Dr. Susanne Roller Internistin Palliativstation St. Johannes von Gott am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Romanstrasse 93 80639 München Tel. 089 1797 2030 Fax 089 1797 2908 Ethik und Organisation im Krankenhaus 24. September 2003 in Tutzing Erfahrungen im Klinikalltag in einem katholische Krankenhaus („Redeprotokoll“) Der Orden der Barmherzigen Brüder ist weltweit Träger von vielen Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen. Die Sorge und Pflege kranker Menschen ist explizite Aufgabe des Ordens. Seit 11/95 gibt es in den Einrichtungen des Ordens Arbeitsgruppen, die sich mit ethischen Fragen beschäftigen. Zunächst überregional und für alle Einrichtungen. Wegen der unterschiedlichen Interessensschwerpunkte jedoch seit 2001 getrennt für Krankenhäuser und Behinderteneinrichtungen. In den AK Ethik sind alle Berufsgruppen vertreten. Für die einzelnen Einrichtungen gibt es Arbeitsgruppen, die bei ethischen Fragestellungen hinzugezogen werden können. Aufgabe des AK Ethik: Aufgaben der Arbeitsgruppen: Erarbeiten von Leitlinien und Standards Grundsatzentscheidungen Organisation von Fortbildungen zu ethischen Themen für die Mitarbeiter Klären individueller Fragen vor Ort Die Arbeit in den KHS der Barmherzigen Brüder ist geprägt von der Präsenz der Ordensbrüder. Wer der Ordensgemeinschaft beitreten will, erhält eine Ausbildung in Krankenpflege oder Heilerziehungspflege in den Ordenshäusern. Die Seelsorge wird von einem Pater des Ordens geleistet. Die Hausgemeinschaft feiert gemeinsam kirchliche und ordensspezifische Feste. So wird der „christliche Geist“ im Krankenhausalltag spürbar. Ethische Erfahrungen im Klinikalltag einer Palliativstation Beratung von Patienten, Angehörigen und behandelnden Ärzten zu ethischen Fragen Ethische Fragen betreffen vor allem das Lebensende. Hier geht es um Fragen der Therapiebegrenzung, Sterbebegleitung und Palliativmedizin. Anfragen zu konkreten medizinischen Situationen („Fälle“) kommen von anderen Stationen im Haus und telefonisch von Angehörigen, Pflegepersonal, Hausarzt oder Klinikarzt. Häufige Fragen sind hierbei Anlage einer PEG, Beginn oder Beenden lebensverlängernder Maßnahmen oder Optimierung der Symptomkontrolle. Neben telefonischer Beratung bieten wir Konsile mit Beratung des behandelnden Teams (inkl. Patient soweit möglich und Angehörigen). Wo immer möglich, werden Patient und ggf. Angehörige schonend und angemessen aber in vollem Umfang über die Diagnose, die Prognose und die palliativmedizinischen Handlungsoptionen Ethische Entscheidungsfindung Roller 9/03 informiert. Der weiterbehandelnde Hausarzt wird vor Entlassung ausführlich informiert und ggf. beraten. Zu weiteren Beratungen stehen wir jederzeit zur Verfügung. Falls gewünscht, werden Patient und Angehörige von ehrenamtlichen HospizhelferInnen begleitet. Die Möglichkeit der Beratung wird zunehmend von Hausärzten, Pflegediensten, Pflegeheimen und gelegentlich vom ärztlichen Notdienst in Anspruch genommen. Die Entscheidungen zu Patienten der Palliativstation werden immer im multidisziplinären Team getroffen. Hierzu gehören Pflegende, Ärzte, Seelsorger, Sozialpädagogen, weitere Therapeuten und wenn möglich Patient und Angehörige. Regelmäßige Supervision, Teamfortbildungen und individuelle Fortbildung sind hierbei Voraussetzung. Die Hauptaufgabe der ethischen Beratung durch Palliativmediziner sehe ich im Aufzeigen von Be-Handlungs-Alternativen. Kenntnisse der Palliativmedizin helfen dabei, in der Terminalbegleitung nicht sagen zu müssen „Wir können nichts mehr für Sie tun“ sondern optimale statt maximaler Therapie anzubieten und zu wissen: Heilen können wir selten, lindern oft aber beistehen immer. Unverbindliche, unvollständige und persönliche Zusammenstellung hilfreicher Fragen bei der Klärung ethischer Probleme: Entscheidungsfindung für den behandelnden Arzt Liegt eine Willenserklärung vor? Wie ist der bisherige Krankheitsverlauf? (akut, schleichend) Was ist das Behandlungsziel? Liegen potenziell reversible Gründe vor? Welche Einstellung bzw. Kenntnisstand haben die Angehörigen? Entscheidungsfindung im Team Wie schätzt der Patient die Situation ein? Wie schätzen die Angehörigen die Situation ein? Wie schätzen Pflegende und Ärzte die Situation ein? Welche Ängste haben die einzelnen Personen? Was kann jeder tun? Was kann passieren (mit und ohne Therapie)? Klären offener Fragen Entscheidungsmöglichkeiten Weitere Untersuchungen Beobachtendes Abwarten Beratung mit Patient, Angehörigen oder Kollegen Sofortiges Handeln (Notfall) Aufstellen eines Behandlungsplanes Verzicht auf weitere Untersuchungen und Behandlung Weitere Fragen entstehen aus dem individuellen Kontext. Bei Rückfragen stehe ich gerne zu Verfügung (s.o.) Ethische Entscheidungsfindung Roller 9/03