Programm Bregenzer Frühling 2012 Freitag, 30. und Samstag, 31. März 2012 Nederlands Dans Theater 1 Sehnsucht / Schmetterling von Paul Lightfoot/Sol León (Österreichpremiere) Freitag, 13. April 2012 María Pagés & Sidi Larbi Cherkaoui Dunas (Österreichpremiere) Sonntag, 6. Mai 2012 Wayne McGregor / Random Dance FAR Freitag, 11. und Samstag, 12. Mai 2012, Werkstattbühne aktionstheater ensemble SALZ BURG (Uraufführung) Freitag, 25. Mai 2012 Akram Khan Company Vertical Road Alle Aufführungen finden im Festspielhaus Bregenz statt. Beginn: 20 Uhr. Termin- und Programmänderungen vorbehalten. Konzept: Dr. Wolfgang Fetz Freitag, 30. und Samstag, 31. März 2012, 20 Uhr Nederlands Dans Theater 1 Künstlerische Leitung: Jim Vincent Sehnsucht Choreographie, Kostüme, Bühne: Paul Lightfoot & Sol León Musik: Ludwig van Beethoven Licht: Tom Bevoort Schmetterling Choreographie, Bühne, Kostüme: Paul Lightfoot & Sol León Musik: The Magnetic Fields, Max Richter, u. a. Licht: Tom Bevoort Kostüme: Joke Visser, Hermien Hollander Uraufführung: 25.11.2010, Lucent Danstheater/Den Haag An diesem Abend steht der Tanz tatsächlich Kopf, aber selten hat Virtuoses so leicht ausgesehen. Zu Klavierkonzerten Ludwig van Beethovens lassen die Choreographen Paul Lightfoot und Sol León in „Sehnsucht“ ein Tänzerpaar in einem rotierenden Zimmer mit den Mauern seiner Beziehung ringen. Das Happy End von „Sehnsucht“ ist nicht das Einzige, was bei dieser Performance verblüfft. Die Ballette „Sehnsucht“ und „Schmetterling“ zeigen nicht nur die klassisch inspirierte, durch Überzeichnungen verdichtete Bewegungskunst in Bestform, ihnen glückt auch ein berührender Gefühlskosmos, der von der einenden Kraft der Liebe erzählt. In immer neuen Konstellationen tauchen in „Schmetterling“ die Tänzer aus dem Dunkel auf und erkunden die Facetten der Liebe. Eine Hommage ans Leben, auch wenn der Tod mittanzt. Lightfoot/León setzen die aufregende Auswahl an Tänzern des NDT 1 grandios in Szene und machen jeden von ihnen zum Solisten. In zwanzig Jahren gemeinsamer Arbeit mit der Kompanie entstanden mehr als vierzig Stücke, die, vielfach ausgezeichnet, mit ihrer unverwechselbaren Ästhetik zur weltweiten Reputation der Kompanie beigetragen haben. Das Nederlands Dans Theater gibt seit nunmehr über fünfzig Jahren weltweit die Richtung vor, in die sich der zeitgenössische Bühnentanz entwickelt. Das NDT 1 gastiert nun, nach 1994 und 1998, bereits zum dritten Mal beim Bregenzer Frühling. „Dieser Abend ist einer der Höhepunkte in der jüngsten Geschichte des Nederlands Dans Theaters.“ de Volkskrant Freitag, 13. April 2012, 20 Uhr María Pagés & Sidi Larbi Cherkaoui Dunas Choreographie, Inszenierung und Darstellung: María Pagés & Sidi Larbi Cherkaoui Musik: Szymon Brzoska, Rubén Lebaniegos Uraufführung: 23.10.2009, Esplanade Theater/Singapur Zwei goldene portalhohe Stoffbahnen stehen für die titelgebenden Sanddünen (Dunas). Die Bahnen verhüllen den spanischen Flamenco-Star María Pagés und den gefeierten marokkanisch-belgischen Tänzer und Choreographen Sidi Larbi Cherkaoui und lassen die beiden in der Bühnenmitte zärtlich aufeinandertreffen. Aus ihren Hüllen, einem leuchtenden Kokon, strecken sie neugierig ihre Finger. So beginnt „Dunas“, ein Stück für zwei magische Geschichtenerzähler. María Pagés fächert über ihrem Kopf grazil ihre Finger zur Blüte auf. Cherkaoui verlängert ihre Bewegungen, malt sie in den Sand auf einer Glasfläche. So wächst aus den Fingerspitzen ein Zweig, der auf die Bühnenrückwand projiziert wird. Dieser treibt Wurzeln, die sich zum Stammbaum verästeln. Blitzartig und beidhändig wirft Cherkaoui seine Bildchen hin und verwischt sie schnell wieder – auch eine Form von Virtuosität. Berührende Pas de deux der Hände erweitern gekonnt die Flamenco-Kunst der Armführung, und der äußerst bewegliche, bodennahe, fast selbstironische Tanzstil Cherkaouis tut sich leicht mit der strengen Schönen. Orient und Okzident, weltoffener Gegenwartstanz und die Tradition des Flamenco. In zarten Schattenspielen unter den Schleiern bewegt sich María Pagés wie eine ägyptische Tempeltänzerin, während Cherkaoui ein Bewegungswunder und ein Künstler mit außergewöhnlichem Charisma ist. Gemeinsam mit María Pagés hat er in „Dunas“ eine mitreißende Symbiose seines eigenen Bewegungsvokabulars mit Elementen des Flamenco geschaffen. Sie zeigt, wie aus dem kreativen Spiel mit Tradition und Herkunft Schönheit entsteht. „Fragil, wunderschön und atemberaubend, eine magische Erzählung!“ El Pais Sonntag, 6. Mai 2012, 20 Uhr Wayne Mc Gregor/ Random Dance FAR Konzept, Regie und Choreographie: Wayne McGregor Musik: Ben Frost Kostüme: Moritz Junge Bühne: Random International Beleuchtung: Lucy Carter Tanz: Jessica Wright, Paolo Mangiola, Michael-John Harper, , Alexander Whitley, Davide Di Pretoro, Daniela Neugebauer, Catarina Carvalho, Anna Nowak, Benjamin Ord, Fukiko Takase Uraufführung: 17.11.2010 Sadler’s Wells/London Kaum ein anderer Choreograph prägt die aktuelle Tanzszene so nachhaltig wie Wayne McGregor, und „wenn je ein Künstler das Jahrzehnt geprägt hat – dann ist es Wayne McGregor“, so The Times. Erst kürzlich arbeitete er mit Musikern wie Elton John (Las Vegas Show) und der Alternative-Rock-Band Radiohead zusammen. Für deren Leadsänger Thom Yorke schuf er die Choreographie zum Musikvideo „Lotus Flower“, das bisher über 13 Millionen Mal auf YouTube angeklickt worden ist. Der vielfach preisgekrönte Choreograph erhielt unter anderem einen CBE für seine Verdienste um den Tanz. Wayne McGregor will Spannung und Schärfe. So sind Bewegungen wie rasiermesserscharfe, blitzschnelle Attacken zu seinem Markenzeichen geworden und haben ihm den Beinamen „Nosferatu on Acid“ eingebracht. Jede noch so ungewöhnliche seiner Choreographien dient einer großen Passion: der Liebe zum menschlichen Körper. Angeregt durch Roy Porters Buch „Flesh in the Age of Reason“ (Fleisch im Zeitalter der Vernunft, 2004), stellt „FAR“ die Frage, wer wir sind und wie wir uns selbst wahrnehmen. Mittelpunkt dieser Geschichte ist das Rätsel des Körpers. Wie werden große Distanzen in Raum und Zeit fassbar, wie können Bedürfnis und Wunsch, Körper und Seele zusammenfinden? McGregor glaubt, dass ein tieferes Verständnis unser selbst einen anderen Umgang mit unserem Körper bewirkt, also auch eine andere Art Tanz. Wann immer sich Gelegenheit bietet, polemisiert er gegen die verstaubten Dualismen: „Der Herzschlag ist ein zyklischer Sog. Ich denke, meine Choreographien haben diese kinetische, zyklische Anmutung, sie laden sich selbst auf, sie entwickeln sich in Kreisläufen.“ „Wenn derzeit jemand aus der Ballettszene den Anspruch erheben kann, ein Rockstar zu sein, dann Wayne McGregor.“ New York Times Freitag, 11. und Samstag, 12. Mai 2012, 20 Uhr, Werkstattbühne aktionstheater ensemble SALZ BURG Uraufführung Regie/Idee: Martin Gruber Dramaturgie: Martin Ojster Mit zehn DarstellerInnen des aktionstheater ensemble und Gästen www.aktionstheater.at Der Premierenbeginn eines Stückes über Arbeitslosigkeit verzögert sich, denn das SeitenblickeTeam steckt im Stau und die Damentoilette ist heillos überfüllt. Während das Klo-Personal über unvergessliche Inszenierungen der 80er-Jahre räsoniert, überbrückt das ausgewählte Premierenpublikum die Wartezeit bei Champagner und Hors d'oeuvre mit angeregtem Small Talk. Doch dann geschieht das Unfassbare: Der Champagner geht aus, ein eingeladen-ausgeladener Festredner hält seine Festrede vor der Tür, ein junger Mann in Jeans und Pullover dringt ins Theater ein, eine unbekannte Jungkünstlerin spricht die Kulturministerin an und draußen versammelt sich das Volk: Es begehrt Einlass! Mit wachem Blick auf die allgegenwärtige Eventisierung des Kunstbetriebs schärft Regisseur Martin Gruber mit szenischen Mitteln und durchaus selbstironisch nach, wie sich eine auf Kulturevents eingespielte Gesellschaft in Foyers und Toilettenräumen drängelt und das inszenierte Prekariat zum Vorspiel der Premierenfeier wird. Freitag, 25. Mai 2012, 20 Uhr Akram Khan Company Vertical Road Künstlerische Leitung/Choreographie: Akram Khan Musik: Originalkomposition von Nitin Sawhney Bühne: Akram Khan, Kimie Nakano, Jesper Kongshaug Kostüme: Kimie Nakano Dramaturgie: Ruth Little Wissenschaftliche Begleitung: Jess Gormley Probenleitung: Andrej Petrovic Technische Direktorin: Fabiana Piccioli Erarbeitet und getanzt von: Eulalia Ayguade Farro, Salah El Brogy, Ahmed Khemis, Elias Lazaridis, Yen-Ching Lin, Andrej Petrovic, Sung Hoon Kim, Set Byeol Lym Sponsored by COLAS Co-produced by ADACH (Abu Dhabi Authority for Culture and Heritage), Curve Theatre Leicester, Sadler’s Wells London, Theatre de la Ville Paris, National Arts Centre Ottawa, Mercat de les Flors Barcelona. Produced during residencies at Curve, Leicester and DanceEast, Ipswich. Supported by Arts Council England Feiner Staub wirbelt auf, wenn sich die Tänzer aus ihrer Starre lösen. Sind es gefallene Engel oder brechen sie erst zu einer spirituellen Reise auf? „Vertical Road“ beschreibt den Weg zwischen Weltlichem und Spirituellem, ist inspiriert von den universellen Mythen der Engel, von den Erzählungen der Menschheit über die „Fahrt zum Himmel“. Dazu lässt der Londoner Choreograph mit bengalischen Wurzeln Akram Khan die sphärische Musik von Nitin Sawhney ertönen und verwebt die mystisch-asketische Kultur des Sufismus mit dem klassischen nordindischen Kathak-Tanz und zeitgenössischer Ästhetik, aber auch mit japanischem Butoh. „Er grollt den Flugzeugen, die Gott aus dem Himmel verdrängen“ (Ballet Magazine) und schickt sein Publikum auf eine Straße gen Himmel. Acht Tänzer aus Asien, Europa und dem Mittleren Osten stürmen durch ein Wechselspiel von Licht und Schatten. Sie drängen ans Limit dessen, was ein Körper an Energie und Leistung herzugeben vermag. Körper werden hochgerissen, kreisen wie beim Tanz der Sufis um die eigene Achse. Manchmal martialisch, dann wieder sehr poetisch. Gemeinsam ballen sich die Tänzerinnen und Tänzer zum überwältigenden Kollektiv – durch Atem, Rhythmus und gleichgepolte Spannung zu einem gespenstischen Organismus verschweißt. Im Licht der Scheinwerfer erheben sich weiße Wölkchen aus feinem Puder. Wie eine auferstandene Terrakotta-Armee vollführen die Tänzer zu laut dröhnenden Trommeln gleichsam den Tanz auf der Jakobsleiter, der Vertical Road. „Irrestistible“ (The Sunday Times)