Freitag, 11. März 2016 Compañía María Pagés Yo, Carmen (Österreichische Erstaufführung) „Weder der Himmel noch die Erde werden dieselben sein, nachdem man María Pagés tanzen gesehen hat“, streut der portugiesische Literaturnobelpreisträger José Saramago Rosen für die „Königin des Flamenco“, die mit der Österreichpremiere Yo, Carmen (Ich, Carmen) den Bregenzer Frühling 2016 eröffnet. Die Flamencotänzerin aus Sevilla schält Carmen aus den zahllosen Femme Fatale-Verpackungen heraus und präsentiert sie als eine „sehr gewöhnliche“ Frau. „Du und ich, alle Frauen sind irgendwie Carmen und eine Carmen steckt in jeder von uns, deshalb nannte ich die Choreografie Ich, Carmen.“ Pagés, eine der renommiertesten „bailaoras“ (Tänzerinnen) und die führende Choreografin des modernen Flamenco, präsentiert zusammen mit ihrer Compañía eine völlig neue Version der vom Schriftsteller Prosper Mérimée und dem Komponisten Georges Bizet geschaffenen Figur. All die Versionen, die bis heute von „Carmen“ existieren, bedienen durchwegs männliche Klischees. Eine Ausnahme stellt Charlie Chaplins „Carmen Burlesque“ dar. Pagés schafft mit Yo, Carmen eine Person, die die Stimme aller Frauen sein soll, meidet sämtliche Klischees und gibt ihr somit jene Bedeutung, nach der sie schon immer verlangt hat. Dazu greift sie auf die Originalpartituren und die Flamencomusik von Rubén Levaniegos zurück. Auf diese Art und Weise entsteht ein durch und durch feminines Werk in zehn kunstreich verknüpften Bildern, das acht Tänzerinnen und Tänzer sowie sieben Musiker zu furiosem Leben erwecken. Alle tanzen dabei im Rhythmus der Verse u. a. von Marguerite Yourcenar, Margaret Atwood, Belén Reyes und María Pagés. Die zu choralen Kompositionen getanzten Choreografien bekunden Solidarität und Konflikt, Sehnsucht und Freiheit und wechseln ab mit berührenden Soli von Pagés, in denen sie eine innere Welt, die Suche nach sich selbst, auf der Bühne inszeniert. „The leading innovator of modern flamenco.” New York Times Idee, Regie, Choreografie: María Pagés | TänzerInnen: María Pagés, Virginia Muñoz, Marta Gálvez, Nuría Martínez, Julia Gimeno, Macarena Ramírez, Natalia González, José Barrios | MusikerInnen: Ana Ramón, Loreto de Diego, Rubén Levaniegos, José Antonio Carrilo de Mora „Fyty”, Chema Uriarte, Sergio Menem, David Moñiz | Musik: George Bizet, Sebastián de Yradier, Rubén Levaniegos, Sergio Menem, David Moñiz, María Pagés | Texte: María Zambrano, Akiko Yosano, Marguerite Yourcenar, Margaret Atwood, Belén Reyes, El Arbi El Harti, Widdad Benmoussa, María Pagés | Licht: Pau Fullana | Kostüme: María Pagés, Ángel Domingo | Choreographische Assistenz: José Barrios | Bühnendekoration: Taller María Calderón Premiere: 3. Oktober 2014, Teatro Calderón de Valladolid , Spanien Dauer: ca. 80 Min. (keine Pause) Freitag, 1. April 2016 Ultima Vez | Wim Vandekeybus Speak low if you speak love … Wim Vandekeybus und Ultima Vez nähern sich in ihrer neuesten Choreographie Speak low if you speak love … dem möglicherweise flüchtigsten und unberechenbarsten aller Seelenzustände an: der Liebe mit all ihren Facetten. Sie kann Berge versetzen und führt in unermessliche Höhen genauso wie in unergründliche Tiefen. Sie gibt Kraft, aber verursacht auch Leid, wenn sie sich gegen einen selbst wendet. Liebe inspiriert Poesie: Sie ist erhaben und verdammt. Die Protagonisten von Ultima Vez tanzen in diesem Stück mit klassisch ausgebildeten TänzerInnen zusammen. In Anlehnung an den faszinierenden Soundtrack von nieuwZwart (2009) arbeitet Vandekeybus erneut mit dem Musiker Mauro Pawlowski zusammen. Er und seine Musikerkollegen begleiten live die südafrikanische Sängerin Tutu Puoane. Speak low if you speak love … ist weder eine Oper noch ein Musical im herkömmlichen Sinn, sondern eine ergreifende Kombination von experimenteller Musik, phantastischem Tanz und klassischer Tradition. Regie, Choreografie, Szenografie: Wim Vandekeybus | kreiert und getanzt von: Jamil Attar, Livia Balazova, Chloé Beillevaire, David Ledger, Tomislav English, Nuhacet Guerra Segura, Sandra Geco Mercky, Maria Kolegova | Musik: Mauro Pawlowski, Elko Blijweert, Jeroen Stevens, Tutu Puoane | Künstlerische Assistenz und Dramaturgie: Greet Van Poeck Licht: Davy Deschepper, Wim Vandekeybus | Sounddesign: Bram Moriau | Kostüme: Lieve Meeussen | Bewegungsassistenz: Iñaki Azpillaga, Máté Mészáros | Stylistin: Isabelle Lhoas | Assistenz Sylistin: Isabelle De Cannière | Technische Koordination: Davy Deschepper | Inspizient: Tom de With Premiere: 7. Juli 2015, Bergen, Belgien Dauer: ca. 105 Min. (keine Pause) Production Ultima Vez (Brussel, BE), Coproduction Foundation Mons 2015 European Capital of Culture, KVS (Brussels, BE), Le manège.mons (Mons, BE), Festival de Marseille (Marseille, FR), with the support from desingel internationale Kunstcampus (Antwerp, BE) Freitag, 22. April 2016 KVS | Les Ballets C de la B | A.M. Qattan Foundation Badke Zehn palästinensische Tänzerinnen und Tänzer stürzen sich in den levantinisch-arabischen Volkstanz Dabke, von den Palästinensern geliebt und von der belgischen Kompanie Les Ballets C de la B vor aller Augen eindrücklich zu einer Art Waffe umgeschmiedet. Badke heißt ihr Stück. Darin geht es um den Konflikt zwischen Israel und Palästina. Aber nicht um die Darstellung von Desasterpolitik, Krieg und Propaganda, daher gibt es keine Bombengeräusche, keine Bilder von Opfern und keine Polemik. Hier tanzt das nackte Leben den alltäglichen Schrecken an die Wand. In Badke wird nichts verdrängt, sondern all das Grauen des endlosen Nahostkonflikts mit neuem Mut angefasst, sozusagen „enttanzt“. Badke sprudelt vor Lebensfreude und Energie: Gemeinschaftliche Szenen machen die vitale Kraft eines Kollektivs spürbar, das Ausbrechen einzelner Protagonisten zelebriert in schwindelerregendem Tempo den Triumph der Individualität. Die TänzerInnen mit ganz verschiedenem Bewegungshintergrund – von Modern über Artistik bis Hip¬-Hop – dekonstruieren den traditionellen Reihentanz und setzen ihn neu zusammen. Als Gegenstück zum Dabke ziehen sie auch globalisierte Formen von populären Tänzen bei, etwa Tanzszenen aus Walt-Disney-Filmen. Was die Choreografen dabei interessiert: Was kann Tradition, was hält sie aus? Die Antworten sind an diesem Abend im Festspielhaus zu sehen. Interessant ist die Tatsache, dass die Reihe der Nationen, die den Dabke für sich reklamieren, lang ist: allen voran der Libanon, die Palästinenser, auch die Türken; die sardischen Tänze und selbst der griechische Sirtaki sind dem Dabke verwandt. Tanzethnologischen Untersuchungen zufolge frönen dem Dabke-Tanz aber am heftigsten: die Israelis. Idee, Konzept: Koen Augustijnen, Rosalba Torres Guerrero & Hildegard De Vuyst | TänzerInnen: Fadi Zmorrod, Ashtar Muallem, Farah Saleh, Yazan Eweidat, Salma Ataya, Ayman Safiah, Samaa Wakeem, Mohammed Samahnah, Samer Samahnah, Maali Maali | Co-Creator: Ata Khatab, Ashtar Muallem, Farah Saleh, Yazan Eweidat | Soundtrack: Naser Al-Fares edited by Sam Serruys | Regieassistenz: Zeina Zarour | Licht: Ralf Nonn | Kostüme: Britt Angé | Soundtechnik: Steven Lorie | Tourmanagement: Nicole Petit Premiere: 29. August 2013, Zürcher Theater Spektakel, Schweiz Dauer: ca. 65 Min. Produktion: KVS, les ballets C de la B & A.M. Qattan Foundation. Koproduziert von: Zürcher Theater Spektakel, Les Théâtres de la Ville de Luxembourg Freitag, 29. und Samstag, 30. April 2016 aktionstheater ensemble Jeder gegen Jeden (Uraufführung) Alt gegen Jung. Arm gegen Reich. Mann gegen Frau. Einheimische gegen Migrantinnen. Arbeiter gegen Angestellte, Arbeitslose gegen Berufstätige, Pensionistinnen gegen Lehrlinge. Heterosexuelle gegen Schwule. Blond gegen Braun. Laubbaum gegen Nadelbaum, Hund gegen Katze. Rot gegen Schwarz. Zaun gegen Mauer. Meerliebhaber gegen Bergwanderer. Und die Arschkarte haben sowieso die Flüchtlinge. Da geht gar nichts mehr. Jeder gegen Jeden. Was bleibt, ist die Ich-AG. Die Hoffnung, auch die Poesie, liegen dahinter. Humor ist die Lust zu lachen, wenn einem zum Heulen ist. Diesen Satz prägte einst der deutsche Kabarettist Werner Finck. Das aktionstheater ensemble erweckt diese Weisheit auf der Bühne zu prallem Leben. (European Cultural News) „Regisseur Martin Gruber versteht sich mit seinem aktionstheater ensemble als schnelle Eingreiftruppe, was unter den Nägeln brennt, gehört auf die Bühne. So ist starkes, fesselndes Theater am Puls der Zeit entstanden.“ Bühne Das aktionstheater ensemble wurde für den Nestroy-Preis 2015 nominiert. „Beste Off-Produktion“ (Pension Europa, Koproduktion mit dem Bregenzer Frühling 2015). Jurybegründung: Große Themen (…) werden in rund 75 Minuten thematisiert. Nie in Form theoretischer Diskurse, sondern stets auf sehr praktische, persönlich berührende Beispiele runtergebrochen. Off-Theater, das Maßstäbe setzt. Regie, Konzept: Martin Gruber | Text: aktionstheater ensemble | Dramaturgie: Martin Ojster | Regieassistenz: Annina Weiss | Mit: aktionstheater ensemble & Live-Band Premiere: 29. April 2016, Festspielhaus Bregenz, Österreich Dauer: ca. 75 Min. Mit freundlicher Unterstützung von Landeshauptstadt Bregenz, Land Vorarlberg, Stadt Wien, Bundeskanzleramt Kunst und Kultur und Bregenzer Kunstverein. Jeder gegen Jeden ist eine Koproduktion mit dem Bregenzer Frühling 2016. Samstag, 7. Mai 2016 Shen Wei Dance Arts Map | Folding (Österreichische Erstaufführung) Mit dem in China geborenen und in New York lebenden Choreografen, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner Shen Wei macht einer der „großartigsten Künstler unserer Zeit“ (Washington Post) Station beim Bregenzer Frühling. Es ist der erste Auftritt der Shen Wei Dance Arts in Österreich überhaupt. Kraftvoll und geistreich enthüllt Map (Plan, Abbild) eine andere Seite der Vorstellungskraft von Shen Wei. Zu einer Auswahl von Steve Reichs „The Desert Music“ rotieren die Tänzer, winden und drehen sich wirbeln herum mit einer spürbaren kinetischen Lust. Abwechselnd zwischen metronomischer Präzision und seidenweichem Fluss strömen die Tänzer zusammen und wieder auseinander, wie gefangen in Windböen; bis sie sich, auf dem Höhepunkt, auftürmen und niederstoßen, als wären sie eins. Die Choreografie Folding (biegen, falten) beschwört eine traumgleiche, surreale Welt herauf, die zeitlos ist. Der Gesang tibetanischer Mönche begleitet die minimalistische Meditation der sich nahezu verflüssigenden Körper, die sich am Ende aufmachen, ihrem Medium zu entsteigen, und im Halbdunkel irgendwo zwischen den Welten hängenbleiben. Die Kostüme, konische Kopfbedeckungen und lange rote und schwarze Gewänder sowie weißes Makeup verstärken das Gefühl von Geheimnis und Ritual des Tanzes. MAP Künstlerische Leitung, Bühne, Choreografie: Shen Wei | Musik: Auswahl aus The Desert Music von Steve Reich | Licht: Scott Bolman | Kostüme: Shen Wei, Elena Comendador Premiere: 19. Juli 2005, Lincoln Center Festival, USA Dauer: ca. 45 Min. (Pause zwischen den beiden Aufführungen) FOLDING Künstlerische Leitung, Bühne, Kostüme, Choreografie: Shen Wei | Musik: Last Sleep of the Virgin for Bells and String Quartet von John Tavener, Tibetisch-buddhistische Gesänge | Licht: David Ferri | Kostüme: Shen Wei, Elena Comendador Premiere: 5. April 2002, Genf, Schweiz | © Stephanie Berger Dauer: ca. 35 Min. Samstag, 28. Mai 2016 Compagnie Marie Chouinard Soft virtuosity, still humid, on the edge (Österreichische Erstaufführung) HENRI MICHAUX : MOUVEMENTS Marie Chouinard zählt zu den ganz Großen des zeitgenössischen Tanzes, und ihre Kompanie gilt als eine der interessantesten der Welt. In Bregenz zeigen die gefeierten Kanadier die Choreografien Soft virtuosity, still humid, on the edge und HENRI MICHAUX : MOUVEMENTS. Mit verzerrtem Gang, Grimassen und Videoprojektionen betrachtet Soft virtuosity, still humid, on the edge den Körper im Detail. Wie flüssiges Material brechen die Tänzer aus den Seitenflügeln hervor, bilden einen Klumpen. Ihre langsamen Bewegungen und ihre Mimik werden auf der Bühnenrückwand im Panorama projiziert. Das daraus resultierende Meer von Gesichtern erinnert ein wenig an Bill Violas Installation Observance (2002). Die Körper der TänzerInnen sprinten, stolpern oder hoppeln über einen Laufsteg in all ihrer Versehrtheit. Man fühlt sich an Historiengemälde und Heiligendarstellungen erinnert, ganz großes Tanz-Kino! Ein Buch als choreografischer Score: So hat sich Marie Chouinard den Mouvements von Henri Michaux genähert. Seite für Seite setzt sie die Mescalin-induzierten Aquarell- und Tuschzeichnungen, das 15-seitige Gedicht des belgischen Surrealisten und sogar das Nachwort in Tanz um. Das Publikum liest mit: Michaux‘ wild wuchernde Skizzen werden an die Bühnenrückwand projiziert. Körper krümmen sich zu belebten Kalligrafien, mal elegant gebogen, mal krakelig hingekritzelt, Tieren und Pflanzen ähnelnd, Strichmännchen oder asiatischen Schriftzeichen. Grotesk und witzig, HENRI MICHAUX : MOUVEMENTS ist ein choreografisches Vergnügen. SOFT VIRTUOSITY, STILL HUMID, ON THE EDGE Choreografie, Video: Marie Chouinard | TänzerInnen: Sébastien Cossette-Masse, Paige Culley, Valeria Galluccio, Leon Kupferschmid, Lucy M. May, Scott McCabe, Mariusz Ostrowski, Sacha Ouellette-Deguire, Carol Prieur, Megan Walbaum | Musik: Louis Dufort | Bühne: Marie Chouinard | Licht: Marie Chouinard, Robin KittelOuimet | Video Consultant: Jimmy Lakatos Premiere: 26. Juni 2015, Colours – International Dance Festival, Theaterhaus Stuttgart, Deutschland Dauer: ca. 50 Min. (Pause zwischen den beiden Aufführungen) Eine Compagnie Marie Chouinard Produktion in Koproduktion mit COLOURS – INTERNATIONAL DANCE FESTIVAL (Stuttgart, Deutschland) mit Unterstützung von ImPulsTanz, Wien. HENRI MICHAUX : MOUVEMENTS Künstlerische Leitung, Choreografie: Marie Chouinard | TänzerInnen: Sébastien Cossette-Masse, Paige Culley, Valeria Galluccio, Leon Kupferschmid, Lucy M. May, Scott McCabe, Mariusz Ostrowski, Sacha Ouellette-Deguire, Carol Prieur, Megan Walbaum | Musik: Louis Dufort | Licht, Bühne, Kostüme, Hairstyle: Marie Chouinard | KlangEnvironment: Edward Freedman | Übersetzung: Howard Scott Premiere: 2. August 2011, ImPuls Tanz, Wien Dauer: ca. 35 Min. Eine Compagnie Marie Chouinard Produktion mit Unterstützung von ImPulsTanz, Wien