Musterlösung - Physik-Department E18

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Physik für Chemieingenieure und Restauratoren
WS2007/08
Physik Department E18
Technische Universität München
PD Dr. F. Joachim Hartmann
A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner
Blatt 4
14.11.2007
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Aufgabe 1: Merkur
Im Folgenden soll der Planet Merkur (Masse mM = 3.29·1023 kg) betrachtet werden, der die Sonne
(Masse mS = 1.99 · 1030 kg) auf einer elliptischen Bahn umläuft. Dabei ändert sich der Mittelpunktsabstand d zwischen Sonne und Merkur. Die Eigenrotation des Merkur wird vernachlässigt.
Die Ellipse besitzt die große Halbachse a = 5.79 · 1010 m und die kleine Halbachse b = 5.67 · 1010 m.
Die Sonne befindet sich auf der großen Achse in der Entfernung e = 1.19 · 1010 m vom Ellipsenmittelpunkt N. Im Punkt B hat Merkur die Geschwindigkeit vB = 47.9 km/s. Das Bezugsniveau
für die potentielle Energie wird im Unendlichen gewählt.
1. Berechnen Sie die Umlaufperiode TM des Merkur um die Sonne.
Lösung:
Wir verwenden das dritte Keplersche Gesetz:
2
TM
4π 2
=
a3
GmS
s
⇒
TM =
4π 2 a3
GmS
v
u
u
=t
3
4π 2 · (5.79 · 1010 m)
= 7.60 · 106 s = 87.9 d
2
30 kg
6.67 · 10−11 Nm
·
1.99
·
10
kg2
2. Zeigen Sie, dass für die potentielle Energie Epot (d) des Merkur im Gravitationsfeld der Sonne
gilt:
Epot (d) = −4.37 · 1043 Jm ·
1
d
Lösung:
In der Vorlesung wurde gezeigt, dass für die Arbeit W im Gravitationsfeld gilt:
¶
µ
1
1
−
W = GM m
R2
R1
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Dies ist die Arbeit, die man aufwenden muss um einen Körper der Masse m vom Abstand
R1 zum Abstand R2 im Gravitationsfeld der Masse M zu bringen. Per Definition ist die
potentielle Energie, die er dann besitzt Epot = −W . Wir berechnen also die Arbeit, die man
aufwenden muss um den Merkur aus dem Unendlichen zum Abstand d zu bringen:
µ
¶
1
1
1
Epot (d) = −W∞→d = −GmS mM
−
= −GmS mM ·
d ∞
d
Einsetzen der Zahlenwerte liefert:
Epot (d) = −6.67 · 10−11
Nm2
1
1
· 1.99 · 1030 kg ·3.29 · 1023 kg · = −4.37 · 1043 Jm ·
2
kg
d
d
3. Der Merkur besitzt bei seiner Bewegung um die Sonne im Punkt A den größten, im Punkt
C den kleinsten Mittelpunktsabstand. Erklären Sie, wie sich die Bewegung des Merkur auf
der Ellipsenbahn mit dem Energieerhaltungssatz in Einklang bringen lässt. Gehen Sie bei
Ihren Ausführungen auch auf die Energieen in den Punkten A und C der Ellipse ein.
Lösung:
Im Gegensatz zur Kreisbahn ist bei der Ellipsenbahn die potentielle Energie nicht konstant.
Der Merkur besitzt im sonnenfernsten Punkt A die potentielle Energie Epot,A = −6.26 ·
1032 J, im sonnennächsten Punkt C Epot,C = −9.50 · 1032 J. Also ist die potentielle Energie
im sonnennächsten Punkt C kleiner als im sonnenfernsten Punkt A (negatives Vorzeichen
beachten !) Epot,C < Epot,A . Damit der Energieerhaltungssatz gilt und die Gesamtenergie
konstant bleibt, muss sich also auch die kinetische Energie ändern. Sie ist im sonnennächsten
Punkt am größten, im sonnenfernsten Punkt am kleinsten Ekin,C > Ekin,A . Dies bedeutet
natürlich auch, dass auf der Ellipsenbahn die Bahngeschwindigkeit nicht konstant ist.
Genau diesen Umstand beschreibt das zweite Keplersche Gesetz. Nicht die Bahngeschwindigkeit ist konstant, sondern die ”Flächengeschwindigkeit”: Der Fahrstrahl von der Sonne zum
Planeten überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Dies ist eine direkte Konsequenz
der Drehimpulserhaltung.
4. Zeigen Sie, dass für die Gesamtenergie des Planeten Merkur im Punkt B gilt: Eges,B =
−3.77 · 1032 J.
Lösung:
Die Gesamtenergie ist natürlich die Summe aus potentieller und kinetischer Energie. Im
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Punkt B ist der Abstand des Merkur von der Sonne dB =
Eges,B
=
=
=
√
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b2 + e2 . Also ist:
1
1
2
+ m M vB
2
2
+e
³
1
m ´2
−4.37 · 1043 Jm
p
+ · 3.29 · 1023 kg · 47.9 · 103
2
s
(5.67 · 1010 m)2 + (1.19 · 1010 m)2
Epot,B + Ekin,B = −GmS mM · √
b2
−3.77 · 1032 J
5. Berechnen Sie die kinetische Energie des Planeten Merkur im Punkt A, sowie den Betrag
seiner Geschwindigkeit in diesem Punkt.
Lösung:
Wegen der Energieerhaltung ist die gesamte Energie des Merkur konstant Eges = −3.77 ·
1032 J. Also ist die kinetische Energie im Punkt A (Abstand Merkur-Sonne in A ist a + e):
Ekin,A = Eges − Epot,A = −3.77 · 1032 J −
−4.37 · 1043 J
= 2.49 · 1032 J
(5.79 + 1.19) · 1010 m
Die Geschwindigkeit im Punkt A ist:
s
r
2Ekin,A
2 · 2.49 · 1032 J
km
=
= 38.9
vA =
mM
3.29 · 1023 kg
s
Aufgabe 2: Schwere Masse – Träge Masse
Engel Aloisius fährt auf einem Kettenkarussell (Radius der Kettenaufhängung a = 2 m, Kettenlänge l = 10 m). Er fällt dadurch auf, dass der Auslenkwinkel θ seines Sitzes bezüglich der
Vertikalen 60◦ beträgt, während der seiner normalsterblichen Mitfahrer 45◦ beträgt.
1. Mit welcher Winkelgeschwindigkeit dreht sich das Kettenkarussell ?
Lösung:
Hier sollte man sich die Verhältnisse mit einer Skizze klarmachen:
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Bahnradius: r = a + l sin θ; Schwerkraft: Fs = ms g; Zentrifugalkraft: Fz = mt ω 2 r. Dabei ist
ms die schwere und mt die träge Masse. Eine Kette kann nur Kraft parallel zur Richtung
der Kette ausüben, deshalb stellen sich die Ketten des Karussells so ein, dass die resultierende Gesamtkraft aus Fz und Fs in diese Richtung zeigt, also gilt tan θ = Fz /Fs . Für
Normalsterbliche gilt weiterhin ms = mt = m, also:
mω 2 r
ω 2 (a + l sin θ)
=
mg
g
r
r
9.81 sm2 · tan 45◦
g tan α
1
ω=
=
= 1.04
◦
a + l sin θ
2 m +10 m · sin 45
s
tan θ =
2. Wie groß ist das Verhältnis von träger zu schwerer Masse für Engel Aloisius ? (Die Masse
der Sitze und der Kette sind vernachlässigbar.)
Lösung:
Für Engel gilt im Allgemeinen die Gleichheit der Massen nicht: ms 6= mt , also
tan θ =
mt · ω 2 · r
ms · g
Man löst nun nach dem Verhältnis der Massen auf und setzt die Winkelgeschwindigkeit von
oben, aber den Auslenkwinkel des Sitzes von Aloisius θA = 60◦ ein:
9.81 sm2 · tan 60◦
g · tan θA
mt
= 1.47
= 2
=
ms
ω · (a + l · sin θA )
1.042 s12 · (2 m +10 m · sin 60◦ )
Also sind Engel träger als schwer und können deshalb fliegen. . .
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Aufgabe 3: Kräfte bei Beschleunigung
An einen Wagen mit der Masse m1 = 30 kg greife eine beschleunigende Kraft F an, wie in der
Abbildung gezeigt.
Die Masse des Körpers an der Stirnseite des Wagens sei m2 = 3 kg, der Haftreibungskoeffizient
zwischen Wagen und Körper sei µ = 0.65. Berechnen Sie die minimale Kraft F , mit der der Wagen
beschleunigt werden muss, damit der Körper nicht herunterfällt ! (Rollreibung sei vernachlässigbar.)
Lösung:
Die angreifende Kraft F bewirkt eine Beschleunigung a beider Massen. Also gilt nach dem 2.
Newtonschen Axiom:
F = (m1 + m2 ) · a
⇒
a=
F
m1 + m2
Die Beschleunigung der Masse m2 bewirkt eine Trägheitskraft, die entgegengesetzt zur beschleunigenden Kraft F gerichtet ist, also senkrecht gegen die Stirnseite des Wagens drückt. Die Trägheitskraft der Masse m2 wirkt also in diesem Fall als Normalkraft:
FN = m2 a =
m2
·F
m1 + m2
Die Haftreibungskraft FH ist definiert als das Produkt aus Haftreibungskoeffizient und Normalkraft:
FH = µFN = µ ·
m2
·F
m1 + m2
An der Masse m2 greift natürlich auch deren Gewichtskraft an, die versucht den Körper herunterfallen zu lassen. Die Haftreibungskraft ist entgegengesetzt zu dieser Gewichtskraft Fg = m2 g
gerichtet. Wenn also die Haftreibungskraft größer oder gleich der Gewichtskraft ist, fällt die Masse
m2 nicht herunter:
FH ≥ Fg
⇒
µ·
m2
· F ≥ m2 g
m1 + m2
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⇒
F ≥
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(30 + 3) kg ·9.81
(m1 + m2 )g
=
µ
0.65
N
kg
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= 498 N
Aufgabe 4: Schiefe Ebenen
Gegeben sei eine doppelte schiefe Ebene gemäß folgender Skizze:
Es seien ` = 3 m, m1 = 10 kg, m2 = 9 kg, α = 30◦ , β = 60◦ . Die Umlenkrolle sei reibungsfrei.
Berechnen Sie die benötigte Zeit t für das Abgleiten des Körpers 2 längs der Strecke ` und die
Geschwindigkeit v am Ende der Strecke `, wenn die Körper mit einem Reibungskoeffizienten
µ = 0.2 gleiten und falls Körper 2 am Beginn der Strecke ` in Ruhe ist !
Lösung:
Wenn Körper 2 längs der Strecke ` nach unten gleitet, wird natürlich Körper 1 gleichzeitig mit
nach oben gleiten. Bei beiden Körpern greifen Hangabtriebs- und Reibungskräfte an.
Einzige Kraft in Bewegungsrichtung ist die Hangabtriebskraft von Körper 2, die Reibungskräfte
beider Körper sowie die Hangabtriebskraft von Körper 1 zeigen entgegen der Bewegungsrichtung.
Im einzelnen berechnen sich die Kräfte wie folgt:
Körper 1: Hangabtrieb FH,1 = m1 g sin α
Reibung
FR,1 = µFN,1 = µm1 g cos α
Körper 2: Hangabtrieb FH,2 = m2 g sin β
Reibung
FR,2 = µFN,2 = µm2 g cos β
Nach dem 2. Newton’schen Axiom ergibt sich also folgende beschleunigende Kraft F bzw. folgende
Beschleunigung a:
F = (m1 + m2 ) · a = FH,2 − FR,2 − FR,1 − FH,1
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⇒
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(m1 + m2 ) · a = m2 g sin β − µm2 g cos β − µm1 g cos α − m1 g sin α
·
¸
m1
m2
⇒ a=g·
· (sin β − µ cos β) −
· (sin α + µ cos α)
m1 + m2
m1 + m2
¸
·
10 kg
m
9 kg
◦
◦
◦
◦
· (sin 60 − 0.2 · cos 60 ) −
· (sin 30 + 0.2 · cos 30 )
⇒ a = 9.81 2 ·
s
19 kg
19 kg
m
⇒ a = 83.7 · 10−3 2
s
Nachdem wir uns die Beschleunigung berechnet haben, ergeben sich die gesuchte Zeit t für das
Abgleiten bzw. die Geschwindigkeit v am Ende der Strecke ` aus den bekannten Formeln:
s
r
1 2
2`
2 · 3m
` = at
⇒ t=
=
= 8.5 s
2
a
83.7 · 10−3 sm2
2
v = 2a`
⇒
v=
√
r
2a` =
2 · 83.7 · 10−3
m
m
· 3 m = 0.71
2
s
s
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