Haltbarmachung von Lebensmitteln mit ionisierender Strahlung Im Februar 1999 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union Richtlinien über die Behandlung von Lebensmitteln mit ionisierenden Strahlen verabschiedet. Europaweit dürfen danach nur getrocknete aromatische Kräuter und Gewürze bestrahlt werden. Bestrahlte Lebensmittel oder Lebensmittel, die bestrahlte Zutaten enthalten, müssen in Deutschland mit den Worten "mit ionisierenden Strahlen behandelt" oder "bestrahlt" gekennzeichnet werden. In Deutschland gilt ein Verbot für alle anderen bestrahlten Lebensmittel. Bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln wird zumeist mit der -Strahlung von Cobalt-60 gearbeitet. Die in den Mitgliedstaaten der EU angewandten Strahlendosen liegen zwischen 0,01 und 10 kGy und sind somit bis zu 1000-mal höher als die für Menschen tödliche Dosis von 5 bis 10 Gy. Produkt Zugelassen mit der maximalen durchschnittlichen absorbierten Gesamtdosis [kGy] BE Tiefgefrorene Gewürzkräuter Kartoffeln Süßkartoffeln Zwiebeln Knoblauch Schalotten Gemüse, einschließlich Hülsenfrüchte Hülsenfrüchte Obst (einschließlich Pilze, Tomaten, Rhabarber) Getrocknete Gemüse und Früchte Getreide Getreideflocken und -keime für Milchprodukte Getreideflocken Reismehl Gummiarabikum Hühnerfleisch Geflügel Geflügel (Hausgeflügel, Gänse, Enten, Perlhühner, Tauben, Wachteln und Truthähne) Mechanisch gewonnenes Geflügelfleisch Innereien von Geflügel Tiefgefrorene Froschschenkel Dehydriertes Blut, Plasma, Koagulate Fische und Muscheln (einschließlich Aale, Krustentiere und Weichtiere) Tiefgefrorene geschälte Garnelen Garnelen Eiklar Kasein, Kaseinate FR IT NL UK 10 0,15 0,15 0,15 0,15 0,15 0,075 0,075 0,075 0,2 0,2 0,2 0,2 0,2 1 0,15 0,15 1 2 1 1 1 10 1 4 3 3 7 5 7 5 5 5 5 10 5 3 5 5 3 6 3 3 Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 43 vom 16.02.2002, S. 18 Gegner der Lebensmittelbestrahlung begründen ihre ablehnende Haltung damit, dass durch die Bestrahlung in den Zellen des Lebensmittels chemische Veränderungen aufträten. Es gingen Nährstoffe und Vitamine verloren. Bekannt ist z. B., dass Äpfel schon bei einer Dosis von 1 kGy 70 % ihres Vitamin-C-Gehalts verlieren. Auch könnten unbekannte Giftstoffe, so genannte Radiotoxine entstehen, über deren Wirkung man jedoch nicht genügend wisse. Bekannt ist aber auch hier, dass durch die Bestrahlung von Wasser Wasserstoffperoxid entsteht, ein möglicherweise Krebs auslösender Stoff. Die Gegner argumentieren weiter, dass eine vollständige Sterilisation von Lebensmitteln die Bestrahlung mit Energiedosen von über 20 kGy erforderlich mache. In Tierversuchen habe sich aber gezeigt, dass bei einer längerfristigen Fütterung mit derart bestrahlter Nahrung sich das Blutbild änderte, in der Nachkommenschaft Missbildungen auftraten und sich die Erbanlagen veränderten. Um diese Folgen beim Menschen zu vermeiden arbeite man zwar mit niedrigeren Dosen, wodurch dann die Fäulniskeime reduziert, aber nicht beseitigt würden. Fäulniskeime im Nahrungsmittel würden nicht mehr durch faule Stellen erkennbar sein, obwohl sie vorhanden sind. Derzeit wird in der EU über eine europaweit geltende erweiterte Positivliste noch diskutiert. Da alternative und lang erprobte Konservierungsverfahren zur Verfügung stehen, ist eine Erweiterung der Liste über die Bestrahlung von Gewürzen hinaus jedoch umstritten. Länder, in den denen die Bestrahlung auch anderer Lebensmittel üblich ist, dürfen bei dieser Praxis zunächst bleiben, sie haben aber keinen Anspruch, diese Lebensmittel in Mitgliedstaaten zu exportieren, in denen die Bestrahlung derartiger Produkte verboten ist. Die in der EU diskutierenden Gremien sind der Meinung, dass die allgemeine Bestrahlung von Lebensmitteln "wegen vorhandener Ängste und Vorbehalte in Teilen der Bevölkerung zurückhaltend gehandhabt werden" sollte. Allerdings ist nach vorherrschender Meinung der Wissenschaft bei fachgerechter Anwendung die Bestrahlung von Lebensmitteln nicht gesundheitsgefährdend. Dieser Auffassung hat sich die Weltgesundheitsorganisation WHO angeschlossen. Deren Vertreter hoffen, dass durch die Anwendung ionisierender Strahlung große Nahrungsmittelmengen haltbar gemacht werden können. Von den weltweit produzierten Nahrungsmitteln verderben nämlich zur Zeit bis zu einem Drittel, insbesondere in den ärmeren Ländern der Dritten Welt. Informationen teilweise entnommen: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 66 vom 13.03.1999, S. 16 ff und S. 24 f Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 48 vom 21.02.2002, S. 86-88