Wie mit meinen Ängsten fertig werden?

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Dokument 2820
Sperrfrist:
17.06.2004; 14:15 Uhr
Veranstaltung:
Wie mit meinen Ängsten fertig werden?
Referent/in:
Kremer, Günther
Ort:
Geistliches Zentrum Raum 530
Programm Seite:
199
1. Einleitung
Angst ist ein Gefühl, dass jedem Menschen bekannt ist und auch bei Tieren beobachtet
werden kann.
Seit der Mensch lebt, lebt er mit der Angst und mit Angststörungen. Angst ist für uns
Menschen ein wichtiges Signal, Gefahren zu erkennen (Signalfunktion). Körper und Psyche
stellen sich, angeregt durch das Angsterleben, auf die bedrohliche Situation ein. Wir sind in
Alarmbereitschaft, um entweder zu fliehen oder anzugreifen.
Stets geht es darum möglichen Schmerz zu vermeiden.
Angst ist für uns Menschen geradezu überlebensnotwendig. Ohne Angst würden wir uns
sorglos im Straßenverkehr zu Tode rasen oder unsere Umwelt durch unsere
Schadstoffproduktionen ungebremst vergiften.
Auf den klinischen Begriff der Angststörungen und ihre psychotherapeutische
Behandlungsmöglichkeiten werde ich nicht eingehen. Sie unterscheiden sich von den nicht
klinisch auffälligen Ängsten in der Regel durch ihre Symptome und den Leidensdruck, den
sie auslösen. Daneben ist die Heftigkeit, Irrationalität und die Dauer der Ängste ein
Anhaltspunkt für mögliche Angststörungen. Mit einer ausgefeilten klinischen Diagnose lassen
sich Angststörungen erkennen.
2. Die Angst eines Steinzeitjägers
In der Frühzeit der Menschheitsgeschichte waren unsere Vorfahren, stärker und häufiger als
wir modernen Menschen, lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt.
Ein Beispiel:
Nach einer Lernzeit, durfte Karl, ein junger Steinzeitmensch, zusammen mit den
erwachsenen Männer der Sippe erstmals zur Jagd gehen.
Malen wir uns die Szene aus: Karl befindet sich mit seinen Jagdkollegen im dichten
Unterholz eines Urwaldes. Plötzlich wird die Aufmerksamkeit Karls von Veränderungen
Text wie von Autor/in bereitgestellt. Es gilt das gesprochene Wort.
Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers.
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seiner Umgebung gefesselt. Vögel flattern aufgeregt hoch, schimpfen lautstark, irgendwo im
Dickicht hört Karl ein Rascheln. Zeitgleich verharren die Männer in Regungslosigkeit.
Karl ist in Alarmbereitschaft. Seine Augen sind weit aufgerissen, alle Sinne geöffnet, sein
Herz schlägt heftig, pumpt Blut in alle Gefäße. Adrenalin schießt in seinen Körper, er
schwitzt, und der atmet in kurzen Stößen. Angst überflutet ihn und gleichzeitig arbeitet sein
Gehirn auf Hochtouren.
Aus welcher Richtung kommt die Gefahr? Was ist es? Wie kann ich mich schützen?
Da taucht er schon auf. Ein Säbelzahntiger. Was tun? Wegrennen (Flucht), verharren, sich
nicht regen (Starre) oder Kampf?
Karl ist nicht allein. Die Nähe der Männer beruhigt ihn, die Angst ist gebannt. Karls
Handlungen sind situationsgerecht. Mit ihren Speeren wehren die Männer gemeinsam das
Tier ab.
3. Der moderne Mensch: Neue Gefahren – alte Reaktionsmuster
Um es vorweg zu sagen: Wir reagieren vermutlich ebenso auf Gefahrensituationen wie
unsere Vorfahren. Angst löst ähnliche körperliche und psychische Prozesse aus, wie oben
bei unserem Steinzeitjäger beschrieben.
Während früher Menschen Angst vermutlich meistens aufgrund äußerer Gefahren erlebten,
sind heute eher Konflikte mit unseren Mitmenschen und innere psychische Konflikte
Ursachen von Ängsten. Selbst Prüfungsängste, die jeder von uns kennt, kann man als
sozialen Konflikt begreifen, geht es dabei doch auch um Anerkennung und soziale
Aufstiegsmöglichkeiten.
Ich möchte von einem jungen Mann, den ich Hans nenne, berichten. Er kam gemeinsam mit
seiner Frau zur Paarberatung in unsere Beratungsstelle. Er hatte bei der telefonischen
Anmeldung von Spannungen zwischen seiner Frau und ihm berichtet.
Hans ist ein erfolgreicher Informatiker, Mitte 30, verheiratet und Vater einer vierjährigen
Tochter.
Seine Ehe geriet in eine Krise, als seine Frau ein zweites Kind wollte und schwanger wurde.
Er hatte nach langen Diskussionen erst dann eingewilligt, nachdem seine Frau sich mehrere
Wochen geweigert hatte mit ihm zu schlafen.
Sie habe aufgrund der Streitigkeit nicht gekonnt, sagt sie im ersten Gespräch.
Bei Beratungsbeginn ist die Frau im dritten Monat schwanger. Seither leidet Hans unter
Schlafstörungen und nimmt seit zwei Monaten Schlaftabletten.
Mit seinem Vorgesetzten bekam er Ärger, weil er einen Auftrag nicht termingerecht erfüllt
hatte. Hans ist sicher, dass sein Chef ihn nicht mag. „Wahrscheinlich stehe ich auf der
Abschussliste“, glaubt er. Inzwischen geht er seinem Chef aus dem Weg. „Ich habe Angst
vor ihm, traue mich kaum noch in die Firma zu gehen und ich habe Angst davor nach Haus
zu kommen. Überall fürchte ich, den Erwartungen nicht genügen zu können“, berichtet Hans
beim zweiten Paargespräch. Schon einmal in seinem Leben, kurz vor seinem
Diplomabschluss an der Universität sei es ihm so ergangen. Damals habe sich die Störung
nach erfolgreicher Prüfung aufgelöst.
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Im Verlauf der Beratung wurden folgende Zusammenhänge deutlich, zwischen der aktuellen
Angst und früheren Ängsten.
Hans war vier Jahre alt, da bekamen seine Eltern ein zweites Kind und Hans seine
Schwester, zu der er ein eher distanziertes Verhältnis habe, wie er gleich hinzufügt. Für
Hans war die Schwester eine Konkurrentin und lästig, weil er auf sie häufig aufpassen
musste, wie er sich erinnert. Der Vater sei ein sehr verschlossener Mensch gewesen. Er
könne sich an keine Umarmung oder lobende Worte vom Vater erinnern. Die Mutter war
hingegen zugänglicher, nur habe sie wenig Zeit für ihn gehabt. Hans habe sich nicht getraut
der Mutter zu widersprechen. Seine Bedürfnisse seien dabei „hinten runtergefallen“, wie er
sich ausdrückte.
Hans lernte nach und nach seine Gefühle und Gedanken auszudrücken und seiner Frau
offen zuzuhören.
Bereits nach der Geburt der ersten Tochter, fühlte er sich von seiner Frau vernachlässigt.
Überhaupt seien seine Bedürfnisse zu kurz gekommen, stellt er traurig fest. Er fühle sich wie
ein Zahnrad in einem großen Getriebe. Bei der Vorstellung eines zweiten Kindes gerate er in
Panik. Natürlich liebe er seine Tochter. (Die Frau bestätigt, er sei ein guter Vater. Sie habe
das Empfinden zwischen Mann und Tochter ständig hin und her gerissen zu sein.)
Das Paar suchte dann gemeinsam nach Lösungen, damit die Bedürfnisse der einzelnen
Familienmitglieder künftig, so weit wie möglich, berücksichtigt werden.
Hans stellt sich auch seinem Chef. Er erklärt ihm seinen Leistungseinbruch, ohne in Details
zu gehen. Zu seiner Überraschung zeigt der Vorgesetzte volles Verständnis und äußert
erstmals ihm gegenüber, wie wichtig Hans für die Firma sei.
Die Schlaftabletten hatte Hans nach der dritten Paarsitzung abgesetzt. Hans schlief wieder
gut.
Gibt es eine Erklärung für den Abbau von Hans Ängsten? Lassen sich daraus
allgemeingültige Aussagen machen, wie wir Menschen mit unseren Ängsten klar kommen
könnten?
4. Wie mit Ängsten konkret umgehen?
4.1. Angst benennen – sich schrittweise gedanklich, emotional und körperlich auf die Gefahr
oder angstbesetzte Aufgabe vorbereiten – sich der Angst stellen, nicht ausweichen –
angemessen handeln.
Die Angst ist oft bereits gebannt, wenn sie einen Namen erhält. Karl, der Steinzeitjäger,
wusste den Namen möglicher Angstgegner. Darunter war auch der Säbelzahntiger. Von
kompetenten Männern wurde er schrittweise auf die gefährliche Jagd vorbereitet. Niemals
wurde er überfordert. Als die Gefahr tatsächlich eintrat, war er fähig klug und geschickt das
Richtige in der Situation zu tun.
Der Gesamterfolg der Aktion war nur möglich durch das Zusammenspiel der Gruppe und die
Verständigung untereinander. Das gefährliche Raubtier konnte vertrieben werden.
Ähnlich lernen auch heute noch Kinder z.B. zu klettern, zu schwimmen oder sich in der
Dunkelheit zu recht zu finden.
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Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers.
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4.2.Soziale Kompetenz erwerben
Kommunikation ist heute eine Schlüsselqualifikation, um seine Aufgaben in der
Paarbeziehung, der Familie und am Arbeitsplatz erfüllen zu können. Erwachsene können bei
Bedarf Kommunikationsseminare besuchen oder mit lernen mit Hilfe einer Paarberatungen
sich klar und echt auszudrücken und dem anderen wohlwollend zuzuhören.
Bei Hans haben wir gesehen wie die Angst abnahm, sobald er seine Sehnsüchte und
Befürchtungen ausgesprochen hatte.
4.3.Entwickeln von emotionaler Kompetenz
Gefühle wahrnehmen ohne sie zu bewerten, sie konstruktiv auszudrücken oder seine
Gefühle und Gedanken für sich zu behalten ist eine Fähigkeit, die unbestritten dem inneren
und äußeren Gleichgewicht des Menschen dient. Nur wer einen Zugang zu seinen eigenen
Gefühlen hat, kann auf die Gefühle anderer eingehen. Kreative Tätigkeiten wie malen,
schreiben, musizieren oder sich mit seinen Träumen zu beschäftigen sind das Eingangstor
zur Gefühlswelt.
4.4.Im Körper zu Hause sein
Wir leben in einer eher leibfernen Kultur, arbeiten vorwiegend im Sitzen oder führen
einseitige Tätigkeiten in geschlossenen Räumen aus. Nach überstandener Stresssituationen
fehlt uns– anders als beim Steinzeitjäger- die Möglichkeit die im Körper aufgebaute
Angsterregung durch körperliche Aktivitäten abzubauen. Der Körper bleibt in einem auf
Dauer schädlichen Anspannungszustand, in Folge können Rückschmerzen oder
Kopfschmerzen auftreten und das Herz ist überanstrengt.
4.5.Destruktive Denkstrukturen auflösen
Bei Hans konnten wir sehen, wie er ständig um das gleiche Sorgenthema kreiste.
Seine Angst nicht geliebt zu sein: Die Ehefrau entzieht sich ihm zugunsten der Kinder und
sein Chef sucht bereits einen Nachfolger.
Durch das genaue Ansprechen der Sorgen, bis hin zur Quelle aus dem sich die destruktiven
Gedanken speisten (seine schmerzhaft erlebte Erfahrung als Kind im Elternhaus) und die
Überprüfung seiner aktuellen Sorgen mit der Wirklichkeit, die in keiner Weise
übereinstimmte, ermutigte Hans offen gegenüber seiner Frau und seinem Vorgesetzten zu
sein. Er konnte sich wieder angstfrei dem stellen, was von außen von ihm erwartet wurde.
Allmählich lernte er sich abzugrenzen, dann nämlich, wenn er sich überfordert fühlte. Er
musste lernen Nein zu sagen, um aus ganzem Herzen Ja sagen zu können.
4.6.Angst vor Selbstwerdung – Krisenzeiten überwinden
In fast allen psychischen Krisenzeiten ist Gefahr in Verzug. Und wo Gefahr ist lauert die
Angst. Und wo Angst auftaucht ist Mut und Kreativität vonnöten.
Krisen treten häufig in Übergangszeiten auf. Hans geriet kurz vor seiner Diplomprüfung und
bei der Familiengründung (Vaterschaft) in eine ernste Krise, begleitet mit heftigen Ängsten
und Schlafstörungen.
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Kennzeichnend für Übergangskrisen sind neue Anforderungen, die nach neuen Lösungen
drängen.
Übergänge im Leben lassen sich nicht vermeiden.
4.6.1. Trennungsangst und Todesangst
Der beiden wichtigsten Übergänge sind der Eintritt ins Leben mit der Geburt und der Austritt
aus dieser Welt mit dem Tod.
a) Geburt und Trennungsangst
Otto Rank, einer der Pioniere der Tiefenpsychologie, sprach bereits davon, dass jeder
Mensch bei seiner Geburt Todesängste erleide. Wir kommen, so die These, bereits
traumatisiert auf die Welt. Die Trennung von der Mutter erzeuge eine Urangst. Jede Angst
sei im Kern eine Trennungsangst.
Die hochtechnisierte Medizin kann inzwischen Parameter aufzeigen, die diese These
stützen. Neugeborene sind im hohen Maße gestresst, bevor sie den ersten Atemzug
machen. Auch Hinweise von Träumen und Erinnerungen während einer Psychotherapie
bestätigen die Traumatheorie.
Rituelle Handlungen sind eine Form, die Menschen Halt gibt und Übergänge erleichtert.
Wenn wir Menschen nicht weiter kommen, wir mit unserem Latein am Ende sind, dürfen wir
auf die Hilfe Gottes hoffen und den Beistand Gottes erbitten. Religionen mit ihren
Botschaften und Riten waren von jeher Quellen, aus denen Menschen Kraft schöpften, mit
ihren Ängsten fertig zu werden.
Die Taufe ist ein solcher Ritus und als Sakrament fest verankert in unserem christlichen
Leben. In einer Tauffeier wird das Neugeborene zum Mitglied der Glaubensgemeinschaft.
Von nun an ist der Mensch als Kind Gottes verbunden mit der Kirche. Der Einzelne
überwindet die Trennung von Gott und den Menschen. Sein Kleines ICH geht in ein Großes
Ich auf.
Natürlich erlebt ein Säugling die Taufe nicht wie ein Jugendlicher. Dennoch wissen wir aus
der Säuglingsforschung um die angeborene Kompetenz der Säuglinge. Mit Sicherheit spürt
ein kleiner Täufling das besondere, heilige der Atmosphäre während
der Taufe. Es ist eingeprägt, auch wenn die bewusste Erinnerung fehlt. In späteren Jahren
„erinnern“ wir uns wieder an das Ereignis. Vor allem bei den Taufen, an denen wir als Gäste,
Eltern oder Taufpaten teilnehmen.
b) Sterben und Todesangst
Die Todesangst ist eng verwandt mit der Trennungsangst bei der Geburt. Mit dem Tod
verlieren wir alles was uns lieb und wertvoll ist. Nicht nur einen geliebten Menschen, sondern
alle Menschen. Wir müssen jede und jeden zurücklassen. Das Leben auf der Erde geht ohne
uns weiter.
Pater Anselm Grün hat in seiner sehr lesenswerten kleinen Schrift: „Lebensmitte als
geistliche Aufgabe“ beschrieben, was geschieht, wenn wir der Todesangst, dem Sterben
ausweichen wollen. Er schreibt: „In der Lebensmitte muss sich der Mensch mit seinem Tod
vertraut machen....Die Angst vor dem Tod ist letztlich: Nicht – leben – wollen. Denn leben,
Text wie von Autor/in bereitgestellt. Es gilt das gesprochene Wort.
Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers.
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lebendig bleiben, reifen kann nur, wer das Gesetz des Lebens annimmt, das sich auf den
Tod als sein Ziel hinbewegt.“(S.62/63).
Vermeiden wir es, unsere Sterblichkeit bewusst zu halten, verfallen wir, davon ist Pater Grün
überzeugt, einem Jugendwahn. Wir bleiben auf einer kindlichen Entwicklungsstufe stecken.
Die Auseinandersetzung mit der Todesangst führt, darin ist sich Grün mit dem Begründer der
analytischen Psychologe C:G. Jung einig, zu Gott. Das Ausweichen vor der zentralen Angst,
ist für Beide primär ein religiöses Problem.
Irving D. Yalom, ein weltweit bekannter Psychoanalytiker, beschreibt wie die Abwehr von
Todesangst zu vielfältigen psychischen Störungen führen kann. Durch langsame TodesDesensibilisierung, z.B. mit anderen über seine Todesangst reden, kann die
Todesbewusstheit in den Alltag integriert werden, was zu mehr Lebendigkeit führt. Es tritt ein
Gewöhnungseffekt ein, der die Todesangst erträglich macht (vgl.: „Existentielle
Psychotherapie“, Köln, 2000 , S. 251 f).
4.6.2. Anerkennen was ist- Kernkonflikten angstfrei begegnen.
In den tiefenpsychologischen Schulen und der Gestalttherapie geht man davon aus, dass wir
Menschen widerstrebende Kräfte in uns beheimaten. Pole die sich gegenüberstehen. Wir
leben in Rollen, was durchaus sinnvoll ist, opfern dafür leider häufig unser Selbst.
Für C.G. Jung gehört zur Selbstwerdung die Integration der Schattenseiten. Ferner muss ein
Mann seine angeborene weibliche Disposition anerkennen und die Frau die ihr
innenwohnende männliche Seite. Anima und Animus zu integrieren ist eine Aufgabe der
Lebensmitte des Menschen.
In der Psychologie tauchen unterschiedliche Meinungen zu zentralen menschlichen
Konflikten auf, die jeweils starke Ängste auslösen können. Ich möchte kurz einige
Grundkonflikte nennen:
Natur – Kultur: Die Spaltung kann zu übersteigerten Ängsten führen, z.B.: Kindern wurde
gedroht in die Hölle zu kommen, wenn sie „unkeusch“ sind. Sexuelle Phantasien sind bei
diesen Kindern bereits angstbesetzt.
Männlich- Weiblich: Fehlt das Kämpferische, Lösungsorientierte bei Frauen haben sie Angst
neue Aufgaben zu übernehmen und bleiben unter ihren Möglichkeiten.
Bindungswunsch – Autonomiebestrebung: Jemand der seine Unabhängigkeitsbestrebungen
unterdrückt wird irgendwann Ängste entwickeln, von allen abhängig zu sein und kein eigenes
Profil zu haben.
Sicherheit - Freiheit: Wer nur auf seine Freiheit pocht, wird vermutlich Ängste vor dem allein
sein haben. Ihm fehlt Sicherheit und das erzeugt Angst.
Leben wir aus Angst einseitig, geraten wir irgendwann, so die Ansicht der
Tiefenpsychologen, in eine psychische Krise, die sich in unterschiedlichsten Symptomen
zeigen kann (sich ausgebrannt fühlen, launisch sein, Magenschmerzen empfinden etc.).
Erst wenn wir die unterdrückte Seite integrieren, das heißt sie anerkennen, nicht
gleichbedeutend, dass wir sie ausleben, werden wir zur „reifen“ Person.
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Wir holen den jeweils anderen Pol aus dem Schattenreich ans Licht unserer bewussten
Wahrnehmung. Gefühls-, Denk- und Handlungskonflikte sind dadurch nicht aus der Welt
geschafft, jetzt wird es erst richtig interessant. Unsere Vernunft und unser Wille ist gefragt.
5. Grenzen eines angstfreien Lebens und christliche Hoffnung
Vielfältig sind, wie wir gesehen haben, die Möglichkeiten, die wir Menschen haben, mit
unseren Ängsten fertig zu werden. Und doch gibt es Ängste gegen die wir machtlos sind. Ein
Leben ohne Ängste führen zu wollen, wäre eine tragische Illusion.
Wir leben umso angstfreier je mehr es uns gelingt ungelebte Anteile in uns zu erkennen, zu
akzeptieren und nicht nach außen zu projizieren.
Je projektionsloser wir werden, um so mehr nähern wir uns unserem wahren Selbst. Es ist
ein Weg der Selbsterkenntnis.
Freude und Leid gehören zusammen. Wir müssen beides loslassen können, um weiter zu
leben. Unser und das Leben sämtlicher Mitgeschöpfe ist stets bedroht. Wir sind zerbrechlich
und das Ende mit dem Tod ist abzusehen.
Wir dürfen glauben, dass wir von Gott geliebt und angenommen sind, mit sämtlichen Stärken
und Schwächen. Gott hat uns aus der Isolation befreit, als er seinen Sohn Jesus auf die Welt
sandte. An Jesus können wir uns orientieren. Auch in den dunklen Stunden, in denen wir von
Ängsten geplagt sind. Auch Jesus war voller Todesangst, in der Nacht vor seiner Verhaftung
und am Kreuz. Er hat das Leiden „losgelassen“, sich in die Hände Gottes übergeben. Das
Kleine Ich, wie man sagen könnte, in das Große Ich gewandelt. Damit ist Jesus für alle Zeit
in Gott aufgegangen.
Niemals werden wir ohne Angst leben können. Bewahren wir unsere Hoffnung und
Zuversicht, dass wir gerade in bedrohlichen Situationen auf den Beistand Gottes vertrauen
dürfen. Er lässt sich nicht erzwingen und manchmal bleibt er aus.
Trotz allem, Gott lässt uns nicht allein, er ist bei uns, bis zum Ende.
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Veröffentlichung nur mit Genehmigung der Verfasserin/des Verfassers.
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