Nützlinge Nützlinge in Obstanlagen Teil II Hautflügler (Hymenoptera) In Europa sind die Hautflügler mit über 10.000 Arten die artenreichste Insektengruppe. Als natürliche Gegenspieler von Schädlingen im Obstbau sind hier vor allem die parasitisch lebenden Familien der Echten Schlupfwespen (Ichneumonidae), der Brackwespen (Braconidae), der Blattlausschlupfwespen (Aphidiidae) und die Überfamilie der Erz- und Zehrwespen (Chalcidoidea) interessant. Darüber hinaus haben auch die Faltenwespen (Vespidae) eine gewisse Bedeutung, da sie im Rahmen ihrer Larvenaufzucht räuberisch leben. I n ökologisch vielfältig gestalteten Obstanlagen können vor allem die parasitisch lebenden Arten einen wichtigen Beitrag zur Regulierung bestimmter Schädlinge, wie z. B. verschiedener Schalenwickler- und Miniermottenarten, der Schildläuse oder auch der Blutlaus leisten (Abb. 1). Bei den Blattläusen und Blattsaugern ergänzen sie wirksam die Aktivitäten von anderen natürlichen Gegenspielern, wie z. B. Marienkäfer, Florfliegen oder räuberische Wanzen. Die einzelnen Parasitenarten sind dabei meist auf bestimmte Wirtstiergruppen spezialisiert (Fotos 1 bis 12). Die ausgewachsenen Stadien der Wespen ernähren sich zumeist von Blütennektar, Pollen oder Honigtau. Für die Ansiedlung und Erhaltung möglichst großer Parasitenpopulationen ist daher eine abwechslungsreiche Vegetation mit vielen blühenden Pflanzen innerhalb bzw. in unmittelbarer Umgebung der Obstanlagen notwendig. Eine gezielte Förderung in diesem Sinne ist z. B. durch die Anlage von Wildkräuterstreifen (besonders Dolden- und Korbblütler) oder reich strukturierten Heckenpflanzungen möglich (siehe Titelfoto). Puppenstadium des Parasiten zu erkennen ist (Fotos 2, 4). Brackwespenlarven verlassen kurz vor ihrer Verpuppung den Wirtskörper. Häufig findet man dann das Puppenstadium neben dem abgestorbenen Schädling (Foto 6). Bei Meteorus ictericus, einem wichtigen Parasiten der Schalenwickler, lebt die Raupe noch eine Weile weiter. Sie hat aber das Fressen eingestellt und verpuppt sich nicht mehr (Foto 8). Die Erz- und Zehrwespen sind sehr kleine Arten. Sie parasitieren vor allem Eier und kleinere Insekten, wie Miniermotten, Blut- oder Schildläuse. Eine der bekanntesten dürfte hier die Blutlauszehrwespe Aphelinus mali sein (Foto 11). Einige Arten befallen aber auch die Raupen verschiedener Wicklerarten (Foto 12). Die Aktivität der Parasiten lässt sich vor allem im Sommer relativ leicht bei Kontrollgängen in den Obstanlagen feststellen. Beim Öffnen typischer Schadbilder, wie z. B. zusammengesponnener Blatt- und Blütenbüschel oder eingerollter Blätter, ist bei der Parasitierung durch Schlupfwespen anstelle des lebenden Schädlings (z. B. einer Wicklerraupe) meist nur noch dessen leblose Hülle vorhanden, in deren Innerem oft noch das Die staatenbildenden und solitär lebenden Faltenwespen leben dagegen räuberisch. Sie erbeuten im Rahmen ihrer hochentwickelten Brutfürsorge vor allem die Larvenstadien verschiedener Käfer- und Schmetterlingsarten, darunter z. B. auch viele Raupen schädlicher Wickler. Diese werden dann in die Nester verbracht und dienen den Wespenlarven als Nahrung (Fotos 13, 14). Die Kontrolle von Blüten, die durch den Apfelblütenstecher befallen sind, kann sich ebenfalls lohnen. Nicht selten kann man hier die Larve eines Parasiten direkt neben der Käferlarve finden (Foto 10). 87 Anzahl eingesammelte Raupen 83 davon parasitiert 67 58 50 43 26 22 4 (14%) Öko Dohna 29 32 30 28 56 48 (43%) 20 4 (18%) Öko Hilbersdorf 0 IP Pirna 1 (2%) IP Ebenheit 8 4 (25%) (15%) IP Kreischa IP Borthen 1 23 (28%) (40%) IP Borthen 2 4 (8%) IP Borthen 3 2 (2%) IP Borthen 4 6 3 (10%) IP Borthen 5 (5%) IP Ablass 1 IP Ablass 2 Versuchsfeld Pillnitz Apfelanlage Abb. 1: Auswertung von Parasitierungsraten an den Raupen der Sommergeneration des Apfelschalenwicklers (Adoxophyes orana) in verschiedenen Apfelanlagen Sachsen 1997 18 Öko-Obstbau 2/2012 Nützlinge Es handelt sich dabei um den bedeutendsten Gegenspieler dieses Schädlings, die Schlupfwespe Scambus pomorum (Foto 9). Die befallenen Blüten sind zwar für das laufende Jahr verloren. Aber bei entsprechend hohem Parasitierungsgrad ist durchaus eine 1 nicht unwesentliche Verringerung der Käferpopulation im Folgejahr möglich. So konnte z. B. 1999 am Standort Dresden-Pillnitz in einer ökologisch bewirtschafteten Apfelanlage ein Parasitierungsgrad von 55 % festgestellt werden [Daniel, 1999]. 2 Die Schlupfwespe Theleutaea striata parasitiert viele Wicklerarten, hauptsächlich aber den Apfelschalenwickler Adoxophyes orana. Sie wird bis zu 10 mm lang. Der Kokon von Theleutaea striata ist weißlich gefärbt, länglich schmal und zart durchscheinend. 5 6 Apantheles ater ist eine gedrungene, schwarz gefärbte Brackwespe. Sie parasitiert die Raupen zahlreicher Wicklerarten. Die Larven von Apantheles ater verpuppen sich in einem weißen Gemeinschaftsgespinst. Es können bis über 20 Individuen aus einer einzigen Raupe schlüpfen. 9 Auch die Schlupfwespe Glypta sp. parasitiert schädliche Wicklerarten an Obstgehölzen. Sie wird bis zu 11 mm lang. Die Puppe von Glypta sp. in dem nur noch als durchscheinende Hülle vorhandenen Rest der Wirtsraupe. 7 8 Meteorus ictericus ist eine schlanke, braun gefärbte Brackwespe. In den letzten Jahren konnte diese Art in Sachsen sehr häufig als Parasit von Wicklerraupen, vor allem des Apfelschalenwicklers (Adoxophyes orana) festgestellt werden. Die von Meteorus ictericus befallene Raupe bleibt, nachdem sie von der ausgewachsenen Parasitenlarve verlassen wurde, noch eine gewisse Zeit am Leben. Oft findet man sie gemeinsam mit dem Puppenkokon des Parasiten in ihrem Gespinst. 13 14 Lehmwespen (Eumeninae) sind solitär lebende Faltenwespen (Vespidae). Die Wespenlarven benötigen tierische Nahrung. Dazu gehören auch viele schädliche Insekten. Brutröhre einer Lehmwespe aus einem Beobachtungskasten. Man erkennt die einzelnen Brutkammern. Sie sind fast ausschließlich mit den Raupen des schädlichen Heckenwicklers (Archips rosana) gefüllt. 12 Die Blutlauszehrwespe Aphe- Erzwespenlarve auf einer linus mali in einer Blutlausko- Raupe des Apfelschalenwicklonie. Größe ca. 0,7 mm. lers Adoxyphyes orana. Öko-Obstbau 2/2012 4 10 Scambus pomorum ist ein wichtiger Parasit des Apfelblütenstechers Die Larve der Schlupfwespe Scambus pomorum (roter Pfeil) neben der Larve des Apfelblütenstechers in einer geöffneten Blüte. 11 3 Harald Rank Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Lohmener Str. 12, 01326 Dresden-Pillnitz Tel.: 0351/26128116, Fax: -26128299 E-Mail: [email protected] Literatur: Daniel, C. (1999): Kräutereinsaaten in Fahrgassen von Apfelanlagen zur Förderung der ökologischen Vielfalt, Diplomarbeit HTW Dresden 19