Evolutionismus Grundaxiom: kann die Teleologie (Zielgerichtetheit) der Kulturentwicklung gelten. Kulturrevolution wird dabei häufig als strengen Gesetzen folgend gedacht; darauf begründet sich einen nomothetische (auf die Auffindung dieser Gesetzmäßigkeiten abzielende) Methodologie. Komplexitätssteigerung war das bestimmende Merkmal der aufeinander folgenden Kulturebenen (gilt für Evolutionisten und Neoevolutionisten) Der Anschluss der Menschheitsgeschichte an die Naturgeschichte wurde zum Fundament der damaligen Anthropolie. Rechtssitten, die bei einem Volk heute vorkommen, gehören bei einem anderen zu dessen grauester Vorzeit; die Chronologie der ethnologischen Rechtswissenschaft ist die Stufenfolge der Entwicklung. Neoevolutionismus Carneiro fügte dem evolutionistischen Konzept ein viertes Gesicht – die differentielle Evolution hinzu. 1. 2. 3. 4. Unilineare Universalen multilineare differentielle ad 1): Den Übergang von einer Zivilisationsstuffe zur anderen begründete er monokausal mit einem Fortschritt im Bewässerungssystem – Bewässerungshypothese. Die Aufstellung von sieben Entwicklungsstuffen löste die ältere Einteilung in drei Phasen – Wildheit, Barbare und Zivilisation – ab. Ad 2): Die herrschende Sichtweise der universalen Evolution nimmt an, dass die Entwicklung der Kultur im Ganzen eine notwendige Entwicklungsfolge von auftretenden Kulturelementen zur Voraussetzung hat. Der Grund für die Abfolge in der Kulturentwicklung liegt in einem funktionalen Determinismus, d.h. das Auftreten eines Elementes ist funktionale Voraussetzung für ein anderes Element. Ein weitere Sichtweise ist das quantitative auftreten von Sequenzen. Nicht das erstmalige Auftreten einer Sequenz (Markt,..) ist entscheidend, sondern die Häufigkeit einer Sequenz. Ad 3): Für Steward war multilineare Evolution eine Methodologie, die auf der Annahme basierte, dass signifikante Regelmäßigkeiten beim Kulturwandel auftreten. Multilineare Evolution (nach Steward) ist die Suche nach Parallelen der kulturellen Entwicklung von begrenztem Aufreten – zum Unterschied von universaler Evolution. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sich unilineare Evolution und multilineare Evolution nicht ausschließen. Ad 4): Mit diesem Begriff bezeichnet Carneiro die Tendenz von Gesellschaften, verschiedene Aspekte ihrer Kultur – ökonomische, politische, soziale, rechtliche – mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und in differentem Maße zu entwickeln. Ziel der evol. Theorie ist die stillschweigende wissenschaftliche Untermauerung einer Entwicklungsstufenfolge. Fazit: Ein bestimmtes System schreitet also mehr oder weniger koordiniert vorwärts als gesamtes gemeinsames System. Kritik am Evolutionismus: Diesen Auffassungen widerspricht der ethnohistorische Ansatz mit seinem sozialtheoretischen Verständnis der Wechselwirkung von Strukturen und Praktiken der sozialen Akteure im historischen Prozess („Verständnis zwischen Verhältnissen und Aneignung“) fundamental. Der Myhthos von der Geschichtslosigkeit und (rationalen) Handlungsfähigkeiten der so genannten „Naturvölker“ ist in seiner Entstehungsgeschichte“ auf ethnozentrische Wertehaltungen und Herrschaftsbedürfnisse zurückzuführen. Die Zweiteilung der Menschheit in Natur- und Kulturvölker beruht auf einem Deutungsmuster von Fremdheit, das auf ein Ordnungsschema von Innen/Außen-Beziehungen zurückzuführen ist, in dem das Fremde als Negation von Eigenheit gedacht wird (vgl. Schäffter: 2. Ordnungsschema) Die Entwicklungshöhepunkte „of mankind“ werden selbstverständlich vorausgesetzt. Informiert wird (weiters) diese Kritik u.a. durch die zunehmende Entmarginalisierung der als unterentwickelt Diskriminierten und die Einsicht in die Unhaltbarkeit des zweckrationalen Fortschrittsdenkens angesichts ökologischer Selbstbedrohung und Massensterben der hierarchisch der dritten Welt zugeordneten Menschen. Es wird freilich keine soziale Realität beschrieben, sondern vielmehr eine soziale Realität geschaffen, und zwar regelmäßig in Form eines Herrschaftsanspruches der höheren Ordnung. Gegen das Kriterium der Komplexitätssteigerung (Evolutionisten): 1. Entwicklung zwar ein Wachstum von Effizienz, aber nicht notwendigerweise von Komplexität bringen muss. 2. Die Evolution jedes Gemeinwesens zeigt abwechselnde Perioden von Blüten und Verfall. 3. Weiters drängt sich die Frage nach Veränderung von Gesellschaften auf, die keine höhere Komplexität erreichten, innerhalb einer Ebene Meines Erachtens (das von Zips) drückt sich das Legitimationsbedürfnis eines Führungs- oder präziser eines Herrschaftsanspruches der nördlichen gegenüber der südlichen Welthälfte aus. In diesem Sinne legitimieren evolutionistische Ansätze auch den kolonialen Anspruch der Fremdbeherrschung (siehe auch Entwicklungshilfe) Funktionalismus: Im Funktionalismus sollten holistische (ganze) Bilder vom Zusammenspiel der einen Gesellschaft konstituierenden Kräfte und Faktoren gezeichnet werden. Aufgrund der postulierten funktionalen Zusammenhänge sollten Politik, Führerschaft, Streitschlichtung etc. als Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung interpretiert werden. Recht und Ordnung durchziehen auch alle (im Gegensatz zum Evolutionismus) „Stammesbräuche der wilden Rasse“. Weder ist der Wilde demzufolge rechtlos, noch völlig vom Recht unterworfen. 1. Jede einzelne Handlung habe einen bestimmten Platz in einem komplexen give and takeSystem (einem funktionalen Gefüge) 2. Reziprozitätsprinzip (Gegen- Wechselseitigkeitsprinzip) 3. der „Wilde“ ist weder reiner Individualist noch Kollektivist 4. funktionale Analyse: Funktion des Rechts in der Rückkehr zum Gleichgewicht Grundannahme: Funktionalismus ist daher das Bemühen, soziokulturelle Phänomene auf der Basis miteinander verknüpfter Kategorien von Verhalten zu studieren. Kritik: In ihrem bisweilen vorgetragenen Eintreten (Malinowski) für die „primitiven Völker“ äußert sich u.a. der eigennützige europ. „Sammlerwahn“ gegenüber exotischen Kuriositäten sowie das paternalistische Mitleid gegenüber hilflosen stammesgeschichtlich jungen Stämmen. Kritik am strukturalistischen Denken (von Malinowski): Durch die Subjekteinbeziehung lebender Menschen kritisiert Malinowski das strukturalistische Rechtsverständnis (von Radcliffe-Brown) Strukturalismus: Für die Strukturalisten erschien der politische Prozess, die politische Aktivität der sozialen Akteure als quasi-automatisches Funktionieren der Strukturen an. Strukturelle Typen ließen sich aus dem ähnlichen Funktionieren der Strukturen ableiten. Politik als soziales Handeln zur Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung unter dem Einsatz legitimer Gewalt. 1. Der politische Mensch wird hinter strukturell ausgewogene Systemen übersehen, 2. in denen das vorgeschriebene Verhalten das einzig zugelassene ist. 3. Automatische Sanktionen kontrollieren abweichendes Verhalten im Interesse des Status Quo. 4. Alle sozialen Beziehungen sind durch den sozialen Prozess festgelegt. 5. Das Verhalten der Personen wird durch Normen, Regeln usw. kontrolliert 6. Objektbereich ist die Erforschung sozialer Phänomene durch physikalischer und biologischer Methoden (Anlehnung an den Evolutionismus) 7. Die Strukturen lassen sich direkt beobachten! Fazit: Nur die komparative Erforschung ganzer Systeme sozialer Sanktionen kann das Verstehen der Anfänge des Rechts „verständlich machen“. Kritik: Die strukturalistische Haltung kann auch als Ausdruck einer kolonialen Praxis verstanden werden. Die soziale Realität wird nicht nur nicht erfasst, sondern eine eigene Art von Gesellschaft wird projiziert. Sie hängen gewissermaßen wie „Marionetten an den Strukturen“. Der Strukturalismus hypostasiert (vergegenständlichen) die Systeme objektiver Beziehungen – jenseits der Geschichte des Individiums und der Geschichte der Gruppen