11. Vorlesung SS 2012

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Juristisches Baumanagement
11. Vorlesung SS 2012
6. Juni 2012
Dozent:
Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Donoth, Kiel
Rechtsanwälte
Dres. DONOTH FUHRMANN TÜXEN
Hafenhaus/ Bollhörnkai 1
24103 Kiel
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Juristisches Baumanagement
II.
„Veränderung des Bauprogramms während der Bauzeit“
- Wiederholung -
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Nachträgliche Preisanpassungen
Zur grundsätzlichen Abgrenzung
nachfolgende Übersicht:
der
einzelnen
Anspruchsgrundlagen
 § 2 Nr. 3 VOB/B
Von § 2 Nr. 3 VOB/B werden diejenigen Fälle erfasst, bei denen sich
während der Bauausführung herausstellt, dass zur Herstellung des
ursprünglich vereinbarten Werkes, also der Erreichung des vereinbarten
Leistungsziels, eine Abweichung der ursprünglich vereinbarten Mengen,
z. B. von Baustoffen o. ä., erforderlich ist.
Eine Preisanpassung kann verlangt werden, wenn der Leistungserfolg
zwar gleich geblieben ist, sich aber die zu seiner Erzielung
erforderlichen Mengen erhöht bzw. verringert haben. Es ändern sich
insofern lediglich die der Kalkulation zugrunde liegenden
Mengenansätze des ursprünglichen Angebotes. Auf dieser geänderten
Grundlage kann dann ein neuer Preis für die von den
Mengenänderungen betroffene Positionen verlangt werden.
Hierbei ist Folgendes zu beachten:
Gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B haben Mengenabweichungen von bis zu
10 % keine nachträgliche Preisanpassung zur Folge. Dies bedeutet,
dass gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B der ursprünglich vereinbarte
Einheitspreis auch dann unverändert bleibt und die Vergütung durch
Multiplikation der tatsächlich benötigten Einheiten mit den
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Einheitspreisen ermittelt wird, wenn die erbrachten Mengen von den
vertraglich vereinbarten um maximal 10 % abweichen.
Ändern sich die Mengen um mehr als 10 %, so bestimmt sich hier die
Preisänderung gem. § 2 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 VOB/B: Bei Überschreitung
ist auf Verlangen der ursprüngliche Einheitspreis anzupassen. Dies gilt
jedoch nur für denjenigen Teil der Leistung, der über 110 % des
ursprünglichen in Ansatz gebrachten Vordersatzes hinausgeht. Für 110
% der ursprünglichen Menge ist der bereits vertraglich vereinbarte Preis
zu entrichten.
Unterschreiten die tatsächlich erbrachten Mengen die ursprünglich
zugrundegelegten um mehr als 10 %, so ist – im Gegensatz zur
Mengenüberschreitung – für die gesamte Leistungsmenge ein neuer
einheitlicher Preis zu bilden.
 § 2 Abs. 5 VOB/B
§ 2 Abs. 5 VOB/B erfasst die Fälle von nachträglichen inhaltlichen
Modifikationen
des
ursprünglich
vertraglich
vereinbarten
Leistungserfolges. § 2 Abs. 5 VOB/B setzt damit voraus, dass eine im
ursprünglichen Vertrag bereits enthaltene Leistung durch den
Auftraggeber geändert wird und dies zu einer Änderung des ursprünglich
geschuldeten Leistungserfolges führt, die geänderte Leistung bzw.
Teilleistung aber noch mit dem ursprünglichen Vereinbarten
zusammenhängt.
 § 2 Abs. 6 VOB/B
Eine nachträgliche Erweiterung des Vertragsinhaltes um zusätzliche
Leistungen, bei denen sich hinsichtlich der bisher im Vertrag enthaltenen
Positionen inhaltlich keine Änderungen ergeben, sondern neue
Leistungen hinzukommen, führt zu einer Anwendung des § 2 Abs. 6
VOB/B.
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Fälle
Fall 1:
Der Bauvertrag sieht vor, dass für insgesamt 40 Büroräume Zwischenwände zu
setzen sind, und gibt den Vordersatz mit 1.500 m² an. Der AG hat aber die
Raumhöhe falsch berücksichtigt. Es fallen in Wirklichkeit – ohne dass sich hier die
Pläne geändert hätten oder irgendwelche Anordnungen des AG nach
Vertragsschluss – 1.800 m² an.
Nach welcher Rechtsgrundlage kann eine Preisanpassung verlangt werden?
Alternative:
Die Menge der Zwischenwände verändert sich auf 1.800 m², weil der AG die
Grundrisse nachträglich nach Vertragsschluss ändert, um ein ursprünglich
geplantes Großraumbüro in 4 Kleinbüros aufzuteilen.
Welche Anspruchsgrundlagen kommen für ein Preisanpassungsverlangen (nur) in
Betracht?
Fall 2:
Auszuschachten ist „bis auf tragfähigen Boden“, ohne dass im
Leistungsverzeichnis hierzu eine weitere Beschreibung der Leistung angegeben ist.
Der Vordersatz nennt 3.000 m³, wobei der AG die Gründe, die ihn zu dieser
Mängelannahme veranlasst haben, nicht offenlegt; sie sind auch nicht aus den
Verdingungsunterlagen für den Bauunternehmer zu erkennen.
Tatsächlich muss der AN 4.200 m³ ausschachten, um tragfähigen Boden zu
erreichen. Hierzu sagt der AG nichts; er gibt auch keine Anordnungen, die ohnehin
überflüssig wären.
Nach welcher Rechtsgrundlage kann der AN eine Mehrvergütung verlangen?
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Fall 3:
Die LV-Position lautet: „1.000 m³ leichten Fels und 400 m³ schweren Fels
ausschachten“. In der Örtlichkeit werden aber 500 m³ leichter Fels und 900 m³
schwerer Fels vorgefunden.
Wonach beurteilt sich dieser Fall, wenn der AG insoweit keine Anordnungen
gegeben hat?
Fall 4:
Dem Leistungsverzeichnis für Pfahlbohrarbeiten im Hangschutt ist ein
Bodengutachten beigefügt, in dem der Hangschutt weitestgehend der Bodenklasse
5 zugerechnet wird (Pos. 600 lfd. m Bohrpfahl). Für Boden der Klasse 6 (leicht
lösbarer Fels) sind 10 lfd. m Bohrpfahl in einer anderen Position ausgeschrieben.
Das Bodengutachten weist aus, dass Boden der Klasse 6 nur in Form von
kleineren Hangschutteinzelteilen auftritt.
Bei der Bauausführung stellt sich heraus, dass der gesamte Hangschutt der Klasse
6 zuzuordnen ist und dass es sich nicht um die im Bodengutachten ausgeführten
kleineren Einzelteile, sondern um mächtige Hangschuttpakete handelt, die sich der
Zerkleinerung widersetzen.
Wie war das Leistungssoll beschrieben? Handelt es sich um eine einfache
Mengenmehrung innerhalb einer Bodenklasse oder um eine andere
Beschaffenheit? Kann der AN – eine entsprechende Anordnung des AG
vorausgesetzt – eine Preisanpassung – nach welcher Rechtsgrundlage? –
verlangen?
Fall 5:
Nach Ziff. 0.2.5 DIN 18 331 Beton- und Stahlbetonarbeiten sind in der
Leistungsbeschreibung „nach den Erfordernissen des Einzelfalls insbesondere
anzugeben: Sorten, Mengen und Maße des Betonstahls“. In der konkreten
Ausschreibung für ein Großprojekt weist die Relation zwischen Bewehrungsgewicht
und Betonkubatur gem. den ausgeschriebenen Vordersätzen auf keine besonderen
Probleme mit der Bewehrungskonzentration hin; ebenso enthalten die
Ausschreibungsunterlagen dazu keinerlei Hinweise.
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Während der Ausführung stellt sich heraus, dass besonders hohe
Bewehrungskonzentrationen vorliegen und auch die Vordersätze des Stahls
erheblich überschritten werden. Dies hat erhöhte Einbaukosten für den Stahl,
insbesondere wegen des kleinen Durchmessers, sowie zusätzlich zur Folge, dass
der Beton nicht mit der Korngröße 0-32 mm eingebaut werden kann. Darüber
hinaus sind besondere Hilfsmittel erforderlich, um trotz der hohen
Bewährungskonzentration den Beton überhaupt noch ordnungsgemäß einbauen zu
können. So muss z. B. Betonverflüssiger eingesetzt werden, was wiederum nach
DIN 18 331 0.2.2 hätte ausgeschrieben werden müssen.
Kann der AN eine zusätzliche Vergütung verlangen?
Fall 6:
Dem Bauvertrag wird eine Planung im Maßstab 1:100 zugrunde gelegt. Darin sind
50 Stützen gleichen Querschnitts und gleicher Höhe enthalten, so dass der AN
kalkuliert, ein und dieselbe Schalung mehrfach verwenden zu können. Die
Ausführungsplanung weist dann mehrere verschiedene Stützentypen aus.
Hat der AN einen zusätzlichen Vergütungsanspruch?
Fall 7:
Nachträglich soll an ein Einfamilienhaus eine Garage angebaut werden. Sofern
hierfür keine Preise gesondert vereinbart werden, wonach kann der AN eine
weitere Vergütung verlangen?
Alternative:
Ergänzend zum Hauptgebäude soll im Wege einer nachgeschobenen Planung ein
komplettes Nebengebäude für eine Werkstatt zusätzlich errichtet werden. Kann der
AN eine zusätzliche Vergütung verlangen?
Fall 8:
In der Ausschreibung sind 400.000 m³ Abtragmassen einer 4,7 km langen
Autobahnstrecke als unter DIN 18 300 Nr. 2.3 Klasse 1-7 fallend angegeben. Diese
breiteste aller überhaupt möglichen Leistungsbeschreibungen umfasst jeden
Bodenwert von „flüssiger bis breiiger Beschaffenheit“ bis hin zum schwer lösbaren
Fels.
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Vorgefunden wurden u. a. bindiger Boden und leicht lösbarer Fels. Kann der AN
eine Mehrvergütung verlangen?
Fall 9:
Eine Position für Straßenbauarbeiten lautet:
„2.700 m³ Boden bis 0,65 m Tiefe ausheben und abfahren. Boden
profilgemäß lösen, ins Eigentum des AN übernehmen und beseitigen. Im
Einheitspreis enthalten ist das Herstellen der Böschungen und des Planums
einschließlich der erforderlichen Verdichtung. Abgerechnet wird nach
Abrechnungsprofilen. Klassifizierung nach DIN 18 300 Klasse 3-5.“
Die AN legt ihrer Kalkulation eine Aushubtiefe bis 0,65 m zugrunde. Während der
Ausführung stellt sich heraus, dass wesentlich tiefer als ursprünglich angenommen
ausgeschachtet werden muss; der AG ordnet den tieferen Aushub an.
Kann der AN – nach welcher Anspruchsgrundlage? – weitere Vergütung
verlangen? Welche Rechtsgrundlage findet Anwendung, wenn der AN „von sich
aus“ weiter ausschachtet?
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