Die Rede zum 8.Mai - DIE LINKE Stormarn

Werbung
Der 8. Mai 1945 – Tag der Befreiung vom Faschismus
In Gedenken an die Opfer des Nazilager Wiesenfeld und des Kommunisten Hans Bauer
In einer historischen Rede zum 40igsten Jahrestag der Befreiung vom Faschismus sagte der
damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker:
„Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem
menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele
Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende
des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in
seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte.
Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.“
Joseph Goebbels hielt in seinem Tagebuch für diesen 30. Januar fest: „Es ist so weit. Wir
sitzen in der Wilhelmstraße. Hitler ist Reichskanzler. Wie im Märchen. Gestern Mittag
Kaiserhof: wir warten alle. Endlich kommt er. Ergebnis: Er Reichskanzler. Der Alte [gemeint
ist Reichspräsident Hindenburg] hat nachgegeben. Er war zum Schluss ganz gerührt. So ist’s
recht. Jetzt müssen wir ihn ganz gewinnen. Uns allen stehen die Tränen in den Augen. Wir
drücken Hitler die Hand. Er hat’s verdient. Großer Jubel. Unten randaliert das Volk. Gleich
an die Arbeit. Reichstag wird aufgelöst.“
Die braune Barbarei erhob ihr Haupt und wird auf ewig mit dem Namen Deutschlands
verbunden bleiben. Nun ging es Schlag auf Schlag. Am 20. März 1933 wurde das KZ Dachau
errichtet um politisch missliebige Personen, vor allem der sozialistischen und
kommunistischen Parteien zu inhaftieren. Am 23. März wird das sog.
‚Ermächtigungsgesetz‘ verabschiedet, welches die Demokratie endgültig beerdigte. Am 2.
Mai, einen Tag nach den Maifeiern, die die Gewerkschaftsführungen noch in der Hoffnung
Gnade vor den Nazis zu finden mit ihnen gemeinsam abhielten, wurden die Gewerkschaften
zerschlagen und führende Funktionäre verhaftet. Da war das Verbot der SPD am 22. Juni
1933 nur noch die Kür. Die Faschisten hatten ganze Arbeit geleistet. Was brauchte es da noch
nationale und konservative Parteien. So lösten sich DNVP und Zentrumspartei kurz danach
selbst auf!
Das Jahr 1933 war ein schicksalhaftes Jahr für Deutschland. Die Wirtschaftskrise der
kapitalistischen Gesellschaft fand ihre blutigste Lösung. Das Versagen der maßgeblichen
Arbeiterparteien und der Gewerkschaften zur Abwehr der Diktatur der Arbeiterfeinde und des
Antisemitismus war komplett. Zwar hatte die KPD noch am 30 Januar 1933 zum
Generalstreik aufgerufen, hatte es aber aufgrund der tiefen Spaltung der Arbeiterbewegung
versäumt, öffentlich von Gewerkschaften und SPD Spitzenverhandlungen zu verlangen.
Letztere wiederum beharrten ihrerseits strikt auf legalem Verhalten, obwohl es in den
Betrieben eine hohe Kampfbereitschaft gab. So verpuffte dieser Aufruf der KPD bei 200 000
arbeitslosen Mitgliedern in den eigenen Reihen. Die Möglichkeit des massenhaften,
organisierten und vor allem gemeinsamen Kampfes gegen die Nazis war vertan. So schrieb
der Historiker Wolfgang Wippermann: „Die Gruppen des Arbeiterwiderstandes kämpften
getrennt und wurden getrennt geschlagen, aber: sie kämpften" Heute wissen wir, es hat nicht
gereicht.
Schon Ende Februar 1933 wurde die KPD verboten. Der Reichstagsbrand am 27. Februar bot
einen guten Anlass. Mehr als die Hälfte aller Spitzenfunktionäre wurde verhaftet oder
ermordet. Die Aufrechterhaltung der alten Infrastruktur noch bis 1935 erleichterte es der
Gestapo Parteigliederungen aufzudecken und zu zerschlagen. Außerdem bargen die
gewählten Aktionsformen, wie Flugblattverteilen, Kurzdemonstrationen und ähnliches ein
hohes Verhaftungsrisiko. So wurden 1933/1934 ca. 60 000 Kommunisten inhaftiert, 2000
ermordet. 1935 kamen noch einmal 15000 Verhaftungen dazu.
„Trotz immer neuer Verhaftungen (14) und brutalster Repressionsmethoden gelang es der
Gestapo nicht, die fortwährende Neubildung kommunistischer Zellen im Reich zu
unterbinden. So heißt es Ende 1934 in einem Gestapo-Bericht:
"Trotz schärfster Überwachung der KPD-Bewegung, verhältnismäßig schneller Zerschlagung
der einzelnen Organisationszellen und abschreckender Strafen für die zahlreich
festgenommenen Funktionäre finden sich immer wieder Personen, die sich der illegalen KPDArbeit zur Verfügung stellen und versuchen, den Organisationsapparat neu aufzuziehen."
http://www.trend.infopartisan.net/trd1000/t341000.htm
Auch in Hamburg und Umgebung begann gleich nach dem 27.Februar 1933 eine erste Welle
des Terrors gegen die KPD. In Hamburg ließ der Polizeisenator Schönfelder (SPD) auf Druck
der Reichsregierung das Parteibüro der KPD schließen, Versammlungen verbieten,
Flugblätter beschlagnahmen und 75 Personen verhaften.
In diesem Klima kandidierte der Kommunist Hans Bauer für die KPD in Reinbek am
12.03.1933 zu den Gemeindewahlen. Zurecht schreiben Stefanie Antoniadis-Wiegel und
Wolfgang Walter in ihrem Artikel über Hans Bauer: „Ungeheurer Mut und die feste
Überzeugung, die Wahrheit sagen zu müssen angesichts der menschenverachtenden Ziele der
NSDAP, und schließlich auch die Gewissheit, sich möglicherweise den Nazis und ihrem
Terror auszuliefern gehörten zu einem solchen Schritt.“
Natürlich wurde Hans Bauer gemeinsam mit 1400 anderen Kommunisten aus Hamburg und
Umgebung verhaftet. „Die zwei Reinbeker Polizisten Stier und Jarchow standen eines Tages
mit Haft- und Durchsuchungsbefehl vor der Haustür Schmiedesberg 14. Angegebener
Haftgrund war ‚politische Unzuverlässigkeit‘“. Seine Wohnung wurde auf den Kopf gestellt,
Bücher und Zeitschriften mitgenommen. Auch die Modezeitschriften seiner Frau Else Bauer.
‚Da könnte ja ein Geheimcode in die Schnittmuster eingestanzt sein.‘ Die Bücher wurden
anschließend auf dem Rosenplatz verbrannt. (vgl. Antoniadis-Wiegel/ Walter) Nach sechs
Wochen wurde er freigelassen. Doch dies war nur eine vorläufige, sehr eingeschränkte
Freiheit. Der alltägliche Kampf in einen Regime von Verbrechern ließ ihm keine Chance. Und
die Nazis hatten wohl auch eine Rechnung, seit ein paar Jahren vorher, offen. Als die
NSDAP im Februar 1928 ihre Ortsgruppe Reinbek im Hotel Zum Landhaus gegründet hatten,
ließ es sich, neben Hans Klein, auch Hans Bauer nicht nehmen immer wieder als Gegenredner
gegen die Nazis aufzutreten. „Hartnäckig und unerschrocken besuchte er die NSDAP
Versammlungen, trat öffentlich gegen die NSDAP Redner auf und bewies damit seine
Zivilcourage und seinen persönlichen Mut.“ (ebenda.) So ist es nicht verwunderlich, dass
Pfingsten 1939 wieder die Polizei vor seiner Tür stand um ihn abzuholen. Seine Frau Else
wurde von der Gestapo permanent unter Druck gesetzt und mit Hausdurchsuchungen
überzogen, da es seinem Freund Hans Klein gelungen war über Dänemark nach Schweden zu
flüchten. Hans Bauer war dieses Glück nicht beschieden. Am 19.5.1941 wurde er von den
Nazis im KZ Dachau ermordet. Natürlich waren sie zu feige dies zuzugeben und für die
Nachwelt festzuhalten. Stattdessen wurde mit widersprüchlichen Angaben wie
„Selbstmord“ bzw. „Tod durch Lungenentzündung“ versucht die eigene Verantwortung für
den Mord zu vertuschen.
Zwischen 1933 und 1939 schlug sich Hans Bauer mit vielen verschiedenen
Gelegenheitsarbeiten durch. So wird auch der Transport von Schienen erwähnt an denen er
beteiligt war. Wir wissen es nicht, aber eventuell waren es Arbeiten im Zusammenhang mit
dem Eisenbahnausbau in Glinde. Stichstrecken sollten das neue Heereszeugamt und das
Kurbelwellenwerk an die Bahn anschließen. Die Chronik der Stadt Glinde erwähnt: „In den
Jahren 1937/39 wurde das Wehrmachtsdepot und ein Ausweichbetrieb der Firma Krupp nach
Glinde verlegt.“ „Die Arbeiter und Hilfskräfte für das Heereszeugamt und das
Kurbelwellenwerk reichten in den andauernden Kriegsjahren wegen der ständig zunehmenden
Einberufungen bald nicht mehr aus.“ So wurde zwischen 1939 und 1943 ein Nazi
Arbeitslager in Wiesenfeld errichtet um benötigte Zwangsarbeiter dort unterzubringen. Über
die Anzahl der Insassen gibt es keine genauen Angaben. Eine Umfrage des schleswigholsteinischen Innenministeriums von 1950 ergab eine Anzahl mit „im Durchschnitt
2700“ Personen. Die Baracken waren streng nach Nationalitäten getrennt. Das Lager war mit
Stacheldraht umzäunt und wurde von bewaffneten Wachen überwacht. Die Behandlung der
Zwangsarbeiter war für alle schlecht. Kälte, Hunger, Übermüdung, schlechte hygienische
Bedingungen und drei Schichtsystem. Die Russen wurden aber mit Abstand am schlechtesten
behandelt. So berichtet ein Zeitzeuge, dass im Jahre 1944 von 120 eingetroffenen russischen
Kriegsgefangenen nach einem halben Jahr nur noch 6 am Leben waren. Sie verhungerten oder
wurden erschlagen. Prügel gehörten überhaupt zum Alltag des Lagers. Es kam auch zu
Exekutionen.
„Auf dem Friedhof Reinbek liegen in einem kleinen Gräberfeld 39 Polen und Polinnen, zehn
Menschen aus der Ukraine und ein Belgier begraben. (…) Eine Grabstele trägt die Inschrift: ‚
Hier ruhen 36 polnische und russische Kriegsgefangene und Zivilisten 1940 -1948‘. (…)
Viele Gräber wurden im Lauf der Zeit verlegt oder auch eingeebnet, von manchen Grabstellen
sind heute keine Spuren mehr zu finden.“ (Sieghard Bußenius/Heinz Juhre)
Unter großen Opfern vor allem der Soldaten der sowjetischen Armee überschritten die
Alliierten die deutschen Grenzen zwischen Oktober 1944 und April 1945. Am 3.Mai befreiten
englische Truppen das Lager Wiesenfeld. Am 7. Mai unterzeichnete Jodl im Namen des
deutschen Oberkommandos die bedingungslose Kapitulation. Um den hohen Beitrag der
Roten Armee zu würdigen wurde die Unterzeichnung im russischen Hauptquartier in BerlinKarlshorst noch einmal vollzogen. Die Kapitulationsurkunde datiert auf den 8. Mai.
Ca. eine Million Soldaten Frankreichs, Großbritanniens und der USA und ca. 15 Millionen
Sowjetsoldaten mussten für die Beendigung des Albtraums des Faschismus ihr Leben lassen.
-
Wir können deshalb gut nachvollziehen, dass am 19. April 1945 bei einer Trauerfeier
der etwa 21.000 Überlebenden des befreiten KZs Buchenwald „den verbündeten
Armeen der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen Freiheitsarmeen, die uns und
der gesamten Welt Frieden und das Leben erkämpfen.‘“ gedankt wurde und schließen
uns dem an.
-
In Gedenken an Hans Bauer und seines Gleichen
-
In Gedenken an die Verstorbenen, Getöteten und Ermordeten des Lager Wiesenfeld
-
In Gedenken an die vielen Dutzenden von Millionen Toten Soldaten und Zivilisten die
auf das Konto der Nazis gehen
Legen wir hier an der Gedenktafel für die Opfer des Arbeitslagers Wiesenfeld Blumen nieder
Und gedenken ihrer! Ich bitte um eine Schweigeminute!
Danke!
Herunterladen