Roland Van Campenhout Dah blues iz - a - comming Es gibt Weisheiten, die mögen zwar abgedroschen klingen, wahr bleiben sie trotzdem. Zum Beispiel diese hier über den Blues: Den hat man, oder man hat ihn nicht. Da kann man üben, üben, üben und kommt trotzdem nie ans Ziel. Denn Virtuosität hilft rein gar nichts, wenn die Persönlichkeit fehlt. Wohl kaum ein Musikstil (abgesehen von Punk vielleicht) ist derart angewiesen auf denjenigen, der ihn zum Klingen bringt. Wenn du den Blues also nicht fühlst – dann vergiss es! Natürlich gibt es auch einen handwerklichen Aspekt. Der erledigt sich on the road aber meist von selbst. Die für den Blues nötige Technik eignet man sich an wie Sprechen, Laufen oder Atmen. So viel also als kleines Vorwort zu diesem Info-Schreiben, in dem es um Roland Van Campenhout und sein neues Album geht, eine grandiose Live-Aufnahme aus dem Kölner Theater der Keller. Denn eins ist klar: Man muss den Typen nicht kennen, nicht wissen woher er kommt oder mit wenn er schon zusammengespielt hat, wie er aussieht, ob es sich um eine Legende handelt oder um ein unbeschriebenes Blatt – was man sofort hört ist, dass er den Blues hat. Und zwar so was von! Ein Blick auf das Album-Cover macht das Bild dann aber doch perfekt: Eine solche Visage hat nur jemand, der Jahrzehnte lang ein Leben abseits der Konventionen gelebt hat: ein Berber, ein Tramp, ein fahrender Musikant. Und genau so einer ist Roland Van Campenhout. Schon seit 1967 veröffentlicht der Belgier Platten und tourt um die Welt, zunächst mit dem Folk-Duo Miek & Roel, ab Ende der 60er dann als Blues-Gitarrist, u.a. für Rory Gallagher, Tim Hardin, Leo Kottke und Ian Anderson. Aber auch solo feiert er große Erfolge. Sein 2008 erschienenes Album "Never Enough"erreichte zuletzt gar Platz 2 der flämischen Charts. Also doch eine Legende. Eine, bei der es hierzulande aber noch Entdeckungspotential gibt. "The blues iz – a - coming" ist eine meisterhafte Demonstration von Souveränität und Spielfreude: Roland (in seiner Heimat wird der Nachname weggelassen) präsentiert den Blues einerseits roh und unbehauen, bettet ihn zugleich ein in einen Kontext, der auf eine enorme musikalische Weitsicht schließen lässt. Sein Gitarrenspiel wirkt meditativ, sein Timbre changiert zwischen versoffen und einschmeichelnd. Dabei umweht den Mann mit dem Zauselbart bisweilen sogar etwas Schamanenhaftes. Dazu passt die instrumentale Flankierung: Die Multiinstrumentalistin Pascale Michiels sorgt mit asiatischen Tieftönern und Bambusflöten für den mystischen Touch, Bluesharp Virtuose Steven de bryn hat auf Rolands seelenvolle Phrasen immer die passenden, messerscharfen Antworten parat. Roland zeigt mit den acht Stücken des Albums, dass er es versteht, Eigenkompositionen, Coversongs und neuarrangierte Traditionals zu einem ebenso ergreifenden wie kurzweiligen Set zusammenfließen zu lassen. Trotz des minimalistischen Setups entsteht eine dichte, knisternde Atmosphäre. Als Hörer wünscht man sich sehnlich, man wäre doch auch im Publikum gesessen. Etwas Besseres kann eine Live-Aufnahme nicht bewirken. Dann schließt man die Augen – und ist auf einmal mittendrin...