für Retroviren
Winterthurerstrasse 190
CH-8057 Zürich
Informationen zum HIV-Screening bei Erwachsenen
A. Das HIV-Screening am IMV/NZR
Das HIV-Screening am IMV/NZR erfolgt mit einem CE-markierten, akkreditierten Enzym-Immunoassay der 4. Generation, der Antikörper gegen HIV-1 (inklusive die Gruppe O) und HIV-2 sowie das HIV-1 p24 Antigen nachweist. Bei reaktivem Resultat und genügend Untersuchungsmaterial führen wir ohne neuen Auftrag und ohne Verrechnung eine
Zweittestung mit einem weiteren Viertgenerationstest und gegebenenfalls noch einen HIV-1 p24 Antigentest durch
(ohne Dissoziation). Ist nur der Ersttest reaktiv, der Zweit- und Dritttest jedoch negativ, ist das Gesamtresultat HIVnegativ. Sind mindestens zwei Tests reaktiv, ist eine HIV-Infektion sehr wahrscheinlich, und es muss eine HIVBestätigung gemäss den Vorgaben des HIV-Testkonzepts des BAG durchgeführt werden. Dafür ist eine neue Blutprobe
einzusenden (7-10 ml EDTA-Blut).
 Auftragsformular Erwachsene
B. Auszug aus dem HIV-Testkonzept des BAG betreffend das HIV-Screening
"Für das HIV-Screening sollen nur CE-markierte Tests eingesetzt werden, die sowohl HIV-Antikörper als auch HIV-1 p24
Antigen erkennen (kombinierte Tests oder Tests der sog. 4. Generation). Kombinierte Tests gibt es heute nicht nur als
Enzym-Immunoassays (EIA) für das Labor, sondern auch als Schnelltests für Arztpraxen oder HIV-Teststellen [1]. Die
Antigen-Testung im Rahmen des HIV-Screening ist wichtig, weil damit auch die hoch infektiösen Infizierten im Stadium
der HIV-Primoinfektion (PHI) erfasst werden können [2,3]. Zwar sind RT-PCR oder andere sequenzspezifische Amplifikationsverfahren für HIV-RNA im frühesten Stadium der Infektion noch empfindlicher als die kombinierten Screeningtests. In der bisher umfassendsten Studie der Frühphase der HIV-Infektion von Fiebig et al. waren sie im Mittel bereits
5 Tage früher positiv als die Antigentests (95% Vertrauensintervall 3.1-8.1 Tage) [4]. Diese wiederum waren durchschnittlich 5.3 Tage (3.3-7.7 Tage) früher positiv als die IgM-sensitiven Antikörpertests der dritten Generation, die ihrerseits etwa 3 Wochen nach Infektion positiv werden [5]. Nach diesem ersten Modell von Fiebig läge der Median für
den Nachweis der HIV-1 RNA bei 10-11 Tage nach der Infektion und für das p24 Antigen bei 16 Tagen. Ein zweites von
Fiebig et al. verwendetes Modell kommt zum Schluss, dass bei einer Detektionsgrenze von 50 Kopien/mL die HIV-1
RNA 7 Tage vor dem p24 Antigen, also am Tag 9 nach der Infektion positiv wird und bei 1 Kopie/mL 11 Tage vor dem
p24 Antigen, also bereits 1 Woche nach der Infektion (Medianwerte).
Aber Achtung: Die Mediane implizieren, dass zu den angegebenen Zeitpunkten jeweils nur 50% der HIV-infizierten
Menschen positiv sind, 50% also noch ein negatives Resultat haben. Frühere Studien haben ergeben, dass in seltenen
Fällen die Serokonversion verspätet erfolgt [6,7,8]. Da die RNA-PCR, das Antigen und die Antikörper, wie von Fiebig et
al. gezeigt, stets rasch hintereinander positiv werden (siehe die engen 95% Vertrauensintervalle), bleiben bei den wenigen Fällen mit verzögerter Serokonversion auch die hochsensitiven molekularen HIV-Tests bis kurz vorher negativ.
Untersuchungen in Tiermodellen haben gezeigt, dass das Virus unterschiedlich lange in den lymphatischen Geweben
in der Nähe der Eintrittspforte verbleiben kann [8]. In einer Untersuchung am Menschen wurden zudem bei 6 von 15
untersuchten Patienten bereits 9 bis 25 Tage (Median 18) vor dem raschen und definitiven Virusanstieg Episoden mit
sehr niedriger transienter Virämie im Sinne sog. Blips beobachtet [9]. Durch diese Studienergebnisse wird deutlich,
dass auch beim Menschen das Intervall von der Infektion bis zum Beginn des raschen und definitiven Virusanstiegs im
Blut stark variieren kann. Diese biologische Eigenheit hat sich trotz der Fortschritte in der Virusdiagnostik natürlich
nicht verändert. Deshalb kann weiterhin nicht auf das Abwarten der Dreimonatsfrist bis zum Ausschluss einer HIVInfektion verzichtet werden."
1
Vielfach herrscht Verwirrung über das optimale diagnostische Vorgehen in den ersten Tagen bis Wochen nach einer
Risikosituation. Bei Personen mit HIV-Expositionsanamnese, die bereits Symptome einer HIV Primoinfektion (PHI)
aufweisen Fussnote 1), soll unverzüglich ein kombinierter HIV-Screeningtest durchgeführt werden. Sind keine PHISymptome vorhanden, sollte der erste kombinierte HIV-Screeningtest nicht früher als 10-14 Tage nach dem Risikoereignis durchgeführt werden. Auch bei einem negativen Resultat dieses Tests sollte der Patient über die bei einer Primoinfektion bestehende hohe Übertragungsgefahr orientiert werden; zudem sollte er für eine weitere Testung nach
Verlauf von 1-2 Wochen aufgeboten werden (bei Auftreten von Symptomen sofortige Testung). Ist der Test dann immer noch negativ, muss die 3-Monats-Frist bis zur Durchführung des abschliessenden HIV-Screeningtests abgewartet
werden. Ein negativer kombinierter Screeningtest nach 3 Monaten schliesst eine HIV-Infektion endgültig aus.“
REFERENZEN
1. Beelaert G, Fransen K (2010) Evaluation of a rapid and simple fourth-generation HIV screening assay for qualitative
detection of HIV p24 antigen and/or antibodies to HIV-1 and HIV-2. J Virol Methods 168: 218-222.
2. Yerly S, Vora S, Rizzardi P, Chave JP, Vernazza PL, et al. (2001) Acute HIV infection: impact on the spread of HIV and
transmission of drug resistance. Aids 15: 2287-2292.
3. Wawer MJ, Gray RH, Sewankambo NK, Serwadda D, Li X, et al. (2005) Rates of HIV-1 transmission per coital act, by
stage of HIV-1 infection, in Rakai, Uganda. J Infect Dis 191: 1403-1409.
4. Fiebig EW, Wright DJ, Rawal BD, Garrett PE, Schumacher RT, et al. (2003) Dynamics of HIV viremia and antibody
seroconversion in plasma donors: implications for diagnosis and staging of primary HIV infection. Aids 17:
1871-1879.
5. Busch MP, Lee LL, Satten GA, Henrard DR, Farzadegan H, et al. (1995) Time course of detection of viral and serologic
markers preceding human immunodeficiency virus type 1 seroconversion: implications for screening of blood
and tissue donors. Transfusion 35: 91-97.
6. Petersen LR, Satten GA, Dodd R, Busch M, Kleinman S, et al. (1994) Duration of time from onset of human
immunodeficiency virus type 1 infectiousness to development of detectable antibody. The HIV
Seroconversion Study Group. Transfusion 34: 283-289.
7. Ciesielski CA, Metler RP (1997) Duration of time between exposure and seroconversion in healthcare workers with
occupationally acquired infection with human immunodeficiency virus. Am J Med 102: 115-116.
8. Busch MP, Satten GA (1997) Time course of viremia and antibody seroconversion following human
immunodeficiency virus exposure. Am J Med 102: 117-124; discussion 125-116.
9. Fiebig EW, Heldebrant CM, Smith RI, Conrad AJ, Delwart EL, et al. (2005) Intermittent low-level viremia in very early
primary HIV-1 infection. J Acquir Immune Defic Syndr 39: 133-137.
1
) Siehe dazu das Merkblatt HIV Primoinfektion vom 10.05.2011, als PDF herunterzuladen auf
http://www.bag.admin.ch/hiv_aids/12472/12474/index.html?lang=de
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