Die Arbeitspunkteinstellung beim Bipolartransistor

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Die Arbeitspunkteinstellung beim Bipolartransistor
In der Schaltungstechnik stellt sich immer wieder das Problem der Arbeitspunkteinstellung eines
Bipolartransistors (BJT). Bauteiltoleranzen des Transistors und der Temperaturbereich, in welcher
die Schaltung ihre Eigenschaften beibehalten soll, erschweren die Aufgabenstellung. Im Folgenden
wird eine Berechnungsmethode vorgestellt, mit welcher der Autor ausgezeichnete Erfahrungen
gemacht hat.
Es ist die Aufgabe, den Arbeitspunkt eines npn-Transistors unter Zuhilfenahme von Emitterwiderständen, also mit Stromgegenkopplung einzustellen und in einem vorgegebenen Temperaturbereich
so festzuhalten, dass die Schwankungen auf Grund von Exemplarstreuungen oder Temperaturschwankungen innerhalb des vorgegebenen Bereichs bleiben.
Bild 1: Verstärkerschaltung mit Bipolartransistor
R1 und R2 sind die klassischen Widerstände des Basisspannungsteilers. RS ist
bei der Bootstrap-Schaltung (zur Erhöhung des Eingangswiderstandes)
notwendig. Soll RS nicht zum Einsatz
kommen, ist er im Weiteren durch
einen Kurzschluss (RS = 0 Ω) zu ersetzen. RE' und RE'' dienen zur Gleichstromgegenkopplung, RE' zur Wechselstromgegenkopplung. RC ist der
Kollektorwiderstand, der einerseits die
Spannungsverstärkung und den Ausgangswiderstand der Stufe bestimmt,
andererseits die Kollektor-Emitterspannung UCE bestimmt. RG ist der
Innenwiderstand
des
Generators
(Quelle), die die Spannung UE liefert,
RL ist der Lastwiderstand. UB ist die
Betriebsspannung und vom Systemdesign festgelegt.
Zur Berechnung ihrer Eigenschaften wird die Schaltung in eine Gleichstrom- und in eine Wechselstrom-Ersatzschaltung aufgespalten. Für die Arbeitspunkteinstellung ist die Gleichstrom-Ersatzschaltung von Interesse, die Wechselstromeigenschaften der Schaltung werden in dieser Arbeit nicht
behandelt. Alle Kapazitäten werden durch Unterbrechungen ersetzt, alle Induktivitäten werden
durch einen Kurzschluss ersetzt. Durch die Spannungsquelle UE und den Generatorwiderstand RG
sowie durch den Lastwiderstand RL kann kein Gleichstrom fließen, da die Koppelkondensatoren
CK1 und CK2 für Gleichstrom einen unendlich hohen Widerstand darstellen. Auch durch CE kann
kein Gleichstrom fließen. Das Ergebnis ist die Gleichstrom-Ersatzschaltung aus Bild 2.
Der Spannungsteiler aus R1 und R2 mit der Betriebsspannung UB werden in eine Ersatzspannungsquelle umgerechnet, die Widerstände RE' und RE'' werden zum Widerstand RE zusammengefasst. Die
Rechnung ergibt für den Spannungsteiler aus R1 und R2 eine Hilfsspannungsquelle mit der
R2
R1∗R2
Leerlaufspannung U H =U B∗
und dem Innenwiderstand R12=
, der ParallelR1R 2
R1R 2
schaltung aus R1 und R2.
Bild 3: Schaltung mit Hilfsspannungsquelle
Bild 2: Gleichstromersatzschaltung
Mit diesen Vorbereitungsschritten wird die Ersatzschaltung
wesentlich übersichtlicher.
R12R S =Ri liefert die BerechnungsDie Substitution
grundlage aus Bild 4.
Es gilt die Maschengleichung

U H =U BE I B∗Ri I E∗R E =U BE I E∗
Bild 4: Berechnungsgrundlage
Ri
 RE
B1

.
Im Allgemeinen ist der Emitterstrom IE gegeben, der Spannungsabfall UBE an der Basis-Emitterdiode und die Stromverstärkung B können aus den Datenblättern des Transistors abgelesen werden.
UH, Ri und RE sind die Größen, die es zu bestimmen gilt. Da nur eine Gleichung für die drei Unbekannten vorhanden ist, kann die Aufgabe nicht eindeutig gelöst werden.
Diese Gleichung muss aber auch bei der minimalen und maximalen Arbeitstemperatur erfüllt
werden. Bei der minimalen Temperatur Tmin soll der kleinste Emitterstrom IETmin fließen. Der
Spannungsabfall an der Basis-Emitterdiode ist dabei UBETmin, Die Stromverstärkung ist BTmin. Bei der
maximalen Arbeitstemperatur Tmax fließt der größte Emitterstrom IETmax, es fällt UBETmax an der BasisEmitterdiode ab und die Stromverstärkung ist BTmax. Es lassen sich also zwei Gleichungen für die
von der Temperatur unabhängigen Hilfsspannung UH anschreiben und aus welchen UH eliminiert
wird und anschließend auf Ri umgestellt wird

U H =U BETmin I ETmin∗


Ri
Ri
R E =U BETmax I ETmax∗
 RE
B Tmin1
BTmax 1
liefert nach der Umstellung
R i=
U BETmax−U BETmin  I ETmax −I ETmin ∗R E
I ETmin
I
− ETmax
BTmin1 BTmax 1

In dieser Gleichung ist RE frei wählbar. Wird RE zu klein gewählt, erhält man für Ri negative Werte.
Die Schaltung wäre nicht realisierbar. Es muss
RE
U BETmin −U BETmax
I ETmax −I ETmin
gewählt werden. Die maximal erlaubte Schwankung des Spannungsabfalls an R E muss größer sein
als die Schwankung der Basis-Emitterspannung am Transistor. Wird RE zu groß gewählt, ist die
Kollektor-Emitterspannung möglicherweise zu klein oder RC wird zu klein. Es kann auch sein, dass
aus der Berechnung von RC ein negativer Wert resultiert. Es gibt einen sinnvollen Wertebereich für
RE zur brauchbaren Realisierung der Arbeitspunkteinstellung. Nun sind RE und Ri festgelegt.
Die Hilfsspannung UH entspricht der Leerlaufspannung des Spannungsteilers. Ihr Wert wird aus
einer der beiden Maschengleichungen bestimmt. Sie kann nur dann einfach gemessen werden, wenn
die Basis des Transistors nicht angeschlossen ist.
Da Ri aus der Serienschaltung von R12 und RS besteht, können die Widerstände R1 und R2 aus
R1=
UB
∗ Ri−R S 
UH
R 2=
und
UB
∗ Ri− RS  .
U B−U H
Tmin, Tmax, IETmin und IETmax und UB sind vom Design festgelegt. Die Basis-Emitterspannung ist in den
Datenblättern nur durch einen Bereich festgelegt, in welchem sich der tatsächliche Wert bewegt.
Dieser Wertebereich wird bei der Messtemperatur T0, die in den Daten zu finden ist und typisch
20°C beträgt, angegeben. Die Minimale Spannung bei der Messtemperatur ist U BEmin, die maximale
U BE
Spannung UBEmax. Die Änderung wird mit
bezeichnet und ist typisch -2.2mV/°C bei SiliT
ziumhalbleitern. Da die Flussspannung des pn-Übergangs mit steigender Temperatur kleiner wird,
gilt bei der maximalen Temperatur Tmax
U BETmax =U BEmin
 U BE
∗ T max −T 0 
T
und bei der minimalen Temperatur Tmin
U BETmin =U BEmax
 U BE
∗ T min −T 0  .
T
Die Gleichstromverstärkung B liegt bei der Temperatur T0 zwischen den Werten Bmin und Bmax. Als
1%
1%
Daumenregel gilt, dass sie um
bzw.
steigt. Das bedeutet, dass
°C
K
BTmax =B max∗1.01
T max −T 0 
1K
und
BTmin= Bmin∗1.01
T min −T 0
1K
ist.
Nun sind alle Kenngrößen vorhanden und die Berechnung kann eindeutig durchgeführt werden. Es
ist aber noch immer de Kollektorwiderstand RC unbestimmt. Es gibt einige Möglichkeiten, RC
sinnvoll zu bestimmen. Ist die Spannung UCE am Transistor vorgegeben, ist der Widerstand aus
RC =2∗
U B −U CE
− RE
I ETmax I ETmin
zu berechnen. Ist UCE nicht vorgegeben, kann RC für maximale Aussteuerung aus
RC =
bestimmt werden.
UB
R
− E
I ETmax I ETmin 2
Beispiel:
Der Transistor BFR91A soll im Temperaturbereich von Tmin = -20°C bis Tmax = 70°C bei einem
Emitterstrom von IETmin = 5.5mA bis IETmax=6.5mA eingesetzt werden. Die Versorgungsspannung ist
mit UB=10V vorgegeben. Der Bootstrap-Widerstand RS wird nicht benötigt.
Es handelt sich um einen Silizium-Transistor. Bei diesen gilt
U BE
2.2mV
2.2mV
.
=−
=−
T
°C
°K
RS wird durch einen Kurzschluss (0Ω) ersetzt.
Aus den Datenblättern erhält man bei der Messtemperatur T0=20°C die Werte für UBEmin=0.6V,
UBEmax=0.65V und Bmin=40 und Bmax=90. Die Gleichungen für UBE liefern
U BETmin =U BEmax
 U BE
∗ T min −T 0 =0.65V−0.0022V∗−20−20 =0.738V
T
U BETmax =U BEmin
 U BE
∗ T max −T 0 =0.60V−0.0022V∗70−20  =0.490V
T
und aus den Formeln für Stromverstärkung erhält man
BTmax =B max∗1.01
BTmin= Bmin∗1.01
RE muss größer als
T max −T 0 
1K
T min −T 0
1K
=90∗1.0170−20 =148.0
=40∗1.01−20−20 =26.87
U BETmin −U BETmax 0.738−0.490
=
k =248  sein.
I ETmax −I ETmin
6.5−5.5
Wählt man RE = 470Ω, wird
Ri =
U BETmax−U BETmin  I ETmax −I ETmin ∗R E 0.490V−0.738V 6.5−5.5  mA∗470 
=
=1.444k 
I ETmin
I ETmax
5.5mA
6.5mA
−
−
26.871 1481
BTmin1 BTmax 1

U H =U BETmin I ETmin∗

Ri
1444
R E =0.738V5.5mA∗
470 =3.608V .
B Tmin1
1481


Die Widerstände für den Basisspannungsteiler sind
R1=
UB
10V
∗ Ri−R S =
∗ 1444−0  =4.00k 
UH
3.608V
mit dem nächstliegenden Normwert aus E12: 3.9kΩ
R2= R i−R S ∗
UB
10V
= 1444−0  ∗
=2.26k 
U B−U H
10V−3.608V
mit dem nächst liegenden Normwert aus E12: 2.2kΩ.
Da UCE nicht vorgegeben ist, wird
RC =
UB
R
10V
470
− E=
−
=598 
I ETmax I ETmin 2 6.5mA5.5mA
2
mit dem nächstgelegenen Normwert aus E12: 560Ω.
In der Tabelle 1 ist mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms die Arbeitspunkteinstellung für
verschiedene Emitterwiderstände RE durchgeführt worden.
Tmin
°C
-20
Tmax
°C
70
UBEmin
V
0,600
T0
°C
20
IETmin
mA
5,5
IETmax
mA
6,5
UB
V
10
UCE
V
UBEmax
V
0,650
Bmin
/
40
Bmax
/
90
dUBE/dT
mV/K
-2,2
UBETmin
V
0,738
UBETmax
V
0,490
BTmin
/
26,87
BT max
/
148,02
RS
Ohm
0
RE
Ohm
100
120
150
180
220
270
330
390
470
560
680
820
1000
1200
1500
1800
2200
2700
3300
3900
4700
5600
6800
10000
Ri
Ohm
-963
-833
-637
-442
-182
143
533
924
1444
2029
2810
3720
4891
6192
8143
10094
12696
15948
19850
23752
28956
34809
42614
63426
UH
V
1,098
1,234
1,437
1,641
1,912
2,251
2,658
3,065
3,608
4,219
5,033
5,982
7,203
8,560
10,595
12,630
15,344
18,736
22,806
26,876
32,303
38,408
46,549
68,257
R1
Ohm
-8766,6
-6748,1
-4434,9
-2695,6
-952,4
635,6
2006,3
3013,0
4001,9
4810,3
5583,0
6218,8
6789,9
7233,3
7685,5
7992,0
8274,2
8511,9
8703,9
8837,7
8963,7
9062,9
9154,7
9292,3
R2
Ohm
-1081,3
-949,7
-744,4
-529,1
-225,2
184,7
726,4
1331,8
2258,9
3509,9
5656,2
9259,6
17488,6
43000,6
-136812,7
-38376,3
-23757,9
-18255,9
-15500,7
-14074,6
-12982,8
-12253,1
-11659,4
-10887,4
RC
Ohm
783,3
773,3
758,3
743,3
723,3
698,3
668,3
638,3
598,3
553,3
493,3
423,3
333,3
233,3
83,3
-66,7
-266,7
-516,7
-816,7
-1116,7
-1516,7
-1966,7
-2566,7
-4166,7
UCE
V
4,70
4,64
4,55
4,46
4,34
4,19
4,01
3,83
3,59
3,32
2,96
2,54
2,00
1,40
0,50
-0,40
-1,60
-3,10
-4,90
-6,70
-9,10
-11,80
-15,40
-25,00
RE'+RE''
Ohm
446
Ri
Ohm
1288
UH
V
3,445
R1
Ohm
3737,9
R2
Ohm
1964,6
RC
Ohm
610,3
UCE
V
3,66
Tabelle 1: Berechnung mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms. Die
Werte in den doppelt umrahmten Feldern sind vom Anwender einzugeben. Die
Zeilen in schwarzer Schrift enthalten die physikalisch realisierbaren Werte,
Felder mit roter Schrift enthalten Rechenwerte, welche für die Arbeitspunkteinstellung sinnlos sind.
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