Feline Leukämievirusinfektion

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Feline Leukämievirus-Infektion, „Leukose“
Definition
Der Feline Leukämievirus (FeLV) verursacht unter Feliden die weit verbreitete feline
Leukämievirusinfektion (FeLV-Infektion, feline „Leukose“, feline leukemia virus
infection), nach wie vor eine häufige Todesursachen bei Katzen. Da FeLV in seltenen
Fällen zu Tumoren der weißen Blutzellen führen kann, wird die Infektion mit dem
felinen Leukämievirus oft fälschlicherweise als „feline Leukose“ bezeichnet. „Leukose“ ist jedoch ein Sammelbegriff für Tumoren der weißen Blutzellen. Daher ist dieser
Name irreführend und sollte für die FeLV-Infektion nicht verwendet werden.
Ätiologie und Pathogenese
Was ist FeLV?
Das FeLV wurde 1964 von Jarrett und Mitarbeitern in Glosgow, Schottland, entdeckt.
Es gehört zur Familie der Retroviridae, Unterfamilie Onkovirinae des Genus
Mammalian Typ-C-Virus.
Das Virus hat einen Durchmesser von etwa 100 nm. Außen wird es von einer Hüllmembran aus Glykoproteinen umgeben, die den hexagonalen, etwa 45 nm großen
Innenkörper (Core) umschließt
Es gibt verschiedene FeLV-Subtypen mit Unterschieden in Pathogenität und Zelltropismus. Die wichtigsten sind FeLV-A, FeLV-B, FeLV-C. Subtypen entstehen durch
Mutation und Rekombination der genetischen Information des FeLV-Subtyps-A
(FeLV-A) mit zellulärer Wirts-DNA. Diese neu entstehenden Varianten sind replikationsdefekt und brauchen für ihre Vermehrung replikationskompetentes FeLV-A als
„Helfervirus“. FeLV-A ist daher an jeder FeLV-Infektion beteiligt und unter natürlichen
Bedingungen als einziger Subtyp infektiös.. Je nach Beteiligung der verschiedenen
FeLV-Subtypen, können unterschiedliche Krankheitsbilder hervorgerufen werden. So
verursacht eine Beteiligung von FeLV-B mehr Tumoren, die von FeLV-C mehr
aregenerative Anämien.
.
Wie weit ist die FeLV-Infektion verbreitet?
Die FeLV-Infektion ist auf der ganzen Welt mit wenig variierenden Infektionsraten zu
finden. Etwa 2 bis 10 % der Katzenpopulation in Europa sind FeLV-positiv. Höher als
bei gesunden Katzen ist die Prävalenz der FeLV-Infektion unter kranken Tieren. Hier
variieren die Angaben aus Untersuchungen in Europa von 6 bis 25 %. Die Prävalenz
nahmen in den letzten 20 Jahren weltweit ab, in Deutschland von 5 % auf 2,5 %. Der
Grund für diese Abnahme ist die vermehrte Testung und Separation von FeLVinfizierten Katzen sowie die Impfung von FeLV-negativen Katzen. Epidemiologische
Studien zeigen, dass Testungs- und Eradikationsprogramme einen größeren Einfluss
auf die Prävalenz haben als die Impfung.
Die Prävalenz der FeLV-Infektion hängt von Haltungsform und Alter der Tiere ab.
Junge Katzen sind empfänglicher als alte und entwickeln häufiger eine persistierende
Virämie. Alte Katzen können selbst experimentell kaum noch infiziert werden, Es gibt
eine Altersresistenzen vermutlich auf zellulärer Ebene. Eine Theorie ist, dass die
Oberflächenrezeptoren die für eine Infektion der Zelle notwenig sind, mit dem Alter
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abnehmen.
Im Gegensatz zu FIV ist die FeLV-Infektion eine Infektion der freundlichen, kontaktfreudigen, sozialen Katze. Vor allem Katzen in nicht kontrollierten Mehrkatzenaushalten und Katzen mit freiem Auslauf gehören den Risikogruppen an.
Wie infiziert sich eine Katze?
Die Ausscheidung des FeLV erfolgt vor allem mit dem Speichel (bis zu 1 Million Viruspartikel pro Milliliter Speichel) einer infizierten Katze, in wesentlichen geringen
Mengen auch mit Kot und Harn. In der Außenwelt ist FeLV nur kurz (Sekunden)
überlebensfähig. Die Übertragung erfolgt daher nur durch engen Kontakt zu infizierten Tieren. Das Virus wird meist oronasal aufgenommen. Bei gegenseitigem Beschnuppern, bei Benutzung gemeinsamer Futterplätze, bei der gegenseitigen Fellpflege und durch Biss- und Kratzwunden kann eine Übertragung erfolgen. Eine Infektion von Welpen durch das Muttertier kann diaplazentar, über die Muttermilch oder
bei der Pflege stattfinden. Eine Inutero-Infektion ist häufig. Eine indirekte Übertragung kann, wegen der kurzen Überlebenszeit des Erregers in der Außenwelt, ausgeschlossen werden.
Welche Verlaufsformen der FeLV-Infektion gibt es?
Bei einer FeLV-Infektion müssen verschiedene Verlaufsformen unterschieden werden. Sie werden von Immunstatus und Alter der infizierten Katze, der Virulenz des
Virus und der Infektionsdosis bestimmt.
Nach einer Infektion, die meist oronasal erfolgt, kommt es zunächst zu einer Vermehrung in lymphatischen Geweben in der Nähe der Eintrittspforte. Vielen (30 bis 50 %)
Katzen (sogenannte „Regressorkatzen“) gelingt, durch eine effektive Antwort des
zellulären und humoralen Immunsystems, eine Elimination des FeLV schon vor Entstehung einer Virämie. „Regressorkatzen“ (ELISA und IFT negativ, Antikörper hoch)
sind Katzen, die das FeLV-Virus vollständig eliminieren. Da der Erreger in diesem
Fall vor der Virämie eliminiert wird, kann die Infektion bei diesen Katzen nicht mit
Routine-Antigen-Tests nachgewiesen werden. Regressorkatzen besitzen meist große Mengen Antikörper, die die Virusadsorption an die Zelle verhindern oder mittels
Komplement eine Zytolyse virusinfizierter Zellen bewirken. Diese Tiere sind vor einer
Neuinfektion geschützt. Etwa 2 % aller FeLV-infizierter Katzen bekämpfen die Infektion erfolgreich ohne nachweisbare Antikörper, allein durch zelluläre Immunmechanismen.
Ist das Immunsystem nicht in der Lage, die Infektion zu eliminieren, entwickeln die
infizierten Katzen eine Virämie (unter hohem Infektionsdruck etwa 30 %), in der die
Viren mit Lymphozyten und Monozyten in der Blutbahn gelangen (frühe Virämie,
ELISA positiv, IFT negativ, Antikörper negativ oder niedrig). Während dieser Zeit
scheiden die Katzen das Virus auch aus (v. a. mit dem Speichel). Gewinnt das Virus
den ersten „Entscheidungskampf“ gegenüber dem Immunsystem, wird nach etwa
drei Wochen das Knochenmark erreicht. Dann werden auch FeLV-infizierte
Granulozyten und Thrombozyten im Blut gefunden (ELISA und IFT positiv, Antikörper
negativ oder niedrig). Sind die Katzen in der Lage, eine effektive Immunantwort aufzubauen und die Virämie zu beenden, wird diese Virämie (im nachhinein) als transiente Virämie bezeichnet. Eine transiente Virämie ist eine Virämie, die unabhängig
davon, ob das Knochenmark bereits erreicht ist, beendet werden kann (mit oder ohne vollständige Erregerelimination). Katzen beenden die transiente Virämie meist in
den ersten drei Wochen, spätestens aber nach maximal sechzehn Wochen. Wird die
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Virämie vor Erreichen des Knochenmarks, also in den ersten drei Wochen, beendet,
kann die Katze das Virus vollständig eliminieren und wird so auch zur
Regressorkatze. Ist das Knochenmark bereits infiziert, kann das Virusgenom nicht
mehr vollständig eliminiert werden und es kommt zur latenten Infektion. Virusneutralisierender Antikörper halten das Virus von einer Replikation ab. Da kein freies Virus vorhanden ist, sind die Katzen im Antigennachweis negativ (ELISA und IFT negativ, Anttikörper hoch) und damit in der Routinediagnostik nicht zu erfassen.. In den
ersten Jahren post infectionem (je später desto unwahrscheinlicher) können diese
Katzen durch Immunsuppression oder Stress wieder zu „Virämikern“ werden und
dann im Antigennachweis positiv reagieren und Virus ausscheiden. Bei den meisten
der latent infizierten Katzen geht jedoch die virale Information in einem Zeitraum von
bis zu zwei Jahren verloren, Nach diesem Zeitpunkt ist die Gefahr der Reaktivierung
nicht mehr gegeben.
Ist die Immunantwort ungenügend und reicht nicht aus, um die Virämie zu beenden,
so sind die Katzen perisistierend virämisch (persistierende Virämie) (ELISA und IFT
positiv, Antikörper negaativ oder niedrig) und bleiben dies meist lebenslang. Die Lebenserwartung dieser Katzen ist wesentlich kürzer als die gesunder (oder latent infizierter) Katzen. Sie sterben meist innerhalb von drei bis fünf Jahren an FeLVassoziierten Krankheiten. Junge und immunsupprimierte Katzen entwickeln häufiger
eine persistierende Virämie. Bei einer jungen, als Einzeltier gehaltenen Katze ist das
Risiko, bei einmaligem Erstkontakt, eine persistierende Virämie zu entwickeln, im
Durchschnitt 3 %. Wird dagegen in eine Katzengruppe, die nie vorher Kontakt zu
FeLV hatte, eine FeLV-ausscheidende Katze integriert, und werden die Katzen über
längeren Zeitraum zusammen gehalten, ist das Risiko einer persistierenden Virämie
im Durchschnitt 30 %.
Eine Unterscheidung einer transienten von einer persistierenden Virämie, und somit
eine Aussage über die mögliche Beendigung einer Virämie, ist nur durch Wiederholungsuntersuchungen möglich.
Klinische Symptome
Das klinische Bild der FeLV-Infektion ist vielfältig. Eine FeLV-Infektion kann lange
Zeit ohne Symptome verlaufen, oder „FeLV-assozierte Krankheiten“ können auftreten.
Welche Tumore treten auf und wie entstehen Tumore?
Lymphome entstehen heute meist nicht im Zusammenhang mit FeLV. Der überwiegende Anteil der Katzen mit malignen Lymphomen ist FeLV-Antigen-negativ.
Generell sind etwa 90 % der malignen Neoplasien des hämatopoetischen Systems
bei der Katze maligne Lymphome. Der Begriff „Lymphom“ (malignes Lymphom,
Lymphosarom) steht für maligne Neoplasien der Lymphozyten oder deren Vorläuferzellen ausgehen. Leukämien dagegen entstehen im Knochenmark aus
hämatopoetischen Vorläuferzellen oder eingewanderten Lymphozyten. Die Tumorzellen können (leukämische Leukämie), müssen aber nicht (aleukämische Leukämie)
in der Peripherie auftreten. Leukämien können lymphatischen oder myeloischen
(„nonlymphoid“, manchmal auch als „myeloproliferative Krankheit“ bezeichnet) Ursprungs sein. In einem späteren Stadium kann es auch bei Lymphomen zu einer
Involvierung des Knochenmarks mit Vorhandensein von malignen Zellen im Blut
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kommen (leukämische Form des malignen Lymphoms).
Ist FeLV ursächlich beteiligt, handelt es sich meist um T-Zell-Lymphome.. Früher waren die meisten Lymphome FeLV-assoziiert, heute ist dies nicht mehr der Fall.
Thymuslymphome und lymphatischer Leukämie treten nach wie vor hauptsächlich
FeLV-assoziiert auf, intestinale Lymphome dagegen fast nie.
Das Thymuslymphom (mediastinales Lymphom) tritt hauptsächlich bei jungen Katzen
(unter drei Jahren) auf. Klinisch zeigen die Tiere Tachypnoe, Dyspnoe, seltener
Regurgitieren. Die Herztöne sind gedämpft. Meist sind die Katzen FeLV-positiv.
Katzen mit einem multizentrischen Lymphom haben häufig vergrößerte periphere
Lymphknoten und Splenomegalie, manchmal eine Anämie. Die Katzen sind meist
jung und FeLV-positiv.
.
Über die hälfte der Katzen mit Leukämie sind FeLV-positiv. Alle hämatopoetischen
Zelllinien (lymphoide und myeloide (incl. Granulozyten, Erythrozyten und
Megakariozyten) können von FeLV transformiert werden. Bei akuter Leukämie jeden
Typs ist das Knochenmark voll mit Blasten und die normale Hämatopoese ist gesteigert. Klinische Symptome bei akuter Leukämie stehen in Relation zu dem Verlust an
normalen hämatopoetischen Zellen und beinhalten Anämie (mit eventuell Lethargie),
Granulozytopenie (mit eventuell Sepsis) und Thrombozytopenie (mit eventuell Blutungen). Splenomegalie besteht häufig auf Grund malignen Infiltrationen oder
extramedullärer Hämatopoese.
Fibrosarkome werden durch das FeSV, einer aus Rekombination entstehenden
FeLV-Variante, verursacht. FeSV-bedingte Fibrosarkome sind meist multizentrisch
lokalisiert. Im Gegensatz dazu entstehen die solitär an Injektionsstellen auftretende
Sarkome aus der Entzündungsreaktion an der Injektionsstelle („impf-induzierte Fibrosarkome“, „injection-side sarcomas“, „Vaccine-associated sarcomas“). Eine Beteiligung von FeLV oder FeSV bei diesen Tumoren wurde ausgeschlossen.
Auch andere Tumore, wie Osteochrondromatosen (multiple Knorpelwucherungen
bevorzugt an flachen Knochen), Hauthörner (gutartige Neoplasien von Keratozyten)
und olfaktorischen Neuroblastomen (aggressive, metastasierende, histologisch sehr
inhomogene Tumore des Geruchs- und Geschmacksepithels der Nase und des Rachens) sind bei FeLV-infizierten Katzen beschrieben. Pathogenese und Zusammenhang mit FeLV sind aber unklar.
Welche nichtneoplastischen Krankheiten können hervorgerufen werden?
Nichtneoplastische FeLV-assoziierte Krankheiten sind wesentlich häufiger als Tumore. Die wichtigste Folge der FeLV-Infektion ist die Immunsuppression. Krankheiten,
die mit Immunsuppression einhergehen führen zu einer hohen Morbidität und Mortalität bei FeLV-infizierten Katzen. FeLV-infizierte Katzen sind prädisponiert für sekundäre Infektionen, vorrangig wegen der Immunsuppression, die ähnlich der bei HIVinfizierten Menschen ist und schwerer als bei FIV-infizierten Katzen. Die Evaluierung
des Immunstatus bei FeLV-infizierten Katzen scheitert am Fehlen von gut charakterisierten Tests. Somit bleiben Kliniker abhängig von kompletten Blutzellzählungen und
klinischen Symptomen um Immundysfunktionen zu diagnostizieren. Einige Labors
bieten selektive Zählungen von CD4- und CD8-Zellen an; die Aussagekraft dieser
Parameter bei natürlichen FeLV-infizierten Katzen ist aber unklar.
Es gibt zahlreiche Berichte über konkurrierende Infektionen mit Bakterien, Viren, Protozoen und Pilzen bei FeLV-infizierten Katzen. Einige Studien belegen, dass FeLV© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
infizierte Katzen eine höhere Infektionsrate zeigen als gesunde Katzen und dass sie
weniger gut auf Therapie reagieren. Obwohl FeLV dafür bekannt ist, dass es die Immunfunktionen hemmt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle zusätzlichen Infektionen ein Ergebnis der FeLV-Infektion sind. Sekundäre Infektionen die
häufig mit FeLV assoziiert sind, sind FIP, Hämobartonellose und Infektionen des
oberen Respirationstrakts. Vom klinischen Standpunkt aus gesehen, ist wichtig, dass
viele dieser Sekundärinfektionen behandelbar sind.
Neurologische Symptome durch direkte Einwirkung des FeLV auf Nervenzellen
sind beschrieben. Meist sind neurologische Symptome bei FeLV-infizierten Katzen
aber Folge lymphozytärer Infiltrate in ZNS oder Rückenmark.
Welche Laborveränderungen treten auf?
Ob FeLV heute noch die häufigste Ursache aregenerativer Anämien bei der Katze
ist, ist umstritten. Selbst bei FeLV-negativen Katzen wird das FeLV für aregenerative
Anämien verantwortlich gemacht, da genetische Analysen vermuten lassen, dass in
manchen Fällen FeLV-Provirus in Knochenmarkszellen vorhanden ist. Die Angaben
über das Auftreten von Anämien bei persistierend virämischen FeLV-infizierten Katzen variieren von 5 bis 45 %.
Kann eine latente Infektion zu klinischen Symptomen führen?
Oft wird auch eine latente, nicht mit Routinetests nachweisbare FeLV-Infektion für
klinische Symptome verantwortlich gemacht. Da sich bei der latenten Infektion aber
kein Virus vermehrt, können die dabei auftretenden Symptome nur durch Integration
des Provirus entstehen. Diese Integration kann möglicherweise für die Entstehung
von Tumoren und die verminderte Funktion des Knochenmarks verantwortlich sein,
nicht aber für andere Symptome.
Diagnose
Das klinische Krankheitsbild der FeLV-Infektion ist vielfältig. Eine Diagnosestellung
auf Grund des klinischen Bilds ist nicht möglich. Deshalb sollte bei allen unklaren,
insbesondere chronischen oder therapieresistenten Krankheiten immer differentialdiagnostisch eine FeLV-Infektion in Betracht gezogen werden.
Welche Nachweisverfahren gibt es und welche Aussagekraft besitzen sie?
Zahlreiche Firmen bieten FeLV-Antigen-Schnelltests, auf der Basis eines ELISA
oder eines ähnlichen Prinzips meist kombiniert mit FIV für die Praxis an. Diese Tests
weisen freies FeLV-Protein (p27-Antigen) im Serum nach. Bezüglich ihrer Aussagekraft sind die Tests relativ gut vergleichbar. Die Aussagekraft eines negativen Testergebnisses liegt, in einem Land wie Deutschland mit einer niedriger Prävalenz, sehr
hoch (negativer prädiktiver Wert: 95 bis 99 %).
Ein negative Antigen-ELISA sagt aus, dass keine Virämie vorliegt. Er kann
1.
von einer nichtinfizierten Katzen (95 bis 99 %)
2.
von einer latent infizierte Katzen oder
3.
von einer Katzen in den ersten Wochen (meist etwa drei Wochen) einer FeLVInfektion stammen.
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Die Aussagekraft eines positiven Testergebnisses ist deutlich geringer (positiver prädiktiver Wert der meisten Tests um die 80 %). Je nach Test und Katzenpopulation
muss mit falschpositiven Ergebnissen gerechnet werden.
Ein einmalige positiver Antigen-ELISA kann
1.
von einer Katze mit einer Virämie (80 %) (transient oder virämisch) oder
2.
von einer nichtinfizierten Katze (falsch-positives Ergebnis) stammen.
Ein einmaliges positives FeLV-Ergebnis ist somit nicht genügend aussagekräftig,
kann aber nach Bestätigung durch einen zweiten Test (möglichst von anderem Hersteller) relativ sicher gestellt werden. Ein bestätigter, positiver Test spricht für eine
Virämie, die transient oder persistierend sein kann. Um eine persistierende von einer
transienten Virämie zu unterschieden, sollte eine Katze nach sechs und, falls immer
noch positiv, nach weiteren zehn Wochen nachgetestet werden. Ist die Katze nach
dieser Zeit immer noch positiv, handelt es sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um
eine persistierende Virämie.
Die FeLV-Impfung führt zu keiner Antigenämie und interferiert daher nicht mit der
Testung. Tests zum Antigennachweis in Speichel oder Tränenflüssigkeit sind nicht zu
empfehlen,
Der Nachweis von Antikörpern spielt zur Diagnose der FeLV-Infektion keine Rolle.
Ein Antikörper-Nachweis kann prinzipiell in jeder Phase der Infektion und danach positiv sein. Generell können gegen alle Proteine des FeLV Antikörper gebildet werden.
Ein positiver anti-FeLV-Antikörper-Test kann
1.
von einer Regressorkatzen und einer Katzen mit einer latenten Infektion (hohe
Antikörper-Konzentration)
2.
von einer Katzen mit einer transienten Infektion (häufig geringe bis mittlere
Antikörper-Konzentration) und
3.
von einer persistierend virämischen Katze (geringe oder keine anti-FeLVAntikörper-Konzentration) stammen.
Ein hochpositiver Antikörper-Spiegel schließt eine Virämie also mit großer Wahrscheinlichkeit aus.
Ein negativer anti-FeLV-Antikörper-Test kann
1.
von einer nichtinfizierten Katze,
2.
von einer Regressorkatze, die keine Antikörper gebildet hat (2 % aller infizierten Katzen) und
3.
von einer persistierend virämischen Katze stammen.
Der Antikörper-Test kann somit nicht zur Diagnose einer FeLV-Infektion herangezogen werden, kann aber wichtige Hinweise in Bezug auf eine bestehende Immunität
gegeben. Je höher die Menge der neutralisierender Antikörper, desto größer ist die
Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Elimination des Virus (Regressorkatzen). Einen Hinweis auf das Stadium der FeLV-Infektion kann die kombinierte Betrachtung
von ELISA, IFT und Antikörper-(AK-)Konzentration liefern.
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Therapie und Prognose
In der Literatur sind viele Therapieversuche dokumentiert. Eine Therapie mit überzeugender Wirkung wurde noch nicht gefunden.
.
Welche Maßnahmen sollten bei einer FeLV-positiven Katze getroffen werden?
Eine Heilung, mit vollständiger Eliminierung des Virus, ist bei einer bestehenden persistierenden FeLV-Infektion sehr unwahrscheinlich. Die meisten persistierend,
virämischen Katzen sterben innerhalb von drei bis fünf Jahren, manche leben jedoch
auch bedeutend länger. Ein positives FeLV-Ergebnis ist also kein Todesurteil. Mit
symptomatischer Therapie der Sekundärinfektionen kann eine Besserung des Allgemeinbefindens, auch über Jahre, erzielt werden. Vorraussetzung hierfür ist vor allem eine erregerarme Umgebung. Wichtigste Maßnahme bei einer FeLV-infizierten
Katze muss es immer sein, die Katze vor Sekundärinfektionen zu schützen. Die Katze sollte also möglichst ohne Kontakt zu anderen Katzen ausschließlich im Haus gehalten werden.
Prophylaxe und Bedeutung für den Menschen und andere Tiere
Bisher konnte kein definitiver Nachweis für eine FeLV-Infektion beim Menschen bei
anderen Tierarten gefunden werden.
Welche Spezies können mit FeLV infiziert werden?
Eine natürliche FeLV-Infektion bei Nichtfeliden konnte bisher nicht nachgewiesen
werden. Auch scheint die FeLV-Infektion, im Gegensatz zur FIV-Infektion, auf Hauskatzen beschränkt zu sein.
FeLV-B kann Zellkulturen von Katze, Hund, Hamster, Affe, Rind und Schwein infizieren. FeLV-C infiziert Zellen von Katze, Hund und Meerschweinen, FeLV-A ist nur in
Katzen- und Hundezellkulturen vermehrbar. Maligne Transformationen treten in Zellkulturen Nichtfelider nicht auf. In vivo konnte bei jungen Hunden eine experimentelle
FeLV-Infektion mit Ausbildung maligner Lymphome hervorgerufen werden. Auch bei
Infektionsversuchen mit FeSV konnten Fibrosarkome bei Nichtfeliden in vivo provoziert werden.
Ist eine Übertragung auf den Mensch möglich?
Da das feline Leukämievirus sehr leicht horizontal übertragen werden kann, wurde
oftmals diskutiert, inwieweit auch der Mensch als Wirt in Frage kommen könnte. Sowohl FeLV-B als auch FeLV-C kann Zellkulturen von Mensch infizieren, eine Vermehrung von FeLV-A in humanen Zellkulturen gelang nicht.
Wie lang ist eine FeLV-infizierte Katze infektiös?
Die Virusausscheidung beginnt ca. zwei bis drei Wochen nach der Infektion, wenn
die Katze eine Virämie entwickelt und die Speicheldrüsen infiziert sind. Das heißt, eine Regressorkatze scheidet nie Virus aus, ist dagegen aber sehr lang, eventuell so© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
gar lebenslang, durch Antikörper gegen eine Neuinfektion und Ausscheidung geschützt. Auch die Regressorkatzen, die die Infektion ohne Antikörper-Bildung eliminieren, scheinen durch ihre gute zelluläre Immunität in Folge weitgehend geschützt
zu sein. Im Verlauf einer Virämie (transient oder persistierend) scheiden die Katzen
prinzipiell (nicht immer kontinuierlich) Virus aus. Eine persistierend virämische Katze
stellt also lebenslang ein Infektionsrisiko für Andere dar. Gelingt es einer transient
virämischen Katze, die Infektion innerhalb von drei Wochen (vor Erreichen des Knochenmarks) zu eliminieren, endet die Ausscheidung und die Katze ist meist lebenslang durch Antikörper geschützt. Eine latent infizierte Katze (Identifizierung durch
PCR) scheidet kein Virus aus. Geht die Virusinformation nicht innerhalb von zwei bis
drei Jahren verloren, kann sie jedoch wieder virämisch (persistierende Virämie) werden und so auch wieder Virus ausscheiden.
Sollte eine FeLV-infizierte Katze von anderen getrennt werden?
Die Frage der Trennung einer FeLV-infizierten Katze von anderen Katzen ist umstritten. Im Optimalfall sollte eine FeLV-infizierte getrennt von anderen Katzen ausschließlich im Haus gehalten werden. Sekundärinfektionen spielen bei der FeLVInfektion eine geringere Rolle, da FeLV selbst auch ohne Sekundärinfektionen zur
Krankheit führt, während die Progression bei FIV entscheidend von den Sekundärinfektionen abhängt.
Eine Trennung von FeLV-positiven und FeLV-negativen Katzen sollte abgewogen
werden. Werden die Katzen bereits über lange Zeit gemeinsam gehalten, sind die
Begleitkatzen entweder selbst positiv (latent infiziert) oder Regressorkatzen. Eine
akute Gefahr besteht somit nicht. Es gibt jedoch Beobachtungen, dass auch noch
nach Jahren einzelne Katzen positiv werden, wobei nicht geklärt ist, ob es sich in
diesen Fällen um Neuinfektionen oder Reaktivierungen von latenten Infektionen handelte. Katzen, die zuvor keinen Kontakt zu FeLV hatten, sollten in keinem Fall hinzu
genommen werden. Bei Kontakt zu einer FeLV-infizierten Katze entwickeln 3 % (bei
einmaligem Erstkontakt) bis 30 % (bei zusammenleben über längere Zeit) eine persistierende Virämie.
Wie effektiv ist die Impfung?
Impfstoffe gegen FeLV sind seit Jahren auf dem Markt.
Die Effektivität wird mit 80-95% prozent beschrieben.
Welche Katzen sollten gegen FeLV geimpft werden?
Es wird empfohlen vor jeder Impfung routinemäßig einen Test auf FeLV-Antigen
durchzuführen. Ein Test zum Nachweis von FeLV-Antikörpern, der einen potentiellen
Schutz vorhersagen könnte, ist leider noch nicht kommerziell erhältlich.
Bei einer FeLV-Antigen-positiven Katze ist die Impfung überflüssig. Die Impfung kann
eine Virämie nicht beenden. Eine Impfung von Katzen, die seit längerer Zeit Kontakt
zu einer FeLV-positiven Katze haben ist ebenfalls überflüssig, da diese einen Antikörperschutz besitzen oder bereits latent infiziert sind. Auch bei einer latenten Infektion (FeLV-Antigen-negativ) kann eine erneute Virämie nicht durch Impfung verhindert werden, sie wird aber auch nicht gefördert.
Sinnvoll scheint die Impfung bei jungen, FeLV-negativen Katzen (ab der 9. Lebenswoche mit Wiederholungsimpfung nach 4 Wochen) mit Freilauf, da bei ihnen das Risiko eine persistierende FeLV-Infektion zu entwickeln immer noch höher ist (bei einer
Prävalenz von 2 %), als das Risiko von Impf-assoziierten Sarkomen. Bei Einzelkat© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
zen mit Freilauf, die nur gelegentlich Kontakt zu FeLV haben, scheint die Impfung gut
zu schützen..
. Die impfinduzierte Immunität hält nicht lebenslang an. Eine jährliche BoosterVakzination wird empfohlen. Bei älteren Katzen sollte der Nutzen der Impfung jedoch
gegen deren Nebenwirkungen abgewogen und eventuell auf eine Impfung verzichtet
werden. Die meisten Katzen über fünf Jahre haben ohnehin eine natürliche FeLVInfektion durchgemacht und sind meist lebenslang geschützt. Zudem entwickeln Katzen eine Altersresistenz, wahrscheinlich weil die Anzahl der Rezeptoren auf den
Wirtszellen abnimmt und somit die Empfänglichkeit gegenüber den Viren sinkt.
Sollte eine FeLV-infizierte Katze gegen andere Infektionen geimpft werden?
Da Immunstimulation, im Gegensatz zur FIV-Infektion, in der Pathogenese der FeLV
nur eine untergeordnete Rolle spielt, kann eine FeLV-positive Katze prinzipiell gegen
andere Infektionen geimpft werden. Es sollten aber nur inaktivierte Vakzine verwendet werden. Bei FeLV-infizierten Katzen scheint der Impfschutz, im Gegensatz zu
nichtinfizierten Tieren, allerdings nicht so lang anzuhalten. Bei hohem Infektionsrisiko
sollt daher eventuell häufiger geimpft werden.
Wie kann der Besitzer seine Katze vor FeLV schützen?
Wird eine Katze ausschließlich in der Wohnung gehalten ist das Risiko einer Infektion relativ gering. Jede junge Katze sollte zunächst auf FeLV-Antigen getestet werden
und bei negativem Ergebnis zweimal im Abstand von vier Wochen (ab der neunten
Woche) geimpft werden, bevor sie aus dem Haus gelassen wird. Im Optimalfall sollte
eine Katze frühestens ab einem halben Jahr freien Ausgang haben.
© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
Eintrittspforte
Infektion
vollständige
Viruselimination
wenige
Tage
Regressorkatze
ELISA neg
IFT neg
AK 
frühe
Virämie
3
Wochen
nur
Blut
Blut und
Knochenmark
ELISA pos
IFT neg
AK /
Keine
Beendigung
Beendigung der
Virämie
(transiente Virämie)
mit vollständige
Viruselimination
ELISA neg
IFT neg
AK 
Virämie
ELISA pos
IFT pos
AK /
Beendigung der
Virämie
(transiente Virämie),
keine
Viruselimination
3 – 16
Wochen
Keine
Beendigung
lebenslang
Regressorkatze
Persistierende
Virämie
ELISA pos
IFT pos
AK 
Latente
Infektion
ELISA neg
IFT neg
AK 
NW: PCR, etc.
(Reaktivierung)
Beendigung
nicht möglich
Persistierende
Virämie
Verlaufsformen der FeLV-Infektion (pos = positiv; neg = negativ; ELISA = Enzyme
linked Immuno Sorbent Assay oder andere Tests (Immunochromatographie); IFT =
Immunfluoreszenztest; AK = Antikörper; ⇑ = hoch; ⇓ = niedrig oder fehlend)
© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
FeLV-Infektion
Erreger
Wirte
Ausscheidung
Ausscheidungsdauer
Überleben in der Außenwelt
Infektion
Inkubationszeit
Betroffene Organe
felines Leukämievirus (FeLV),
Familie Retroviridae, Unterfamilie Onkovirinae,
Genus Mammalian Typ-C-Virus, Subtypen FeLV-A, -B, -C
Hauskatzen
v. a. mit Speichel
während der Virämie (persistierend virämische Katzen lebenslang)
wenige Minuten
direkt durch engen Kontakt
variabel, Monate bis Jahre
Zellen des Immunsystems
© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
Klinik der FeLV-Infektion
Klinisch inapparente Infektion keine Symptome
Tumoren
maligne Lymphome
Thymuslymphom
multizentrisches Lymphom
alimentäres (intestinales) Lymphom
andere maligne Lymphome
lymphatische Leukämie
myeloische Tumoren
Fibrosarkome
andere Tumoren
Nichttumoröse FeLVKnochenmarkssuppression
assoziierte Krankheiten
Anämie (v. a. aregenerativ o. sekundär regenerativ)
Thrombozytopenie
Neutropenie
Immunsuppression
immunmediierte Krankheiten
Fortpflanzungsstörungen
© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
FIV und FeLV iergleich
Virus
Risikogruppen
Übertragung
Prävalenz
Tumorinzidenz
Immunsuppression
Anämie
Diagnose (Routine)
Prophylaxe
Prognose
FIV
Lentivirus
mittelalte bis alte,
freilaufende
u. a. Kater
Biss
klinisch gesund:
2–3
%
klinisch krank:
13 – 19
%
5x häufiger als bei nichtinfizierten Katzen
oft
selten (18 %), meist mild
Antikörper-Nachweis
Impfung bisher nur in USA
längere Überlebenszeit, können jahrelang ohne Symptome leben
© Dr. Jürgen Becker KitznKatz Europa e.V.
FeLV
Onkovirus
junge Katzen,
Mehrkatzenhaushalte,
Freiläufe
enger Kontakt
klinisch gesund:
2–3
%
klinisch krank:
11 – 17
%
62x häufiger als bei nichtinfizierten Katzen
oft
häufig (40%), meist schwer
Antigen-Nachweis
Impfung
85 % der persistierend infizierten Katzen sterben innerhalb
von 3 Jahren
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