Schneeglöckchen

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Schneeglöckchen
Günter Waldorf
Schneeglöckchen
Zauber in Weiß
Über dreihundert Sorten im Fotoporträt
Deutsche Verlags-Anstalt
Inhalt
Vorwort 6 ) Schneeglöckchen im Garten 33 )
Das Schneeglöckchen 9 ) Standorte 36 ) Pflanzung 38 ) Pflege 44 ) Vermehrung 45 ) Krankheiten und Schädlinge 46 ) Die Pflanze 10 ) Das Sammeln 50 )
Gattung 10 ) Blüte 12 ) Blütezeiten 13 ) Laub 14 ) Zwiebel 15 )
Herkunft und Vorkommen 15
Wie wird man galanthophil? 50 ) Das erste Mal 52 ) Das liebe Geld 53 ) Schneeglöckchensammler damals und heute 54 ) Das Handwerkszeug 56 ) Was sammelt man? 59 ) Wo bekommt man neue Schneeglöckchen? 60 ) Bitten oder betteln 61 ) Und noch einmal: Das liebe Geld 62 ) Für Fortgeschrittene: Der Tausch 62 ) Arten 16 )
Galanthus alpinus 16 ) Galanthus angustifolius 16 ) Galanthus
cilicicus 17 ) Galanthus elwesii 17 ) Galanthus fosteri 19 ) Galanthus gracilis 19 ) Galanthus ikariae 20 ) Galanthus
koene­nianus 21 ) Galanthus krasnovii 22 ) Galanthus lago­
dechianus 23 ) Galanthus nivalis 23 ) Galanthus peshmenii 24 ) Galanthus platyphyllus 24 ) Galanthus plicatus 25 ) Galanthus
reginae-olgae 26 ) Galanthus rizehensis 26 ) Galanthus trans­
caucasicus 27 ) Galanthus trojanus 27 ) Galanthus woronowii 27 ) Sortenvielfalt und Entstehung neuer Formen 28 ) ­­
Sorten im Porträt 65 )
Sortenvielfalt 66 )
ausblick und neuzüchtungen 150 )
Empfohlene Bezugsquellen 157 ) Sehenswerte Sammlungen 158 ) Register 159 ) Vorwort
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Sie sind weder groß noch bunt, und doch werden sie von vielen Gartenfreunden heiß geliebt und begehrt: Schneeglöckchen. Ihre kleinen, weißen und grün markierten Blüten erscheinen zu einer Zeit,
in der Blüten rar sind. Zum Ende des Winters haben sie ihre große
Zeit und zwingen den Betrachter buchstäblich in die Knie. Wer den
Schneeglöckchen so nahe kommt, erkennt nicht nur ihre faszinierende Schönheit, sondern kommt auch in den Genuss ihres süßen Honigdufts. Gründe, sie zu lieben und damit ein echter Galanthophiler
– ein Schneeglöckchenliebhaber – zu werden, gibt es also genug!
Dieses Buch soll allen Bewunderern der Schneeglöckchen, aber
auch ernsthaften Sammlern und solchen, die es werden wollen, in
erster Linie eine wertvolle bildliche Orientierung geben. Es ist das
Werk eines Praktikers, leidenschaftlichen Gärtners und passionierten
Sammlers für alle Galanthus-Freundinnen und -Freunde. Nach reiflicher Überlegung und vor allem intensivem Kontakt zu Schneeglöckchenbegeisterten in ganz Europa hat Günter Waldorf, der als einer
der eifrigsten Sammler in Deutschland gelten darf, beschlossen, das
über lange Jahre gesammelte umfangreiche Bildmaterial Gleichgesinnten zur Verfügung zu. Denn wer einmal Feuer für diese erstaunlichen Zwiebelpflanzen gefangen hat, will möglichst viele verschiedene Sorten im Bild sehen.
Beschreibungen sind nicht immer genau. Darum beschränkt sich
das Buch darauf, die einzelnen Sorten mit ihren Namen aufzuführen
und, wo nötig, wichtige Informationen zu ergänzen. Englische Autoren haben bereits hervorragende Arbeit bei der buchstäblich mil-
limetergenauen Beschreibung etlicher Sorten geleistet. Nach eigener
Erfahrung hat das für den Hobbygärtner aber nur geringen Wert.
Denn je nach Ernährungszustand können Pflanzen- und Blütengröße bei ein und derselben Sorte beträchtlich variieren. Zudem wird
kaum je ein Galanthophiler mit dem Lineal unterwegs sein. Vielmehr
gibt es bestimmte äußere Merkmale, die eine Sorte für den Einzelnen interessant machen können, wie zum Beispiel gelbe statt grüner
Markierungen oder ausgefallene Blütenformen. Und oft ist es auch
nur der Seltenheitsgrad: Besonders die raren Sorten sind so gefragt,
dass sie über Jahre hinweg kaum in größerer Anzahl verfügbar sein
können. Günter Waldorf und auch ich, der ich seit fast 15 Jahren
Schneeglöckchen in weit bescheidenerem Umfang sammle, wissen,
dass dieses Bilderbuch für Galanthophile neue Begehrlichkeiten entstehen lässt und Wünsche weckt. Genau das ist das Wesen des ambitionierten Sammelns: Schneeglöckchen zu suchen und zu finden, die
das Gärtnerherz höher schlagen lassen. Dieses Buch ist keine wissenschaftliche Monografie, sondern soll Einsteigern die Freude an der
Pflanze, am Sammeln sowie die Grundlagen der Galanthophilie vermitteln und bereits vom Galanthus-Virus »infizierten« Gartenfreunden eine wichtige Hilfe zur bildlichen Identifikation der Sorten sein.
Oliver Kipp
Oliver Kipp ist Chefredakteur des Magazins GartenEden und Autor mehrerer
Bücher. Seit mehr als zehn Jahren ist er Schneeglöckchensammler. Oliver Kipp
lebt in Ostwestfalen und hat dort einen 8000 Quadratmeter großen Garten.
8
Das Schneeglöckchen
Die Pflanze
10
Schneeglöckchen sind Zwiebelpflanzen aus der Familie der Amaryllidaceae. Die Gattung Galanthus besteht aus knapp 20 Arten, von denen
inzwischen die meisten in Kultur zu finden sind. Vermutlich wird sich
in den nächsten Jahren noch eine weitere Spezifizierung ergeben. Ob
tatsächlich noch unbekannte Spezies existieren, ist zweifelhaft angesichts der zahlreichen Untersuchungen natürlicher Vorkommen –
aber, wie so oft in der Geschichte der Botanik, nicht ausgeschlossen.
Die nächsten Verwandten unserer Schneeglöckchen sind übrigens
die Mitglieder der Gattung Leucojum, von denen die Märzenbecher
(Leucojum vernum) und die im Spätfrühling blühenden Sommerknotenblumen (Leucojum aestivum) bekannt sind. Kurioserweise blühen in
den meisten Jahren die Märzenbecher ihrem Namen zum Trotz zeitgleich mit den einheimischen Schneeglöckchen (Galanthus nivalis),
oder sogar etwas eher. In England heißen Schneeglöckchen »snowdrops« und die Vertreter der Gattung Leucojum »snowflakes«.
Gattung
Das bei uns am weitesten verbreitete Schneeglöckchen ist die Art
Galanthus nivalis. Der Gattungsname bedeutet soviel wie »Milchblume« und geht natürlich auf die Farbe der Blüte zurück. Der deutsche Name hingegen ist eher irreführend, wenn man ihn wörtlich
nimmt. Schneeglöckchen ringen sich nämlich nicht bei Minusgraden
durch die Schneedecke, um zu blühen. Blühende Schneeglöckchen
im Schnee kann man nur sehen, wenn die Tagestemperaturen sich ein
wenig über dem Gefrierpunkt bewegen und den Schnee schmelzen
lassen. Im Boden – unbeobachtet – wird das Wunder der Winter-
beziehungsweise Vorfrühlingsblüte vorbereitet. Dort ist es in der
Regel wärmer als über dem Schnee, wo die kältesten Temperaturen
herrschen. Die Schneedecke isoliert den Boden gegen Kaltluft. Daher
stehen die Pflanzen bei der Schneeschmelze meistens schon regelrecht in den Startlöchern, um ihre Blütenstiele den ersten Sonnenstrahlen entgegenzuschieben.
Wer heute Schneeglöckchen sammelt, wird sich in erster Linie für
die zahlreichen Kulturformen in ihrem unglaublichen Variantenreichtum interessieren. Die ungefähr 20 Wildarten und ihre Erscheinungsformen sind zwar hübsch, aber in der Regel weniger auffällig.
Einige von ihnen sind bei botanisch
interessierten Sammlern heiß begehrt, aber fast nicht erhältlich, da
das Pflanzenmaterial begrenzt ist und
Sammlungen an den Naturstandorten verboten sind. Alle Wildformen
unterliegen dem 1973 vereinbarten
CITES-Abkommen (Washingtoner
Artenschutzabkommen), das den
Handel von bedrohten Tier- und
Pflanzenarten streng limitiert. Für
Wildsammlungen von Galanthus be- Sobald der Schnee zu tauen beginnt, setzen die
steht danach ein Handelsverbot, von Schneeglöckchen ihren Weg zur Blüte unbeeindem nur die Art Galanthus woronowii druckt fort.
ausgenommen ist. Natürlich dürfen
Exemplare in gärtnerischer Kultur weitervermehrt werden. Es ist also
nicht ausgeschlossen, auch an solche Arten heranzukommen.
Blüte
12
Schneeglöckchen besitzen zwei Kreise von Blattorganen, die – im
Gegensatz zu den Staubblättern und dem Kelch – nicht der Vermehrung dienen und die man Perianthe nennt. Bei den Wildformen
sind diese Perianthblätter in zwei ineinanderliegenden Kreisen angeordnet. Die inneren Perianthblätter oder Innentepalen sind deutlich
kleiner und tragen die schönen Markierungen. Mindestens doppelt
so lang sind die äußeren Perianthblätter (Außentepalen), denn sie
umschließen im Knospenstadium die inneren Blätter vollständig.
Das ist notwendig, da beide dem Schutz der Fortpflanzungsorgane dienen. Wenn also in diesem Buch von Perianth­blättern die Rede
ist, sind immer diese Blütenblätter gemeint. Sie wachsen aus dem
Fruchtknoten, dem Ovarium hervor, jenem kleinen Knubbel, der wie
ein dickes Hütchen der Knospe und Blüte Halt gibt. Nach erfolgreicher Bestäubung entwickelt sich im Ovarium der Samen. Das Ovarium ist wiederum mit dem meist stark gebogenen, sehr dünnen Pedikel verbunden, an dem die Blüten hängen. Mit ihm steckt die Knospe
in einer Scheide von Hüllblättern, die einen zusätzlichen Schutz darstellt. Bei einigen Formen teilt sich diese Scheide, sodass die beiden
Hälften wie Eselsohren die Blüte flankieren. Der Blütenstiel selbst
ist aufrecht und nur bei Vollblüte leicht gebogen. Er
steht in diesem Stadium immer über den noch nicht
voll entwickelten Laubblättern.
Bei Schneeglöckchen kommen verschiedene ab­­e­rrante, also ungewöhnliche, Formen vor, bei denen
die Länge der inneren und äußeren Perianthblätter
‘Anglesey Abbey’ ist eines der bekanntesten
poculiformen Schneeglöckchen.
ebenso variiert wie deren Anzahl. So gibt es Formen, die sechs geordnete äußere Perianthblätter haben, aber auch solche, bei denen man
äußere und innere Perianthe gar nicht unterscheiden kann, weil sie
sehr ähnlich und in großer Zahl erscheinen. Bei den sogenannten poculiformen Typen sieht dies dann wie eine kleine, umgedrehte Tasse
aus (lat. poculus), zum Beispiel bei dem bekannten ‘Anglesey Abbey’,
wo sich innere und äußere Perianthe in Länge und Form mehr oder
weniger gleichen. Bei den gemeinhin als gefüllt blühend bezeichneten Typen ist die Anzahl der inneren Perianthblätter stark erhöht,
gelegentlich sind die Blüten auch steril, haben also keine intakten
Fortpflanzungsorgane.
Pedikel
Fruchtknoten (Ovarium)
innere Perianthblätter (Innentepalen)
äußere Perianthblätter (Außentepalen)
Die zur Sortenunterscheidung
wichtigsten Teile der Blüte.
Blütezeiten
Ich habe mich entschlossen, in diesem Buch nur dann Angaben zur
generellen Blütezeit zu machen, wenn diese deutlich von der Hauptblüte im Vorfrühling abweicht, also außerhalb der Monate Februar
bis Mitte März liegt, in denen die meisten Schneeglöckchen bei uns
blühen. In der Praxis gelten, zumindest für England, angegebene
Blütezeiten nämlich auch für dortige Winter, die in den letzten Jahren kaum Schnee und anhaltende Frostperioden hatten. Auch wenn
sich dies seit 2009 stellenweise geändert hat, ist die Situation bei uns
doch ganz anders: Hier sorgen längere Kälteperioden und vor allem
die Schneedecke für eine zum Teil erhebliche Verzögerung der Blüte.
Wenn, wie im Jahr 2011, der Winter lang und dann ohne langen Übergang vorbei ist, blühen die meisten Arten und Sorten zur selben Zeit,
da die frühen in ihrer Entwicklung sozusagen »kaltgestellt« waren.
Seien Sie also nicht enttäuscht, wenn Sie in diesem Buch keine genauen Angaben zur Blütezeit der einzelnen Sorten finden. Man kann
sich darauf einfach nicht verlassen!
Laub
14
Schneeglöckchenlaub besteht aus zwei oder sehr selten drei parallelnervigen Laubblättern, die grundständig zusammenstehen, also
direkt aus dem Erdboden zu entspringen scheinen. Es treibt bereits
im Winter aus und ist bei den meisten Arten von einer Wachsschicht
überzogen, die das Blatt bläulich oder grünlich-blau erscheinen lässt.
Für den Laien und den Fachmann ist es gleichermaßen wichtig zu
wissen, wie sich die Blätter aus der Zwiebel eines Schneeglöckchens
entwickeln. Denn dies ist nicht nur für die Wildformen ein wichtiges
Unterscheidungsmerkmal, sondern kann auch für die Bestimmung
der Herkunft in Kultur entstandener Sorten aufschlussreich sein.
Man unterscheidet drei verschiedene Arten:
– Die bekannteste dürfte die applanate Form sein. Dieser Ausdruck
bedeutet, dass die Laubblätter sich hier wie zwei flach aufeinandergelegte Hände aus der Zwiebel schieben, sie sind parallel angeordnet und umschließen sich nicht. Besser als bei Schneeglöckchen kann man das bei Narzissen oder Märzen­bechern
Wie aufeinander gelegte Hände
entfalten sich applanate Blätter.
erkennen. Ein typischer Vertreter ist Galanthus nivalis. Weiter
gehören dazu Galanthus angustifolius, G. cilicicus, G. gracilis (nicht
eindeutig), G. lagodechianus, G. peshmenii, G. reginae-olgae, G. rizehensis, G. trojanus.
– Die plicate Form ist eine Abwandlung der applanaten Stellung, hier sind die Blattränder allerdings leicht nach außen
gefaltet (lat. plicare, falten), wie das bei der Art Galanthus plicatus der Fall ist.
– Volut oder supervolut (lat. volutum, das Gerollte) nennt man
Laubblätter, die umeinander gefaltet sind, ähnlich wie bei
Tulpen. Galanthus elwesii ist der bekannteste Vertreter dieser
Form. Zu dieser Gruppe zählen außerdem: Galanthus alpinus,
G. fosteri, G. ikariae, G. koenenianus, G. krasnovii, G. platyphyllus,
G. transcaucasicus, G. woronowii.
Bei plicaten Blättern
ist der Rand auffallend
gefaltet. Arten wie
G. transcaucasicus (unten) haben im frühen
Stadium umeinander gerollte (volute)
Blätter.
Zwiebel
Die Zwiebeln der Schneeglöckchen bestehen aus mehreren
Schichten dünner Zwiebelschuppen, die nur von einer dünnen
Schutzhaut umgeben sind. Sie sind die Speicherorgane der
Pflanze während der mehrmonatigen Ruhezeit im Sommer.
Herkunft und Vorkommen
Schneeglöckchen sind inzwischen zwar in allen gemäßigten Klimazonen der Welt zu Hause, ihre Heimat aber ist ausschließlich Europa
und der Südwesten Asiens. Kleinasien, der Kaukasus und Transkaukasus gehören ebenso dazu wie die Balkanhalbinsel und die Region
um das Kaspische Meer. Das Verbreitungsgebiet umfasst Länder wie
Griechenland, die Türkei, Russland, Aserbaidschan, Georgien, Kro­
atien und natürlich auch Deutschland.
­
Arten
16
In Kultur sind heute gesichert neunzehn Arten von Schneeglöckchen bekannt. Sie werden hier in Kürze vorgestellt und auch auf den
Sammler- und Gartenwert dieser Wildformen hinweisen.
langsam, und erst nach vielen Jahren stehen vielleicht acht oder zehn
Blüten in einer Gruppe. Im Wuchs außergewöhnlich, verdient sie wegen ihrer zarten Gestalt besondere Beachtung. Die Blüte sieht wie
eine kleinere Ausgabe von Galanthus nivalis aus, hat aber schmalere
äußere Perianthblätter. Das Laub ist zur Blütezeit ungefähr halb so
hoch wie der Blütenstiel.
Galanthus alpinus
Galanthus cilicicus
Diese Art hat zwei Varitäten: Galanthus alpinus var. alpinus und Galanthus alpinus var. bortkewischianus. Die Pflanze hat supervolute Blätter
und erinnert an Galanthus elwesii, bleibt aber in der Regel in allen Teilen deutlich kleiner. Das Laub ist im Vergleich zu G. elwesii schmaler und weniger stark bereift als bei einigen Formen dieser Art. Die
Blüten haben eine umgekehrt V- bis U-förmige grüne Markierung
am unteren Ende der inneren Perianthblätter. Die Pflanzen
wachsen in Höhen von bis zu 2200 Metern und kommen im
Kaukasus und in Transkaukasien (Georgien, Armenien und
Aserbai­dschan) vor. Trotz dieses großen Verbreitungsgebiets
sind sie an den Naturstandorten seltener vertreten als einige
andere Arten.
Beide Varietäten von Galanthus alpinus sind vollkommen
Galanthus alpinus
winterhart, aber in Kultur nicht oft vertreten. Sie benötigen Kalkboden und bilden mit der Zeit kleine Gruppen.
Galanthus angustifolius
Diese Art erinnert an ein sehr schmalblättriges Galanthus nivalis. Die
Blätter sind applanat angeordnet und stehen im Vergleich zu G. nivalis stärker aufrecht. G. angustifolius kommt nur im nördlichen Kaukasus vor und wächst dort auf schweren Lehmböden. Sie vermehrt sich
Diese Art kommt sehr selten in Sammlungen vor. Das im Herbst
blühende Schneeglöckchen stammt aus der Südtürkei und wächst
dort ähnlich wie Galanthus peshmenii in Felsspalten oder -taschen. Das
blaugrüne Laub ist applanat und im Gegensatz zu G. peshmenii zur
Blütezeit bereits einige Zentimeter hoch. Dieses Schneeglöckchen
ist nicht nur aufgrund des kleinen Verbreitungsgebiets rar; es ist wenig robust und die Blüten sind nicht gerade außergewöhnlich. Nach
meiner Erfahrung gedeiht G. peshmenii besser, ist wüchsiger und hat
zudem das reizvolle Merkmal, dass zur Blütezeit nur winzige Spitzen
des Laubs zu sehen sind. Galanthus cilicicus ist eher eine Art für das
Kalthaus, wo man die Pflanzen in Töpfen mit durchlässiger, aber humusreicher Erde kultivieren kann.
Galanthus elwesii
Als großer Bruder der heimischen Schneeglöckchen ist Galanthus
elwesii vielen Gartenfreunden bekannt. Die Art ist unglaublich formenreich und variiert in Blatt und Blüte beträchtlich. Alles an diesem Schneeglöckchen ist groß. Die Laubblätter sind supervolut
angeordnet und kommen zu zweit oder dritt aus der Zwiebel. Sie
sind breit und können straff aufrecht oder aber lappig sein. Einige
Formen haben stark blaugrau bereiftes Laub, während andere un-
ter der immer vorhandenen Wachsschicht grünlich-grau oder sogar
gelblich-grün schimmern können. Einige Naturformen haben dicke
und feste rundliche, andere dagegen eiförmige Zwiebeln, in denen
die einzelnen Zwiebelschuppen sehr lose umeinander liegen. Auf die
Blütengröße hat das aber keinen Einfluss. Besonders die äußeren Perianthblätter sind auffällig und zum Teil mehrere Zentimeter lang,
teilweise drei- bis viermal so lang wie die inneren Perianthblätter.
Es gibt zwei Unterarten, die sich am leichtesten an den Markierungen der inneren Perianthblätter erkennen lassen. Bei G. elwesii var.
elwesii sind es immer zwei Markierungen am oberen und am unteren
Ende der Blütenblätter, die unter Umständen jeweils wiederum in
zwei Tupfen zerteilt sein können, aber auch zu einer einzigen, sehr
großen Markierung verschmelzen können, die dann fast das ganze Blütenblatt bedeckt. Dagegen weist G. elwesii var. monostictus nur
eine einzige Markierung am unteren Ende auf. Auch in der Blütezeit
variiert dieses Schneeglöckchen: Einige Formen beginnen schon im
Dezember mit der Blüte, während andere deutlich später als G. nivalis blühen. Im Großen und Ganzen blüht G. elwesii aber früher als
G. nivalis.
Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über weite Teile der Türkei
und Griechenlands bis nach Bulgarien und in die Ukraine. An den
meisten Naturstandorten stecken die Zwiebeln sehr tief im
Boden. Innerhalb des großen Verbreitungsgebiets besiedelt
die Art unterschiedliche Areale: Mischwald, Gebüschgebiete
und sogar Felsspalten. Dieses Schneeglöckchen zählt zu den
in der Türkei am häufigsten gesammelten und von dort exportierten Arten. Heute ist die Wildpflanzensammlung allerdings – zumindest theoretisch – streng limitiert.
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Galanthus elwesii
Galanthus fosteri
Dieses außergewöhnliche Schneeglöckchen bereitet vielen GalanthusLiebhabern Kopfzerbrechen. Es gilt zwar als empfindlich und wärmebedürftig, ist es aber nicht. Es kommt aus der Türkei, dem Libanon und Syrien, wächst meist an schattigen Standorten – und ist also
von Natur aus keine wärmeliebende Pflanze für exponierte Stellen
im Steingarten. Galanthus fosteri ist eine durch und durch erstrebenswerte Gartenpflanze: Die glänzend grünen, supervolut angeordneten
Blätter sind deutlich geadert und passen wunderbar zu den
strahlend weißen Blüten, die breite äußere Perianthblätter haben und innen hellgrüne Markierungen, die an jene von Galanthus elwesii erinnern. Die Blüten sind viel eleganter als die der
G.-elwesii-Typen, sie wirken fast zerbrechlich. Dabei ist Galanthus fosteri hart im Nehmen, wenn es um Minusgrade geht. Es
blüht bei uns sehr früh und öffnet die stark nach Honig duf- Galanthus fosteri
tenden Blüten bereits vor den meisten Galanthus elwesii. Daher
ist ein Platz in Hausnähe gut geeignet, um die Pflanzen gebührend
bewundern zu können, auch wenn sie den Schutz eigentlich nicht
benötigen. Man kann sich dort aber besser an den Blüten erfreuen.
An den Boden stellt dieses Schneeglöckchen keine besonderen Ansprüche und es vermehrt sich bei uns gut – inzwischen auch durch
Samen. Unter den grünblättrigen Galanthus-Arten ist es sicher das
schönste und man sollte unbedingt danach Ausschau halten – auch
wenn man sich nicht unbedingt für Wildarten interessiert.
Galanthus gracilis
Auch dieses Schneeglöckchen tanzt aus der Reihe. Wie Galanthus elwesii hat es bereifte Blätter, bleibt aber in allen Teilen meist kleiner.
Die Abgrenzung zu der nahe stehenden Art war lange Zeit schwie-
20
rig, gilt aber nun als gesichert. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal ist die Blattstellung, die im Grunde sowohl supervolut als auch applanat ist. Zeigen sich die
ersten Spitzen, scheint es sich fast um ein G. elwesii zu
handeln, doch mit zunehmender Länge der Laubblätter
stehen sie sich applanat gegenüber. Das ist nicht immer
Galanthus gracilis
leicht zu erkennen, weil das Laub einiger Typen in sich
gedreht ist. Insgesamt ist es viel schmaler als bei G. elwesii
und erscheint manchmal grasartig. Auch die Blaufärbung ist meist
weniger intensiv. Die Blüten haben zwei Markierungen; eine dicke
oben, die die Hälfte der inneren Perianthblätter abdeckt, und eine
umgekehrt V- oder U-förmige am unteren Ende der Blüte. Im Gegensatz zu G. elwesii sind die drei inneren Perianthblätter leicht nach
außen gespreizt und berühren sich meist kaum.
In der Natur erstreckt sich das Verbreitungsgebiet ähnlich dem der
verwandten Art G. elwesii über westliche Teile der Türkei und reicht
bis nach Bulgarien und an die nordwestliche Küste des Schwarzen
Meers, wo es häufiger ist.
Galanthus gracilis ist eine unkomplizierte, aber recht zierliche Pflanze, die wegen der geringen Größe einen besonderen Platz verdient.
Zwischen Steinen macht sie sich besonders gut, die dafür sorgen,
dass der Boden im Sommer kühl bleibt.
wöhnlich schöne Pflanze: Die Blüten sind recht groß und haben eine
dicke, umgekehrt U-förmige grüne Markierung am unteren Ende der
inneren Perianthblätter. Dies und das mattgrüne Laub unterscheidet es bei näherer Betrachtung leicht vom viel häufigeren Galanthus
woronowii. Das applanate Laub ist in sehr harten Spätwintern
frostgefährdet. Daher kann man dieses Schneeglöckchen als
empfindlich bezeichnen. Es stammt von den Ägäischen Inseln und wächst dort oft in Wassernähe an sehr schattigen
Standorten. Feuchter Boden ist im Garten nicht unbedingt
notwendig, aber die Pflanzen werden dort kräftiger und viel
üppiger als in normalem Gartenboden. Galanthus ikariae ist Galanthus ikariae
eines der wenigen Schneeglöckchen, die es von Natur aus gewohnt sind, sich durch eine dichte Decke immergrüner Vegetation zu
kämpfen, denn es wächst oft in Flächen von Efeu. Erstaunlicherweise
vermehrt es sich dort auch durch Aussaat gut. Will man dies im Garten erreichen, sollte man für schattige und feuchte Bodenverhältnisse
sorgen, denn nichts schadet den Sämlingen so sehr wie Trockenheit.
Wer G. ikariae erfolgreich kultivieren und angemessen präsentieren
will, sollte es in der Nachbarschaft immergrüner Stauden und Gehölze pflanzen. Hier profitiert es auch vom günstigen Mikroklima.
G. ikariae gehört zu den üppigsten Schneeglöckchen im Garten, wenn
es sich wohlfühlt.
Galanthus ikariae
Galanthus koenenianus
Dieses grünblättrige Schneeglöckchen ist lange ein »Phantom« gewesen. Unter seinem Namen wurde nämlich meist das ebenfalls grünblättrige Galanthus woronowii verkauft, das noch in größeren Mengen
wild entnommen und gehandelt werden darf. Als Sammler muss
man sagen: schade! Denn das echte Galanthus ikariae ist eine außerge-
Diese aus dem Nordosten der Türkei stammende Art wurde erst Ende
der 1980er-Jahre vom Sammler Manfred Koenen entdeckt. Seither gehört sie zu den seltensten und begehrtesten Wildformen. Allerdings
gibt es in Kultur nur wenig Pflanzenmaterial, und es ist schwierig, an
Exemplare heranzukommen. Neulinge in der Galanthus-Welt würden
22
die Aufregung um diese Art kaum verstehen, denn
auf den ersten Blick erscheint G. koenenianus wie ein
ganz gewöhnliches Schneeglöckchen – auch wenn
das Laub supervolut und nicht applanat ist. Man
muss schon genauer hinschauen, um die besonderen Merkmale dieses Schatzes zu erkennen. Zum
einen hat die Blüte eine sehr schmale, umgekehrt
Galanthus koenenianus
U-förmige und helle Markierung am unteren Ende
der inneren Perianthblätter. Zum anderen ist das blaugraue Laub auf
der Unterseite deutlich gefurcht. Diese Längsrippen sind einzigartig
in der Gattung. G. koenenianus ist eine Mischwaldpflanze, die in der
Natur leicht saure Böden bevorzugt. Es gilt als unkompliziert und
winterhart.
Galanthus krasnovii
Noch eine außergewöhnliche Wildart, die ebenfalls schwer zu bekommen ist. Das bemerkenswerteste Charakteristikum dieser Pflanze sind die in Vollblüte nach oben gebogenen Spitzen der äußeren
Perianthblätter, die zudem fast viermal so lang sind wie die inneren
Perianthblätter. Ein blühender Tuff hat eine beeindruckende Wirkung
und unterscheidet sich von jedem anderen Schneeglöckchenblütenbild. Das supervolute Laub ist hellgrün und breit, die
inneren Perianthblätter tragen eine helle Markierung am
unteren Ende, die an Mausezähnchen erinnert. Im Garten blüht dieses Schneeglöckchen verhältnismäßig spät,
eine Eigenschaft, die es mit dem ihm nahe stehenden
Galanthus platyphyllus teilt. G. krasnovii ist in der Natur
nicht weit verbreitet und wurde bisher nur an wenigen
Standorten im Nordosten der Türkei, in Georgien und
Galanthus krasnovii
an der Ostküste des Schwarzen Meers gefunden. Es wächst sowohl
an Flussufern als auch auf Waldlichtungen oder am Waldrand. Auch
diesem Schneeglöckchen sagt ein feuchterer Gartenboden zu.
Galanthus lagodechianus
Von allen Schneeglöckchen des Kaukasus ist dieses vermutlich das
seltenste. Es blüht relativ spät in der Saison, stammt aus alpinen Lagen und ist darum sehr winterhart. Das Laub ist schmal und
grün und zur Blütezeit relativ wenig entwickelt. Das bringt die
zierlichen Blüten gut zur Geltung, die mit den kleinen umgekehrt U- oder V-förmigen Markierungen am unteren Ende der
inneren Perianthblätter nicht ungewöhnlich gezeichnet sind.
Ein unauffälliges Schneeglöckchen, das wegen der späten
Blüte für Sammler der Naturformen interessant sein dürfte.
Galanthus lagodechianus
Allerdings ist es kaum in Kultur bekannt.
Galanthus nivalis
Das einheimische kleine Schneeglöckchen hat ein enorm großes
Verbreitungsgebiet mit Vorkommen in West-, Süd- und Osteuropa
(Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich, Balkan, westliche Ukraine und südliches Polen). In weiten Teilen Deutschlands
und der Niederlande ist es eingebürgert, ursprünglich war es nur
im Südwesten Deutschlands verbreitet. Entsprechend diesem Verbreitungsgebiet gibt es einen großen Formenreichtum. Das Laub ist
immer mehr oder weniger bereift, bei einigen Sorten eher gelblichgrün, bei anderen stahlblau. Auch in der Blütengröße variiert die Art
stark. Auch wenn in letzter Zeit an Naturstandorten gefundene Formen kleiner sind als andere Arten, sind sie doch ungemein reizvoll.
Es gibt sogar vollkommen weiße Blüten und Typen, die nur weni-
ge Zentimeter hoch werden. Galanthus nivalis wächst im Garten fast
überall und ist eines der unkompliziertesten Schneeglöckchen.
Galanthus peshmenii
24
Manche Schneeglöckchen gelten als empfindlich. Diese Art hingegen, die nur in einem winzigen Areal im Südwesten der Türkei
und auf der griechischen Insel Kastellorizo vorkommt,
wächst in Meeresnähe an felsigen, nach Norden gewandten Standorten. Auf den ersten Blick gleicht es einem gewöhnlichen Galanthus nivalis, blüht aber bereits im Herbst.
Daher benötigt es im Garten einen freien Standort, damit
die ab Anfang Oktober erscheinenden Blüten zur Geltung kommen können. Erst nach der Blüte beginnt das
Laub zu wachsen, das den Winter überdauert. Bei mir hat Galanthus peshmenii
Galanthus peshmenii schon mehrere Extremwinter im Freiland schadlos überstanden (Temperaturen bis –20 °C, allerdings mit
Schneedecke). Man kann die Art also bedenkenlos für die Freilandkultur empfehlen. Bis auf die frühe Blütezeit bietet diese kleine Form
aber kaum Reizvolles für Galanthophile, die Wert auf besondere äußere Merkmale legen.
Galanthus platyphyllus
Galanthus platyphyllus
Diese Art stammt aus den Höhen des Kaukasus und blüht
dort zur Schneeschmelze. Wie viele Pflanzen, die sich an solche Standorte angepasst haben, ist es gezwungen, die Blüten
so schnell wie möglich zu öffnen, denn jeder Tag zählt in der
kurzen Vegetationsperiode. Diese Angewohnheit hat es im
Garten behalten. Daher erscheinen die Blüten manchmal mit
den ersten Spitzen des grünen Laubs und stehen dicht über
dem Erdboden. Bei aller Ungewöhnlichkeit der sehr breiten grünen
Blätter macht diese im Garten unerwünschte Eigenschaft den Vorteil
der sehr späten Blüte nicht wett. Auch wenn dieses Schneeglöckchen
vier bis sechs Wochen später als andere blüht, bekommt man die Blüte kaum zu Gesicht. Insgesamt ein seltenes Galanthus, das aber nur
der Vollständigkeit halber erwähnt werden soll. Als Gartenpflanze,
die von einigen Spezialgärtnereien vermehrt angeboten wird, ist es
kaum der Rede wert.
Galanthus plicatus
Von der Halbinsel Krim, aus dem Norden der Türkei und aus Rumänien kommt dieses spät blühende Schneeglöckchen zu uns. Als
einzige Art hat es Blätter mit einem gefalteten Rand. Das ist nicht
weiter auffällig, wohl aber die großen, rundlichen Blüten, die bei einigen Naturformen erst dann erscheinen, wenn die meisten anderen
Formen bereits verblüht sind. Allerdings blühen einige Sorten dieser
Art wiederum ausgesprochen früh, wie zum Beispiel ‘Colossus’. Das
Laub ist regelmäßig breit und hat oft einen dunkleren Streifen in der
Mitte, der manchmal deutlich an dem Wachsüberzug zu erkennen ist.
Es gibt zwei Unterarten, Galanthus plicatus subsp. plicatus und G. plicatus subsp. byzantinus, deren Unterscheidung auch für Schneeglöckchenkenner nicht immer eindeutig ist.
In jedem Fall ist die Art eine unverzichtbare Bereicherung, auch
weil viele berühmte Sorten aus ihr hervorgegangen sind. Die Markierungen am unteren Ende der inneren Perianthblätter sind sehr vari­
abel. Im Garten ist G. plicatus denkbar unkompliziert, was auch für
alle seine Abkömmlinge gilt.
Galanthus reginae-olgae
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Die beiden Unterarten dieses Schneeglöckchens, Galanthus reginaeolgae subsp. reginae-olgae und G. reginae-olgae subsp. vernalis, sind wegen der frühen Blüte für Sammler interessant. Sie stammen hauptsächlich vom griechischen Peloponnes und gleichen dem gewöhnlichen Schneeglöckchen sehr. Im Herbst blüht die erste Unterart,
bei uns meistens im Oktober und November, noch ohne Laub. Die
zweite hingegen blüht einige Wochen vor Galanthus nivalis, und das
Laub erscheint mit den Blüten – sofern strenger Frost und eine dicke
Schneedecke dies nicht verhindern.
Im Garten bevorzugen beide deutlich durchlässigere Böden als alle
anderen Schneeglöckchen und vertragen im Spätfrühling und Sommer mehr Sonne und Wärme. Dauerfeuchter oder gar nasser Boden
sagt ihnen gar nicht zu. Standorte im Kronenbereich alter Bäume,
auch in Stammnähe, mögen sie wegen des dort trockeneren Bodens.
Beide Unterarten sind gut winterhart, profitieren aber von einem
wintermilden Klima, da nur dann die Blüte entsprechend auffällt.
Galanthus rizehensis
Es ähnelt mit seinen grünen Blättern G. lagodechianus. Auch die Blüte hat eine ähnliche, einzige Markierung. Galanthus rizehensis ist vor
allem im Nordwesten und Nordosten der Türkei verbreitet,
kommt aber auch im Süden Russlands und in Georgien vor.
Es mag feuchtere Standorte und wächst in Mischwäldern, dort
besonders gern an Bachtälern oder Felsen, oft in der Nachbarschaft zu Frühlings-Alpenveilchen (Cyclamen coum) und
Nieswurz (Helleborus). Dieses Schneeglöckchen ist in Kultur
relativ selten, was daran liegen mag, dass einige der schönsten
Galanthus rizehensis
und größeren Formen der Art noch nicht sehr bekannt sind.
Ähnlich wie Galanthus nivalis ist es recht variabel und außerdem sehr
anpassungsfähig. Hier wird noch einiges zu entdecken sein.
Galanthus transcaucasicus
Aus dem östlichen Kaukasus, Armenien, Aserbaidschan und
dem Nord-Iran kommt dieses Schneeglöckchen zu uns. Den
anderen grünblättrigen Formen nahe stehend, erinnert es
wohl am meisten an G. woronowii. Das Laub ist supervolut und
mattgrün, die Blüten haben eine kleine Markierung am unteren Ende der Perianthblätter. Da es noch selten ist, stehen
Galanthus transcaucasicus
zuverlässige Informationen über seine Kultur aus.
Galanthus trojanus
Erst seit 2001 besitzt dieses Schneeglöckchen den Status einer eigenen Art, obwohl es schon 1994 entdeckt wurde. Galanthus trojanus
wurde nur im Nordwesten der Türkei gefunden und dort in einem relativ kleinen Areal. Es wächst vornehmlich in Zerr-Eichen-Beständen
(Quercus cerris) in Höhen von ungefähr 350 Metern. Da es so selten ist
und kaum Pflanzen im Umlauf sind, ist es bei Sammlern sehr begehrt
und wird wohl noch lange eine Rarität bleiben. Es sieht aus wie eine
Mischung aus Galanthus nivalis (Blüte) und G. rizehensis (Blatt). Eine
hübsche kleine Pflanze, die aber keinen besonderen Gartenwert hat.
Man sollte den sehr begrenzten Naturvorkommen Ruhe gönnen und
sich besser auf interessantere Arten und Sorten konzentrieren. Verzicht wird schließlich auch zum Erhalt der Art beitragen.
Galanthus woronowii
Dieses grünblättrige Schneeglöckchen ist vielleicht das einzige, das
man wegen seines Laubs im Garten pflanzen sollte. Glänzend grün
64
Sorten im Porträt
‘Ballerina’ ist ein faszinierendes
Schneeglöckchen mit regelmäßigem
Blütenaufbau.
Sortenvielfalt
66
Inzwischen gibt es wohl weit über 500 verschiedene Galanthus-Sorten.
Um in diesem Wirrwarr für Ordnung zu sorgen, verwenden Autoren
und Sammler voneinander abweichende Klassifizierungen. Es gibt
Unterscheidungen nach Blütenformen und -zeichnungen ebenso wie
nach Farbe der Markierungen. Es gibt auch Versuche, die einzelnen
Kultivare den Arten zuzuordnen, was die Sache noch komplizierter
macht. Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sie in der Fachliteratur sinnvoll sein mögen, für Galanthophile aber in der Praxis des Sammelns keinen Wert haben. Denn wer
Schneeglöckchen sammelt, kauft oder tauscht Pflanzen, die entweder
bereits einen Namen haben oder aber so neu sind, dass es noch keine
eigene Sortenbezeichnung gibt (siehe auch S. 150 ff.). Man wird also
in der Praxis so gut wie nie vor das Problem gestellt, eine Sorte identifizieren zu müssen. Warum also ein aufwendiges System, dessen
Zuordnung doch nicht eindeutig ist?
Die meisten Schneeglöckchenliebhaber kaufen nach Aussehen
und nach Namen. Es gibt zunächst den Wunsch und dann den Kauf.
Sammler und Händler sind sich bei der Sortenbezeichnung einig
und es ist äußerst unwahrscheinlich, dass man eines Tages vor einem
Schneeglöckchen steht, dessen Name dem Verkäufer oder Besitzer
nicht bekannt ist.
Daher steht dieses Buch in der Tradition englischsprachiger Farb­
enzyklopädien, die deshalb so beliebt sind, weil sie eine größtmögliche Sortenvielfalt abbilden. Auf den folgenden Seiten werden mehr
als 300 Sorten gezeigt, und zwar in alphabetischer Reihenfolge.
Mit Glasglocken oder anderen Auf­
sätzen lassen sich Schneeglöckchen
bei schlechtem Wetter für Fotos
in Topform bewahren.
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‘Acton Piggot No. 3’
‘Ailwyn’
‘Alburgh Claw’
‘Alison Hilary’
Eine Sämlingsauslese mit sehr großen, spitz zulaufenden äußeren Perianthblättern. Wurde schon 1997 dem
RHS Rock Garden Plant Commitee vorgestellt, erhielt aber
keine Auszeichnung.
Blüht sehr früh. Von allen doppelten Schneeglöckchen
aus G. elwesii ist ‘Ailwyn’ mit absolut regelmäßigen
äußeren Blütenblättern am vollkommensten. Wurde
an der Anglesey Abbey im Jahr 1994 gefunden.
Ein quastenblütiges Schneeglöckchen. Sehr variabel
in der Blüte. Hat stachelige (spiky) und spitze Blüten.
1993 von Robert Marshall in Alburg, Suffolk, gefunden. Unter den ‘Spikies’ hat es die größten Blüten.
Ein sehr schönes, klar gezeichnetes Schneeglöckchen
mit einmalig großer X- oder H-Zeichnung. Ausgewählt 1996 aus der Schneeglöckchen-Kolonie am
ehemaligen Backhouse Garden in Sutton Court.
‘Alan’s Treat’
‘Alanya Yayla’
‘Amberglow’
‘Amy Doncaster’
Poculiformes Schneeglöcken mit grünen Markierungen
auf den Perianthblättern. Sehr elegante Form von
G. nivalis.
Eine der besten Formen von G. elwesii, die hauptsächlich in Deutschland bei Sammlern verbreitet ist. Sie ist
recht groß, die Blüten haben eine sehr gute Substanz.
Eine auf den ersten Blick nicht spektakuläre G.-elwesiiForm. Da die inneren Perianthblätter sehr dünn sind,
scheinen die gelborangefarbenen Staubgefäße zu
leuchten. 1997 von Phil Cornish entdeckt.
Eine der schönsten bekannten G.-plicatus-Typen.
Gehämmerte äußere Blütenblätter, zur Spitze hin
sechs grüne Streifen. Wurde von Amy Doncaster
etwa 1988 weitergegeben.
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‘Angelfly’
‘Angelina’
Eine G.-nivalis-Auslese mit kräftiger grüner Zeichnung.
Große, grün gestrichelte äußere Blütenblätter. Eine
Auslese aus dem Oirlicher Blumengarten 2008.
Eine der schönsten G.-nivalis-Auslesen überhaupt.
Große äußere Perianthe mit intensiver Grünzeichnung. Aus dem Garten von Angelina und Zlatko
Petrisevac. Eines der gesuchtesten Schneeglöckchen.
‘Angelique’
Poculiformes Schneeglöckchen französischen Ursprungs. Innere Perianthe nur wenig kürzer als die
äußeren und mit winzigen grünen Markierungen
versehen. Sehr gut wachsend.
‘Anne of Geierstein’
‘Ann’s Millennium Giant’
Ein eher kleines G. plicatus mit sehr dicken äußeren
Perianthblättern. Die Blüten halten recht lange. Eine
alte Sorte, die aber selten im Handel ist.
Ein recht unspektakuläres Schneeglöckchen, 1999 von
Ann Smith eingeführt. Bedeutende Namen sind keine
Garantie für außergewöhnliche Sortenmerkmale.
‘Anglesey Abbey’
‘Armine’
‘Art Nouveau’
Die inneren Blütenblätter sind kaum gezeichnet und
fast genauso lang wie die Außentepalen. Die poculi­
formen Blüten fallen sehr unterschiedlich aus. Blüht
sehr früh.
Eine große und spät blühende G.-plicatus-Hybride.
Charakteristisch ist die ausdrucksstarke grüne Markierung mit zwei Augen am unteren Rand. Auslese, nach
Brigadier und Mrs Mathias’ Tochter benannt.
Ein schönes Schneeglöckchen, mit sanfter grüner
Markierung und langen äußeren Perianthblättern,
mit weichen grünen Linien in der Nähe der Spitzen.
Aus der gleichen Provenienz wie ‘Angelique’
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‘Atkinsii’
‘Augenschmaus’
‘Babraham’
‘Bagpuize Virginia’
Klassische, früh blühende Hybride, vermutlich zwischen G. nivalis und G. plicatus. Große herzförmige
Markierung. Sehr kräftige Blüte und stabile Pflanze.
Eine Auslese aus dem Garten in den Wiesen
bei Cottbus. Sehr harmonische große Blüte.
Ein elegantes Schneeglöckchen.
Ein Schneeglöckchen aus Cambridgeshire mit rund­
lichen Blüten. Vermutlich eine Kreuzung zwischen
G. nivalis und G. plicatus. Duftet sehr angenehm.
Sehr schönes, regelmäßig gefülltes G. nivalis mit
schmalen Außenperianthen. Wurde im Jahr 2000 während der Galanthus-Gala im Garten von Virginia und
Francis Grant in Kingston Bagpuize House gefunden.
‘Augustus’
Auslese Elbe
‘Ballerina’
‘Barbara’s Double’
Recht rundliche, wohlproportionierte Blüten mit
reinweißen äußeren Perianthen, die eine gekreppte
Struktur aufweisen. Innere Perianthe grün mit Taille
und einem weißen Spiegel im Basalbereich.
Dieses Schneeglöckchen wurde an der Oberelbe
gefunden. Es hat noch keinen Namen.
Sieht aus wie ein Ballettrock, daher der Name. Sehr
schön gleichmäßig gefülltes Schneeglöckchen. Wurde
von J. Cornish im Jahr 1991 gefunden. Eines der
schönsten gefüllten Galanthus und sehr begehrt!
Eine ent­zückende gefüllte Sorte, die immer regel­
mäßig geformte Blüten hat. In Sibbertoft Manor
von E. A. Bowles ausgelesen.
74
‘Baytop’
‘Benhall Beauty’
Sehr große Form dieser Art. Sie wurde vom türkischen
Botaniker Turhan Baytop 1976 gefunden. Das Laub ist
deutlich breiter als bei anderen Formen von
G. rizehensis.
Sehr früh blühende Hybride. Viel bewunderte Sorte,
mit einer auffallenden Blaufärbung der Blätter. Ein
Sämling aus dem Garten von John Gray, der zu Beginn
der 1960er-Jahre benannt wurde.
‘Berkeley’
‘Beth Chatto’
‘Betty Hansell’
In England fotografiertes Schneeglöckchen, für das
noch keine Beschreibung vorliegt.
Schöne runde Blüten. Eine G.-plicatus-Form, die spät
blüht. Die Markierung der inneren Perianthe ist ein X,
das im oberen Teil deutlich heller im Grün ist. Etwa
1960 im Garten von Beth Chatto entdeckt.
Sehr regelmäßig gefülltes Schneeglöckchen, dessen
Füllung gut von der Seite zu sehen ist. Es bringt oft
zwei Blütenstängel pro Zwiebel hervor. 1994 von
Robert Marshall in Norfolk entdeckt.
76
‘Big Boy’
‘Big Eyes’
‘Blewbury Tart’
‘Blonde Inge’
Ein sehr großes Schneeglöckchen mit kräftigen Blütenstielen. Blüte soll bis zu 5 Zentimeter groß werden,
an den Spitzen grün. Die innere Markierung ist ein
großer grüner Fleck.
Sehr auffälliges Schneeglöckchen mit ausdrucksstarker
Markierung. Wurde auf der Snowdrop-Gala 2011 in
England gezeigt und wird wohl bald auch eingeführt.
Blüht früh. Es handelt sich um eine eigenwillige, aber
auch auffällige Sorte mit seitlichen oder nach oben
gerichteten Blüten, die gefüllt sind. Stark grün gezeichnet. Von Alan Street in Blewbury entdeckt.
G. nivalis mit intensiver gelber Zeichnung und einem
grünen Fruchtknoten, die sich aber erst nach ein bis
zwei Standjahren deutlich zeigt. Wurde in Köln auf
einem Friedhof in den 1970er-Jahren gefunden.
‘Bill Bishop’
‘Bill Clark’
‘Bloomer’
‘Bohemia Sikrit’
Sehr ähnlich wie ‘Bertram Anderson’, aber mit früherer
Blütezeit. Das Laub ist graugrün und deutlich gefaltet.
Die Pflanze wurde nach Bill Bishop aus Herefordshire
benannt.
Gelber Fruchtknoten und Innenmarkierung. Wurde
1970 in Wandlebury Ring gefunden und nach dem
Aufseher Bill Clark benannt.
Ein opulentes Schneeglöckchen mit schöner grüner
Markierung auf den inneren Perianthen. Wird seit
etwa 1990 angeboten und hat sehr viel Ähnlichkeit mit
‘Tubby Merlin’. Der Fruchtknoten ist grünlich-gelb.
Eine poculiforme Auslese. Oft sehr regelmäßig aufgebaute Blüte mit nahezu gleich langen inneren und äußeren Perianthblättern. Manchmal mit kleinen grünen
Markierungen auf den inneren Perianthen.
78
‘Bohemia White’
‘Bowles Large’
‘Britta’
‘Broadwell’
Sehr kleiner G.-nivalis-Typ. Die Blüte ist rein weiß, und
nur ausnahmsweise zeigen sich winzige blassgrüne
Markierungen am unteren Ende der inneren Perianthblätter. Auslese von Wolfgang Kletzing.
Eine Pflanze, die auf E. A. Bowles zurückgehen soll.
Die Blüte ist allerdings keinesfalls größer als bei
anderen G. plicatus.
Ein wüchsiges gefülltes Schneeglöckchen, dessen Blüten vom Ovarium aus ganz leicht grünlich überhaucht
scheinen. Einige der inneren Perianthe sind oft fast so
lang wie die äußeren.
Ein schönes G. elwesii, mit blassgrünen Markierungen
am unteren Ende der äußeren Perianthblätter. Gut
wachsend.
‘Brenda Troyle’
‘Bridesmaid’
‘Bruce Lloyd’
‘Bunch’
Für diese Form werden zwei Ursprungsorte genannt,
die Beschreibung ist ungenau. Vermutlich wurde die
Sorte mit ähnlichen vermischt. Unter diesem Namen
sind stabile große Schneeglöckchen im Handel.
Eine wüchsige poculiforme Hybride. Sie hat meistens
sechs gleich lange Blütenblätter. Nur in seltenen Fällen
zeigen sich noch Spuren einer Zeichnung auf den
unteren Abschnitten der inneren Perianthe.
Üppiges Schneeglöckchen mit einem dicken X auf den
inneren Perianthblättern. Pedikel recht lang, sodass die
Blüten hübsch hängen.
Ein quastenblütiges G. nivalis. Stachelig aussehende
Blüten mit vielen langen weißen Blüttenblättern,
die sehr dicht stehen. Innen meist grün. Gehört zu
den G.-nivalis-‘Spiky’-Typen.
80
Byzanthinus subsp. brauneri
‘Carolyn Elwes’
‘Charlotte Jean’
‘Chedworth’
Ein im Winter blühender Typ von G. elwesii aus der
sogenannten Hiemalis-Gruppe. Eine der besten früh
blühenden Formen.
Das erste bekannte gelbe G. elwesii wurde etwa 1993 in
Colesbourne Park gefunden und nach Carolyn Elwes
benannt. Eine spektakuläre Form, die kaum zu haben
ist, da die Originalpflanzen gestohlen wurden.
Ein poculiformes Schneeglöckchen, dessen Blütenhüllblätter wie bei ‘Scharlockii’ ähnlich zwei Eselsohren
neben der rein weißen Blüte stehen. Sehr schön, da
die Staubgefäße durchschimmern!
Robustes G. nivalis mit einer dunkelgrünen Markierung
am unteren Ende der inneren Perianthe. Nicht außergewöhnlich, aber gut wachsend.
‘Cedric’s Prolific’
‘Celadon’
‘Chequers’
‘Christine’
Schöne Markierung auf den inneren Perianthen. Hat
leichte grüne Streifen auf den äußeren Tepalen. Ein
sehr wüchsiges Schneeglöckchen, das schnell größere
Bestände bildet.
Die blasse Fleckung und die bleiche Blüte erinnerten
Amy Doncaster an ihre Sammlung von Töpfereien aus
Celadon. Wurde von ihr in ihrem Garten gefunden.
Ein sehr elegantes Schneeglöckchen.
Eine ungewöhnlich proportionierte Sorte von G. plicatus. Das Laub ist attraktiv blau bereift, die Blüten sind
sehr groß. Es blüht schon im Februar.
Eine sehr große und schöne Form von G. reginae-olgae.
Sie blüht als eines der ersten Schneeglöckchen in der
Zeit nach Weihnachten. Vermehrt sich rasch.
UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE
Günter Waldorf
Schneeglöckchen
Zauber in Weiß.
Über dreihundert Sorten im Fotoporträt
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 160 Seiten, 17,0 x 17,0 cm
ISBN: 978-3-421-03831-9
DVA Architektur
Erscheinungstermin: August 2011
Ein Muss – nicht nur für Galanthophile
In England ist das Sammeln von Schneeglöckchen eine regelrechte Manie. Bereits seit Mitte
des 19. Jahrhunderts machen begeisterte Galanthophile, wie die Sammler auch genannt
werden, von sich reden. Und auch in Deutschland wird diese urbritische Leidenschaft seit ein
paar Jahren immer populärer. Um in der Fülle von unterschiedlichen Sorten den Überblick zu
behalten, porträtiert Günter Waldorf in seinem Buch über 300 verschiedene Schneeglöckchen
– brillant fotografiert in ihrer natürlichen Umgebung. Außerdem erfährt der Leser darin alles
über Pflege und Vermehrung dieser Zwiebelpflanze, über das Sammeln und das richtige
Handwerkszeug. Unverzichtbar für Galanthophile und solche, die sich von diesem kecken
Phänomen noch begeistern lassen wollen, macht das Buch Anfänger neugierig und ist für
Kenner ein praktisches und schönes Nachschlagewerk. Es lohnt sich, schon im Herbst an den
nächsten Frühling zu denken!
• Erstmals: Porträts von über 300 Sorten – in brillanten Fotos und informativen Texten
• Alles über die Pflege und Vermehrung von Schneeglöckchen: Tipps, Handwerkszeug,
Bezugsquellen
• Im deutschsprachigen Raum konkurrenzlos
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