Sagen Bilder mehr als 1000 Worte? Sie hören eine Stimme und denken vielleicht: Schön und gut, doch ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Aber stimmt das wirklich? Sagen Bilder mehr als 1000 Worte? Und wie sieht diese Entwicklung unter neurologischen Gesichtspunkten aus? In dem Buch „New Positioning“ von Jack Trout und Steven Rivkin finden sich einige interessante Anmerkungen zu diesem Thema. Zum Beispiel von Thomas Sticht, einem „renommierten Psychologe, Wissenschaftler und Autor von 95 Artikeln über Kommunikation“: "Ich ziehe es vor zu glauben, daß ein Wort mehr als tausend Bilder sagt. Wie viele Bilder fallen Ihnen ein, mit denen Ideen vermittelt wurden? Ideen wie Gott, Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und Liebe. Es ist sehr schwierig, dafür Bilder zu finden. Und deshalb glaube ich, daß ein Wort oft tausend Bilder wert ist:" Die Psychologin Dr. Elisabeth Loftus von der University of Washington, ist übrigens der gleichen Überzeugung: "Das Ohr ist dem Auge in vielerlei Hinsicht überlegen. Laborexperimente unter kontrollierten Bedingungen haben gezeigt, daß Probanden, die eine Reihe von Wörtem vom Kassettenrecorder hörten oder auf Dias sahen, mehr Wörter behalten konnten, wenn sie diese gehört hatten. Was Konsumenten sympatischer ist Laut einer Studie an der Northwestern University lassen sich Verbraucher leichter von einem Produkt überzeugen, wenn dazu eine rein verbale Bolschaft eingesetzt wird. Sie fanden ein Shampoo besser und wollten es eher kaufen, als in einem anderen Fall, in dem die verbale Botschaft mit Bildern kombiniert wird. Die verbale Botschaft alleine scheint eher eine posive Einstellung zum Produkt zu erzeugen." Dazu noch einmal Dr. Elisabeth Loftus: Das optische und das akustische Gedächtnis "Um den Grund dafür zu verstehen, muß man wissen, daß das Gehim im wesentlichen über zwei Möglichkeiten verfügt, um Eindrücke zu speichern: Es gibt das ikonische Gedächtnis für die visuellen Bilder und das Lautgedächtnis, das Hörbilder speichert. Wenn das Auge visuelle Informationen aufnimmt, werden diese fast vollständig im ikonischen Gedächtnis gespeichert, allerdings nur für etwa eine Sekunde. Wenn dagegen das Ohr Informationen aufnimmt, werden diese ebenfalls fast vollständig gespeichert, aber für längere Zeit, nämlich für vier bis fünf Sekunden. Das bedeutet, daß das Lautgedächtnis dauerhafter ist, als das Gedächtnis für visuellen Informationen." Neuere Studien Und tatsächlich, auch neuere Studien konnten zeigen, daß das visuelle Kurzzeitgedächtnis eine ziemlich begrenzte Aufnahmekapazität besitzt. Lediglich drei bis vier Objekte können wir dort zwischenspeichern. Dann schieben wir die Eindrücke entweder ins Langzeitgedächtnis weiter, oder sie werden gelöscht (Jay Todd und René Marois, Vanderbilt Vision Research Center, Nashville). Das Ohr ist schneller als das Auge Nicht nur in der Werbung wird darüber nachgedacht, ob in dem einen oder anderen Fall lieber das gedruckte oder das gesprochene Wort eingesetzt werden soll. Dabei gibt es einen großen Unterschied: Das Ohr ist schneller als das Auge. Tests belegten, daß das menschliche Gehirn in der Lage ist, ein gesprochenes Wort in 140 Millisekunden zu verarbeiten. Für ein gedrucktes Wort dagegen benötigt es 180 Millisekunden. Die Psychologie erklärt diese Verzögerung von 40 Millisekunden damit, daß das Gehirn visuelle Informationen zunächst in Töne übersetzt, um sie zu verstehen. Hören bleibt länger haften Doch man hört aber nicht nur schneller als man sieht, das Gehörte bleibt auch länger im Gedächtnis haften. Ein visueller Eindruck verschwindet in einigen Sekunden, falls das Gehirn nicht aktiv wird und das Wesentliche speichert (visuelles Kurzzeitgedächtnis). Was wir hören, bleibt dagegen vier- bis fünfmal länger im Gedächtnis (daher verlieren wir auch beim Lesen so leicht den Faden): Deshalb können wir dem gesprochenen Wort auch leichter folgen. Es sieht also ganz danach aus, daß es effektiver ist, eine Botschaft zu hören, als sie zu lesen. Erstens speichert das Gedächtnis die gesprochenen Worte länger, so daß Sie dem Gedankenfluß leichter folgen können. Zweitens verleihen die paraverbalen Signale wie Tonfall, Sprechtempo, Pausen, Betonungen usw. den Worten eine Wirkung, die wir mit einem gedruckten Text alleine nie erreichen. Denken - ein Prozeß der Klangverarbeitung? Psychologen haben weiterhin festgestellt, daß Texte beim Lesen zunächst in eine Art gesprochener Sprache codiert werden. Als müßte das Gehirn die gedruckten Worte erst einmal in Sprache umsetzen, bevor es sie versteht. Deshalb bewegen Leseanfänger häufig ihre Lippen, wenn sie lesen. Es gibt also Hinweise, daß sich das Gehirn am Hörsinn orientiert. Denken wäre demnach ein Prozeß der Verarbeitung von Klängen, weniger von Bildern. langenhainer kreis, juni 2005 lutz berger