Der große Gelenke-Report | rbb Rundfunk Berlin

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MITTWOCHS 20:15 UHR
Mi 29.10.2014 | 20:15 | rbb Praxis
rbb Praxis Feature
Der große Gelenke-Report
Wenn Gelenke dick werden und schmerzen, muss es wohl Rheuma sein - so die
Volksmeinung. Doch neben den zahlreichen Rheumaformen können auch Gicht oder
Arthrose die Gelenke angreifen. Wo finden Betroffene Hilfe bei Diagnose und Therapie?
Und was können sie selbst tun für starke und bewegliche Gelenke? Justus Kliss ist für
die Zuschauer auf der Suche nach Antworten.
Schmerzende Hände – was steckt dahinter?
Unsere Hände sind ein wahres Wunderwerk der Natur: 36 Gelenke und 27 Knochen,
verbunden durch Sehnen und Bindegewebe, beweglich gemacht durch 39 Muskeln. Wir
können damit sanft streicheln, aber auch fest zugreifen. Handschmerzen sollte man
unbedingt ernst nehmen und Beschwerden frühzeitig vom Arzt abklären lassen. Denn nur
bei einer rechtzeitigen Diagnose und Therapie lassen sich Komplikationen und Probleme
vermeiden. Der erste Ansprechpartner ist der Hausarzt. Der kann dann weiter überweisen
zum Orthopäden oder Rheumatologen.
Achten Sie genau darauf, wo die Schmerzen bestehen. Stecken sie im Bereich der
Handfläche, kann es sich beispielsweise um einen Bruch des Kahnbeins handeln. Dieser
Handwurzelknochen kann bei einem Arbeits- oder Sportunfall in Mitleidenschaft gezogen
werden, doch ein Bruch wird dort nicht selten übersehen. Dabei gehört er zu den
häufigsten Komplikationen bei einem Arbeits- oder Sportunfall, vor allem bei jüngeren
Patienten.
Ein plötzlich auftretender starker Schmerz kann der Hinweis auf eine
Sehnenscheidenentzündung sein. Typisch ist dabei auch, dass die Hand dabei völlig gesund
aussieht, bei Bewegung jedoch stark schmerzt.
Eine Arthrose, d.h. ein Verschleiß des gelenkschützenden Knorpels, ist eine der häufigsten
Ursachen für Handschmerzen. Zwar kann man die Abnutzung meist nicht mehr rückgängig
machen, jedoch oftmals stoppen. Und der Arzt hat auch viele Tipps für gelenkschonende
Verhaltensweisen für Beruf und Freizeit. Zudem gibt es Hilfsmittel, die die Arbeit der
Hände unterstützen. Dazu gehören beispielsweise spezielle Küchengerätschaften oder
kraftverstärkende Aufsätze für andere Werkzeuge.
Um der richtigen Diagnose auf die Spur zu kommen, ist eine gründliche Untersuchung der
Hände notwendig. Der Arzt tastet dabei genau, welche Gelenke schmerzen, denn dies ist
bereits ein Hinweis auf die Ursache der Beschwerden. So sind bei einer Arthrose
typischerweise eher die Endgelenke der Finger schmerzhaft, sowie das
Daumensattelgelenk. Bei einer Arthritis, also einer Gelenkentzündung sind es eher die
Fingergrund– und Fingermittelgelenke, die betroffen sind. Das gilt jedoch auch für die
Gicht. Weiterführende Untersuchungen sind dann Röntgenaufnahmen. Dabei gehören
jedoch immer Aufnahmen beider Hände und auch beide Füße zum Standard. Denn nicht
selten sind Veränderungen der Fußknochen und -gelenke bereits sichtbar, wenn die
Aufnahmen der Hände noch unauffällig sind.
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Ein Hinweis auf eine rheumatische Ursache der Beschwerden kann der so genannte
"Gaenslen-Griff" sein: Ein kurzer, fester Händedruck ruft bei den Betroffenen Schmerzen
hervor.
Nicht zuletzt sind auch die Blutwerte wichtig für die Diagnose. Zum Basis-Check sollten
unter anderem folgende Parameter gehören: Entzündungswerte wie CRP und Blutsenkung
(BSG), Rheuma-Faktor (RF), CCP-Antikörper (ein weiterer „Rheuma-Wert“), Harnsäure
(als Hinweis auf Gicht).
Je nachdem wie diese bisherigen Ergebnisse ausfallen, können weitere bildgebende
Verfahren ergänzt werden, wie eine Kernspintomographie, eine Knochenszintigraphie oder
auch ein Rheuma-Scan. Dieses schonende High-Tech-Verfahren wird jedoch von den
meisten Krankenkassen noch nicht bezahlt.
Rheumatische Gelenkbeschwerden - Licht
hilft bei der frühen Diagnose
Die rheumatoide Arthritis oder chronische
Polyarthritis betrifft etwa 0,5 Prozent der
Bevölkerung, Frauen häufiger als Männer, und
ist die häufigste rheumatische Erkrankung. Bei
dieser Form der Gelenkentzündung besteht eine
Fehlsteuerung der Immunabwehr: Zellen des
Immunsystems richten sich statt gegen
Eindringlinge von außen (wie Bakterien und
Viren) auch gegen körpereigene Zellen,
nämlich Zellen der Gelenkinnenhaut. Es kommt
zu einer Reizung der Gelenkinnenhäute. Diese
können krankhaft wuchern, dadurch werden
schließlich auch Knorpel, Knochen und andere
Strukturen des betroffenen Gelenks zerstört.
Je früher man diesen Prozess erkennt, desto
früher kann man ihn gezielt aufhalten – mit
Physiotherapie, gelenkschonenden Methoden
und modernen Medikamenten.
EXPERTEN IM FILM
Dr. med. Rieke H.E. Alten
Fachärztin für Innere Medizin,
Rheumatologie, Physikalische Therapie
und Sportmedizin, Osteologie (DVO)
Chefärztin der Klinik für Innere Medizin II,
Rheumatologie
Schlosspark-Klinik
Heubnerweg 2
14059 Berlin
Tel.: 030 - 3264-1325
E-Mail: [email protected]
Dr. med. Christof Pohl
Zentrum für Rheumaforschung
Schlosspark-Klinik
Heubnerweg 2
14059 Berlin
Tel.: 030 - 3264-1325
E-Mail: [email protected]
Erste Hinweise für die Diagnose liefert unter anderem der "Rheumafaktor" (RF) im Blut.
Doch auch wenn dieser Blutwert nicht nachweisbar ist, schließt das die Erkrankung nicht
aus. Und es gibt auch Erkrankungen der Gelenke wie die Arthrose oder die
Gelenkentzündung bei Schuppenflechte, bei der der RF generell nicht vorhanden ist.
Rheuma-Scan-Verfahren
Eine moderne Hilfe auf der Ursachensuche bei Gelenkbeschwerden ist der so genannte
"Rheuma-Scan": Diese High-Tech-Entwicklung von Ingenieuren aus Berlin-Mitte kommt
bereits in etwa 40 Krankenhäusern und Praxen in Deutschland zum Einsatz. Für die
Untersuchung injiziert der Arzt dem Patienten einen speziellen Farbstoff in die Vene.
Die Flüssigkeit fließt durch die Blutgefäße, verteilt sich im Körper und auch in die Hände
und Finger. Nun misst die Kamera die Durchblutung der Gelenke: In entzündeten Bereichen
ist die Durchblutung stark erhöht und damit mehr Blut vorhanden. Mehr Blut bedeutet
wiederum, dass dort mehr Farbmoleküle angeschwemmt werden. Diese reflektieren das
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Licht. Gelbe, orange oder rote Flecken auf dem Farbscanner zeigen viel Farbstoff an und
damit entzündete Stellen an. Grüne und blaue Regionen signalisieren hingegen eine
geringere Durchblutung und keine Entzündung.
Die Veränderungen sind bereits im Frühstadium nachweisbar – oft sogar schon, bevor
starke Beschwerden in den Fingern bestehen.
Die Durchführung des Rheumascan-Verfahrens kann ohne besondere
Patientenvorbereitung erfolgen. Die Untersuchungszeit beträgt nur sechs Minuten und
schon ca. eine Minute nach der Gabe des Fluoreszenzfarbstoffs reichert dieser sich in den
entzündeten Gelenken an.
Mit diesem Verfahren kann man auch drei häufige Ursachen für Gelenkbeschwerden, die
Arthrose, die Rheumatoide Arthritis und die Psoriasis–Arthritis innerhalb von wenigen
Minuten sicher voneinander unterscheiden. Denn diese drei Erkrankungen zeigen ein
unterschiedliches Signalmuster im Rheuma-Scan:
Bei der Psoriasis–Arthritis finden sich beispielsweise typischerweise
Kontrastmittelanreicherungen im Bereich der Fingerendgliedern, in direkter Nachbarschaft
zu den Fingernägeln. Zudem zeigen typische Farbmuster, dass die Bänder und Bandansätze
bei der Entzündung mit betroffen sind.
Bei der Rheumatoiden Arthritis werden Anreicherungen in den Mittel- und Endgelenken
der Finger dargestellt. Anreicherungen nahe der Fingernägel oder in den distalen
Fingergelenken sind dagegen selten.
Bei der Arthrose sind Bildmuster symmetrisch in den Fingern beider Hände sichtbar.
Etwa 40 Geräte stehen deutschlandweit in Kliniken und Praxen. Einzelne Kassen
übernehmen die Kosten, in den meisten Fällen müssen die Betroffenen jedoch selbst in die
Tasche greifen: Etwa 80 – 250 Euro kostet der Scan, je nachdem, ob die Kassen
anteilsmäßig noch Kosten für das Kontrastmittel übernehmen.
Als "Screening"-Instrument ohne Krankheitsverdacht eignet sich das Verfahren nicht, u.a.
durch die notwendige Kontrastmittelgabe. Außer bei den genannten Krankheiten stellt
auch eine Kollagenose mit Raynaud-Syndrom, eine weitere rheumatische Erkrankung, eine
mögliche Indikation für den Scan dar.
Ganz natürlich - Alternative Heilmethoden bei Gelenkbeschwerden
Moderne Medikamente verhindern heutzutage weitgehend Spätfolgen von
Gelenkproblemen, wie knotige und verformte Finger. Doch trotzdem suchen Ärzte und
auch viele Betroffene selbst weiter nach ergänzenden Verfahren, auch um die
Medikamentendosis so gering wie möglich zu halten. Die Naturheilkunde bietet dabei einen
Weg: Tatsächlich erzielen manche Betroffene mit Fasten oder der so genannten
Kältekammer erstaunliche Erfolge.
Zu den klassischen Naturheilverfahren gehören unter anderem Wasseranwendungen,
Bewegung, der Einsatz von Wärme und Kälte, sowie gesunde Ernährung und Heilfasten. Oft
ergänzen diese Elemente die so genannte Schulmedizin, können sie aber auch ersetzen.
Von einer Fastenkur profitieren insbesondere Rheuma- und Arthrose-Patienten, das
konnten wissenschaftliche Studien belegen. Durch das Fasten wird Fett abgebaut und dabei
Hormone ausgeschüttet. Diese Hormone haben eine entzündungshemmende Wirkung und
das wirkt sich positiv im ganzen Körper aus, auch auf die Gelenke. Im Gegensatz dazu
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fördert Fettgewebe Entzündungen. Dies ist ein Grund dafür, dass Menschen mit
Übergewicht eher Gelenkbeschwerden entwickeln als schlankere.
Wichtig ist jedoch: Heilfasten ist keine Diät, denn Abnehmen ist beim Fasten nicht das
primäre Ziel. Den Einstieg in eine dauerhafte Änderung des Lebensstils kann eine
Fastenwoche jedoch durchaus bedeuten. Denn wer fastet, besinnt sich ganz neu auf den
eigenen Körper. Fasten bedeutet dabei nicht unbedingt nichts zu essen: Das so genannte
"Schleimfasten", (das auch im Film gezeigt wird), gilt als schonende Fastenform und ist
auch für kürzere Zeiträume geeignet, beispielsweise über 2 - 3 Tage. Man löffelt dabei
warmen dünnen Getreideschleim aus Hafer- oder Reisflocken. Mindestens zweieinhalb Liter
Flüssigkeit sollte man am Tag zu sich nehmen, zusätzlich zu den Süppchen trinkt man Tee
und Wasser. Eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme verhindert Gichtanfälle und
Nierensteine, denn beim Fasten fallen vermehrt Stoffwechsel-Abbauprodukte an. Oft wird
dabei auch von "Schlacken" gesprochen. Diese gibt es jedoch in diesem Sinne nicht,
sondern es handelt sich beispielsweise um so genannte "Ketonkörper", die durch das
Hungern entstehen. Auch der Harnsäure-Wert kann steigen und sollte vorsichtshalber
kontrolliert werden.
Wer gesund ist, kann auch auf eigene Faust zu Hause fasten. Sicherheitshalber sollte man
jedoch seinen Hausarzt um Rat fragen oder einen Arzt, der sich gut mit dem Fasten
auskennt.
Gar nicht Fasten sollten Kinder und Schwangere, untergewichtige Menschen oder solche,
die unter starkem psychischem Stress stehen. Auch wenn die Nieren oder die Leber
angegriffen oder die Schilddrüsenwerte entgleist sind, ist Fasten ungeeignet.
Wer Medikamente einnimmt oder beispielsweise an Diabetes oder
Herz-Kreislauferkrankungen leidet, darf durchaus fasten, sollte dies jedoch nur unter
ärztlicher Begleitung tun, am besten stationär.
Wichtig ist in jedem Fall ein schonender Einstieg in die Fastenzeit: Schon in den Tagen
davor sollte man die Nahrungsmenge reduzieren und nicht direkt vom Schweinebraten auf
Haferschleim übergehen. Eine Darmreinigung mit Glaubersalz und Einläufen sollte
ebenfalls zum Einstieg dazugehören. Außerdem sollte man moderate sportliche Bewegung
mit einplanen. Im Immanuel Krankenhaus gehören auch Massagen und
Entspannungsübungen zum Fastenprogramm. Das Fasten in der Gruppe erleichtert zudem
das Durchhalten. Denn oft hat man in den ersten Tagen einen Tiefpunkt, bei dem auch die
Laune ziemlich leiden kann. Diese steigt jedoch nach kurzem und diese positive
Grundstimmung hält dann auch noch nach Fastenende an. Die Stimmungsaufhellung steht
vermutlich im Zusammenhang mit der vermehrten Ausschüttung des "Glückshormons"
Serotonin im Gehirn.
Fastenkuren in Kliniken werden im Einzelfall von den Krankenkassen übernommen,
insbesondere dann, wenn sie im Rahmen einer medizinischen Behandlung stattfinden - wie
beispielsweise die hier gezeigte Behandlung einer Rheumaerkrankung.
Zusätzlich zum Fasten wird im Rahmen der naturheilkundlichen Therapie auch generell die
Ernährung unter die Lupe genommen. So weiß man, dass die vermehrte Aufnahme von
tierischen Fetten mit der Nahrung Gelenkbeschwerden verstärken können. Auf der anderen
Seite senken Omega-3-Fettsäuren, wie sie in Fischöl oder Leinöl enthalten sind, die
Entzündungsaktivität. Unterstützend sollen auch Vitamine und Mineralstoffe den Gelenken
gut tun.
Therapie in der Kältekammer
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Das Heilfasten ist nur ein Teil einer möglichen
Therapie bei Gelenkbeschwerden. Im Immanuel
Krankenhaus wird es beispielsweise unterstützt
durch regelmäßigen Aufenthalt in der
Kältekammer:
Durch die Kälte ziehen sich die Gefäße
zusammen, die Durchblutung wird kurzfristig
vermindert und der Stoffwechsel gedrosselt.
Anschließend kurbelt der Körper die
Durchblutung und damit auch den Stoffwechsel
verstärkt an. Die Kälte reizt Haut und Gefäße
also sehr intensiv und setzt dadurch im Körper
zahlreiche schmerz- und
entzündungshemmende Mechanismen in Gang.
Dadurch wirkt die Kältekammer
schmerzdämpfend und entzündungshemmend.
Diese Wirkung machen sich die Therapeuten
auch bei anderen Beschwerden wie Arthrose,
chronischen Schmerzen oder
Atemwegserkrankungen zunutze.
Die Kassen tragen die Kosten im Rahmen eines
stationären Aufenthalts, ambulante Patienten
müssen die Behandlungen zumeist aus eigener
Tasche bezahlen.
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EXPERTEN IM FILM
naturheilkunde.immanuel.de
Prof. Dr. Andreas Michalsen
Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde,
Stiftungsprofessur für klinische
Naturheilkunde am Institut für
Sozialmedizin, Epidemiologie und
Gesundheitsökonomie der Charité
Immanuel Krankenhaus Berlin
Königstr. 63
14109 Berlin-Wannsee
Tel.: 030 - 80505-0
E-Mail: [email protected]
berlin.immanuel.de
Prof. Dr. med. Andreas
Krause
Ärztl. Dir. u. Chefarzt am Immanuel
Krankenhaus Berlin
Abt. Rheumatologie und Klinische
Immunologie
Königstr. 63
14109 Berlin-Wannsee
Tel.: 030 - 80505-0
E-Mail:
[email protected]
Rheuma, Arthrose und Co: Ähnliche
Beschwerden – verschiedene Ursachen
Wenn Gelenke schmerzen ist die Diagnose nicht immer ganz einfach: Die Beschwerden
können bei abgenutzten Gelenken ganz ähnlich sein, wie bei entzündlichen Vorgängen
oder einer Gichterkrankung. Nicht zuletzt können sogar Hauterkrankungen wie die
Schuppenflechte "auf die Gelenke gehen".
Bei Schwellungen und Schmerzen in den Gelenken des Körpers müssen Experten zahlreiche
unterschiedliche Diagnosen in Betracht ziehen. Besteht ein Verschleiß des
gelenkschützenden Knorpelüberzugs, handelt es sich um eine Arthrose. Charakteristisch
sind dann "Startschmerzen", die bei der ersten Bewegung des Gelenks auftreten und unter
Bewegung abnehmen. Bei dauerhafter Belastung, wie zum Beispiel längerem Gehen oder
Handarbeiten, nehmen die Schmerzen dann wieder zu. Zudem schmerzt ein
Arthrosegelenk in Ruhe oder in der Nacht meist nicht. Bei Überbelastung kann es
allerdings dann doch zum Ruhe- und Nachtschmerz kommen. Oft ist das Gelenk dann
gleichzeitig überwärmt und angeschwollen. Das sind Hinweise auf eine entzündliche
Reizung des Gelenks, eine so genannte aktivierte Arthrose. In diesem Fall ist die
Unterscheidung von einer Arthritis, einer Gelenkentzündung nicht ganz einfach. Hilfreich
bei der richtigen Diagnose kann das so genannte Befallsmuster der Gelenke sein: Eine
Arthrose in den Händen beispielsweise betrifft meist die Fingerendgelenke, sowie das
Daumensattelgelenk. Bei der rheumatoiden Arthritis, einer häufigen Rheumaform, sind
typischerweise die Fingergrundgelenke entzündet und geschwollen.
Eine seltenere Form von Gelenkbeschwerden ist das Rheuma bei Schuppenflechte
(Psoriasis). Dieses wird jedoch häufig verkannt, obwohl die Schuppenflechte selbst eine
der häufigsten Hautkrankheiten ist: Jeder vierzigste bekommt sie im Laufe seines Lebens
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und dann meist für immer – denn bislang gibt es keine Heilung gegen die lästigen
Hautschuppen. Ähnlich wie bei anderen rheumatischen Erkrankungen sollen auch hier
Veränderungen im Immunsystem eine Rolle spielen. Ausgelöst durch das überaktive
Immunsystem wächst die Haut dann in einer Art Zeitraffer: Statt in etwa 4 Wochen
erneuert sich die oberste Hautschicht in 6 - 7 Tagen. Dadurch kommt die Haut mit dem
Abstoßen der abgestorbenen Zellen nicht mehr nach. Und diese Veränderungen der Haut
können auch die Gelenkhäute betreffen. Die Folge ist die so genannte Psoriasis-Arthritis.
Auch hier gibt es an den Gelenken ein typisches Verteilungsmuster: Oft sind die
Fingerendgelenke entzündet, auf den Fingernägeln sieht man helle Flecken, so genannte
"Tüpfelnägel". Oft ist auch ein Finger in der gesamten Länge entzündet.
Das ähnelt dann mitunter den Symptomen einer Gicht. Denn diese kann auch schleichend
auftreten und nicht nur mit dem typischen "Gichtanfall". Dabei ist das Gelenk gerötet,
geschwollen und heiß und schmerzt heftig. Lange Zeit wusste man nicht, dass die Gicht
auch ohne diese plötzlichen Anfälle verlaufen kann. Somit können auch leichte Schmerzen,
diskrete Schwellungen und wiederholte leichte Entzündungen der Gelenke Anzeichen für
eine Gicht sein. Und auch diese diskrete Form der Gicht zerstört auf Dauer die Gelenke. Bei
der Gicht wird Harnsäure von der Niere nicht in ausreichenden Mengen ausgeschieden. Die
Harnsäure bildet Kristalle, die sich in den Gelenken ablagern. Und auch an den
Sehnenansätzen finden sich häufig Gichtknoten, so genannte Gichttophi. Die derben
Knötchen liegen unmittelbar unter der Haut und befinden sich oft auch an den
Ohrknorpeln.
Therapien
Wichtig ist für jede Art von Gelenkbeschwerden eine möglichst frühzeitige Diagnose um
zumindest das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten.
Da sich beispielsweise ein abgenutzter Knorpel nur schwerlich wieder ersetzen lässt, baut
man hier auf einen kräftigen Muskelmantel rund ums Gelenk. Denn trainierte Muskeln
stützen und entlasten die angegriffenen Gelenke.
Bei einer Gelenkentzündung kommen als erster Schritt Nichtsteroidale Antirheumatika
(NSAR) wie Diclofenac und Ibuprofen zur Anwendung. Sie lindern jedoch nur zunächst die
Schmerzen, heilen können sie die rheumatoide Arthritis nicht. Jedoch ist damit eine
Bewegungstherapie oftmals überhaupt erst wieder möglich. Ergänzt werden die
Schmerzmittel durch Kortisonpräparate und die so genannte Basistherapie. Dabei ist das
Mittel der ersten Wahl heutzutage Methotrexat, kurz MTX. Eine neue Gruppe von
Medikamenten sind die Biologika. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn die Basistherapie
versagt. Diese Medikamente hemmen bestimmte Botenstoffe des Immunsystems, die
wesentlich daran beteiligt sind, dass die Gelenke sich entzünden. Wird der Botenstoff
blockiert, werden auch die Entzündungen vermindert. Die Gelenke schwellen ab, die
Schmerzen werden gelindert, die Erkrankung gestoppt. Es muss jedoch im Einzelfall genau
geprüft werden, wann und für wen Biologika die richtige Wahl sind. Denn indem die
Immunabwehr gezielt abgeschwächt wird, steigt die Infektionsgefahr. Zudem sind die
Präparate teuer und es fehlen Langzeiterfahrungen.
Bei der Therapie der Gicht unterscheidet man zwischen Medikamenten, mit denen der Arzt
einen akuten Gichtanfall behandelt und Präparaten, die eine chronische Gicht verhindern
sollen. Im akuten Gichtanfall reichen meist Schmerzmittel aus. Colchicin, das Gift der
Herbstzeitlosen, das früher zur Standardmedikation gehörte, wird heute seltener
verordnet, da sehr strenge Dosierungsvorschriften zu befolgen sind.
Bei der Dauertherapie stehen im Wesentlichen zwei Wirkansätze zur Verfügung: So
genannte Urikosurika, die eine vermehrte Ausscheidung der Harnsäure bewirken und so
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genannte Urikostatika, die die Bildung der Harnsäure hemmen. Wer familiär belastet ist,
sollte sich ausgewogen und purinarm ernähren. Außerdem sollte man den Hausarzt bitten,
den Harnsäurespiegel zu kontrollieren und zwar schon vor einem ersten Gichtanfall.
Rheuma bei Kindern und Jugendlichen
Anders als häufig vermutet ist Rheuma keine Erkrankung des Alters. Auch Kinder und
Jugendliche können daran erkranken. Das kindliche Rheuma unterscheidet sich von den
erwachsenen Formen jedoch sowohl im Krankheitsbild, der Diagnose, dem Verlauf und den
Behandlungsmöglichkeiten. Ähnlich aber ist: Je früher die Ärzte die Diagnose stellen,
desto größer ist die Chance, die Krankheit zur Ruhe zu bringen und langfristig zu besiegen.
Allein in Deutschland leiden rund 40.000 Kinder an entzündlich-rheumatischen
Erkrankungen. Die gute Nachricht: Die meisten Erkrankungen aus dem Formenkreis des
kindlichen Rheuma verlaufen mild und verschwinden bei neun von zehn Kindern innerhalb
von Tagen, Wochen oder Monaten ohne dauerhafte Schäden. Bei zehn bis 20 Prozent der
Kinder und Jugendlichen rechnen Experten jedoch mit einem chronischen Verlauf. Dies ist
bundesweit derzeit bei etwa 15.000 Betroffenen der Fall. Welche Verläufe chronisch
verlaufen, können selbst Spezialisten nicht vorhersehen. Und sie gehen von einer großen
Dunkelziffer aus.
Rheuma ist nicht gleich Rheuma
Bei der chronischen Gelenkentzündung sprechen Experten von der sogenannten "juvenilen
Arthritis". Sie ist mit 90 bis 95 Prozent die häufigste Form des kindlichen Rheumas. Pro
Jahr erkranken etwa 1.000 Kinder neu daran. Unterschieden werden sechs Gruppen der
juvenilen Arthritis, je nachdem, wie sich die Erkrankung während der ersten sechs Monate
gestaltet. Sind weniger als fünf Gelenke betroffen, sprechen Experten von der
Oligoarthritis. Sind mindestens fünf Gelenke entzündet, spricht man von Polyarthritis.
Nicht selten sind zudem die Haut oder die Sehnenansätze betroffen.
Neben der juvenilen Arthritis als häufigste Form schließt das kindliche Rheuma noch
weitere Erkrankungsformen ein. Dazu zählen die Kollagenosen (rheumatische
Erkrankungen des Bindegewebes), die Vaskulitiden (rheumatische Gefäßentzündungen)
sowie die immunvermittelten Erkrankungen wie zum Beispiel die nicht-bakteriell bedingte
Knochenentzündung. Ist beispielsweise die Regenbogenhaut des Auges betroffen, so
handelt es sich um "Augenrheuma" (rheumatische Iridozyklitis). Stehen Entzündungen im
Bereich der inneren Organe im Vordergrund, so liegt oft ein "systemischer Lupus
erythematodes" vor, kurz SLE. Man spricht auch von der Schmetterlingskrankheit da eine
schmetterlingsförmige Rötung der Gesichtshaut an den Wangen und der Nase dabei
typisch ist.
Beschwerden der juvenilen Arthritis
Die juvenile Arthritis äußert sich meist zuerst in Gelenkbeschwerden. Häufig kommen noch
eine Schwellung, Überwärmung und Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenkes
hinzu. Wie auch bei Erwachsenen können eine gewisse Morgensteifigkeit, Anlaufschmerzen
nach dem Aufstehen und längerem Sitzen oder Schonhinken erste Anzeichen sein. Anders
als bei älteren Patienten weisen auch unspezifische Hinweise auf ein kindliches
Gelenkrheuma hin. Das kann zum Beispiel eine Verhaltensänderung sein, die Kinder wollen
dann zum Beispiel nicht mehr laufen oder toben. Oft sind sie zudem "missmutig", zeigen
eine Leistungsminderung oder entwickeln Fieber, Hautausschläge oder
Augenentzündungen.
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RHEUMA BEI KINDERN /
JUGENDLICHEN
Anlaufstellen für Experten in
Berlin und Brandenburg
Charité Universitätsmedizin Berlin
Campus Virchow
Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt
Pneumologie/Immunologie
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin
HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Vivantes Klinikum Friedrichshain
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Landsberger Allee 49
10249 Berlin
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Besteht der Verdacht auf eine juvenile Arthritis,
sollten Eltern umgehend einen Spezialisten
aufsuchen. Der Grund: Es gibt nicht den einen
beweisenden Laborwert oder typischen
Röntgenbefund zu Beginn der Erkrankung.
Daher bedarf es einiger klinischer Erfahrung,
um das kindliche Rheuma zu ermitteln. Der
Experte stellt die Diagnose aus einer Reihe von
Anzeichen wie der Krankengeschichte sowie
verschiedenen klinischen, laborchemischen,
röntgenologischen und weiteren
Untersuchungsbefunden.
Bei der Therapie der juvenilen Arthritis
bestehen heute wesentlich mehr Möglichkeiten
als noch vor zehn bis 15 Jahren. Lässt die
zeitige Diagnose zu, dass die Ärzte die
Behandlungsmöglichkeiten konsequent
ausschöpfen, können die meisten Betroffenen
mit einem günstigen Verlauf der Krankheit
rechnen. Wichtig dabei: Die Therapie muss
individuell auf die jeweilige Krankheitsform, den
Verlauf sowie die persönliche Situation des
Kindes und seine Familie abgestimmt werden.
Städt. Klinikum Brandenburg GmbH
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Hochstr. 29
14770 Brandenburg
Grundsätzlich wirken die umfassende
Aufklärung der Eltern, die Krankengymnastik
und die medikamentöse Therapie zusammen.
Entscheidend ist, dass die an der Behandlung
beteiligten Kinderärzte, kinderärztlichen
Rheumatologen, Kinderorthopäden, PhysioCarl Thiem-Klinikum Cottbus gGmbH
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
und eventuell Ergotherapeuten und Augenärzte
Rheumatologische Station
kooperieren und die Therapie zusammen
Thiemstraße 111
gestalten. Ihr gemeinsames Ziel: die
03048 Cottbus
Beschwerden der Betroffenen zu lindern, ihnen
eine altersgerechte körperliche und
psychosoziale Entwicklung zu ermöglichen und
bleibende Schäden an Gelenken oder Organen zu verhindern.
Eine zentrale Rolle in der Behandlung die medikamentöse Therapie, bei der in den letzten
Jahren erhebliche Fortschritte erzielt werden konnten. Angelehnt an einen Stufenplan
erhalten die Kinder zunächst nicht-steroidale Antirheumatika. Je nach Präparat lindern sie
die Beschwerden, senken das Fieber und wirken antientzündlich. Bei schwereren Verläufen
oder wenn die Medikamente nicht ansprechen, ergänzen die Rheumaspezialisten sie durch
Substanzen wie Glukokortikoide. Sie wirken der Entzündung effektiver entgegen.
Glukokortikoide werden entweder in das Gelenk gespritzt oder als Tabletten eingenommen.
Hinzu kommen die sogenannten Basismedikamente wie beispielsweise Methotrexat oder
Sulfasalazin.
Für Kinder, bei denen die Behandlung mit Basismedikamenten nur unzureichend anspricht,
gibt es heute zudem verschiedene biologische Therapeutika. Seit dem Jahr 2000 steht für
die Behandlung des kindlichen Rheumas beispielsweise der TNF-alpha-Blocker Etanercept
zur Verfügung. Die Substanz greift sehr gezielt in den Krankheitsprozess ein, indem sie
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Entzündungsbotenstoffe hemmt. Man spricht
daher auch von einem sogenannten TNF-alphaBlocker. In Untersuchungen bei schwer
erkrankten Kindern konnten Ärzte damit eine
lang anhaltende Besserung erzielen. Seit
einigen Jahren sind weitere Biologika wie
Adalimumab und Abatacept auf dem Markt, die
speziell für Kinder zugelassen sind.
Mit der individuell angepassten
Krankengymnastik, geeigneten physikalischen
Maßnahmen und Ergotherapie können die
Spezialisten außerdem Schmerzen,
Bewegungseinschränkungen, Schonhaltungen
und Fehlstellungen der Gelenke wirksam
begegnen. Die Physiotherapie trägt
entscheidend dazu bei, dass sich die
Gelenkfunktionen wieder verbessern. Damit die
Kinder kontinuierlich behandelt werden
können, ist auch das häusliche Training wichtig
– meist ist also die ganze Familie in das Training
involviert.
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INFOS IM NETZ
rheuma-online.de
Rheuma-Online
zaen.org
Ärzte für
Naturheilverfahren
Arztsuche auf der Seite des
Zentralverbandes der Ärzte für
Naturheilverfahren und
Regulationsmedizin e.V.
xiralite.com
Informationen zum
Rheuma-Scan
Die Webseite des Herstellers bietet
Informationen zum Rheuma-Scan sowie
Auskünfte zu den Standorten in
Deutschland.
ruediger-anatomie.de
Akut entzündete und schmerzhafte Gelenke
Ruediger-Anatomie GmbH
können zudem mit Kälteanwendungen
behandelt werden. Eine lokale Wärmetherapie
rheumakids.de
eignet sich hingegen, wenn die Muskulatur
Rheumakids
stark verspannt ist. Auch der Einsatz von
Seite für betroffene Kinder und
Hilfsmitteln wie Laufrad, Dreirad oder
Jugendliche
Therapieroller kann die Schmerzen der
Betroffenen deutlich mindern – und erlaubt es,
dass die betroffenen Kinder ein annährend
kinder-rheumastiftung.de
normales Leben mit einem größeren
Kinderrheumastiftung
Aktionsradius haben. Die größten Erfolge in
Bezug auf Beweglichkeit und eine normale
gkjr.de
psychische Entwicklung erreichen die Kinder
Gesellschaft für Kinder- und
jedoch, wenn sie, zusätzlich zu der speziellen
Jugendrheumatologie
Krankengymnastik und den Medikamenten, an
dem normalen Schul- und Freizeitsport
teilnehmen dürfen. In Abstimmung mit den Eltern diskutieren die behandelnden
Kinderrheumatologen vorher die mögliche sportliche Belastbarkeit und erarbeiten
konkrete Anregungen für den Alltag.
Ein Film von Erika Brettschneider und Benjamin Kaiser
Infotext: Susanne Faß / Beate Wagner
Stand vom 29.10.2014
30.10.2014 13:45
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