5. Logik in der KI

Werbung
5. Logik in der KI
Wissensbasis:
Menge von Aussagen, die Fakten über die Welt repräsentieren,
formuliert in einer Wissensrepräsentationssprache.
Neue Aussagen können in die Wissensbasis eingefügt werden:
TELL(WB, α) → WB’
Über Abfragen kann ermittelt werden, ob bestimmte Aussagen in der Wissensbasis
vorhanden sind:
ASK(WB, β) → yes gdw. β folgt aus den Aussagen in WB.
Insbesondere gilt: ASK(Tell(WB, α), α) → yes
Inferenzmechanismus:
Ableitung von Aussagen, die aus der Wissensbasis folgen
; Realisierung der ASK-Operation
Einf. in die KI
5–1
Wissensbasierte Agenten
Ein wissensbasierter Agent verwaltet eine Wissensbasis.
• Initial ist dort nur Hintergrundwissen vorhanden.
• Beobachtungen (Perzepte) werden aufgenommen: TELL.
• Der Inferenzmechanismus bestimmt, welche Aktion, in Abhängigkeit der aktuellen
Ziele, als nächste ausgeführt werden soll.
Wissensbasierte Agenten sind Agenten mit internen Zuständen.
Einf. in die KI
5–2
function KB-AGENT( percept) returns an action
static: KB, a knowledge base
t, a counter, initially 0, indicating time
TELL(KB, MAKE-PERCEPT-SENTENCE( percept, t))
action ASK(KB, MAKE-ACTION-QUERY(t))
TELL(KB, MAKE-ACTION-SENTENCE(action, t))
t t+1
return action
Einf. in die KI
5–3
Wissensbasierte Agenten (2)
Beschreibung wissensbasierter Agenten auf drei Abstraktionsebenen:
Epistemologische Ebene: (Wissensebene)
Was weiß der Agent?
Welche Fakten kennt er?
Eine Fahrt von Ulm nach Stuttgart kostet 36.- DM.
Logische Ebene:
Kodierung des Wissens in Aussagen der Wissensrepräsentationssprache
Preis(Ulm, Stuttgart, 36.00)
Implementierungsebene:
Interne Darstellung der Aussagen
Einf. in die KI
5–4
Die Wumpus-Welt (1)
Das Wumpus Computerspiel
Ein Agent erforscht eine Höhle auf der Suche nach einem Goldschatz. Die Höhle
besteht aus mehreren miteinander verbundenen Räumen. Irgendwo in der Höhle
lauert der Wumpus, ein Ungeheuer, das jeden frißt, der in seine Nähe kommt.
Obendrein gibt es Fallgruben, in die der Agent stürzen kann.
• Die Höhle besteht aus 4×4 Feldern (Räumen).
• Auf dem Feld, auf dem sich der Wumpus befindet, und in den unmittelbar
benachbarten Feldern nimmt man einen unangenehmen Geruch wahr (Stench).
• Auf Feldern, die unmittelbar neben einer Fallgrube (PIT) liegen, spürt man einen
Luftzug (Breeze).
Einf. in die KI
5–5
Die Wumpus-Welt (2)
• Das Gold erkennt man am Glitzern (Glitter).
• Falls der Agent gegen eine Wand läuft, spürt er einen Stoß.
• Der Agent besitzt (genau) einen Pfeil, mit dem er den Wumpus töten kann.
• Wird der Wumpus getötet, so ist sein Todesschrei überall zu hören.
• Der Agent stirbt, wenn er in eine Fallgrube fällt oder dem lebenden Wumpus
begegnet.
• Der Agent kann seinen Standort nicht unmittelbar wahrnehmen.
• Wahrnehmungen werden als 5-Tupel dargestellt:
[Stench, Breeze, Glitter, None, None] bedeutet: Geruch, Luftzug, Glitzern, kein
Stoß, kein Schrei.
Einf. in die KI
5–6
Die Wumpus-Welt (3)
• Aktionen: vorwärts gehen, nach rechts wenden, nach links wenden, das Gold
greifen, den Pfeil abschießen, die Höhle verlassen (falls Standort Feld [1,1]).
• Anfangszustand: Agent auf [1,1] nach Osten gewandt, irgendwo der Wumpus, das
Gold und drei Fallgruben.
• Ziel: Hole das Gold und verlasse die Höhle.
Einf. in die KI
5–7
4
Breeze
Stench
Breeze
3
Stench
PIT
Breeze
PIT
Gold
2
Breeze
Stench
Breeze
1
Breeze
PIT
START
1
Einf. in die KI
2
3
4
5–8
Die Wumpus-Welt (4)
1,4
2,4
3,4
4,4
1,3
2,3
3,3
4,3
1,2
2,2
3,2
4,2
A
B
G
OK
P
S
V
W
= Agent
= Breeze
= Glitter, Gold
= Safe square
= Pit
= Stench
= Visited
= Wumpus
1,4
2,4
3,4
4,4
1,3
2,3
3,3
4,3
1,2
2,2
3,2
4,2
OK
OK
1,1
2,1
3,1
A
OK
P?
4,1
1,1
2,1
V
OK
OK
A
B
OK
Einf. in die KI
P?
4,1
(b)
(a)
[1, 2] und [2, 1] sind sicher
3,1
Der Wumpus ist in [1, 3]!
5–9
1,4
1,3
1,2
W!
A
2,4
3,4
4,4
2,3
3,3
4,3
2,2
3,2
4,2
S
OK
1,1
B
V
OK
3,1
1,4
2,4
1,3 W!
1,2
P!
4,1
S
V
OK
1,1
3,4
4,4
2,3
3,3 P?
4,3
2,2
3,2
4,2
P?
A
S G
B
V
OK
2,1
V
OK
(a)
Einf. in die KI
= Agent
= Breeze
= Glitter, Gold
= Safe square
= Pit
= Stench
= Visited
= Wumpus
OK
2,1
V
OK
A
B
G
OK
P
S
V
W
B
V
OK
3,1
P!
4,1
(b)
5 – 10
Wissensrepräsentation (1)
Syntax: Bestandteile und Konstruktionsprinzipien von Aussagen.
Semantik: Beziehung zwischen Aussagen und Fakten in der Welt.
Sentences
Einf. in die KI
Semantics
World
Entails
Semantics
Representation
Sentence
Facts
Fact
Follows
5 – 11
Wissensrepräsentation (2)
Folgerungsbeziehung:
Inferenz/Ableitung:
KB |= α
KB `i α
Eine Inferenzprozedur heißt korrekt, wenn nur solche Aussagen abgeleitet werden, die
auch logisch folgen,
Die Folge der einzelnen Schritte der Inferenzprozedur stellt einen Beweis dar.
Eine Inferenzprozedur ist vollständig, wenn sie jede Aussage, die logisch folgt, ableiten
kann.
Eine Beweistheorie gibt die einzelnen (korrekten) Ableitungschritte an.
Einf. in die KI
5 – 12
Wissensrepräsentation (3)
Deklarativ:
Logische Sprache, formale Semantik, Inferenzmechanismus, explizite Wissensrepräsentation, Flexibilität, große Ausdrucksmächtigkeit (Konnektoren)
Prozedural:
Domänenwissen in den Berechnungsformalismus integriert, implizite Wissensrepräsentation, zu geringe Ausdrucksmächtigkeit (“Der Wumpus befindet sich auf irgendeinem
Feld”)
Natürlichsprachlich:
Kontextabhängigkeit, Ambiguität (“Kleine Hunde und Katzen”), natürliche Sprache
als Kommunikationsmittel
Einf. in die KI
5 – 13
Logik in der KI
Logik als Grundlage für KI-Methoden:
• Formale Systeme zur Modellierung und Wissensrepräsentation
• Grundlage zur Beschreibung der Semantik anderer Ansätze zur Wissensrepräsentation
• Bereitstellung von Inferenzmechanismen als Grundlage für logisches Schließen
– Maschinelle Deduktion
– Logisches Programmieren
Einf. in die KI
5 – 14
Language
Ontological Commitment
(What exists in the world)
Epistemological Commitment
(What an agent believes about facts)
Propositional logic
First-order logic
Temporal logic
Probability theory
Fuzzy logic
facts
facts, objects, relations
facts, objects, relations, times
facts
degree of truth
true/false/unknown
true/false/unknown
true/false/unknown
degree of belief 0…1
degree of belief 0…1
Einf. in die KI
5 – 15
Aussagenlogik
Syntax: Grundbausteine der Aussagenlogik sind nicht weiter zerlegbare atomare
Aussagen (Propositionen)
•
D :
•
W1,3 : “Der Wumpus ist auf [1,3]”
“Der Wumpus ist tot”
• Aussagen können wahr oder falsch sein.
Mit Hilfe logischer Konnektoren (und, oder, nicht etc.) werden aus atomaren Aussagen
Formeln aufgebaut.
Semantik:
• Wann ist eine Aussage wahr?
• Wann folgt eine Aussage aus einer Wissensbasis?
Beweistheorie:
• Wie können Aussagen, die aus einer Wissensbasis folgen, (syntaktisch) abgeleitet
werden?
Einf. in die KI
5 – 16
Formale Syntax
Abzählbares Alphabet Σ von atomaren Formeln: P , Q, R, . . ..
Formel
: Atomare Formel | Komplexe Formel
Atomare Formel
: W|F|P |Q |R |...
Komplexe Formel
: (Formel)
| Formel Konnektor Formel
| ¬Formel
Konnektor
: ∧|∨|⇒|⇔
Konnektoren:
¬ Negation
∧ Konjunktion
∨ Disjunktion
⇒ Implikation
⇔ Äquivalenz
Einf. in die KI
5 – 17
Semantik (1)
Interpretation: Belegung der Atome in Σ mit Wahrheitswerten
ausgedrückt durch eine Funktion
I: Σ → {W, F}
Eine Formel ϕ wird von einer Interpretation I erfüllt oder ist wahr unter I gemäß:
I |= W
I |= P
I 6|= F
gdw. I(P ) = W
I |= ¬ϕ gdw. I 6|= ϕ
I |= ϕ ∧ ψ gdw. I |= ϕ und I |= ψ
I |= ϕ ∨ ψ gdw. I |= ϕ oder I |= ψ
I |= ϕ ⇒ ψ gdw. wenn I |= ϕ, dann I |= ψ
I |= ϕ ⇔ ψ gdw.
Einf. in die KI
I |= ϕ, genau dann wenn I |= ψ
5 – 18
Semantik (2)
Interpetation komplexer Formeln entsprechend der Wahrheitstafeln:
P
Q
False
False
True
True
False
True
False
True
Einf. in die KI
P
True
True
False
False
P
Q
False
False
False
True
P
Q
False
True
True
True
P
Q
True
True
False
True
P
Q
True
False
False
True
5 – 19
Ein Beispiel:
















I: 












P
Q
R
S
7→
7
→
7
→
7
→
..
W
F
F
W
ϕ = ((P ∨ Q) ⇔ (R ∨ S )) ∧ (¬(P ∧ Q) ∨ (R ∧ ¬S )).
Frage: I |= ϕ?
Einf. in die KI
5 – 20
Semantik (3)
Die Semantik setzt eine Normierung der umgangssprachlichen Junktoren und, oder,
nicht, wenn, dann und genau dann, wenn voraus.
Beispiele:
’oder’ wird nicht-ausschließend verwendet: Eine Disjunktion ist nur dann falsch, wenn
beide Teilformeln falsch sind.
’wenn, dann’ beschreibt i.A. keinen kausalen Zusammenhang zwischen den Teilformeln
(“5 ist eine ungerade Zahl impliziert Tokyo ist die Hauptstadt von Japan, “5 ist eine
gerade Zahl impliziert Sam ist ein netter Kerl)
P ⇒ Q: Falls P wahr ist, muss auch Q wahr sein, bzw. wenn Q falsch ist, muss
auch P falsch sein.
Extensionale Logik: Der Wahrheitswert komplexer Formeln hängt nur von den Wahrheitswerten der Teilformeln ab.
Deutung komplexer Formeln: Dekomposition in ihre atomaren Bestandteile
Einf. in die KI
5 – 21
Modelle (1)
Eine Interpretation I heißt Modell von ϕ, falls I |= ϕ
Eine Interpretation ist Modell einer Menge von Formeln, falls sie alle Formeln der
Menge erfüllt.
Eine Formel ϕ heißt
• erfüllbar, wenn es ein I gibt, das ϕ erfüllt,
• unerfüllbar, wenn ϕ nicht erfüllbar ist,
• allgemeingültig oder Tautologie, wenn für alle I gilt, dass I ein Modell von ϕ
ist.
Einf. in die KI
5 – 22
Modelle (2)
Zwei Formeln heißen logisch äquivalent (ϕ ≡ ψ), wenn für alle I gilt:
I |= ϕ gdw. I |= ψ
Eine Formel ϕ folgt aus einer Formelmenge WB , WB |= ϕ, gdw. für alle Modelle I
mit I |= WB gilt: I |= ϕ.
Einf. in die KI
5 – 23
P Q
>
>
P Q
P
Q
P
Q
P
Q
P
Q
P => Q
Einf. in die KI
P >==>Q
5 – 24
Beispiele für Tautologien
• Idempotenz:
X ∧X ⇔X
X ∨X ⇔X
• Kommutativität:
X ∧Y ⇔Y ∧X
X ∨Y ⇔Y ∨X
(X ⇔ Y ) ⇔ (Y ⇔ X )
• Assoziativität:
(X ∧ Y ) ∧ Z ⇔ X ∧ (Y ∧ Z )
(X ∨ Y ) ∨ Z ⇔ X ∨ (Y ∨ Z )
• Distributivität:
X ∧ (Y ∨ Z ) ⇔ (X ∧ Y ) ∨ (X ∧ Z )
X ∨ (Y ∧ Z ) ⇔ (X ∨ Y ) ∧ (X ∨ Z )
• deMorgan’sche Regeln:
¬(X ∧ Y ) ⇔ (¬X ∨ ¬Y )
¬(X ∨ Y ) ⇔ (¬X ∧ ¬Y )
Einf. in die KI
5 – 25
• Umformungen:
¬¬X ⇔ X
(X ⇒ Y ) ⇔ ¬X ∨ Y
(X ⇔ Y ) ⇔ (X ⇒ Y ) ∧ (Y ⇒ X )
Tautologien können zur äquivalenten Umformung von Formeln benutzt werden.
Einf. in die KI
5 – 26
Wahrheitstafeln
Wie können wir entscheiden, ob eine Formel erfüllbar, allgemeingültig oder unerfüllbar
ist?
; Wahrheitstafel aufstellen
Beispiel: Ist ϕ = ((P ∨ H ) ∧ ¬H ) ⇒ P allgemeingültig?
P
F
F
W
W
H
F
W
F
W
P ∨H
F
W
W
W
(P ∨ H ) ∧ ¬H
F
F
W
F
((P ∨ H ) ∧ ¬H ) ⇒ P
W
W
W
W
Da die Formel unter allen möglichen Wahrheitsbelegungen wahr ist (von allen Interpretationen erfüllt wird), ist ϕ allgemeingültig.
P: “Der Wumpus ist auf [1,3]”
H: “Der Wumpus ist auf [2,2]”
Einf. in die KI
5 – 27
Folgerungsbeziehung (1)
Eine Formelmenge (z.B. eine Wissensbasis) beschreibt die Welt i.d.R. nur unvollständig, d.h. läßt die Wahrheitswerte einiger Aussagen offen.
Beispiel: WB = {P ∨ Q, R ∨ ¬P , S }
WB ist definitiv bzgl. S , läßt aber P , Q, R bis zu einem gewissen Grad unspezifiziert.
Modelle von WB :
P
F
F
W
W
Q
W
W
F
W
R
F
W
W
W
S
W
W
W
W
P ∨Q
W
W
W
W
R ∨ ¬P
W
W
W
W
In allen Modellen von WB ist Q ∨ R wahr.
WB |= Q ∨ R
Einf. in die KI
5 – 28
Folgerungsbeziehung (2)
Eine Formel ϕ folgt aus WB , wenn ϕ in allen Modellen von WB wahr ist.
WB |= ϕ gdw. I |= ϕ für alle Modelle I von WB
Eigenschaften:
• WB ∪ {ϕ} |= ψ gdw. WB |= ϕ ⇒ ψ
(Deduktionstheorem)
• WB ∪ {ϕ} |= ¬ψ gdw. WB ∪ {ψ} |= ¬ϕ
(Kontrapositionssatz)
• WB ∪ {ϕ} ist unerfüllbar gdw. WB |= ¬ϕ
(Widerspruchssatz)
Einf. in die KI
5 – 29
Inferenzregeln (1)
Inferenzregeln geben an, wie aus Formeln in der Wissensbasis neue Formeln erzeugt
oder abgeleitet werden können.
Korrekte Inferenzregeln erzeugen nur solche Formeln, die aus der Wissensbasis logisch
folgen (s. oben).
Inferenzregeln werden durch Schemata beschrieben.
α1,...,αn
β
αi : Prämissen
β : Konklusion
Zum Nachweis der Korrektheit zeige:
Jedes Modell von {α1, . . . , αn } ist auch Modell von β.
Einf. in die KI
5 – 30
Inferenzregeln (2): Beispiele
Modus Ponens:
Und-Elimination:
Und-Einführung
Oder-Einführung:
Unit-Resolution:
Einf. in die KI
α⇒β, α
β
α1∧α2∧...∧αn
αi
α1,α2,...,αn
α1∧α2∧...∧αn
αi
α1∨α2∨...∨αn
α∨β, ¬β
α
5 – 31
Inferenzregeln (3)
Die Korrektheit der Resolutionsregel:
¬α⇒β, β⇒γ
¬α⇒γ
False
False
False
False
True
True
True
True
Einf. in die KI
α∨β, ¬β∨γ
α∨γ
bzw.
False
False
True
True
False
False
True
True
False
True
False
True
False
True
False
True
False
False
True
True
True
True
True
True
True
True
False
True
True
True
False
True
False
True
False
True
True
True
True
True
5 – 32
Kalküle und Beweise
Ein Kalkül ist eine Menge von Inferenzregeln.
Ein Beweisschritt ist die Anwendung einer Inferenzregel auf eine Menge von Formeln.
Ein Beweis ist eine Folge von Beweisschritten, wobei die jeweils neu abgeleiteten
Formeln in die Formelmenge mit aufgenommen werden.
Einf. in die KI
5 – 33
Korrektheit und Vollständigkeit
Falls mit dem Kalkül C eine Formel ϕ aus WB abgeleitet werden kann, schreiben wir
WB `C ϕ.
Ein Kalkül C heißt korrekt, wenn alle mit C aus einer Wissensbasis WB ableitbaren
Formeln logisch folgen:
Wenn WB `C ϕ, dann WB |= ϕ.
Die Korrektheit von C folgt aus der Korrektheit der Inferenzregeln.
Ein Kalkül heißt vollständig, wenn jede Formel, die aus WB folgt, auch aus WB
ableitbar ist:
Wenn WB |= ϕ, dann WB `C ϕ.
Einf. in die KI
5 – 34
Normalformen (1)
Atom: atomare Formel
Literal: (negierte) atomare Formel
Klausel: Disjunktion von Literalen
Eine Formel ist in konjunktiver Normalform (KNF), wenn sie eine Konjunktion von
Disjunktionen von Literalen ist. D.h., eine Formel in KNF hat folgende Gestalt:
Vn
Wm
(
i =1 j =1 li ,j ),
wobei li ,j Literale sind.
Eine Formel ist in disjunktiver Normalform (DNF), wenn sie eine Disjunktion von
Konjunktionen von Literalen ist:
Wn
Vm
(
i =1 j =1 li ,j ).
Einf. in die KI
5 – 35
Normalformen (2)
Die Herstellung von konjunktiver bzw. disjunktiver Normalform erfolgt durch äquivalenzerhaltende Umformung.
Das bedeutet, zu jeder Formel existieren äquivalente Formeln in KNF und in DNF.
Eine Formel in DNF ist erfüllbar gdw. mindestens ein Disjunktionsglied erfüllbar ist.
Sie ist allgemeingültig, wenn mindestens ein Disjunktionsglied allgemeingültig ist.
Eine Formel in KNF ist allgemeingültig gdw. wenn jedes Konjunktionsglied allgemeingültig ist.
Sie ist unerfüllbar, wenn mindestens ein Konjunktionsglied unerfüllbar ist.
Einf. in die KI
5 – 36
Erzeugen der KNF
1. Eliminiere ⇔ mit
α ⇔ β → (α ⇒ β) ∧ (β ⇒ α)
2. Eliminiere ⇒ mit
α ⇒ β → (¬α ∨ β)
3. Bringe ¬ unmittelbar vor die Atome mit
¬(α ∧ β) → (¬α ∨ ¬β)
und
¬(α ∨ β) → (¬α ∧ ¬β)
Einf. in die KI
5 – 37
4. Verteile ∨ über ∧ mit
((α ∧ β) ∨ γ) → ((α ∨ γ) ∧ (β ∨ γ))
5. Vereinfache mit
(α ∨ α) → α etc.
Ergebnis ist eine Konjunktion von Disjunktionen von Literalen.
Das Herstellen der DNF erfolgt analog.
Einf. in die KI
5 – 38
Resolutionskalkül (1)
Der Resolutionskalkül ist ein negativer Testkalkül.
In einem Testkalkül werden die logischen Inferenzregeln ausgehend von der zu beweisenden Formel so lange angewandt, bis diese auf logische Axiome zurückgeführt
ist.
Ein negativer Kalkül zeichnet sich dadurch aus, dass seine logischen Axiome unerfüllbar
sind. Sie entsprechen den elementaren Widersprüchen.
Typisches Beispiel für ein solches Axiom ist der elementare Widerspruch 2 (F ).
Resolutionskalkül:
• Die Formeln liegen in Normalform vor: Klauselform
• Es gibt ein logisches Axiom: 2 (leere Klausel)
• Es gibt eine Schlussregel: Resolutionsregel
Einf. in die KI
5 – 39
Resolutionskalkül (2)
Voraussetzung: Die Formeln in der Wissensbasis WB liegen in KNF vor.
Äquivalent können wir annehmen, dass WB eine Menge von Klauseln ist.
Wegen Kommutativität, Assoziativität und Idempotenz von ∨ werden Klauseln auch
als Mengen von Literalen aufgefasst.
⇒ Klauselform
Klauselmengen: ∆
Klauseln: C , D
Literale: l bzw. l .
Eine Interpretation I erfüllt C gdw. es ein l ∈ C gibt, so dass I |= l .
I erfüllt ∆ falls für alle C ∈ ∆: I |= C .
Einf. in die KI
5 – 40
Resolutionskalkül (3)
C1∪{l },
C2∪{l }
C1∪C2
C1 ∪ C2 heißt Resolvente der Elternklauseln C1 ∪ {l } und C2 ∪ {l }.
l und l sind die Resolutionsliterale.
Beispiele: {α, β} resolviert mit {¬β, γ} zu {α, γ}.
{¬a} resolviert mit {a} zu 2.
2 ist die leere Klausel, d.h. eine leere Menge von Literalen.
Die Resolvente folgt aus den Elternklauseln (Korrektheit der Resolutionsregel).
Die Resolvente ist nicht äquivalent zu den Elternklauseln.
Einf. in die KI
5 – 41
Resolutionskalkül (4)
R(∆) = ∆ ∪ {C | C ist Resolvente zweier Klauseln aus ∆}
D kann im Resolutionskalkül aus ∆ abgeleitet werden,
∆ ` D,
gdw. es eine Folge von Klauseln C1, C2, . . . , Cn gibt mit Cn = D, so dass
C1 ∈ R(∆)
und
Ci ∈ R(∆ ∪ {C1, . . . , Ci −1}), für 2 ≤ i ≤ n.
Lemma (Korrektheit)
Wenn ∆ ` D, dann ∆ |= D.
Beweisskizze: Da für alle C und für alle ∆ mit C ∈ R(∆) C aus ∆ logisch folgt,
ergibt sich das Lemma durch Induktion über die Länge der Ableitung.
Einf. in die KI
5 – 42
Resolutionskalkül (5)
Der Resolutionskalkül ist unvollständig.
Das heißt, aus einer Klauselmenge ∆ können nicht alle Klauseln abgeleitet werden,
die logisch aus ihr folgen.
Beispiel:
{a, b}, {¬b, c} |= {a, b, c}
6` {a, b, c}
Der Resolutionskalkül ist widerlegungsvollständig.
Das bedeutet, aus einer unerfüllbaren Klauselmenge kann mit dem Resolutionskalkül
immer die leere Klausel 2 abgeleitet werden.
Da der Kalkül korrekt ist und keine Interpretation die leere Klausel erfüllt, gilt:
Theorem: Eine Klauselmenge ist genau dann unerfüllbar, wenn mit dem Resolutionskalkül die leere Klausel daraus ableitbar ist.
Einf. in die KI
5 – 43
Resolutionskalkül (6)
Das heißt:
Wenn
∆ ∪ {¬ϕ} ` 2,
dann ist ∆ ∪ {¬ϕ} unerfüllbar.
Mit dem Widerspruchssatz folgt daraus:
∆ |= ϕ.
Der Resolutionskalkül stellt damit ein vollständiges Beweisverfahren für die Aussagenlogik dar, das insbesondere für die automatische Deduktion geeignet ist.
Bei der Implementierung des Verfahrens wird häufig eine Strategie angegeben, die die
Reihenfolge der Resolutionsschritte angibt.
Einf. in die KI
5 – 44
Die Wumpus-Welt (5)
1,4
1,3
1,2
W!
A
S
OK
1,1
2,4
3,4
4,4
2,3
3,3
4,3
2,2
3,2
4,2
= Agent
= Breeze
= Glitter, Gold
= Safe square
= Pit
= Stench
= Visited
= Wumpus
OK
2,1
V
OK
A
B
G
OK
P
S
V
W
B
V
OK
3,1
P!
4,1
Aktuelle Situation: [S = Geruch, B = Luftzug, Bi ,j = Luftzug auf Feld (i , j )]
¬S1,1, ¬B1,1, ¬S2,1, B2,1, S1,2, ¬B1,2
Einf. in die KI
5 – 45
Die Wumpus-Welt (6)
Beschreibung der Domäne (Auszüge):
R1 :
R2 :
R3 :
R4 :
...
¬S1,1 ⇒ ¬W1,1 ∧ ¬W1,2 ∧ ¬W2,1
¬S2,1 ⇒ ¬W1,1 ∧ ¬W2,1 ∧ ¬W2,2 ∧ ¬W3,1
¬S1,2 ⇒ ¬W1,1 ∧ ¬W1,2 ∧ ¬W2,2 ∧ ¬W1,3
S1,2 ⇒ W1,3 ∨ W1,2 ∨ W2,2 ∨ W1,1
Gilt WB |= W1,3 ?
Die Wissensbasis WB als Klauselmenge:
Der aktuelle Zustand: {¬S1,1}, {¬S2,1}, {S1,2}, . . .
Die Domäne:
R1 : {S1,1, ¬W1,1}, {S1,1, ¬W1,2}, {S1,1, ¬W2,1}
R2 : . . . , {S2,1, ¬W2,2},. . .
R3 : . . .
R4 : {¬S1,2, W1,3, W1,2, W2,2, W1,1}
...
Einf. in die KI
5 – 46
Die Wumpus-Welt (7)
Negat der zu beweisenden Formel: {¬W1,3}
Resolutionsbeweis:
{¬W1,3},
→
{S1,2},
→
{¬S1,1},
→
{¬W1,1},
→
{¬S1,1},
→
{¬W1,2},
→
{¬S2,1},
→
{¬W2,2},
→
Einf. in die KI
{¬S1,2, W1,3, W1,2, W2,2, W1,1}
{¬S1,2, W1,2, W2,2, W1,1}
{¬S1,2, W1,2, W2,2, W1,1}
{W1,2, W2,2, W1,1}
{S1,1, ¬W1,1}
{¬W1,1}
{W1,2, W2,2, W1,1}
{W1,2, W2,2}
{S1,1, ¬W1,2}
{¬W1,2}
{W1,2, W2,2}
{W2,2}
{S2,1, ¬W2,2}
{¬W2,2}
{W2,2}
2
5 – 47
Die Wumpus-Welt (8)
Bisher:
Ableitung von Fakten aus der Wissensbasis, z.B. “Ist der Wumpus auf Feld [1,3]?”
Frage:
Wie können wir ableiten, welche Aktionen der Agent ausführen soll?
Antwort:
Zusätzliche Regeln.
Möglichkeiten:
Negative Selektion: Schließe alle beweisbar gefährlichen Aktionen aus
A1,1 ∧ EastA ∧ W2,1 ⇒ ¬Forward
Positive Selektion: Schlage nur Aktionen vor, die beweisbar sicher sind
A1,1 ∧ EastA ∧ ¬W2,1 ⇒ Forward
Einf. in die KI
5 – 48
Die Wumpus-Welt (9)
Zur Beschreibung der Instruktion “Gehe nicht vorwärts, wenn der Wumpus auf dem
nächsten Feld sitzt.” benötigt man 64 Klauseln
(16 Felder × 4 mögliche Orientierungen).
function PROPOSITIONAL-KB-AGENT( percept) returns an action
static: KB, a knowledge base
t, a counter, initially 0, indicating time
TELL(KB, MAKE-PERCEPT-SENTENCE( percept, t))
for each action in the list of possible actions do
if ASK(KB, MAKE-ACTION-QUERY(t, action)) then
t t+1
return action
end
Einf. in die KI
5 – 49
Die Wumpus-Welt (10)
Die Wumpus-Welt kann in Aussagenlogik modelliert werden. Die Modellierung ist
jedoch aufwendig.
1. Für jedes einzelne Feld müssen entsprechende Regeln aufgestellt werden
R1 :
R2 :
R3 :
..
¬S1,1 ⇒ ¬W1,1 ∧ ¬W1,2 ∧ ¬W2,1
¬S2,1 ⇒ ¬W1,1 ∧ ¬W2,1 ∧ ¬W2,2 ∧ ¬W3,1
¬S1,2 ⇒ ¬W1,1 ∧ ¬W1,2 ∧ ¬W2,2 ∧ ¬W1,3
..
2. Eigentlich müssen alle atomaren Aussagen mit einem Zeitindex versehen werden,
der angibt zu welchem Zeitpunkt die Aussage gilt
⇒ bei einem Horizont von 100 Zeitschritten benötigen wir allein 6400 Regeln zur
Aktionsbeschreibung.
; Modellierung in einer ausdrucksstärkeren Logik, in der über Objekte quantifiziert
werden kann: Prädikatenlogik 1. Stufe
Einf. in die KI
5 – 50
Zusammenfassung
• Rationale Agenten benötigen Wissen über ihre Welt, um rationale Entscheidungen
treffen zu können.
• Dieses Wissen wird mit Hilfe einer deklarativen Wissensrepräsentationssprache
dargestellt und in einer Wissensbasis gespeichert.
• Wir benutzen dafür (zunächst) Aussagenlogik.
• Aussagenlogische Formeln sind allgemeingültig, erfüllbar oder unerfüllbar.
• Dem semantischen Folgerungsbegriff entspricht die Ableitbarkeit auf der syntaktischen Ebene.
• Der Resolutionskalkül ist eine Möglichkeit, diese Ableitbarkeit zu realisieren.
• Aussagenlogik erfordert auch für kleine Weltausschnitte häufig sehr aufwendige
Modellierungen.
• Aussagenlogik ist entscheidbar.
Einf. in die KI
5 – 51
Herunterladen