RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM FAKULTÄT FÜR PHYSIK UND ASTRONOMIE Astronomie und Astrophysik Astronomie Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar Forschungsschwerpunkt des Lehrstuhls für Astronomie ist die extragalaktische Astronomie. Ziel ist es, durch die Untersuchung von Galaxien den Prozess der Strukturbildung als stete Verdichtung der Materie seit dem Urknall unter dem Einfluss der sogenannten „dunklen Materie“ besser zu verstehen. Dabei spielt die Energiefreisetzung von aktiven galaktischen Kernen und Sternen durch ihre Strahlung, ihre stellaren Winde und Supernova-Explosionen eine ebenso wichtige Rolle wie die Wechselwirkung von ausfließendem Gas mit frisch einfallendem Gas aus dem intergalaktischen Raum. Diese Vorgänge beeinflussen die Verteilung, Zusammensetzung und Kinematik des interstellaren Gases und damit die folgende Generation von Sternen sowie das gesamte Erscheinungsbild von Galaxien. Beobachtungen mit Radioteleskopen, wie dem Very Large Array (VLA) in New Mexico (USA) oder dem neuartigen Low Frequency Array (LOFAR) in Europa, werden für diese Untersuchungen ebenso benutzt wie Messungen von Forschungssatelliten (z.B. Hubble- oder XMM/Newton Teleskope der ESA) oder die europäischen Großteleskope der ESO in Chile. Im Rahmen eines deutschen Konsortiums wird auch an einer Kamera für das größte optische Teleskop der Welt, das Large Binocular Teleskop (LBT) auf dem Mt. Graham in Arizona, mitgearbeitet. Unsere Untersuchungen zur Verteilung kosmischer Magnetfelder sind ein wichtiges Bindeglied zur Hochenergie-Astrophysik. Eine Kombination aus Radio- und optischen Beobachtungen zeigt das Magnetfeld in der Galaxie NGC 5775 Diese mit dem Hubble-Weltraumteleskop gewonnene Aufnahme der Galaxie NGC 4700 zeigt Wasserstoffgas (rot), das von heissen jungen Sternen (blau) ionisiert und durch den höheren Druck aus der Galaxie gedrückt wird Astrophysik Prof. Dr. Rolf Chini Teleskopzeit ist kostbar und steht dem Astronomen – falls er Glück hat – nur für wenige Stunden pro Jahr an einem der großen Observatorien der Welt zur Verfügung. Detaillierte Langzeitbeobachtungen von variablen Objekten oder gar spontane Messungen sind so praktisch ausgeschlossen. Daher hat der Lehrstuhl für Astrophysik ein Observatorium in der chilenischen Atacamawüste auf 2.800 m Höhe errichtet, wo er an einem der besten Standorte der Welt etwa 350 Nächte pro Jahr eigene Projekte durchführen kann. Dabei stehen drei Arbeitsgebiete im Vordergrund: 1. die Entstehung von Sternen, 2. die Suche nach extrasolaren Planeten, 3. die Struktur aktiver galaktischer Kerne. Bei all diesen Bereichen handelt es sich um variable Phänomene, die nur durch monatelange Beobachtungen studiert und verstanden werden können. Auch ist die physikalische Struktur der Objekte ähnlich – wenn gleich auf unterschiedlichen Größenskalen. Junge Sterne sowie Schwarze Löcher in Galaxienzentren sammeln aus ihrer Umgebung Materie auf und wachsen dadurch. Die Materie strömt dabei nicht direkt, sondern vielmehr über eine Scheibe aus Gas und Staub auf das zentrale Objekt. Im Falle von jungen Sternen bilden sich in dieser Scheibe praktisch immer auch Planeten. Mit fünf Teleskopen, die über das Internet fernbedienbar sind, führen Studierende der RUB und Partner im In- und Ausland gemeinsame Projekte im sichtbaren und infraroten Licht durch. Aufnahme des Planeten Saturn mit einem Übungsteleskop auf dem Dach des NA-Gebäudes der RUB Universitätssternwarte Bochum in Chile 1.5 m Hexapod-Teleskop Theoretische Weltraum- und Astrophysik Prof. Dr. Reinard Schlickeiser Die theoretische Beschreibung von Prozessen in astrophysikalischen Plasmen ist zentrale Aufgabe des Lehrstuhls Theoretische Weltraum- und Astrophysik. Einflüsse des Magnetfelds auf geladene Teilchen in astrophysikalische Objekten, wie zum Beispiel Pulsare oder die direkte Umgebung des Sonnensystems, werden hier von theoretischer Seite durch Lösung der Transportgleichung oder mit Hilfe der magnetohydrodynamischen Gleichungen untersucht. Ein Beispiel ist die Beschleunigung von Elektronen und Protonen in aktiven Galaxienkernen – letztere beschreiben Galaxien mit einem supermassiven schwarzen Loch, welches Materie akkretiert. Riesige, relativistische Jets bilden sich aus, in denen geladene Teilchen stochastisch von elektromagnetischen Feldern zu extremen Energien beschleunigt werden. Um die zugrundeliegende Physik der beobachteten kosmischen Strahlung zu verstehen, ist ein grundlegendes physikalisches Verständnis der Beschleunigungsprozesse notwendig. Beobachtet werden Strahlungsprodukte der hochenergetischen Elektronen, welche durch ihre Beschleunigung und Wechselwirkung mit Strahlungsfeldern selbst ein breites Spektrum der elektromagnetischen Strahlung erzeugen. Die theoretischen Ergebnisse werden dann mit experimentellen Daten verglichen. Hierzu ist der Lehrstuhl u.a. am H.E.S.S. Experiment in Namibia beteiligt, wo nach hochenergetischer elektromagnetischer Strahlung aus astrophysikalischen Quellen gesucht wird. Sonnenuntergang hinter einem der vier H.E.S.S. Teleskope nahe Windhoek, Namibia Luftaufnahme der Jülicher LOFAR-Station Kontrollraum der H.E.S.S. Teleskope nahe Windhoek, Namibia Hochenergie-Teilchenastrophysik Prof. Dr. Julia Becker Spiralgalaxie, d. h. ein eigenständiges Sternsystem, mit einem ausgeprägten Spiralmuster In der Hochenergie-Teilchenastrophysik beschäftigen wir uns mit der Suche nach den Quellen der kosmischen Strahlung. Obwohl schon seit 100 Jahren bekannt ist, dass ein kontinuierlicher Strom an geladenen Teilchen auf die Erde einprasselt, ist das Rätsel des Ursprungs immer noch nicht gelöst. Probleme bereiten die Magnetfelder, welche das Universum durchziehen: Sie lenken die geladenen Teilchen von ihrer ursprünglichen Bahn ab, so dass die auf der Erde ankommenden Teilchen aus allen Richtungen ankommen und nicht mehr zu ihren Quellen zurückzeigen. In Bochum beschäftigen wir uns speziell mit der theoretischen Beschreibung von Wechselwirkung und Propagation der kosmischen Strahlung. In Wechselwirkungen der energetischen Teilchen mit Materie oder Photonfeldern werden neutrale Teilchen – Neutrinos und Photonen – erzeugt. Diese fliegen dadurch, dass sie neutral sind, geradlinig durch das Universum und sie können daher dabei behilflich sein, den Ursprung der kosmischen Strahlung zu identifizieren. Die kosmische Strahlung selbst kann untersucht werden, indem die Propagation durch die kosmischen Magnetfelder simuliert und mit der beobachteten Teilchenverteilung verglichen wird. Die theoretisch ausgearbeiteten Ergebnisse werden mit aktuellen Messergebnissen von Großinstrumenten der Astroteilchenphysik verglichen. Führende Experimente sind hier unter anderem das IceCube Teleskop am geographischen Südpol und das H.E.S.S. Experiment in Namibia, an welchen die Arbeitsgruppe beteiligt ist. www.physik.rub.de IceCube Lab im Licht von antarktischen Polarlichtern Omeganebel (Sternentstehungsregion)