U. Rausch, 2010 Rechentechnik 1 Rechentechnik Jenseits aller Theorie ist es wichtig, daß man sich zu helfen weiß. Diese Lektion enthält ein paar einfache, aber sehr nützliche Formeln und zeigt, was man damit anfangen kann. 1 Binomische Formeln Die drei binomischen Formeln 1. (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 2. (a − b)2 = a2 − 2ab + b2 3. (a − b) · (a + b) = a2 − b2 können auf zweierlei Weise nützlich sein: Liest man sie von links nach rechts, so helfen sie beim Ausmultiplizieren von Summen. Liest man sie dagegen von rechts nach links, so kann man mit ihrer Hilfe Ausdrücke in Faktoren zerlegen und unter Umständen bedeutend vereinfachen. Die Kunst besteht darin, diese Strukturen zu erkennen (oder herzustellen). Durch genügend Übung bekommt man einen Blick dafür. An dieser Stelle noch eine grundsätzliche Bemerkung: Multiplizieren ist leicht; einen gegebenen Ausdruck in Faktoren zu zerlegen kann dagegen sehr schwer sein. Dies gilt für Zahlen und erst recht für Formelausdrücke. Das heißt: Eine Faktorzerlegung ist etwas Wertvolles, das man nur aufgibt, wenn man anders nicht weiterkommt. Blindwütiges Ausmultiplizieren von allem und jedem macht die Rechnung in der Regel nur unübersichtlich. Beispiele. 2 · ((2x)2 − 32 ) 8x2 − 18 2(2x − 3)(2x + 3) 2x + 3 = . 1) = = 2· 2 2 2 2 4x − 12x + 9 (2x) − 2 · 2x · 3 + 3 (2x − 3) 2x − 3 Wenn man will, kann man hier noch einen ganzzahligen Teil abspalten, indem man im Zähler 6 subtrahiert und gleich wieder addiert: ³ 2x − 3 ³ 2x + 3 2x − 3 + 6 6 ´ 6 ´ 12 2· = 2· = 2· + . = 2· 1+ = 2+ 2x − 3 2x − 3 2x − 3 2x − 3 2x − 3 2x − 3 2) Wurzeln im Nenner eines Bruches sind im allgemeinen ein Schönheitsfehler. Betrachten wir etwa 1 √ . 2+ 5 √ Um hier die Wurzel aus dem Nenner zu entfernen, erweitern wir den Bruch mit 2 − 5 und wenden dann im Nenner die dritte binomische Formel an: √ √ √ 1 1 2− 5 2− 5 √ = √ · √ = 2 = 5 − 2. 2 −5 2+ 5 2+ 5 2− 5 3) Manchmal gelingt es, in einem geschachtelten Wurzelausdruck ein vollständiges Quadrat zu identifizieren und dann eine der Wurzeln zu ziehen: q q q √ √ √ √ √ 6−2 5 = 1−2 5+5 = (1 − 5 )2 = |1 − 5 | = 5 − 1 √ √ (Beachte a2 = |a| ; a2 = a gilt nur für a ≥ 0.) 4) Schnelles Quadrieren von Zahlen, die auf 5 enden, z.B. 852 = 852 − 52 + 25 = (85 − 5) · (85 + 5) + 25 = 80 · 90 + 25 = 7225. U. Rausch, 2010 2 2.1 Rechentechnik 2 Verwandte Formeln Höhere Potenzen Für höhere Potenzen von a + b gibt es entsprechende Formeln ( Binomischer Satz“). Die hier ” angegebenen wenigen Beispiele kann man einfach (am besten der Reihe nach) nachrechnen: (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 , (a + b)3 = a3 + 3a2 b + 3ab2 + b3 , (a + b)4 = a4 + 4a3 b + 6a2 b2 + 4ab3 + b4 , (a + b)5 = a5 + 5a4 b + 10a3 b2 + 10a2 b3 + 5ab4 + b5 . Die entsprechenden Formeln für Potenzen von a − b erhält man hieraus, indem man b durch −b ersetzt. √ √ √ √ √ Beispiel 5) (3 − 2 )4 = 34 − 4 · 33 · 2 + 6 · 32 · ( 2 )2 − 4 · 3 · ( 2 )3 + ( 2 )4 √ √ √ = 81 − 108 2 + 108 − 24 2 + 4 = 193 − 132 2 . 2.2 Mehr Summanden (a + b + c)2 = a2 + b2 + c2 + 2ab + 2ac + 2bc, (a + b + c + d)2 = a2 + b2 + c2 + d2 + 2ab + 2ac + 2ad + 2bc + 2bd + 2cd usw. 2.3 Ausdrücke der Form an − bn Hier handelt es sich um Verallgemeinerungen der dritten binomischen Formel. Sie sind leicht nachzurechnen. a2 − b2 = (a − b)(a + b), a3 − b3 = (a − b)(a2 + ab + b2 ), a4 − b4 = (a − b)(a3 + a2 b + ab2 + b3 ), a5 − b5 = (a − b)(a4 + a3 b + a2 b2 + ab3 + b4 ) usw. Ersetzt man hier überall b durch −b, so erhält man einen weiteren Satz von Formeln, von denen insbesondere die für ungerade Exponenten interessant sind: a3 + b3 = (a + b)(a2 − ab + b2 ), a5 + b5 = (a + b)(a4 − a3 b + a2 b2 − ab3 + b4 ) usw. Beispiele. 6) Wegen 6 = 2 · 3 läßt sich a6 − b6 auf unterschiedliche Weisen in Faktoren zerlegen: a6 − b6 = (a − b)(a5 + a4 b + a3 b2 + a2 b3 + ab4 + b5 ), a6 − b6 = (a3 )2 − (b3 )2 = (a3 − b3 )(a3 + b3 ) = (a − b)(a2 + ab + b2 ) · (a + b)(a2 − ab + b2 ), a6 − b6 = (a2 )3 − (b2 )3 = (a2 − b2 )(a4 + a2 b2 + b4 ) U. Rausch, 2010 Rechentechnik 3 7) In dem Bruch 1 √ √ 3 3− 32 sollen die Wurzeln aus dem Nenner entfernt werden. Womit√muß der Bruch erweitert √ 3 werden? Zur besseren Übersicht schreiben wir a := 3 , b := 3 2; dann sieht man gleich: 1 √ √ 3 3− 32 = = 3 1 1 a2 + ab + b2 a2 + ab + b2 = · 2 = a−b a − b a + ab + b2 a3 − b3 √ √ √ √ √ √ √ ( 3 3 )2 + 3 3 · 3 2 + ( 3 2 )2 3 3 3 = 9 + 6 + 4. 3−2 Quadratische Ergänzung dient dazu, einen gemischt quadratischen“ Ausdruck x2 + px + q zu einem rein quadratischen“ ” ” Ausdruck y 2 + c zu vereinfachen. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Gegeben sei der Ausdruck x2 + 10x + 3 . Vergleichen wir diesen mit (x + a)2 = x2 + 2ax + a2 , so sehen wir, daß man 2a = 10 , also a = 5, wählen muß, damit dieser Ausdruck mit dem gegebenen wenigstens in den beiden ersten Summanden übereinstimmt. Man kann also in dem gegebenen Ausdruck den Teil x2 + 10x ersetzen durch (x + 5)2 , wenn man den Fehler von a2 = 25, den man dabei macht, dadurch korrigiert, daß man noch 25 abzieht; mit anderen Worten: x2 + 10x + 3 = (x + 5)2 − 25 + 3 = (x + 5)2 − 22. Durch die Substitution y := x + 5 haben wir also die erste Potenz der Variablen weggezaubert. Genauso funktioniert dies im allgemeinen Fall und ergibt x2 + px + q = ³ x+ p ´2 p2 − + q. 2 4 Beispiel 8) Lösen einer quadratischen Gleichung: x2 − 8x + 7 = 0 ⇔ (x − 4)2 = 16 − 7 = 9 = 32 , ⇔ x − 4 = ±3, ⇔ x ∈ {1, 7} . Eine geringfügig modifizierte Rechnung ergibt die Faktorzerlegung x2 − 8x + 7 = (x − 4)2 − 9 = [(x − 4) − 3] · [(x − 4) + 3] = (x − 7)(x − 1) . 4 Aufgaben 1. Stellen Sie die gegebenen Summen oder Differenzen als Produkte bzw. Potenzen dar. (a) x2 + 6x + 9; (b) 4x2 − 20x + 25; (c) x4 − 2x2 + 1 ; (d) (x2 + 1)4 − (x2 − 1)4 ; (e) ax2 + (a2 + 1)x + a ; (f) (g) x2 + 20x + 51 ; (h) x2 + x − 110; (i) 10x2 + x − 21 ; (j) ab(x2 + 1) − x(a2 + b2 ); 1 + a − a2 − a3 . U. Rausch, 2010 Rechentechnik µ 2. Vereinfachen Sie den Ausdruck 25x2 − 4y 2 a2 − 25b2 ¶n µ · 4 a2 − 10ab + 25b2 5ax − 2ay − 25bx + 10by ¶n . 3. Multiplizieren Sie aus: (a) (a + b)6 ; (b) (a + b)7 . 4. Multiplizieren Sie die folgenden Ausdrücke aus: (a) (3x − 2y)5 ; (b) (2x − 3y)5 ; (c) (3a − b)6 . 5. Vereinfachen Sie die folgenden Ausdrücke. Entfernen Sie insbesondere die Wurzeln aus den Nennern. √ √ 1 3+ 2 3− 2 √ ; √ + √ ; (a) (b) 3−2 2 2− 3 2+ 3 √ √ a a−b b 1 1 √ ; √ √ (c) (d) + ; √ 1 + 1 − u2 1 − 1 − u2 a− b p p √ √ 1 5+2 6− 5−2 6 √ √ ; p (e) (f) p √ √ ; 1+ 2− 3 5+2 6+ 5−2 6 √ √ 2 2 3 3 a b a+b √ √ √ √ (g) √ − ; (h) ; √ √ 3 3 3 3 3 3 a+ b a+ b a2 − 3 ab + b2 √ √ a2 a2 (3 + 2 2 )4 (99 − 70 2 ) √ √ √ (i) − ; (j) . 17 + 12 2 x − x2 − a2 x + x2 − a2 6. Die folgenden Ausdrücke stellen ganze Zahlen dar. Welche? 1 1 2 2 (a) √ − √ ; (b) √ − √ ; 3 3 3 ( 2 − 1) ( 2 + 1) ( 3 − 1) ( 3 + 1)3 2 2 1 1 (c) √ − √ ; (d) √ − √ . 3 3 3 ( 5 − 1) ( 5 + 1) ( 5 − 2) ( 5 + 2)3 7. Verringern Sie die Schachtelungstiefe der folgenden Wurzelausdrücke: q q √ √ (a) 6 + 2 5; (b) 21 + 4 17 ; q q √ √ 16 + 6 7 ; (d) 64 + 6 7 . (c)