Konzeptbeiblatt II „Studien“ Zum Konzept Gewaltschutzobjekt / Beratungsnetzwerk für männliche Betroffene familiärer / partnerschaftlicher Krisen 1. Bericht der Bundesregierung zur Situation der Frauenhäuser, Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder / 2013 Seite 10: „Selbstverständlich bezieht sich die staatliche Pflicht, Gewalt zu bekämpfen, vor Gewalt zu schützen und nach erlittener Gewalt Hilfe anzubieten, auf Frauen wie Männern gleichermaßen, sie muss allerdings geschlechtsspezifische Besonderheiten berücksichtigen.“ „In Ergänzung zu der vor kurzem abgeschlossenen repräsentativen Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ wird derzeit im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine Parallelstudie zu Gewalt gegen Männer mit Behinderungen in Deutschland durchgeführt, um die Datenlage in diesem Feld zu verbessern. Um hierzu weitere Erkenntnisse zu erlangen, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein Fachgremium mit Vertretern der Männerarbeit in Deutschland sowie Männerforschern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Bereich der Gewaltforschung eingerichtet, das sich mit der Thematik Ausmaß und Folgen von Gewalt gegen Männer sowie Hilfebedarf gewaltbetroffener Männer befasst. Ziel ist es, die aktuelle Diskussion hierzu insbesondere im Bereich der Männerorganisationen und -forschung aufzugreifen und einen themenbezogenen Austausch von Männer- und Frauenforschung zu befördern. Außerdem sollen geschlechtsspezifische Aspekte zu Gewalt in Paarbeziehungen herausgearbeitet und einheitliche Standards bei der Forschung zur Gewaltbetroffenheit und Gewaltausübung von Frauen und Männern herbeigeführt werden. Im Rahmen einer gegenwärtig laufenden Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sollen Anhaltspunkte und Vorschläge entwickelt werden, ob und wie auf Grundlage bestehenden Datenmaterials bzw. leicht modifizierbarer bestehender Datenerfassungen kontinuierlich und repräsentativ Ausmaß, Formen und Folgen von Gewalt gegen Frauen und Männer und die Wirkungen der Anti-Gewalt-Politik bei Institutionen, Organisationen und Betroffenen in Bund und Ländern evaluiert werden können. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass Frauen und Männer in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichen Lebenskontexten und Beziehungskonstellationen Gewalt erleben können und dass diese Gewalt in geschlechtsspezifisch geprägte Strukturen eingebettet ist. Diese Unterschiede werden künftig sowohl bei der Datensammlung und -interpretation als auch im Hinblick auf darauf aufbauende Unterstützungs-, Interventions- und Präventionskonzepte der Länder und Kommunen systematisch einzubeziehen sein. Die Planung, bei künftigen Untersuchungen grundsätzlich Gewalt gegen Frauen und Männer einzubeziehen, entspricht aktuellen wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die durch ein zunehmendes Interesse an geschlechtervergleichenden Daten im Themenbereich Gewalt gekennzeichnet sind. Über das weitere Vorgehen wird nach Vorliegen der Ergebnisse der Studie zu entscheiden sein.“ 2. Gewalt gegen Männer in Deutschland – Personelle Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland / Pilotstudie des BMFSFJ (Langfassung), 2004 Seite 221: „Vergleicht man die Partnergewalt gegen Männer mit der gegen Frauen, zeigt sich, dass Männer sowohl absolut als auch prozentual eher Opfer von Gewalt durch die Partnerin werden als umgekehrt. Dieses Ergebnis soll nicht überinterpretiert werden, sondern nur darauf aufmerksam machen, dass beide Formen von Partnergewalt in quantitativ ähnlicher Verbreitung aufzutreten scheinen.“ 1 „Männer berichten nach dieser Studie signifikant seltener als Frauen FreundInnen, der Polizei und anderen Einrichtungen über die Widerfahrnis der häuslichen Gewalt.“ Seite 222 / 223: „Dass Männer vergleichsweise seltener über Verletzungsfolgen berichten, könnte auch mit einer geschlechtsspezifischen Selbstwahrnehmung zu tun haben. Männer tendieren mit im Durchschnitt eher dazu, körperliche Signale, Krankheiten und auch Verletzungen zu ignorieren. So könnte es sein, dass Männer vor allem leichtere Verletzungen wie Prellungen, blaue Flecken, Kratzer und Schmerzen als „normal“ und nicht weiter Aufsehen erregend ansehen und sich dann später auch nicht mehr erinnern.“ „Der in Deutschland und anderen Ländern vorherrschende politische Diskurs zum Thema „häusliche Gewalt“ übersieht oder bagatellisiert nicht selten die häusliche Gewalt von Frauen gegen Männer. [...] Meist wird das Gegenteil erreicht: Die Botschaft, die im Gedächtnis der so Aufgeklärten haften bleibt, ist der Mythos, häusliche Gewalt sei Männergewalt. Diese Gleichung widerspricht den heutigen Erkenntnissen. In diesem Kontext ist aus Perspektive der männlichen Opfer dringend zu fordern, dass sowohl Tagungen und „Aufklärungskampagnen“ als auch wissenschaftliche Publikationen künftig eine inhaltsadäquate Sprache und Begrifflichkeit benutzen.“ Seite 224: „Bei der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Inanspruchnahme von Hilfe und dem Geschlecht zeigt sich, dass ein enger Zusammenhang besteht. Nur ein sehr geringer Anteil der Männer, die Gewalt erfahren haben, nimmt Hilfe in Anspruch. [...] Ein Viertel der männlichen Opfer gibt an, „aus Scham oder Angst vor Unglaubwürdigkeit keine Hilfe gesucht zu haben.“ Verbunden mit der Nicht- oder Desinformation des Gesundheitsbereichs hinsichtlich der von Männern erlittenen häuslichen Gewalt ist es erklärlich, warum die Folgen häuslicher Gewalt gegen Männer auch im Gesundheitsbereich nicht wahrgenommen werden und im „Hellfeld“ zahlenmäßig nicht auftauchen.“ 3. Positionspapier Posttraumatologische Versorgung und Forschung in Deutschland, Österreich und der Schweiz / Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie, 2013 Seite 33: „Natürlich betrifft diese Problematik nicht nur Frauen und Mädchen. Auch Männer und – mehr als bisher angenommen – Jungen sind vom Thema Gewalt in verschiedener Ausprägung und deren Folgeerscheinungen betroffen (BMFSFJ Bericht Gewalt gegen Männer, 2004). Für viele Behandler ist häusliche Gewalt – also Gewalt in der Partnerschaft ihrer Patienten – eine Randerscheinung.“ Seite 45: „Alle Versorgungsmaßnahmen müssen das Ziel verfolgen, nicht nur Gewalt oder Bedrohung in der Akutsituation zu beenden, sondern den betroffenen Menschen konkrete Perspektiven für ein dauerhaft gewaltfreies Leben zu eröffnen. Dies setzt voraus, dass neben der polizeilichen und justiziellen Reaktion eine effektive Beratung der Opfer und genauso der Täter sowie adäquate Hilfen für alle Betroffenen zur Verfügung stehen. Interventions- und Koordinierungsstellen zur Beratung nach häuslicher Gewalt bieten ihre Hilfe mittlerweile in jedem deutschen Bundesland an. In einigen Städten bieten Gewaltopferambulanzen rechtsmedizinische Untersuchungen an, dennoch fehlen für diese Angebote bisher schlüssige Finanzierungskonzepte.“ 4. Männer – die ewigen Gewalttäter (Auswertung der Männerstudie „Männer in Bewegung“ der evangelischen und katholischen Männerarbeit aus 2009) / Peter Döge, 2011 Rezension (gekürzt) für das Fachmagazin für kindgerechte Familienpolitik „Papa-Ya“, 01. 11. 2011: 2 „Peter Döge ist dazu in der Lage, neue Standards hinsichtlich der Erforschung und Auswertung insbesondere häuslicher Gewalt zu setzen. In vorliegendem Buch als Nachfolgewerk der Frauenhausstudie im Auftrag des Landes Thüringen beweist er die zwingende Erforderlichkeit, dieses so Thema objektiv zu hinterfragen. 9 Kapitel, 79 Einzelerhebungen aus einer großen Auswahl von Einzelbetrachtungen (Alter, Biografie, Anti-Feminismus und Homophobie, Religiosität) sowie eine Vielzahl wissenschaftlicher Quellen lassen diesen Schluss zu. Wenn man sich hineinliest, wird man schnell feststellen, dass selbst die akademische Darstellung häuslicher Gewalt im öffentlichen Raum in den seltensten Fällen objektiv ist. Fakt ist jedoch: die Hauptursache häuslicher Gewalt sind immer zum Teil gravierende Unstimmigkeiten hinsichtlich Erziehungsfragen. Nur 4% der Männer werden regelmäßig gegen die Partnerin gewalttätig, 96% also nicht. Fast die Hälfte der Befragten beiderlei Geschlechtes gaben eine Wechselseitigkeit der Gewalt zu. Täter sind in hohem Maß immer auch Opfer (traumatisiert aus der Vergangenheit oder Teil eines Gewaltprozesses): 85% der Männer, 82% der Frauen. 75% der Opfer schwerer Gewalt sind Männer. Und grundsätzlich gewaltaktiv ist auf beiden Seiten jeweils „nur“ ein Drittel. Die Zusammenfassung als Anregung für eine offenere Sicht auf dieses Thema ist dann konsequent: Familie und Partnerschaft ist als System bzw. Gesamtprozess mit vielen wechselseitig ununterbrochen beeinflussenden Einzelwillen zu betrachten. Eine Herausnahme Einzelschuldzuweisung wissenschaftlich unzulässig, weil sie Verkettung, Abhängigkeit Rückkopplung zahlreicher Umstände ausblendet.“ nur sich und und Bastian Schwithal: Weibliche Gewalt in Partnerschaften. Eine synontologische Untersuchung, Dissertation, Books on Demand 2005. „Männer und Frauen weisen bei physischer und psychischer Gewalt vergleichbare Raten auf. In bezug auf sexuelle Gewaltformen werden Frauen in stärkerem Maße viktimisiert. Jedoch macht die genauere Untersuchung auch deutlich, dass Männer ebenfalls zu einem erheblichen Anteil Opfer sexueller Gewalt von Frauen werden. Frauen erleiden Verletzungen etwas häufiger als Männer.“ Michael Bock: Selektive Wahrnehmung führt zum Mythos männlicher Gewalt, Häusliche Gewalt – ein Problemaufriss aus kriminologischer Sicht, in: Sicherheit und Kriminalität, 1 2003, 27. „Tatsächlich sind Frauen und Männer in annähernd gleichem Umfang Täter und Opfer häuslicher Gewalt. Dies zeigen Dunkelfeldstudien, die inzwischen in großer Zahl vorliegen und in sekundäranalytischen Arbeiten methodisch hinterfragt, kritisch gewürdigt und bezüglich der Haupttendenz der Ergebnisse zusammengefasst worden sind.“ 3