PRAXIS INDUSTRIERECHNER/SPS Kosteneffiziente Kommunikation zwischen SPS- und ERP-Ebene Datenbank führt Paternoster Per Firmware-Erweiterung zur Datenbankanbindung wird ein Siemens-Kommunikationsprozessor für Industrial Ethernet zum bidirektionalen Bindeglied zwischen SPS- und ERP-Ebene. Eine Großbäckerei steuert damit mehrere Paternoster für Ersatzteile über ein vorhandenes Datenbanksystem. Das gesuchte Lagerfach wird auf der richtigen Ebene positioniert und per Leuchtmelder angezeigt. Das war der Einstieg in die Realisierung weiterer Abläufe, die die Lagerkosten deutlich reduzieren und Inventuren künftig erübrigen sollen. So wünschenswert und wichtig Wachstum ist, so schnell kann es manchmal auch zu unerwünschten Nebeneffekten führen. So sind mit der Erweiterung der Kapazitäten bei der Sinnack Backspezialitäten GmbH & Co. KG nach und nach vier dezentrale, händisch verwaltete Ersatzteillager zur Versorgung einer Vielzahl von Produktionslini- en gewachsen. Daraus holten sich die Mitarbeiter der Instandhaltung bei Störungen die benötigten Ersatzteile wie Kugellager, Zylinder, Initiatoren und Schütze. Auch die Verteilung der Ersatzteile auf vier Lager gestaltete sich zunehmend schwierig; dies bedeutete eine große logistische Herausforderung. Zentralisiert zu effizienter Lagerführung Mit dem Umzug der mitgewachsenen Instandhaltung sollte deshalb auch das Lagerwesen neu geordnet werden. „Wir haben uns für umlaufende Paternostersysteme entschieden, die auf wenig Stellfläche eine hohe Lagerdichte bieten“, so der Leiter der Instandhaltung bei Sinnack, Frank Bartholme. „Uns schwebte ein einfaches System vor, das eine komfortable Suche nach dem benötigten Ersatzteil ermöglicht und den Lagerplatz am jeweiligen Paternoster auch optisch anzeigt. Die neue Lösung sollte von eigenen Mitarbeitern zu handhaben und zu pflegen sein“. Dazu wurden in einem separaten Raum sieben Paternostersysteme installiert. Für die Ersatzteilsuche sollte die vorhandene Applikation für die manuelle Lagerverwaltung genutzt werden: eine Eigenentwicklung auf der Basis von MS Access/MS-SQL-Server als Datenbankmanagementsystem. Für die Anbindung und Ansteuerung der Paternoster sollte ebenfalls eine einfache und kostengünstige Lösung gefunden werden, mit dem Ziel einen anderen als den bisher im Werk üblichen Weg über OPC zu wählen. Im Gegensatz zur OPCLösung verspricht sich Sinnack von der neuen Lösung kürzere Bearbeitungszeiten und eine konsistentere Übertragung der Daten. DIE AUTORIN Der Kommunikationsprozessor bietet effizienten Zugriff auf Datenbanken über alle Unternehmensebenen hinweg, ohne aufwändiges Programmieren der Steuerung und hilft damit Sinnack bei der Herstellung der vielfach prämierten Backwaren zum Fertigbacken elektro AUTOMATION 9/2011 Katrin Kunz, Produkt-Managerin der Business Unit Sensors and Communication im Siemens Industry Sector, Nürnberg (www.siemens.com/ industrial-communication) PRAXIS INDUSTRIERECHNER/SPS PRAXIS PLUS Die Großbäckerei Sinnack suchte bei der Neuordnung des Lagerwesens für die Instandhaltung nach einem einfachen System, das eine komfortable Suche nach dem benötigten Ersatzteil ermöglicht, den Lagerplatz am jeweiligen Paternoster optisch anzeigt und zudem von eigenen Mitarbeitern zu handhaben und zu pflegen ist. Für die Anbindung und Ansteuerung der Paternoster wurde ebenfalls eine einfache und kostengünstige Lösung gefunden: die Steuerung Simatic S7300F sowie der Kommunikationsprozessor CP343-1 ERPC mit der Firmware-Erweiterung „deviceWise Embedded Edition for Simatic S7“ für die Kopplung mit dem Datenbanksystem – was im gegenüber einer OPC-Variante kürzere Bearbeitungszeiten und eine konsistentere Datenübertragung ergibt. Mit dieser Maßgabe machte sich Stephan Lüth, SPS-Programmierer im Sinnack-Werk Bocholt, auf die Suche nach Alternativen und wurde bei Siemens fündig. Die Anbindung der neuen Paternoster-Steuerung Simatic S7300F (mit fehlersicherer CPU S7315F2 DP) an das Datenbanksystem sollte über einen Kommunikationsprozessor CP3431 ERPC mit der Firmware-Erweiterung „deviceWise Embedded Edition for Simatic S7“erfolgen. Letzteres ist eine Firmware-Erweiterung des CP 343-1 ERPC, die von ILS Technology (Boca Raton/USA) bereitgestellt wird. Das Kürzel ERPC steht für Enterprise Connect und genau das ist die Aufgabe dieser Erweiterung: Sie verbindet die SPS- mit der ERP-/MESEbene, in diesem Fall die Paternostersteuerung mit dem MS-SQL-Datenbanksystem von Sinnack. Der CP 343-1 ERPC unterstützt alle führenden Datenbanksysteme wie Oracle, MySQL, MS SQL und DB2 bzw. direkte Verbindungen zu verschiedenen Messaging-Systemen. Die fehlersichere Simatic-Steuerung übernimmt zudem die Überwachung der Sicherheits-Lichtvorhänge und Not-Halt-Taster an den Paternostern über Profibus und das Profisafe-Profil, wodurch Hardware- und Verdrahtungsaufwand erheblich reduziert werden konnten. Der PC als HMI Schnittstelle zwischen Lager/Instandhalter und Datenbank ist ein PC-System. Daran gibt man (nach vorheriger Identifikation über die persönliche ID-Karte) entweder eine Artikelnummer, Typenbezeichnung oder andere Spezifikation des gesuchten Ersatzteils ein. Das System durchsucht die Datenbank danach, liefert zutreffende Ergebnisse und dazu die Paternoster-, Reihen- und Fachnummer zurück. Per Mausklick werden diese Informationen aus der Datenbank über den Kommunikationsprozessor zurück an die Steuerung übertragen, die daraufhin die entsprechende Paternosterreihe richtungsoptimiert auf die Entnahmeebene fährt. Um (Zähl-)Fehler zu vermeiden, aktiviert die Steuerung vor dem betreffenden Fach auch noch einen blinkenden Leuchtmelder. „Pick-by-light“ nennt man das bei Sinnack. Unabhängig von der Anbindung der SPS an die Datenbank wurde ein Pistolen-Laserscanner installiert, womit der Anwender über einen Barcode (auf einer Tafel bzw. an den Fächern) die jeweilige Aufgabe (Ein- oder Auslagern) bzw. das Lagerfach anmeldet und dann Ersatzteile entnehmen oder (wieder)einlagern kann. Damit erübrigt sich die Suche nach dem richtigen Lager/Lagerort eines Ersatzteils, die zentrale Suche wird deutlich vereinfacht und beschleunigt, was auch hilft, Stillstandszeiten und damit Produktionsausfälle zu minimieren. Auf diese Weise sind die Bestände spätestens bei Schichtende (bzw. Abschluss einer Reparatur), wenn die nicht benötigten Teile wieder eingelagert worden sind, auf dem aktuellen Stand. Einfaches und bekanntes Engineering Das Einrichten und Parametrieren des CP343-1 ERPC unterscheidet sich kaum von dem im Verbund mit Simatic-Steuerungen an diversen anderen Stellen im Werk eingesetzten CP343-1 Lean, erläutert Stephan Lüth, der die Erstanwendung ohne spezielle Schulung neben dem Tagesgeschäft in wenig mehr als einer Woche zum Laufen gebracht hat. Das Gros lässt sich in der vertrauten Step-7-Umgebung realisieren, so auch ein einfacher Zugriffsschutz über Benutzerkennwort und IP-Adressen. elektro AUTOMATION 9/2011 PRAXIS INDUSTRIERECHNER/SPS tiv), was die SPS über den CP im 2-SekundenTakt abfragt. Wird ein anstehender Auftrag erkannt, schreibt die SPS in die Datenbank, setzt den Status auf „2“ und blockiert damit weitere Anfragen. Im nächsten Lesezyklus wird die „2“ erkannt, der Status auf „3“ gesetzt und der Auftrag abgearbeitet, sprich der Paternoster an die entsprechende Stelle gefahren und der Leuchtmelder aktiviert. Ist dies erfolgt, setzt die SPS den Status auf „4“ und wartet auf das Quittieren, was den Status wieder auf „-1“ setzt. Wird ein Auftrag wider Erwarten unvollständig ausgeführt, weil z.B. der Instandsetzer schnell weg muss, wird das System zeitgesteuert automatisch zurück in den Wartezustand versetzt, sodass es für weitere Suchanfragen wieder zur Verfügung steht. Die Anbindung der Paternoster an die vorhandene Ersatzteil-Datenbank hilft dabei, aus 6000 Ersatzteilen schnell das Richtige zu finden, Bestände zu pflegen und händische Inventuren einzusparen Auch die Adressierung lässt sich wie gewohnt symbolisch oder absolut realisieren – und der Anwender kann für jedes einzelne Symbol wahlweise Schreib- und/oder Leserechte vergeben. Dazu dient die zum Lieferumfang der deviceWise-Software gehörende Workbench, ein komfortables Werkzeug zur Konfiguration und Verwaltung von Daten im Prinzip über jeden beliebigen PC im Netzwerk. Damit können – anders als bisher über den OPC-Server – ohne jeglichen Programmieraufwand ein oder mehrere deviceWise-Module angesprochen werden. Die Lösung mit deviceWise wird aktiv von der SPS gesteuert. Bei OPC müsste die SPS immer wieder, recht schnell die Datenbank abfragen, ob neue Daten vorliegen. Mit der Workbench lassen sich zudem sehr einfach Trigger-Bedingungen für Datentransfers definieren und Dinge wie Adressen oder Feldnamen nahezu durchgängig per Drag&Drop handhaben, was die Fehlermöglichkeiten deutlich reduziert. Darüber hinaus wird mit dem Tool auch konfiguriert, wie Rohdaten in nutzbare Informationen umgewandelt und von Automatisierungsgeräten zu Datenbanken oder Message Queues in der IT-Umgebung eines Unternehmens transportiert werden sollen. „Schön ist, dass man Daten genau in der Form definieren kann und erhält, in der man sie benötigt“, so Stephan Lüth, „man muss also nicht erst umständlich lange Stringvariablen in die entsprechenden Teile zerlegen, was viel Zeit, Mühe und auch Fehler erspart.“ Die Kommunikation zum Firmennetzwerk und zur Datenbank ist bei Sinnack über einen WLAN Access Point an der Hallendecke im Lager realisiert, über den auch ein lokaler Zugriff per Laptop und die Workbench auf das System möglich ist. Darüber hinaus kann der Programmierer das System (wie viele andere in der Produktion) auch von seinem Arbeitsplatz aus einsehen, diagnostizieren und pflegen. elektro AUTOMATION 9/2011 Kommunikation in beide Richtungen Mit diesen Werkzeugen ließ sich die Kernaufgabe der Paternosteransteuerung sehr schnell und einfach über das Auslesen und Schreiben von Systemzuständen aus einer Tabelle realisieren. Wird eine Suchanfrage gestartet, wechselt der Status des betroffenen Paternosters im Datenbanksystem von „-1“ (inaktiv) auf „1“ (ak- Eine Lösung mit Potenzial „Mit der Gesamtlösung haben wir unser Lagerwesen innovativ auf eine neue Grundlage gesetzt“, so Frank Bartholme. „Wobei die bidirektionale Kommunikation zwischen Paternostersteuerung und Datenbank erst der Anfang ist und die Möglichkeiten bei Weitem nicht ausschöpft.“ Konsequent eingehalten, ist mit den neu geschaffenen Abläufen eine automatisierte Bestandspflege möglich, was langwierige Inventurarbeiten am Jahresende erspart und damit die Lagerverwaltung auf Dauer entschieden kosteneffizienter macht als bisher. Dazu trägt auch bei, dass mehrfache Lagerhaltung gleicher Ersatzteile an verschiedenen Orten entfällt. Nach einer gewissen Erprobungszeit, ist eine Nutzung des neuen Kommunikationsprozessors mit Firmware-Erweiterung auch an anderen Stellen in der Bäckerei denkbar. So könnten darüber Produktionsdaten auftragsbezogen an die Liniensteuerungen gebracht, interne Bestellanforderungen z.B. an eine automatische Hefeanlage gesendet oder Verbrauchsdaten zurück ins Produktionsplanungssystem gemeldet werden. Dabei könnte der CP 343-1 ERPC auch als Datensammler fungieren und Informationen aus anderen Steuerungen mit CP 343-1 Lean bündeln und automatisiert versenden. Bindeglied zwischen der SPS- und der ERPEbene ist der Siemens-Kommunikationsprozessor CP343-1 ERPC mit Firmware-Erweiterung „deviceWise Embedded Edition for Simatic S7“ von ILS Technology