krank oder nicht krank – auch eine frage der gene

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EXPERIMENTELLE MAUSGENETIK
„DIE GENETIK IST EINER DER STÄRKSTEN EINFLUSSFAKTOREN
BEI EINER INFEKTION. WIR WISSEN NOCH VIEL ZU WENIG ÜBER
DAS KOMPLEXE WECHSELSPIEL VON GENEN DES WIRTES BEI
EINER INFEKTIONSABWEHR.“
Prof. Dr. Klaus Schughart, Bereichsleiter Experimentelle Mausgenetik
KRANK ODER NICHT KRANK – AUCH EINE FRAGE DER GENE
Welche Rolle spielen die Gene bei Infektionskrankheiten? Welche Rolle spielen die Erreger? Lässt sich dieses komplexe
Zusammenspiel aus Genen und Erregern am Computer simulieren? Fragen, die erst aufgekommen sind, weil wir inzwischen einen recht guten Überblick über Gene in Mensch, Tier und anderen Organismen haben. Antworten darauf sucht
Klaus Schughart. Von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologischen Leiden oder Allergien wissen Wissenschaftler, dass
sie durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Variationen unterschiedlicher Gene ausgelöst werden.
Selbst der Schnupfen wird von den Genen gesteuert:
me, deren Erbinformationen wir genau kennen“, erklärt
Die Nase läuft, der Kopf brummt, die Beine sind schwer.
Klaus Schughart. „Innerhalb eines Stammes sind diese
k Schnupfen
Mit jedem Niesen fliegen die Viren an feinen Tröpfchen
Mäuse so gleich wie eineiige Zwillinge.“
Akute oder chronische
durch die Luft und versuchen, in der nächsten Nase zu
Entzündung der Nasen-
landen. Aber weshalb bekommt der Schreibtischnach-
Kreuzen sie verschiedene Stämme miteinander, bekom-
schleimhaut im Zusam-
bar den Schnupfen nicht, während die Kollegin aus dem
men die Wissenschaftler immer neue Mäusefamilien, die
menhang mit grippalen
Zimmer nebenan ein paar Tage später ebenfalls Viren
jedes Mal eine ganz eigene genetische Struktur haben.
Infekten. Ausgelöst
verteilt?
„So können wir uns ansehen, wie die unterschiedlichen
Mäusefamilien auf Infektionen reagieren,
durch Viren – zusätz-
und welche Genkombination
lich auch manchmal
Diese Wechselwirkungen der Gene lassen
Bakterien. Häufigste
sich nicht mehr mit dem Schulbuch-
Viren-Gattungen:
wissen über die Mendel´schen
Rhino-, Entero-, Coro-
Vererbungslehren der Erbsen
na-, Mastadeno- und
erklären. Um herauszu-
Paramyxoviren. Nicht
finden, welche Gene
zu verwechseln mit
sich untereinander
bei der Klaus
der echten Grippe,
wie beeinflussen,
Schughart die
der Influenza.
untersuchen die
genetische
Forscher um Klaus
Empfäng-
Schughart Mäuse.
lichkeit der
Denn Mäuse sind
Mäuse dafür
ein bisschen wie
Menschen – zumindest genetisch
betrachtet. Und ihre
Gene sind sehr gut untersucht. Und es gibt sehr
viele unterschiedliche Zuchtlinien, die sich genetisch unterscheiden. „Wir halten verschiedene Mausstäm-
für eine bestimmte Reaktion ausschlaggebend
ist.“
Die Krankheit,
untersucht,
ist die echte
Grippe. Die
Wissenschaftler
erzeugen gigantische
Datenmengen, indem
sie einzelne Mäuse der unterschiedlichsten Familien immer mit
demselben Krankheitserreger infizieren und
familien, Daten und bioinformatischen Analysewerkzeugen zu. Darüber hinaus untersuchen er und seine
Kollegen an universitären Forschungsinstituten Infektionen mit Krankenhauskeimen, Tuberkulose, Parasiten
wie Leishmanien bis zum septischen Schock, Diabetes
und Leberfibrose.
Ein Modell, das Schule machen wird, ist Klaus Schughart
überzeugt: „Solche Netzwerke von Forschern, die dieselben Mausfamilien studieren und ihre Daten miteinander
verknüpfen, schaffen einen Fokus, mit dem wir das
Ein immer wiederkehrender
Arbeitsschritt: zentrifugieren.
komplexe Zusammenspiel der Gene bei der Entstehung
k Mendel´sche
von verschiedenen Krankheiten beim Menschen und
Vererbungslehre
sogar deren Wechselwirkungen verstehen werden.“ Denn
Benannt nach Gregor
die Genetik ist einer der stärksten Einflussfaktoren bei
Mendel. Erfasst die
dann untersuchen, wie die Mäuse auf die Infektion
Infektionskrankheiten – wir wissen jedoch noch kaum
Vererbung von Merk-
reagieren. Untersuchungen, die an Tieren durchgeführt
etwas darüber.
malen, deren Ausprä-
werden müssen, da es sich verbietet, Menschen – oder
gung von nur einem
sogar ganze Familien – mit solchen Krankheitserregern
Gen bestimmt wird.
zu infizieren. Auf diesem Weg können sie genetische
Strukturen der Tiere mit der Reaktion auf das Virus oder
das Bakterium in Verbindung bringen.
Ein einzelnes Forschungsteam kann eine Herkulesaufgabe wie die komplexe Analyse solcher genetischen Erbgänge jedoch nicht allein bewältigen. Die Konsequenz:
Klaus Schughart hat ein Netzwerk aus zehn Forschungsinstituten und Universitäten aus Deutschland und den
Niederlanden gegründet. In GeNeSys, der Abkürzung
für „German Network of Systems Genetics“, greifen die
Systemgenetiker auf einen gemeinsamen Pool aus Maus-
Die DNA-Bestandteile werden in
speziellen Kammern auf Gelplatten
aufgetrennt.
KLAUS SCHUGHART
Klaus Schughart studierte und promovierte in Biologie an der Universität Köln. Im Anschluss, 1987,
ging er für drei Jahre als Post-doc an die Yale University, USA, und arbeitete im Labor von Prof.
Frank Ruddle über die embryonale Frühentwicklung von Mäusen. Von 1990 bis 1995 leitete er eine
Nachwuchsforschergruppe am MPI für Immunbiologie in Freiburg. In der Zeit beschäftigte ihn die
Embryonalentwicklung der Maus. Er habilitierte sich 1994 an der Universität Freiburg und ging im
Anschluss nach München, um dort als Projektleiter in der Abteilung für Säugetiergenetik an der
GSF zu arbeiten. 1997 bis 2001 war er Leiter der Abteilung Molekular- und Zellbiologie von Transgen in Straßburg und forschte im Bereich der Gentherapie. Im Anschluss führte ihn sein Weg nach
Forschungs- und Entwicklungsprogramm des Zentrums und leitete die Abteilung Technisch-Wissenschaftliche Dienste. Seit 2006 leitet er die Abteilung Experimentelle Mausgenetik und ist gleichzeitig Professor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.
Stand: April 2009
Braunschweig: Ab 2002 war er im wissenschaftlichen Direktorium des HZI verantwortlich für das
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