Infektionsrisiko Flüchtling? 24.August 2016 Ärztehaus Göttingen Simone Scheithauer Bad news are good news Good news are good news?! Zwischen „Panik“ und „political correctness“ „Ich wohne neben Flüchtlingswohnheim – darf ich jetzt noch tagsüber an die Mülltonne gehen?“ Ablehnung von Manuskript infolge „schwieriger“ Daten…. Infektionsrisiko Flüchtling? Infektion Flüchtling? Risiko Flüchtling? Friedland 1945 „dass ….ungezieferei ist und dass …. keinerlei übertragbare Erkrankung hat“ Was ist besonders? Geographische Regionen mit (möglicherweise) anderen regionalen Prävalenzen von Infektionskrankheiten / Infektionserregern Geographische Regionen mit (möglicherweise) anderen Infektionskrankheiten Physische und psychische Belastung der Flucht mit erhöhter Erkrankungsdisposition Nicht dem deutschen Gesundheitssystem vergleichbares lokales Gesundheitssystem (generell oder im Rahmen von Krise) Wenige Menschen auf engem Raum Top Infektionsdiagnosen bei Reiserückkehrern und Migranten (18 EU Kliniken des Geo Sentinel, N=32.136, 2008-12) Schlagenhauf P et al. Lancet Infect Dis 2015, 15:55-64 Akut fieberhafte Importerkrankungen 16.817 deutsche Reiserückkehrer – 977 Migranten Infektionsursachen – stratifiziert nach Grund der (Ein-)Reise (N=32.136; 18 EuroTravelNet Kliniken in EU 2008-12) Schlagenhauf P et al. Lancet Infect Dis 2015, 15:55-64 Fieber Ektoparasiten und Exanthem pos. Infektionen Aktive Lungentuberkulose Infektion = Risiko? Infektion Flüchtling? Ja, hohe Inzidenz potentiell tödlich verlaufender Infektionskrankheit! Risiko Flüchtling? Nein! Keine Mensch zu Mensch Übertragung Schlagenhauf P et al. Lancet Infect Dis 2015, 15:55-64 UMG: Positivitätsrate bei Flüchtlingen höher Dominanz von M. tertiana und Eritrea, Afghanistan Infektion = Risiko? Aktuelle Resultate 1. Hj 2015, Bayern Infektion Flüchtling? Ja, 8-fach höhere Prävalenz Blut- übertragbarer Virusinfektionen Risiko Flüchtling? Nein! Zumindest kein nicht kontrollierbares Infektionsrisiko Courtesy Matthias Pulz Sing A Bay ÄB 2015;9:422-3 Infektion = Risiko? Schlagenhauf P et al. Lancet Infect Dis 2015, 15:55-64 Aktive Lungentuberkulose D, RKI: UMG stationär: +39% 70 60 50 40 30 20 10 0 2011 2012 2013 2014 2015 Active tuberculosis in newly arrived asylum seekers a prospective 12 month surveillance study at Friedland, Germany. Meier V, Artelt T, Cierpiol S, Gossner J, Scheithauer S Int J Hygiene Environ Health 2016, epub ehead of print • • Prävalenz aktiver Lungentuberkulose: 11/11.773, d.h. 93/100.000 Menschen Prävalenz mikrosk. positiver Lungentuberkulose: 9/11.773, d.h. 76/100.000 Menschen Prävalenz D (vor Flüchtlingswelle): 5.3/100.000 Menschen Infektion Flüchtling? Ja, 17,5-fach höhere Prävalenz Risiko Flüchtling? Ja! Vor allem für Familie und Mitbewohner (>8/40h) Eine neue Herausforderung? Nein! Distribution of newly arrived asylum seekers (N=11.773), active tuberculosis cases (N=11) 1x MDR Tb Meier V, Artelt T, Cierpiol S, Gossner J, Scheithauer S Int J Hygiene Environ Health 2016, epub ehead of print Active tuberculosis in newly arrived asylum seekers a prospective 12 month surveillance study at Friedland, Germany. Meier V, Artelt T, Cierpiol S, Gossner J, Scheithauer S Int J Hygiene Environ Health 2016, epub ehead of print Prävalenz aktiver Lungentuberkulose: 11/11.773, d.h. 93/100.000 Menschen Prävalenz mikrosk. positiver Lungentuberkulose: 9/11.773, d.h. 76/100.000 Menschen Risiko Urlaub? Ja! Prävalenz >100/100.000 Menschen Indonesien, Mongolei, Philippinen, Rumänien, • Prävalenz Mali, D (vor Flüchtlingswelle): Russische Föderation, Thailand, Südafrika, Vietnam, … 5.3/100.000 Menschen • Infektion Flüchtling? Ja, 17,5-fach höhere Prävalenz Risiko Flüchtling? Ja! Vor allem für Familie und Mitbewohner Dran denken! Mod. n. Buchard G DMW 2015;140:797-804 / Löscher T Tropenmed. in Klinik u. Praxis, Thieme 2010 Serostatus (=Immunität) bei Asylbewerbern in Niedersachsen Masern: 18.896/23.647 80% Varizellen: 20.693/23.647 87,5% Mit herkunftsspezifischen Differenzen: ↓ Albanien, Mazedonien, Ruanda, Serbien, Sudan, Kosovo ↓ Je jünger desto niedriger Hohe Relevanz der Impfung Ein Drittel aller Ausbrüche in Asylbewerberheimen durch Masern und Windpocken Courtesy Matthias Pulz Fazit Ja, Flüchtlinge leiden öfter an Infektionskrankheiten, deren Erwerb in Europa/Deutschland „selten“ ist Wir als Ärzte müssen an diese uns nicht so vertrauten Infektionskrankheiten denken! Nur ein Teil dieser Infektionskrankheiten stellt ein potentielles Infektionsrisiko für andere dar Das größte Infektionsrisiko besteht für die Familien / das direkte Wohn-Umfeld Je früher wir daran denken, desto geringer das Infektionsrisiko Impfen Impfen Impfen – auch uns! MERCI!