„Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ - Den Glauben feiernFastenpredigt zum Jahr des Glaubens 10. März 2013 Ansbach, St. Ludwig ___________________________________________________ Sicher haben auch Sie das schon öfters gehört, dass jemand sagt: „Ich gehe nicht in den Gottesdienst, ich kann auch zu Hause beten.“ Oder: „Ich gehe am Sonntag nicht in die Kirche, im Wald bin ich auch mit Gott zusammen.“ Mal abgesehen davon, ob die betreffende Person, die so etwas sagt, zu Hause wirklich betet und ich am Sonntagvormittag meine halbe Pfarrei im Wald begegnen müsste: Das eine schließt das andere nicht aus, das eine geht nicht ohne das andere: - Der Glaube muss persönlich angeeignet, eingeübt und gebetet werden, im persönlichen Gebet, zu Hause, in der Familie, wo auch immer, von mir aus auch im Wald, in Gottes Natur, warum nicht. - Und dann aber auch im Gottesdienst miteinander geteilt und gefeiert werden. Ja, den Glauben muss man miteinander feiern, gemeinsam mit anderen teilen, sonst verkümmert und vertrocknet er, sonst vergisst man ihn und irgendwann verliert man ihn. Es nutzt nichts, jemanden einfach in die Kirche zu schicken, wenn kein Glaube da ist, keine Glaubensfreude, kein Bedürfnis, keine Beziehung zu Gott. Aber es gibt den eindeutigen Auftrag Jesu, den er beim letzten Abendmahl seinen Jüngern als sein Vermächtnis, sein Testament gegeben hat. Und genau das tun wir, wenn Gottesdienst, wenn wir Eucharistie feiern: das, was auch Jesus getan hat, den Tod und die Auferstehung Jesu feiern, seine Liebe zu uns, die durch Leiden und Kreuz gegangen ist, hinein in die Auferstehung, wo er als Auferstandener mitten unter uns ist und uns zum Mahl einlädt. Jesus selbst hat als frommer Jude wie selbstverständlich an den Gottesdiensten seiner Glaubensgemeinschaft, des Judentums, wo er aufgewachsen ist, teilgenommen. Mit seinen Eltern ging er auf die Wallfahrt zum Tempel nach Jerusalem, er besuchte am Sabbat die Synagoge und feierte die Feste des Judentum mit, trotz seiner späteren Tempelkritik, und es sehnte ihn danach, wie er sagte, vor seinem Leiden noch einmal das Passahmahl mit seinen Jüngern zu feiern, um diesem Mahl eine neue Bedeutung zu geben: den neuen Bund zu schließen, in seinem Blut, die Eucharistie zu stiften. Und seine Jünger taten dann auch nach der Auferstehung, was er ihnen aufgetragen hatte. Die ersten Christen haben von Anfang an Eucharistie gefeiert. In der Apostelgeschichte heißt es vom Leben der jungen Christengemeinde: „Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam ….Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot (= Eucharistiefeier) und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens. Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt.“ Sie wussten: Hier in der Eucharistie begegnen sie dem Auferstandenen, hält er mit ihnen Mahl, so wie damals bei den Jüngern in Emmaus, haben sie Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Sie taten dies am ersten Tag der Woche, am Sonntag. Der römische Staatsmann Plinius der Jüngere berichtet im Jahr 112 an den Kaiser Trajan, dass die Christen „an einem festgesetzten Tag vor Tagesanbruch zusammenkommen und unter sich wechselseitig ein Lied zum Lobpreis Christi als ihres Gottes singen.“ Als dies den Christen von Karthago bei einer späteren Christenverfolgung einmal verboten werden sollte, gaben sie zur Antwort: „Ohne Eucharistie können wir nicht sein!“ Kaiser Konstantin schließlich verbot im vierten Jahrhundert am Sonntag jegliche Arbeit. So entstand der Sonntag: Als Tag der Ruhe, der Freiheit und als Tag der Heiligung, um seinen Glauben feiern zu können. Glaube ist nicht nur trockenes Glaubenswissen, Katechismuswissen. Glaube will und muss auch gefeiert werden. Sonst vertrocknet und verkümmert er, wird er letztlich saft- und kraftlos – und freudlos. Das ist nicht anders wie auch sonst im Leben. „Ein Leben ohne Feste ist wie ein langer Weg ohne Einkehr“, sagte schon der alte griechische Philosoph Demokrit. Ohne Feste und Feiern verkommt man. Der Glaube will gefeiert werden: d.h. - dass man sich über seinen Glauben freut und diese Freude auch zum Ausdruck bringt, durch schöne Gottesdienste, durch, feierliche Liturgie, die uns anrührt, durch schöne Gottesdiensträume und Kirchen. - Der Glaube will gefeiert werden durch Musik und Gesang. Die Kirchenlieder sind nicht nur Lückenfüller im Gottesdienst, die Art und Weise, wie die Gemeinde singt und der Einzelne mitsingt, ist Ausdruck seines Glaubens und seiner Glaubensfreude. - Und schließlich wird der Glaube gefeiert durch das Erleben von Gemeinschaft. Jeder von uns kann davon erzählen, wie erhebend ein feierlicher Gottesdienst in einer vollen Kirche ist, ein Gottesdienst in einem Dom oder auf einem Kirchentag. Oder auch ein dichter Gottesdienst im kleinen Kreis auf einem Besinnungswochenende So etwas steckt an und weckt Freude und Begeisterung am Glauben! Wir feiern aber nicht nur den Sonntagsgottesdienst, sondern auch den Glauben an den Lebenswenden und Schnittpunkten unseres Lebens (Sakramente): Bei einer Tauffeier, der Erstkommunionfeier, der Firmung, wenn zwei Leute sich das Ja-Wort fürs Leben geben – - Traufeier - , wenn jemand sich für sein Leben in den Dienst Gottes und der Kirche nehmen lässt – Professfeier oder Priesterweihe -, Feier der Buße, Feier der Krankensalbung und die Begräbnisfeier: auch das ist eine Feier: wir feiern die Vollendung eines Lebens, das große „Finale“ und unsere Hoffnung auf die Auferstehung! Und wir feiern schließlich auch das Kirchenjahr. Es besteht nicht nur aus Kalendertagen, wo ein Tag wie der andere ist, sondern es besteht aus Höhepunkten und Glaubensfesten (Weihnachten, Ostern, Pfingsten), aus bestimmten Zeiten der Einübung in den Glauben und der Glaubensfreude (Advents- Fasten- und Osterzeit), aus Heiligenfesten und ganz normalen Tagen. Das Kirchenjahr ist nichts anderes als ein „aufgeschlagenes Glaubensbuch“, wo wir die Heilsgeheimnisse unseres Glaubens auf das Jahr verteilt feiern und innerlich mit vollziehen. Der Glaube will gefeiert werden. Wie aber können wir in rechter Weise unseren Glauben feiern? Was gehört dazu, damit das gelingt? 1. Man muss wissen und halbwegs verstehen, was man feiert. Sonst ist eine Feier / Gottesdienst nur ein leere Ritus und ein bloßes Getue. Die Leute sagen dann zum Pfarrer: „Schön war´s!“, aber sie haben nichts verstanden und schon gar nichts mitbekommen, was wir Christen feiern. (Liturgische Bildung!). 2. Christliche Feierkultur braucht Pflege. Sie darf nicht nur abgespult werden, lieblos und gelangweilt. Man muss aufpassen, dass sich keine Oberflächlichkeit und Schlampigkeit einschleicht. Das fängt an bei einer schlampigen Kniebeuge und sonstigen Gebetshaltung, halbherzig gegebenen Gebetsantworten und nur halbherzigem Mitsingen. Aber natürlich auch die Liturgie und der Kirchenraum müssen gepflegt sein. Benedikt XVI. sprach von der Schönheit des Glaubens und des Gottesdienstes und gerade junge Leute heute haben wieder ein größeres Gespür für Ästhetik. 3. Zum Glauben und zur Feier des Glaubens gehört eine gewisse Regelmäßigkeit, eine „gute Gewohnheit“, eine Einübung und Vertrautheit. Wer nicht in einer gewissen Regelmäßigkeit zum Gottesdienst geht, behält den Glauben nicht, geht irgendwann überhaupt nicht mehr, das ist keine Behauptung, sondern das zeigt die Erfahrung und auch Sie, lieben Mitchristen kennen da sicher Beispiele. 4. Man muss auch ernstnehmen, was man tut und im Glauben feiert. Sonst verliert jede Feier an Tiefe und an Glaubwürdigkeit, geschweige denn, dass wir andere damit anstecken und überzeugen können. 5. Und damit hängt zusammen, dass das, was wir tun und feiern, auch echt und identisch sein muss. Es muss mit unseren Leben und unseren Glauben zu tun haben. Es darf kein schöner Hokuspokus und nichts Aufgesetztes sein. Dass Andere an der Art und Weise, wie wir unsere Gottesdienste feiern, auch (ansatzweise) erkennen oder spüren, was wir da feiern: nicht nur ein schönes Ritual sondern unseren Glauben. „Tut dies zu meinem Gedächtnis“, sagt Jesus. Feiern wir unseren Glauben. Dann bleibt er auch lebendig und macht uns froh! Amen. Pfarrer Hans Kern