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Dr. Christoph Hilgers
Entsorgungsingenieurwesen, WS2003/2004
Deponie: Standortbestimmung
Im Eifelvorland soll eine Deponie errichtet werden. Sowohl die Lithologie als auch der
Flächennutzungsplan favorisieren den in Abbildung 1 angegebenen Standort. In der
Gegend gibt es aktive Tektonik (kleinere Erdbeben). Der gewählte Standort liegt über
einer Abschiebung, die von Geologen als inaktiv eingeschätzt wird.
In Nachbarschaft zur geplanten Deponie ist eine Erdölbohrung im Gange. Zur Stabilisierung der Bohrwand wird eine spezielle Bohrspülung verwendet, deren Eigenschaften
(mud pressure) in Abbildung 1 dargestellt sind.
Der schwierigste und gefährlichste Teil der Bohrung ist das Durchteufen der Störungen.
Es stellt sich die Frage, ob durch den Bohrprozess die Störung reaktiviert und ein Schaden
der Deponieversiegelung verursacht werden könnte. Welche potentiellen Auswirkungen
hat der Verlauf des Fluiddruckes auf eine mögliche Reaktivierung der Störung?
Der Verlauf des Druckes mit zunehmender Teufe ist in Abbildung 1 dargestellt. Sie erkennen, dass sich an der Grenze Sandstein-Tonschiefer ein hydrostatischer Überdruck befindet.
Die Festigkeiten (strength) der verschiedenen Gesteine zeigt die folgende Tabelle:
Well A
NE
φ (Reibungswinkel)
30°
20°
14°
C (Kohäsion)
5 MPa
4 MPa
0 MPa
Sandstein /sandstone
Tonschiefer /shale
Störung /fault
waste
disposal SW
10
20
30
MPa
40
Fault A
Shale
ne
dsto
0.5
Fault B
1.0
San
ne
dsto
San
Shale
Shale
sh = sH
1.5
ne
dsto
San
Pore pressure
2.0
Mud pressure
km
Fig. 1. Profil durch eine potentielle Erdöllagerstätte und Lage der Deponie. Der Verlauf des Porendruckes
und der Horizontalspannung sind im Diagramm dargestellt.
Zum Mohrschen Spannungskreis: Stößt oder überschneidet der Kreis das Stabilitätskriterium (failure envelope - rote Linie), ist ein Versagen des Gesteins (Bruch) möglich. Der
Winkel zwischen der Hauptspannung und der potentiellen Bruchfläche kann aus dem
Mohr’schen Diagramm abgelesen werden (Abb.2).
Flüssigkeiten wie Wasser oder Salzgesteine sind inkompressibel, d.h. sie können nicht
zusammengedrückt werden. Sie wirken dem von aussen auf das Gestein angebrachten
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Druck entgegen. Somit verringert sich die Spannung im Gestein. Man spricht dann
von effektiver Spannung σeff. Im Mohrschen Diagramm heisst das, dass der Mohr’sche
Kreis nach links in Richtung auf das Stabilitätskriterium rutscht, ein Bruch des Gesteins
wird damit wahrscheinlicher (Abb.3).
Mohr space
t
Real space
sn
friction angle
s1
cohesion
t
p
s3
2q
s1
s3
sn
s1 - s3 differential stress
Fig. 2a.Mohr’scher Spannungskreis (Mohr space) und entsprechende Parameter an einem Gestein (real
space). Der Mohr’sche Kreis ist die Summe aller Scher- und Normalspannungen (τ, σn) auf allen
möglichen im Raum orientierten Flächen (Winkel θ) für einen bestimmten Spannungszustand (σ1-σ3;
differential stress).
ock
intact r
t
ed rock
fractur
cohesion C
C -> 0
orientation of failure
plane at these specific
stress conditions
2q
sn
Fig. 2b. Durch eine Störung (fault) wird das Gestein gebrochen (fractured rock) und die Gesteinsfestigkeit
(cohesion) reduziert. Dadurch kann es zu Druckbedingungen kommen, die einen weiteren Versagensfall erlauben.
Erklärung:
σv = Vertikalspannung
σh = kleinste Horizontalspannung
σH = größte Horizontalspannung
σh'= effektive Horizontalspannung
σv' = effektive Vertikalspannung
Annahmen:
- σv , σh ,σH sind Hauptspannungen (principal stress)
- Die Spannungen sind im Aufgabenbereich homogen.
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Mohr space
Real space
1 dry
t
s1
2
2 wet
s1
q
sn
1
2q
sn
stable
failure!
pf
Fig. 3. Fluid verursacht eine Verschiebung des Mohr’schen Kreises nach links in Richtung auf das Stabilitätskriterium. Das heisst, dass ein Gestein unter selben Spannungsbedingungen in trockener Umgebung stabil bleibt, während es bei Gegenwart von Flüssigkeit im Porenraum brechen kann. Darum
arbeitet man mit dem effektiven differential stress (σ1eff-σ3eff; mit σ1eff =σ1eff - pf).
Aufgaben:
1. Diskutiere die möglichen Auswirkungen der Bohrung auf die Deponie. Warum nimmt
der Fluiddruck nicht linear hydrostatisch zu? Welche Auswirkungen könnte das im Versagensfall haben?
2. Zeichne in das Mohr-Diagramm die Mohr'schen Bruchkriterien (failure envelopes) für
Sandstein, Tonschiefer und die Störungen ein.
3. Warum werden die Störungen der schwierigste Teil des Bohrversuches ?
Die durchschnittliche Dichte der Sedimente beträgt 2100 kg/m3.
4. Zeichne σv in das Druckdiagramm ein.
5. Bestimme σh' und σv' am Schnittpunkt der Bohrung mit den Störungen. Zeichne den
Mohr’schen Kreis für den effektiven Stress, der für die Situation in 2) gilt.
6. Um das Bohrloch zu stabilisieren und Bohrklein (cuttings) zu entfernen, wird eine
umweltfreundliche, auf Wasser basierende Tonspülung (mud) in das Bohrloch gepumpt.
Diese dient dazu, die Wände des Bohrloches mit einem Druck zu unterstützen, der größer
als der Porendruck der Formation ist (over-balance). Unglücklicherweise dringt die
Tonspülung auch in das Gestein ein und erhöht daher auch den Porendruck in dem das
Bohrloch umgebenden Gestein. Die Abbildung zeigt den Druck der Tonspülung bei
entsprechender Tonspülungs-Dichte. Nimm an, daß der Porendruck in der Störung denselben Wert wie der mud-Druck hat. Zeichne das Mohr Diagramm für die Situation nach der
Bohrung.
7. Diskutiere die Stabilität der Störungen im Hinblick auf zu erwartende Probleme und
deren mögliche Lösungen.
Die Festigkeiten (strength) der verschiedenen Gesteine zeigt die folgende Tabelle:
Sandstein /sandstone
Tonschiefer /shale
Störung /fault
C (Kohäsion)
5 MPa
4 MPa
0 MPa
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φ (Reibungswinkel)
30°
20°
14°
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Stress tensor
Neben dem Mohr’schen Spannungskreis kann man die an der Störung anliegenden Spannungen natürlich auch direkt berechnen.
Beziehung des Stressvektors zu einer beliebig im Raum stehenden Fläche:
pi = σ ij l j
oder ausgeschrieben:
p¡ = σ 11l1 + σ 12l2
p2 = σ 21l1 + σ 22l2
mit l1, l2 den Kompenten des Einheitsvektors, senkrecht auf der Flaeche stehend.
F
p
l
4N on 2 m2
2 Nm-2
acting at a point
σ ij l j = pi
⎡σ 11 σ 12 ⎤ ⎡cosθ ⎤ ⎡σ 11 cosθ + σ 12 sin θ ⎤ ⎡ p1 ⎤
⎢σ σ ⎥ ⎢sin θ ⎥ = ⎢σ cosθ + σ sin θ ⎥ = ⎢ p ⎥
⎦ ⎣ 21
22
⎦ ⎣ 2⎦
⎣ 21 22 ⎦ ⎣
σ n = p1 cosθ + p2 cos(90 − θ )
σ s = p1 sin θ − p2 sin(90 − θ )
mit
σ 11 = σ h
σ 22 = σ v
σ1 + σ 2 σ1 − σ 2
+
cos 2θ
2
2
σ − σ2
σs = 1
sin 2θ
2
σn =
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