Schistosoma-Arten Schistosoma mansoni – Pärchenegel Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme Allgemeine Angaben Name (Synonym): Schistosoma; griech.: schizein: spalten, soma: Körper deutscher Name: Pärchenegel wichtige humanpathogene Arten: Schistosoma haematobium, S. mansoni, S. japonicum, S. intercalatum Stamm: Plathelminthes, Überklasse: Trematodes, Klasse: Digenea, Ordnung: Strigeatida, Familie: Schistosomatidae; Erstbeschreibung: S. haematobium: Bilharz 1851 Risikogruppe: 2, Z Konsiliar-/Referenzlabor: Nationales Referenzzentrum für tropische Infektionserreger am BernhardNocht-Institut für Tropenmedizin (Prof. Dr. B. Fleischer), Bernhard-Nocht-Straße 74, 20359 Hamburg Molekularbiologie, Morphologie und Physiologie Adulte Weibchen und Männchen (sie sind kontraktionsfähig, etwa 1 – 2 cm lang) Morphologie: leben in Dauerkopula vorwiegend in den Blutgefäßen des Urogenitalsystems (S. haematobium) oder in den Mesenterialgefäßen des Darmes sowie in Lebervenen (S. mansoni, S. japonicum, S. intercalatum). Das Männchen trägt das Weibchen in einer Bauchfalte. Sie besitzen zwei Saugnäpfe und ernähren sich durch Trinken von Blut. Die vom Weibchen in großer Anzahl täglich abgesetzten, artspezifischen Eier sind ungedeckelt. Physiologie: Adulte Pärchenegel leben als Endoparasiten vom Blut ihrer Wirte. Ein großer Teil der Eier dringt, von eigenen Proteasen unterstützt, durch die Gefäß- und Blasenbzw. Darmwand hindurch und wird mit dem Urin bzw. den Fäzes ausgeschieden. Während dieses Wanderwegs entsteht im Inneren des Eies die als Mirazidium (Wimpernlarve) bezeichnete Larve. Bei Kontakt mit Süßwasser platzt die Eischale; es werden die Mirazidien frei, die dann bestimmte Wasserschnecken als Zwischenwirte befallen und in deren Mitteldarmdrüse vordringen. Dort bilden sich bei ungeschlechtlicher Vermehrung über sog. Sporozysten Zerkarien (Gabelschwanzlarven) aus, die die Schnecken aktiv verlassen. Natürlicher Standort Nicht freilebend/parasitär Für das Larvenstadium: verschiedene Süßwasserschnecken; für das adulte Wirtsbereich: Stadium: von S. haematobium und S. mansoni ist der Mensch fast immer Endwirt (bei S. mansoni auch die Ratte). S. japonicum kann sich neben dem Menschen auch in verschiedenen Haus- und Nutzsäugetieren entwickeln. Reservoirwirte für S. intercalatum sind z. B. Ziegen und Schafe. Verschiedene Nager dienen in vielen Laboratorien als Tiermodelle. Pathogenität Alle Arten sind obligat pathogen (evtl. sogar karzinogen). Infektiöse Stadien: Zerkarien, die sich beim Aufenthalt im Wasser in die Haut einbohren. Pathogenitätsfaktoren/Pathogenese: Die Schäden werden durch die abgesetzten Eier ausgelöst, die in kleinen Blutgefäßen festklemmen und dort zu Granulomen führen. In den darmbzw. blasennahen Kapillaren kommt es zu Entzündungsprozessen, in deren Rahmen die Eier (Wirkung proteolytischer Enzyme) in das Darm- bzw. Blasenlumen gelangen und dann je nach Art über Stuhl oder Urin ausgeschieden werden. 1 Stand: 04/2014 Krankheit Bezeichnung: Als Adultus: Urogenitalbilharziose bzw. Darmbilharziose, Schistosomiasis; als Larve: Badedermatitis Inkubationszeit: 4 – 8 Wochen Präpatenz: 4 – 8 Wochen Patenz: Jahre, evtl. lebenslang Die in die Haut invadierenden Zerkarien verursachen Juckreiz. Es entstehen lokale Symptome: entzündliche Reaktionen, die nach wenigen Tagen abklingen. Blut im Urin bzw. Stuhl (evtl. occult), intermittierendes Fieber, abdominale Schmerzen, Schwellungen der Leber, Milz, hohe Eosinophilie. Komplikationen/Folgekrankheiten: evtl. Leber- bzw. Blasenkarzinome Pathologie: Granulome in Leber, Darm, Blase, starke Zellinfiltration und Kollagenwände mikroskopischer Nachweis der mit einem Dorn (artspezifisch seitlich oder hinten) Diagnose: versehenen Eier nach Sedimentation. Therapie: Mittel der Wahl ist Praziquantel. Prophylaxe (Prävention): nicht in zerkariengefährdetem Wasser (in das Tier- oder Humanfäzes gelangen können) baden bzw. ohne Stiefel hineintreten. Epidemiologie Übertragungswege und Eintrittspforten: perkutan durch eindringende Zerkarien im Wasser der Tropen und Subtropen Erregerreservoire: Viele Tiere (u.a. Nager, Rinder, Süßwasserschnecken) sowie der Mensch in entsprechenden Gebieten. Inzidenz/Prävalenz: Die vier wichtigen Arten finden sich in warmen Gebieten dieser Erde (Tropen, Subtropen); mehr als 600 Millionen Menschen sind bedroht, 200 Millionen sind befallen. In entsprechenden Gebieten können Prävalenzraten von über 50% der ländlichen Bevölkerung existieren Mortalität/Letalität: abhängig von der Befallsstärke; starker Befall induziert Karzinome Arbeits- und Gesundheitsschutz/Gefährdungsbeurteilung Schutz-/Sicherheitsstufe: Schutzstufe 2 nach BioStoffV bzw. Sicherheitsstufe 2 nach GenTSV Gefährdende Tätigkeiten/Expositionssituation: im Labor: Umgang mit infizierten Schnecken; im Freien: Reinigung von Fließgewässern bzw. von Seen mit Schneckenbesatz Spezielle tätigkeitsbezogene Schutzmaßnahmen Technische Schutzmaßnahmen: Die mikrobiologische Sicherheitswerkbank kann entfallen. Hautkontakt mit zerkarienhaltigen Medien ist unbedingt zu vermeiden. Infizierte Schnecken in bruchsicheren Aquarien, in separaten Räumen oder Schränken halten. Desinfektion/Entwesungsmaßnahmen: Mit Zerkarien kontaminierte Arbeitsflächen sind mit 70%igem Alkohol zu behandeln. Transport: Infizierte, Zerkarien ausscheidende Schnecken in bruchsicheren Behältnissen mit sicherem Verschluss befördern. Persönliche Schutzausrüstungen (PSA): bei Tätigkeiten mit Zerkarien, mit infizierten Schnecken oder Wasser in (aus) Schneckenanlagen, nassem Zubehör, z. B. Durchströmern, Thermometern oder sonstigem Material, z. B. Aquarienpflanzen, ausreichend lange Schutzhandschuhe tragen (Überdecken der Ärmelmanschetten); Schutzbrille Berufsbedingte Erkrankungen: in Deutschland: versehentliche Laborinfektionen Sofortmaßnahmen bei Unfällen/Erste Hilfe: bei Hautkontakt mit freien Zerkarien oder zerkarienhaltigem Wasser betroffene Partien sofort mit 70%igem Alkohol intensiv abreiben. Bei Verdacht auf eine Infektion sofort Vorgesetzten informieren und erfahrenen Tropenarzt konsultieren. Arbeitsmedizinische Vorsorge: Angebotsvorsorge gemäß ArbMedVV. 2 Stand: 04/2014 Literatur Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie: Merkblatt B 005 Sichere Biotechnologie – Einstufung biologischer Arbeitsstoffe: Parasiten (BGI 632) Krauss, H., Weber, A., Appel, M., Enders, B., v. Graevenitz, A., Isenberg, H. D., Schiefer, H. G., Slenczka, W., Zahner, H.: Zoonosen. Von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten, S. 267-272, 3. Aufl., Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2004 Mehlhorn, H. (ed.): Encyclopedia of parasitology, p. 332-346, 3rd ed., Springer, Heidelberg, New York 2008 Mehlhorn, H.: Die Parasiten des Menschen, 7. Aufl., Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg 2012 Richter, I., Ruppel, A.: Schistosomiasis oder Bilharziose. In: Löscher, T., Burchard, C. D. (eds.): Tropenmedizin in Klinik und Praxis, S. 676-705, 4. Aufl., Thieme, Stuttgart 2010 WHO: http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs115/en/index.html 3 Stand: 04/2014