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Heiner Keupp
Jenseits der sozialen Amnesie:
Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Vortrag beim DPtV-Kongress 2016:
„Psychotherapie zwischen Anpassung und
Autonomie“ am 21. Oktober 2016 in Berlin
Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Eingangsfragen
1. Inwieweit haben denn die psychosozialen Berufsgruppen
überhaupt noch eine Sprache für die Gesellschaft, in der sie
ihre spezialistischen Aufgaben erfüllen?
2. Wird der Zusammenhang von subjektiven Leidenszuständen
mit gesellschaftlichen Lebensbedingungen im globalisierten
Kapitalismus überhaupt noch thematisiert?
3. Haben wir ein fachlich-professionelles Sprachspiel zur Verfügung, das die teilweise dramatischen gesellschaftlichen
Strukturveränderungen begrifflich abzubilden vermag?
4. Wo ist die Stimme der psychosozialen Berufsgruppen in
den Reform- und Protestbewegungen?
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
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Hofrat oder Hofnarr?
„Am Kaiserhof des Kapitalismus mag
der Psychologe die bunteste Mütze
tragen, aber er bleibt doch eher Hofnarr als Hofrat. Vielleicht ist das auch
gut so, denn der Hofnarr hat einen
Abstand zu den Anpassungsforderungen zu Hofe, der dem Hofrat
mangelt.“
Quelle: Wolfgang Schmidbauer (2012). Kursbuch Nr. 170
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These 1
Die psychosoziale Arbeit könnte für das Aufzeigen von Zusammenhängen zwischen gesellschaftlichen Lebensbedingungen und
psychischen Problemen eine wichtige seismographische Funktion
haben. Sie arbeitet an den Krisen der Subjekte und ist damit
konfrontiert, dass ihnen die Ressourcen fehlen, die sie zu ihrer
Bewältigung bräuchten.
Die Häufung spezifischer Krisen und Störungsbilder verweist aber
über das einzelne Subjekt hinaus und macht es erforderlich, den
kulturell-gesellschaftlichen Hintergrund zu beleuchten und zu
benennen, der diese Krisen fördert.
Neben einer psychodiagnostischen bedarf es auch einer gesellschaftsdiagnostischen Einordnung.
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Von der Notwendigkeit einer
psychosozialen Gesellschaftsdiagnostik als Alternative zur
weitverbreiteten „Gesellschaftsvergessenheit“ oder
„sozialen Amnesie“ der psychosozialen Professionen.
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Russell Jacoby
Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Gesellschaftsdiagnostik am
Beispiel von Burnout und
Depression
Vom erschöpften Selbst im
globalen Kapitalismus
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These 2
Der globalisierte Kapitalismus hat zu einer spürbaren
Beschleunigung und Verdichtung der Abläufe in den
beruflichen und privaten Lebenswelten geführt. Die
deutlichen Belege für eine Zunahme von Burnout und
Depressionen lassen sich als Hinweise auf diese Entwicklung verstehen. Sie führen bei zunehmend mehr
Menschen zu dem Gefühl der Erschöpfung.
Die Antworten auf diese Probleme dürfen nicht in individualisierenden Strategien gesucht werden, sondern
erfordern eine zeitdiagnostische Einordnung und kollektive Aktionen.
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
DER SPIEGEL 3/2011
Erschöpfungsdepression –
was hilft gegen die
Volkskrankheit des
21. Jahrhundert?
„Beruflicher Stress, unendlicher Informationsfluss,
intensive Kommunikation als soziales Muss:
Die moderne Welt hat
uns mit ihren Pflichten
fest im Griff.
Wer sich selbst nicht fest im
Griff hat, läuft Gefahr,
auszubrennen. Macht
uns das moderne Leben
auf Dauer krank.“
DER SPIEGEL 30/2011
Der Ausweg?
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Prof. Dr. Depressiv
Lehrende an deutschen
Hochschulen sind so
produktiv wie nie –
gleichzeitig häufen sich
psychische Probleme
DIE ZEIT vom 03.11.2011
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Die Zahlen der
Krankenkassen:
Robert Enke
(1977 – 2009)
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Die Zahlen der
Krankenkassen:
Robert Enke
(1977 – 2009)
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Verschreibung von
Antidepressiva:
2009 wurden bei
Männern 119 Prozent,
bei Frauen 96 Prozent
mehr Tagesdosen als
im Jahr 2000
verschrieben.
Gesundheitsreport der TKK 2010
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Nature ruft im Januarheft 2010 eine „Dekade für
psychiatrischer Störungen“ aus. Begründet wird
diese Priorität damit, dass psychische Störungen
wie Schizophrenie und Depressionen die vorherrschenden Störungen der Altersgruppe von 15 bis
44 Jahre ausmachen würden. Hinzu kommt die
wachsende Anzahl von ADHS-Diagnosen bei
Kindern. Die Behandlung dieser Störungen machen etwa 40% der medizinischen Kosten in den
USA und Canada aus.
Die biologische Psychiatrie reklamiert für sich die
zeitgemässen Erklärungen und Therapien!
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Die DGPPN fordert ein „Deutsches Zentrum für Psychische Störungen“. Begründet wird
diese Forderung so: Die psychischen Störungen seien eine Volkskrankheit, die sich in den
modernen Gesellschaften sukzessiv ausweiteten. Die Zeit sei reif für eine wissenschaftliche
Revolution! Was darunter genau zu verstehen ist, wird von wichtigen Vertretern der
DGPPN so ausgeführt:
„Die rasche Entwicklung von Forschungsmethoden in der Genomik (…) und Bildgebung
haben unser Wissen über psychische Krankheiten in relativ kurzer Zeit enorm bereichert.
So wurden auch neue Methoden in die Psychiatrie übernommen, so z. B. die genetische
Epidemiologie, die systemischen Neurowissenschaften, funktionelles Neuroimaging, Genomic Imaging oder Proteomik. Ein erheblicher Erkenntniszuwachs resultiert auch aus
der Entwicklung von innovativen Tiermodellen. Ein weiterer zukünftiger Entwicklungsschritt ist von der Stammzelltechnologie zu erwarten, mit welcher zellbiologische Modelle
für psychische Erkrankungen entwickelt werden könnten“ (Schneider, Falkai & Maier,
2012, S. 14).
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These 3
Es ist notwendig, die inflationäre Verwendung der Diagnose Depression kritisch zu reflektieren. Die Hauptnutznießer dieser
diagnostischen Gepflogenheit ist die Psychopharmaindustrie.
Unstrittig dürfte sein, dass immer mehr Menschen die mit der
Globalisierung verbundenen Veränderungen in ihrer Arbeitsund Alltagswelt als Herausforderungen und Belastungen erleben, die ihre Bewältigungsmöglichkeiten überschreiten. Die
„Klinifizierung“ der daraus folgenden psychischen Probleme
enthält die Gefahr der Individualisierung gesellschaftlicher
Probleme.
Von der Notwendigkeit einer „Gesellschaftsdiagnostik“
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„Wir Krankenkassen schummeln ständig“ sagt Jens Baas, Chef der
Techniker-Krankenkasse am 9.10.16 im Interview in der FAZ:
„Es ist ein Wettbewerb zwischen den Kassen darüber entstanden, wer es
schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren. Dann gibt es mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich, der hohe und teure Gesundheitsrisiken unter den einzelnen
Kassen ausgleichen soll. Aus einem leichten Bluthochdruck wird ein schwerer. Aus einer depressiven Stimmung eine echte Depression, das bringt
1000 Euro mehr im Jahr pro Fall. (…) Bei uns hat sich die Zahl der Fälle
von Depressionen in den vergangenen vier Jahren vervierfacht. Und das
sicher nicht nur, weil die Leute kränker werden und das Problem weniger
stigmatisiert wird.“
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
 Eine historische Perspektive
 Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
 Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
 Der Zwang zur Selbstoptimierung
 Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
 Eine historische Perspektive
 Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
 Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
 Der Zwang zur Selbstoptimierung
 Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Theophrast fragte:
„Aus welchem Grunde sind alle
hervorragenden Männer, sei es,
dass sie sich in der Philosophie,
der Politik, der Poesie oder den
bildenden Künsten ausgezeichnet haben, offenbar Melancholiker?“
Theophrast von Eresos 371
v. Chr.–287 v. Chr.
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Albrecht Dürer:
Melencolia I
1514
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Professor
Dr. Heiner Keupp
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Lukas von
Cranach:
Melancholie
- 1532 «
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Martin Luther in seinen
„Tischreden“:
„Satan est Spiritus tristitiae“.
Oder:
„Die Traurigkeit, die Epidemien
und die Melancholie kommen
vom Satan.“
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Von der Melancholie zur
Depression:
Was mit der Klinifizierung
verloren gehen kann
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Ein Paradoxon
 Die entstehende kapitalistische Gesellschaft hat eine
Norm durchgesetzt, nach der ein melancholischer
Habitus jede Wertschätzung verlor.
 Gleichzeitig erzeugt der sich globalisierende Kapitalismus eine (Selbst-)Ausbeutung der Subjekte, die
zu einer dramatischen mentalen Erschöpfung führt,
die wiederum in einer Medikalisierung ihrer gesellschaftlichen Lesbarkeit entzogen wird.
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
 Eine historische Perspektive
 Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
 Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
 Der Zwang zur Selbstoptimierung
 Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
„Der Tod des Selbst“
„Es gibt wenig Bedarf für das innengeleitete,
‘one-style-for-all’ Individuum. Solch eine
Person ist beschränkt, engstirnig, unflexibel.
(...) Wir feiern jetzt das proteische Sein (...)
Man muss in Bewegung sein, das Netzwerk
ist riesig, die Verpflichtungen sind viele, Erwartungen sind endlos, Optionen allüberall
und die Zeit ist eine knappe Ware“
Quelle: Kenneth J. Gergen: The self: Death by technology (2000).
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Der „postmoderne Reinheitstest“
„Man muss in der Lage sein, sich von den grenzenlosen
Möglichkeiten des Verbrauchermarktes und der
von ihm propagierten ständigen Erneuerung verführen zu lassen; man muss sich freuen können
über die Chance, Identitäten anzunehmen und
wieder abzulegen und sein Leben auf der endlosen
Jagd nach immer intensiveren Glückserlebnissen
und immer aufregenderen Erfahrungen zu verbringen. Nicht jeder besteht diesen Test. Die dies
nicht schaffen, sind der ‚Schmutz‘ der postmodernen Reinheit.“
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Robert Jay Lifton, geboren 1926 in New
York, ist Professor für Psychiatrie und
Psychologie an der New York University
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Quelle: Erasmus Francisci: Der Höllische
Proteus, oder Tausendkünstige Versteller
[...]. Nürnberg 1690.
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
 Eine historische Perspektive
 Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
 Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
 Der Zwang zur Selbstoptimierung
 Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Die „Gewalt der Positivität“
Die Arbeitswelt setzt auf Eigenmotivation, Initiativgeist und Selbstverantwortung. Die Disziplinargesellschaft, von der Stechuhr regiert, wurde von der Leistungsgesellschaft abgelöst, in der jeder
sich konditioniert, als sei er sein eigener Unternehmer. Die „Negativität des Sollens“ hat sich zu einer viel effizienteren „Positivität
des Könnens“ entwickelt. Obamas millionenfach reproduzierter
Slogan „Yes, we can“ hat darin seine alptraumhafte Kehrseite.
Das sich selbst ausbeutende Subjekt ist Täter und Opfer zugleich,
Herr und Knecht in einer Person. Allgegenwärtige Werbesprüche
gellen wie zum Hohn in ihr nach: „Die Klage des depressiven Individuums ,Nichts ist möglich’ ist nur in einer Gesellschaft möglich,
die glaubt Nichts ist unmöglich.“
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
 Eine historische Perspektive
 Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
 Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
 Der Zwang zur Selbstoptimierung
 Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Die Grenzen der „unternehmerischen Anrufung“
und des „Subjektivierungsregimes“
„Weil die Anforderungen unabschließbar sind, bleibt
der Einzelne stets hinter ihnen zurück. (…) Im Unglück
der Depressiven wird die Kluft zwischen dem Anspruch
an die Individuen und ihren stets unzureichenden Anstrengungen sichtbar.“
„Depressive Erschöpfung (ist) die dunkle Seite der auf
Dauer gestellten Hyperthymie des unternehmerischen
Selbst.“
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Das „erschöpfte Selbst“ –
Denkanstoss von Alain Ehrenberg
Die sich epidemisch ausbreitenden depressiven Störungen sind, so Ehrenbergs Diagnose, der folgerichtige Reflex auf eine Gesellschaft, die in immer größerem Maße von den Individuen fordert, ein kreatives, produktives und flexibles Selbst zu sein und die
in ihren Selbstentfaltungswünschen
dieser Anrufung Folge leisten.
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Von der Notwendigkeit einer Gesellschaftsdiagnostik
 Eine historische Perspektive
 Zunahme des „proteischen“ Menschenbildes
 Entstehung einer „Müdigkeitsgesellschaft“
 Der Zwang zur Selbstoptimierung
 Eine hochtourige Beschleunigungsgesellschaft
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Hartmut Rosa:
Der Beschleunigungszirkel
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These 4
In seinen Lebensformen passen sich Subjekte immer häufiger
der unaufhaltsamen Beschleunigungsdynamik an. Aber der
gesellschaftliche und berufliche Fitness-Parcours hat kein
erreichbares Maß, ein Ziel, an dem man ankommen kann,
sondern es ist eine nach oben offene Skala, jeder Rekord
kann immer noch gesteigert werden. Hier ist trotz WellnessIndustrie keine Chance eine Ökologie der eigenen Ressourcen zu betreiben, sondern in einem unaufhaltsamen Steigerungszirkel läuft alles auf Scheitern und einen Erschöpfungszustand zu.
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Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
These 5
Schon vor Jahren ist uns die „Erschöpfung der utopischen Energien“
(Jürgen Habermas) diagnostiziert worden und ein „minimal self“
(Christopher Lasch), das ein Fixierung auf Alltagsbewältigung ohne
übergreifende Idee. Wir haben es mit einer tiefen Krise im gesellschaftlichen Selbstverständnis zu tun, das sich nicht einmal mehr
über unterschiedliche mögliche Zielvorstellungen streitet, sondern
einfach keine mehr hat. In allen gesellschaftlichen Bereichen, in der
Politik, in der Wirtschaft und zunehmend auch in den privaten
Welten geht es ums „Überleben“, ums „Durchhalten“. Hier zeichnet
sich eine Gesamtsituation ab, die man mit dem Begriff „erschöpfte
Gesellschaft“ überschreiben könnte.
Erschöpfung ist also nicht nur ein individuelles, sondern auch ein gesellschaftspolitisch relevantes Phänomen.
Professor Dr. Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie «
Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Und die Psychotherapie?
1.
Statt Fitness-Trainingslager Gelegenheiten für Reflexion
2.
Gesellschaftsdiagnostik: Aufweis gesellschaftlicher Hintergründe für
individuelles Leiden
3.
Ein neues Rollenverständnis: Ohne kritische Kulturtheorie keine angemessene psychsoziale Arbeit
4.
Die Menschenbilder müssen auf den Prüfstand
5.
Wiederentdeckung des psychischen als Folge des materiellen Elends
6.
Förderung von „Verwirklichungschancen“
7.
Heraus aus der Ohnmacht: für eine Mutbürgerschaft
Professor Dr. Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie «
Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Professor Dr. Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie «
Jenseits der sozialen Amnesie: Psychotherapie im gesellschaftlichen Wandel
Herzlichen Dank für
ihre Aufmerksamkeit
Professor Dr. Heiner Keupp » Reflexive Sozialpsychologie «
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