1. Auf eurem aktuellen Album "Freistil" gibt es fast ausschließlich, und mit sehr überzeugendem Ergebnis, deutschsprachige Texte. Auf "Men on the moon" habt ihr noch überwiegend Englisch gesungen. Was hat zu dieser Entscheidung geführt? Das war keine bewusste Entscheidung. Der Song Vokalist von der Men on the moon war der erste Versuch auf deutsch und ich hab als Texter gemerkt, dass es mir viel mehr Spaß macht, auf deutsch zu schreiben und dass ich viel mehr Möglichkeiten im Umgang mit Sprache habe. Bei englischen Texten hört sowieso keiner richtig hin und ich denke, unsere Musik ist durch die deutschen Texte nochmal interessanter geworden. Man muss sich als Ska Band sowieso ständig mit dem Vorurteil auseinandersetzen, dass Ska nur live funktioniert. Deshalb versuchen wir immer wieder, möglichst abwechslungsreiche und interessante Alben zu machen um zu beweisen, dass unsere Musik auch auf Platte funktioniert und eigentlich Popmusik ist. 2. Parallel zur Popkomm hat sich eine große Zahl von Musikern für eine feste Radioquote für "deutsche" Musik ausgesprochen. Ihr würdet von einer solchen Quote vermutlich profitieren. Wie steht ihr zu der Forderung von Lindenberg, Maffay und Co.? Die Frage ist, ob durch eine solche Quote mehr redaktionelle Freiheit bei den Radiostationen und dadurch eine größere musikalische Vielfalt im Programm entsteht. Wenn die Redaktionen durch diese Quote die Möglichkeit haben, eine Nummer von einem kleinen Label in die Tagesrotation zu nehmen, nur weil sie ihnen gefällt, wäre das ne tolle Sache. Die Gefahr ist allerdings, dass die großen deutschen Firmen die freiwerdenden Plätze unter sich aufteilen und wir anstatt Will Smith und Madonna dann Alexander und Overground zu hören kriegen. 3. In der Ankündigung für eure aktuelle Tour nennt ihr den "Musikmarkt", also Plattenfirmen und Medien, als die Verantwortlichen für den Niedergang der Plattenindustrie. Warum habt ihr keine Angst vor Einbußen durch Musikhörer, die sich eure CDs brennen anstatt durch den Kauf dazu beizutragen, dass ihr von eurer Arbeit leben könnt? Wir bekommen die Einbußen genauso heftig zu spüren wie jede andere Band auch. Für uns sind sie sogar noch existenzieller als für Bands, die wesentlich mehr Platten verkaufen. Die können immerhin noch davon leben, wenn auch nicht mehr ganz so gut. Es geht nur darum, dass man nichts an der Situation ändert, wenn man mit erhobenem Zeigefinger auf Schulhöfen rumläuft. Wir versuchen lediglich, das Internet und die CD-Brennerei als Multiplikator zu nutzen, anstatt alles zu verteufeln. Wir stellen immer wieder einzelne Songs als Download ins Netz, mit dem Effekt, dass Leute, die uns vorher nicht kannten, auf Konzerte kommen und davon der ein oder andere ne CD kauft. 4. Ihr bemängelt, dass inzwischen nicht nur der CD-Absatz rückläufig ist, sondern in direkter Folge auch die Besucherzahl bei Konzerten. Worin besteht da der Zusammenhang? Es kauft unserer Meinung nach kaum noch jemand CDs im Laden, weil einfach viel zu viele seelenlose Tonträger, die nur auf schnellen kommerziellen Erfolg ausgerichtet sind, produziert werden. Dafür geht halt keiner in den Laden. Noch schlimmer sieht es aus, wenn diese Acts dann Live auftreten. Von Konzerten kann man eben nicht sprechen, weil das Live Repertoire meist nicht mehr als drei oder vier Songs umfasst und nur auf FernsehPromoauftritte ausgerichtet ist. Wir haben vor zwei Jahren auf dem Ringfest in Köln auf der RTL Bühne gespielt und waren der einzige Live-Act unter ganz vielen Voll- und Halbplayback Gruppen. Vor uns spielte eine der vielen Boygroups und die mussten ihr Playback zweimal neu abfahren, weil immer irgendetwas nicht geklappt hat. Bei so peinlichen Auftritten ist es kein Wunder, dass für die Kids bei Veranstaltungen die Game-Zones wichtiger geworden sind als die Konzerte. 5. Mit eurer Aktion "Copy keeps Music alive" wollt ihr auf eurer anstehenden Tour einen Kontrapunkt zur "Copy kills music"-Kampagne setzen. Was ist der Inhalt eurer Aktion? Nachdem wir festgestellt hatten, dass die Krise in der Musikindustrie auch das Live Geschäft erwischt hat, haben wir überlegt was man machen kann, anstatt mit allen kollektiv rumzujammern und so ist diese Initiative entstanden. Wir bieten jedem der auf unser Konzert kommt und einen Rohling mitbringt an, sich seinen persönlichen Lieblingssong von uns nach dem Konzert auf CD brennen zu lassen. Außerdem verzichten wir bei den Konzerten auf Festgagen und spielen auf Eintritt. Somit teilen wir uns das finanzielle Risiko mit den Veranstaltern. Geplant ist, jeweils mit einer lokalen Band zusammenzuspielen, die vom Veranstalter ausgesucht wird. Zusätzlich haben wir für die Zeit auf unserer Homepage drei Songs in einer Live Version zum Download bereitgestellt, so dass sich jeder im Vorfeld von unseren Live-Qualitäten überzeugen kann. 6. Ihr teilt euch das finanzielle Risiko eurer Gigs mit den Veranstaltern und fordert die Fans auf, CD-Rohlinge mitzubringen und eure Songs gratis darauf brennen zu lassen. Selbst wenn ihr inzwischen eine wachsende und treue Fangemeinde habt, die zu euren Auftritten pilgert, habt ihr keine Angst, künftig allein von Luft und Liebe leben zu müssen? Die Initiative ist auf 2-3 Monate begrenzt. Wir können uns auch nicht erlauben, das ganze Jahr auf Eintritt zu spielen. Es ist bloß so, dass es auch für Veranstalter immer schwieriger wird, das finanzielle Risiko zu tragen. Deshalb wollten wir einfach ein Zeichen setzen und stärker mit den Veranstaltern zusammenarbeiten. Dazu gehört eben auch, sich das finanzielle Risiko zu teilen. Wir hoffen natürlich auf möglichst viele Zuschauer, damit sich das am Ende trotzdem rechnet. Die Brennaktion ist als eine Art zeitgemäßes “Tape-Trading“ zu verstehen. Wir glauben, dass sich unsere Musik so weiter verbreitet und sich einige bei Interesse auch das Album kaufen werden. Schließlich bieten wir nicht an ganze Alben, sondern nur einen Song zu brennen. Da müsste man schon zu 13 Konzerten kommen, um das aktuelle Album zusammenzubekommen. Unserer Meinung nach gibt es viele Leute, die sich einen Song aus dem Netz ziehen und dann entscheiden ob sie zu einem Konzert gehen oder sich das Album kaufen. So kann der illegal runtergeladene Song trotzdem auch Multiplikator sein. 7. Glaubt ihr, dass euer Konzept als Modell auch für andere Bands taugt - z.B. auch für solche, die bei Major Companies unter Vertrag sind? Momentan gibt es überhaupt kein Modell, das für alle taugt. Wir haben das Glück, dass wir schon seit einiger Zeit unterwegs sind und uns so eine Publikumsbasis schaffen konnten. Egal ob eine Band bei einem Major unter Vertrag ist oder nicht, es wird für alle Bands immer schwerer, sich Live zu etablieren. Natürlich haben Bands bei einer großen Plattenfirma mit größeren Promo-Budgets andere Voraussetzungen, aber ein teures Video macht die Clubs auch nicht von alleine voll. Wir haben uns im Laufe der Zeit einige Gegenden richtig erspielt und können zumindest da fest mit Publikum rechnen. Insgesamt sind wir sehr gespannt und freuen uns riesig auf den kommenden Tourabschnitt...